Kamma

  • Kamma "die Tat, das Handeln" (zur ursprünglichen Bedeutung siehe karoti). Kamma in seiner tragenden Bedeutung innerhalb des buddhistisch-ethischen Konzepts bezieht sich auf die Handlung und den Handelnden, wo keine klare Trennung zu machen ist zwischen der Quelle der Handlung (dem Handelnden) und der Handlung, als Objekt oder subjektives Phänomen im Prozess, welches produziert wird.


    PTS kamma

    Kamma "die Tat, das Handeln" (zur ursprünglichen Bedeutung siehe karoti). Kamma in seiner tragenden Bedeutung innerhalb des buddhistisch-ethischen Konzepts bezieht sich auf die Handlung und den Handelnden, wo keine klare Trennung zu machen ist zwischen der Quelle der Handlung (dem Handelnden) und der Handlung, als Objekt oder subjektives Phänomen im Prozess, welches produziert wird. Da die Handlung an ihren Auswirkungen oder Manifestationen zu beurteilen ist, nimmt sie immer eine Qualität an (gut oder schlecht oder gleichgültig), und da die Handlung auch den Handelnden wiederspiegelt, ist diese Eigenschaft auch mit ihm verbunden.


    Diese psychologische Sichtweise wird in der Sprache der Sutten dargelegt, auch wenn die Vernunft Gutes und Schlechtes zuerst dem Handelnden zuschreibt und dann der Handlung. Insofern gibt es dort keinen Unterschied zwischen: 1. der Tat als solcher und dem Charakter des Täters: alles, was (als gut oder schlecht) getan wird, hat eine entsprechende Quelle; 2. die Ausführung der einzigen Handlung und die Gewohnheit des Handelns: alles, was getan wird, neigt dazu, sich zu wiederholen; 3. die Tat bezieht sich auf beides, seine Ursache und seine Wirkung: Alles, was getan wird, wurde verursacht und ist selbst die Ursache von etwas anderem.


    Für die Bedeutungen von kamma müssen wir daher die folgenden verschiedene Seiten einer "Tat" unterscheiden, nämlich:


    1. die Tat, die den Willen des Täters zum Ausdruck bringt, dh. eine qualitativ gute oder schlechte Tat; (sh. A 6.63)

    2. die wiederholte Tat als Ausdruck der Gewohnheit des Handelnden (sein Charakter);

    3. die Tat als Folgen-habend für den Täter, die als solche Quelle qualitativ nach gut und böse eingeteilt ist und/oder als Tat, die eine Ansammlung aus Verdiensten und Verwerflichkeiten ist (sein "Karma").


    Wie pāpakamma = eine schlechte Tat; einer, der eine schlechte Tat getan hat; einer, der einen schlechten Charakter hat; die potentielle Wirkung einer schlechten Tat = schlechtes Karma. Allein der Kontext entscheidet, welche dieser Bedeutungen der Sprecher oder Verfasser beabsichtigt.


    Bei der Analyse der verschiedenen semantischen Darstellungen können folgende praktische Unterscheidungen gemacht werden:


    1. Objektives Handeln, charakterisiert durch Zeit:


    Vergangenheit = wurde getan, konnotiert als Werk (mit kata);

    oder Zukunft = ist zu tun, konnotiert als Pflicht (mit kātabba).


    Zum Beispiel kiŋ kammaŋ akāsi nārī "Was (Tat) hat diese Frau getan?" (Pv i.9)

    cattāri kammāni kattā hoti "Er erfüllt damit die 4 Verpflichtungen" (A ii.67)



    2. Subjektives Handeln, charakterisiert durch die Qualitäten, als den Handelnden wiederspiegelnd.


    (a) Im Allgemeinen Sinn zu handeln oder etwas tun, zB. navakamma "reparieren".


