Phänomene/Erscheinungen/Daseinsgruppen

    • Offizieller Beitrag

    Ich selbst verstehe diese Begründung nicht, beziehungsweise sehe ich keinen direkten Bezug, der es möglich machen würde, aus der Lehre vom Entstehen in Abhängigkeit die Aussage "alles ist mit allem verbunden" abzuleiten. Es werden für mein Verständnis in der BuddhaLehre einmal die Erscheinungen (die Dinge) als kernlos/leer und vergänglich erklärt. Weswegen das Anhängen an ihnen leidvoll ist. Daneben wird lediglich das bedingte Entstehen der Daseinsgruppen erklärt. Diese Erklärung bezieht sich nicht auf die Erscheinungen, also nicht auf "alle Phänomene".


    Das Wort Phänomen wird im Deutschen so verwendet:

    Zitat

    Ein Phänomen (bildungssprachlich auch Phänomenon, Plural Phänomene oder Phänomena; von altgriechisch φαινόμενον fainómenon, deutsch ‚ein sich Zeigendes, ein Erscheinendes‘) ist in der Erkenntnistheorie eine mit den Sinnen wahrnehmbare, abgrenzbare Einheit des Erlebens, beispielsweise ein Ereignis, ein Gegenstand oder eine Naturerscheinung.


    Nach dieser Definition ist ein Phänomen ist also das geliche wie eine Erscheinung. Und da es etwas mit den Sinnen wahrnehmbares ist, enstrpciht es auch auch den Daseinsgruppen.


    Aber im Buddhismus ist das Wort "Phänomen" meist als Übersetzung des Wortes "dhamma" benutzt. Und da werden im Abidhamma noch andere "dhammas" genannt, die keine Daseinsgruppen sind. Von daher bin ich etwas vewirrt.


    Kannst du mal die Unterscheidung Daseinsgruppen/Phänomene/Erscheinungen erklären?

  • void


    Ich finde es sehr gut, dass du nachfragst.


    Ohne das hätte ich nicht nachgeprüft.


    Zitat

    Erscheinung, Unterscheidung, sankhāro, von samskar = zusammenstellen, ist wörtlich Synthesis, nämlich der Wahrnehmung, saññā, die an sich nur Sinnesempfindung, aber keine Synthesis der Apperzeption gibt: daher ist sankhāro als das vermittelnde Glied zwischen der Wahrnehmung, saññā, und dem Bewußtsein,



    viññānam, schlechterdings die Unterscheidung, und zwar das aus der Wahrnehmung erst hervorgehende Zusammenfassen der Merkmale, ihr Eindruck (cf. sankhāro = vāsanā), der alsbald in Bewußtsein übergeht.

    sankhara


    Zitat

    Die Wirkung eines Gegenstandes auf die Vorstellungsfähigkeit, so fern wir von demselben affiziert
    werden, ist Empfindung. Diejenige Anschauung, welche sich auf den Gegenstand durch Empfindung bezieht, heißt empirisch. Der unbestimmte Gegenstand einer empirischen Anschauung heißt Erscheinung.


    In der Erscheinung nenne ich das, was der Empfindung korrespondiert, die Materie derselben, dasjenige
    aber, welches macht, daß das Mannigfaltige der Erscheinung in gewissen Verhältnissen geordnet werden
    kann, nenne ich die Form der Erscheinung.

    kant-kritik-der-reinen-vernunft.pdf (S. 72)


    In den Lehrreden ist der Begriff der Erscheinung aber weiter gefasst. Nicht nur sind die Objekte (bei Kant die Gegenstände) der äusseren Wahrnehmung gemeint, auch und eher Bewusstsein und Gefühl und alles was potentiell bemerkbar ist, sind Erscheinungen. So verstehe ich das jetzt während ich so prüfe.


    Als Beispiel:


    Zitat

    A.X.2 Gesetzmäßigkeit der geistigen Entwicklung - 2. Cetanākaraṇīya Sutta

    Nicht braucht, ihr Mönche, der Sittenreine, der Sittlichkeit Besitzende eine Willensanstrengung zu machen, damit ihm Reuelosigkeit aufsteigt; ein Gesetz ist es, daß dem Sittenreinen, dem Sittlichkeit Besitzenden Reuelosigkeit aufsteigt.

    Nicht braucht, ihr Mönche,

    der Reuelose eine Willensanstrengung zu machen, damit ihm Freude aufsteige; ein Gesetz ist es,

    • daß dem Reuelosen Freude aufsteigt...
    • daß dem Freudigen Verzückung aufsteigt...
    • daß dem im Geiste Verzückten sein Inneres gestillt wird...
    • daß der innerlich Gestillte Glück empfindet...
    • daß des Glücklichen Geist sich sammelt...
    • daß der geistig Gesammelte der Wirklichkeit gemäß erkennt und versteht...
    • daß der wirklichkeitsgemäß Erkennende und Verstehende sich abwendet und entsüchtet wird...
    • daß der Abgewandte und Entsüchtete den Erkenntnisblick der Erlösung verwirklicht.