    (b) Wiederholte Handlungen im Allgemeinen, die die Gewohnheit zu handeln und/oder den Charakter einer Person darstellen oder auch das Nachdenken darüber, zB. kammena samannāgata "mit der Qualität des Handelns in dieser und jener Weise ausgestattet, so und so zu sein" A 3.150


    (c) Bestimmte Handlungen, die sich in verschiedenen Ausdrucksweisen manifestieren oder als Ausdruck der Persönlichkeit, wie durch Tat, Worte und Gedanken (kāyena, vācāya, manasā), zB. "Darum, ihr Mönche, sollt ihr danach streben: 'Tilgen wollen wir unsere Unebenheiten, Fehler und Mängel in Werken, Worten und Gedanken!' Das, ihr Mönche, sei euer Streben!" pk A 3.15


    (d) Taten, die als böse (zB. pāpa-kammāni) oder gut oder verdienstvoll (zB. kusala, puñña-kammo) bezeichnet werden.



    3. Wechselwirkung von Handlung und Handelnden:


    A. In subjektiver Beziehung, Ursache und Wirkung als Aktion und Reaktion auf das Individuum (individuelles "Karma", das in seinem Leben entweder hier oder darüber hinaus erscheint), charakterisiert in Bezug auf die Handlung (mit Ergebnissen) und in Bezug auf den Handelnden (der mit diesen Ergebnissen fertig werden muss):


    (a) Charakter der Interaktion hinsichtlich der Handlung und/oder die Handlung als Ergebnis: Phala und Vipāka (Frucht und Reifung). Beide Ausdrücke werden entweder einzeln oder gemeinsam mit kamma verwendet oder als unabhängig, zB. phala: "Die vier Machtfährten, ihr Mönche, entfaltet und ausgebildet, bringen große Frucht und großen Segen" pk S 51.12; kammavipāka "Wirkensreife" pk S 36.21 oder kammaphalam "Frucht der Handlung" pk M 142.


    (b) Die Wirkung der Tat auf den Handelnden: Die Folgen treffen auf den Handelnden, in den meisten Fällen als Strafe (kammakāraṇa A 2.1) oder Leid. Manchmal wird der Handelnde auch als Eigner seiner Taten (kammassakā) bezeichnet, wie in A 5.161. Die Handlung kann auch mit vedaniya (empfinden oder erfahren) ausgedrückt werden, wie in A 9.13 oder hier:

    Zitat


    Sollte, ihr Mönche, die Behauptung zutreffen, daß der Mensch für jedwede Tat (kamma), die er verübt, die ihr jedesmal genau entsprechende Wirkung erfährt (*3), so ist in diesem Falle, ihr Mönche, eine heiliger Wandel ausgeschlossen und keinerlei Möglichkeit besteht für völlige Leidensvernichtung.


    Sollte aber, ihr Mönche, die Behauptung zutreffen, daß, wenn der Mensch eine Tat verübt, er je nach der unterschiedlichen Art der zu erfahrenden Auswirkung die der Tat entsprechende Wirkung erfährt (*4), so mag es in diesem Falle einen heiligen Wandel geben und es besteht die Möglichkeit für völlige Leidensvernichtung.

    pk A 3.101


    B. in objektiver Beziehung: Universelles Karma, Gesetz von Ursache und Folge, zB. vom Individuum abstrahiert und als Prinzip oder Ursache und Wirkung als Norm des Geschehens verallgemeinert (universelles "Karma", das in Saŋsāra als treibende Kraft der Welt erscheint), charakterisiert (a) als Ursache, (b) als Folge (c ) als Ursachenfolge des Prinzips der Vergeltung (Talion), (d) als zeitlich begrenzt.


    (a) Karma als Ursache der Existenz, zB. Verglichen mit dem fruchtbaren Boden (ketta) als Substrat aller Existenzen in kāma-, rūpa-, arūpa-dhātu (sinnliche, formhafte/feinkörperliche, formlose/unkörperliche Sphäre) A 3.76 oder als Faktor in der fünffachen Ordnung (dhammatā oder niyama) des Kosmos: kamma-niyama.


    (b) Karma als Ergebnis oder Folge, zB. drei Faktoren (kamma-nidānāni), die Karma erzeugen und ihre Wirkung, wie lobha, dosa, moha als solche (tīṇi nidānāni kammānaŋ samudayāya "3 Ursachen für das Entstehen von Karma").