    Somit haben Abwendung und Entsüchtung den Erkenntnisblick der Erlösung zu Segen und Lohn... haben die heilsamen Sitten die Reuelosigkeit zum Segen und Lohn.


    So also, ihr Mönche, lassen die einen Erscheinungen die anderen Erscheinungen entstehen, bringen die einen Erscheinungen die anderen Erscheinungen zur Vollendung, so daß eben die diesseitigen Erscheinungen zum jenseitigen Ziele hingeleiten. (*1)

    Anguttara Nikaya X.1-20


    Und als Erklärung (die Erklärung von palikanon.de oben weiter gepostet)


    Zitat

    Im weiteren Sinne, wie oben, ist dann sankhāro, pl. sankhārā, so viel als Erscheinung überhaupt, das ist jede irgend mögliche Vorstellung eines Objekts für ein Subjekt.

    sankhara


    Mit der Vorstellung ist meiner Meinung nach auch Bewusstsein (über) gemeint. Bitte erinnere mich an der Stelle nicht an meinen Disput mit kilaya zum Thema Vorstellungen. Mein Kontra da war wohl eher ein EgoDing. Bei Kant sind übrigens alle Erscheinungen Vorstellungen.


    Meine Benutzung des Begriffs Erscheinung war offensichtlich falsch, wenn (so kommts mir gerade vor) wohl auch nicht ganz falsch. In dem Post den du zitierst, und in dem ich den Begriff auch benutze meinte ich, dass das die Erklärung über das Entstehen in Abhängigkeit sich nur indirekt auf die Objekte/Erscheinungen der äusseren Wahrnehmung, also zum Beispiel auf eine Tasse oder ein Auto bezieht. Indirekt, weil Bewusstsein ohne Objekt nicht möglich ist.


    Kant nimmt ebenso eine Trennung zwischen innerer Wahrnehmung und äusserer Wahrnehmung vor. Und unterscheidet demgemäss Gegenstände (äussere Dinge) von Gefühl und Begehren.


    ---


    Ich habe den Begriff "Phänomen" bisher kritisiert, weil durch ihn (so habe ich ihn nur durch das Forum kennengelernt, sonst habe ich nichts dazu gelesen) innen (also "Phänomene" wie Gefühl und Begehren) und aussen (Töne, Gerüche, Formen ..) nicht unterschieden wird. Was meiner Ansicht nach sehr wichtig ist und und worauf sich die Lehre vom Entstehen in Abhängigkeit (meiner Ansicht nach*) direkt bezieht.


    Also auf die Gruppen des Ergreifens (Daseinsgruppen). Die in der Lehre des Buddha meinem jetzigen Verständnis nach auch richtig als Erscheinungen bezeichnet werden können. Aber eben durch die Begriffsgebung "Gruppen des Ergreifens"/"Daseinsgruppen" und demgemässe Ordnung sinnvoll vom Rest der Welt abgegrenzt werden. Aber nicht absolut, also in einem ontologischen Sinn (ich benutze die Wendung gerade zum ersten Mal in meinem Leben, und hoffe es passt), sondern in einem dem Geist und damit dem Erkennen gemässen Sinn.




    Hey wirklich Danke für deine Nachfrage.


    *Ich werde vorsichtiger ...

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  • Kannst du mal die Unterscheidung Daseinsgruppen/Phänomene/Erscheinungen erklären?

    Ich würde diese Frage unter pragmatischen Gesichtspunkten so beantworten:


    Die 5 Daseinsgruppen sind eigentlich nur Synonyme durch die das Zusammenwirken und die gesamte Existenz der menschlichen Wesen, mit wenigen Begriffen erklärt werden können.

    Die Daseinsgruppen werden von der Körperlichkeitsgruppe „rupa“ angeführt, wobei einerseits "rupa" durch die karmisch bedingten Sinnenorgane und andererseits „rupa“ als Sinnenobjekte ohne karmischen Einfluss in Erscheinung treten.

    Die restlichen 4 Gruppen sind „nama“, also geistiger Art; es sind die karmischen Wirkungen „vipaka“ : Gefühl, Wahrnehmung und Geistformationen, die durch die 5. Gruppe, dem Bewusstsein und seinen begleitenden cetasikas hervorgebracht werden.


    Alle von den Daseinsgruppen ausgehenden oder abgeleiteten Erscheinungen sind Phänomene., wobei die erscheinenden Phänomene der relativen Wirklichkeit zuzurechnen sind.