    Zitat

    Yaṃ, bhikkhave, lobhapakataṃ kammaṃ lobhajaṃ lobhanidānaṃ lobhasamudayaṃ, yatthassa attabhāvo nibbattati tattha taṃ kammaṃ vipaccati. Yattha taṃ kammaṃ vipaccati tattha tassa kammassa vipākaṃ paṭisaṃvedeti, diṭṭhe vā dhamme upapajja vā [upapajje vā (sī. syā. kaṃ.) upapajjitvāti ma. ni. 3.303 pāḷiyā saṃvaṇṇanā] apare vā [aparāpare vā (ka.)] pariyāye.

    Zitat

    Eine Tat (kamma), ihr Mönche, die aus Gier getan wurde, aus Gier entsprungen, durch Gier bedingt, durch Gier entstanden ist - solche Tat wird dort zur Reife gelangen, wo immer die betreffende Person [6] wiedergeboren wird; und wo immer jene Tat zur Reife gelangt, dort eben wird einem die Frucht jener Tat zuteil, sei es in diesem, sei es im nächsten oder in einem späteren Leben [7].

    pk A 3.34


    (c) Karma als Ursachenfolge: seine Manifestation besteht in der wesentlichen Entsprechung von Tat und Ergebnis, Ursache und Wirkung: Karma in diesem besonderen Sinne ist Vergeltung; ein Gesetz, dessen Wirkung man nicht entgehen kann (vgl. wie oben unter (b))


    (d) Die Arbeit und Erschöpfung des Karmas, sein Aufbau durch neues Karma (nava kamma) und seine Zerstörung durch Ablaufen des alten Karmas (purāṇa). Die endgültige Vernichtung aller Ergebnisse (kammakkhaya) macht die Arahantschaft aus. kammanirodha oder kammakkhaya:

    zB. na ca tāva kālaṃ karoti yāva na taṃ pāpakammaṃ byantīhoti "Er stirbt nicht, so lange wie das böse Karma nicht erschöpft ist" A 3.36

    Zitat

    Kammaṃ, bhikkhave, veditabbaṃ, kammaṃ nidānasambhavo veditabbo, kammaṃ vemattatā veditabbā, kammaṃ vipāko veditabbo, kammanirodho veditabbo, kammanirodhagāminī [sabbatthapi evameva dissati] paṭipadā veditabbāti, iti kho panetaṃ vuttaṃ.

    Zitat

    Es wurde ferner gesagt, daß man das Wirken (kamma) zu erkennen hat, sowie seine bedingte Entstehung, seine Verschiedenartigkeit, sein Ergebnis, seine Aufhebung und den zu seiner Aufhebung führenden Weg.

    pk A 6.63

    Als Beispiel für einen Arahat, der kein Karma mehr hat (im oben erklärten Sinne), siehe pk M 86 Über Aṅgulimāla


    PTS kamma

Kommentare 1

  • Danke für diesen präzisen Beitrag :) Ich finde es angemessen, dass so die Grundlagen der Karmalehre unter dem Begriff direkt erläutert werden. Auch wenn sich vielleicht nicht jeder in seinem Denken - vielleicht aus einer Mahayana oder Vajrayana-Perspektive - auf Anhieb darin wiederfindet.


    Ich bin der Auffassung, dass sich dennoch auch die späteren Lehren inkl. derer des tibetischen Buddhismus darin begründen lassen. Sollte man da einen Widerspruch sehen, liegt das vielleicht daran, dass man diese komplexe Thema einfach nicht bis zur letzten Konsequenz sehen kann - was ja ohnehin, wie gesagt wird, nur ein Buddha kann.

    Ich neige hier dazu, den Artikel unter "Karma / Kamma" grundlegend zu lassen und spätere Ergänzungen z.B. zu Mahayana-Lehren (wie den 4 Faktoren für voll ausgeprägtes Karma oder Aspekte des Bodhicitta) als Ergänzungen zu verlinken, die darauf aufbauen. Statt wie bei anderen Begriffen einen Übersichtseintrag unter "Karma" zu machen, der auf Theravada, Mahayana usw. verzweigt, was m.E. fälschlicherweise suggerieren würde, diese Lehren könnten im Kern unterschiedlich sein.