Posts by void

    Ich habe doch die drei Funktionen angesprochen. Bei allen geht es um Motivation. Bei Motivation bestimmt eine Ausrichtung an der Zukunft gegenwärtiges Verhalten.

    Um Befreiung zu erlangen muß man die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung überwinden.

    Aber ziemlich sicher reicht dafür der vierfache Pfad des Hedonisten nicht aus. Nimmt man MN 78 als Maßstab, dann braucht es da mindestens einen fünffachen Pfad.

    Ich verstehe dich nicht. Ein Hedonist ist doch jemand, der auf Lustgewinn aus ist. Das ist ja mit der Erlöschen von Begehren eher inkompatibel. Ich verstehe nicht ganz, was das mit unserer Diskussion zu tun hat.

    Das aber verkünde ich, o Freund: In eben diesem klafteftlerhohen, mit Wahrnehmung und Bewusstsein versehenen Körper, da ist die Welt enthalten, der Welt Entstehung, der Welt Ende und der zu der Welt Ende führende Pfad.


    Da Buddhas Ziel die Befreiung von Dukkha war - etwas was auf der subjektiven, phänomenologischen Ebene auftaucht - meint er mit Welt natürlich die subjektive, phänomenologische Welt. Und es ist diese Welt die sich eben zu einem nicht unwesentlichen Welt durch Benennung ergibt.


    Da die physikalische Welt für das Unterfangen des Buddhas nicht relevant ist - Dukkha ist nichts Physikalisches, kommt die nicht vor und ist nicht gemeint. Sie Entsteht nicht durch Benennung und vergeht nicht in der Befreiung.


    Zu denken, dass die physikalische Welt bei der Befreiung zu Ende geht oder Erschüttert wird oder dass sie nur durch "Benennung" existiert ist ein Mißverständnis. Man wäre da ja ein wenig wie das kleine Kind das denkt es könne beim Versteckspiel nicht gefunden werden, so lange es die Augen zu hat. Es ist so das "magische Denken" kleiner Kinder. Das kann Buddha meines Erachtens nicht gemeint haben.

    Wenn jemand in seiner Freizeit Marmelade einkocht, Bergtouren macht oder im Chor singt, dann sagt das darüber ob er befreit ist nichts aus.


    Denn Befreiung bedeutet doch lediglich, das man ohne Gier, Hass und Verblendung ist. Alles wird freier, so wie ein Wollknäuel das man geweitet hat. Kein "muß" mehr sondern ein "kann".


    Ein Befreiter kann "Sudokus" lösen, aber wenn er es nicht tut leider er nicht. Unabhängig von Gier und Hass kann ein Befreiter alles möglich sein. Er kann im Bezug auf Volleyball eine Niete sein, in Mathe echt schlecht, Er/sie kann vergeßlich sein oder übel im Erklären. Er/sie kann jemand sein der die IKEA Anleitung nicht versteht. Er/sie kann politisch uninformiert sein und im Bezug auf vieles auf dem komplett auf dem Dampfer. Befreiung sollte nicht auf solche Nebensächlichkeiten reduziert werden.



    All die Zuschreibungen von Übermenschlichen ist eine Vermischung mit Weltlichen, die die Befreiung nicht aufwertet sondern heranzieht zu all dem Kitsch und den kindischen Träumen von Macht und Perfektion. Dies ist vielleicht nett gemeint, geht aber in die falsche Richtung. Ein Arhat kann alt, krank, dement, hilfsbedürftig sein. Extrem ausgedruckt: Es kann sogar sein, dass er sich nicht selbst den Hintern abwischen kann.


    Man lebt in der gleichen Gesellschaft mit den gleichen Nachrichten , man kocht, macht seine Steuererklärung , geht Einkaufen. Und es gibt Sachen die einem gut Tun - Bewegung, Natur, Freude, Familie und Sachen die einem schlecht tun. Mann würde an einem Arhat vorbeigehen - ihn keines Blickes würdigen - weil man getrieben ist von Ideen vom Höheren, Besonderen, Exotischen.

    Um Befreiung zu erlangen muß man die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung überwinden.


    Um die "Vorstellung von Wiedergeburt"(VVW) einzuordnen, muß man erstens

    nach ihrer Funktion im Bezug bei der Überwindung der drei Geistesgifte fragen. Und dann zweites schauen, ob VVW nötig oder nur hilfreich erachtet wird.


    Was sind die Funktionen von VVW? Mir fallen folgende ein:

    1. Motivation für ethisches Verhalten führt zu rechten Handeln, da man positive Früchte erhofft
    2. Motivation für das Abstehen von da schädlichen Verhalten führt zu rechten Handeln, da man negative Früchte fürchtet.
    3. Die Vorstellung in endlosen Wiedergeburten gefangen zu sein, verleiht Motivation zum Beschreiten des Pfades.

    Die ersten beiden (Zuckerbrot und Peitsche) mögen helfen sind aber nicht notwendig. Ich muß an Albert Camus Buch "die Pest" denken wo sowohl der Pater als auch der atheistische Arzt selbstlos gegen die Pest kämpfen. Ethik geht immer auch intrinsische.


    Von daher bleibt 3. Hier gibt es die Vorstellung, dass säkulare Buddhisten ja glauben müssten das mit den Tod alles Leid vorbei ist, sie also keine oder zu wenig Motivation zur Erlangung von Befreiung haben. Das kann man diskutieren.


    Wenn damit die Funktion von VVW ausreichend beschrieben ist, dann sollte es doch auch bestimmt ohne gehen.

    Was es braucht ist ein ethischer Wirkmechanismus. Als dessen Träger wurde im Yogācāra das

    Speicherbewußtsein (ālayavijñāna) gesehen::

    Bitte?
    Lieber Void, gibt es keine verlässlichere Quelle zu Alayavijnana als diese MBSR-Firma. Ehrlich gesagt, macht mich sowas richtig sauer, zumal man den Text ansieht, dass da iwas nur vom Hörensagen her aus dem Tibetischen nach eigen Gutdünken rezipiert und wiedergegeben wurde.

    Mea culpa. Ich hatte nach einen "Alayavijnana für Dummys" Text gesucht, der das Thema einfach - ohne in die Tiefe zu gehen - erklärt. Aber er ist wirklich nicht gut.

    Weil die Trennung nur eine Illusion ist, fällt alles unmittelbar auf uns zurück.

    Ist dies wirklich so? Fällt der Schmerz des Opfers auf den Täter zurück? Fühlt er Schmerz nach der Tat, oder Angenehmes?

    Weil wir nicht von der Welt getrennt sind, dann sind wir bei jeder Tat auch das Opfer.

    Aber wegen unserer Abgrenzung fokussieren wir uns eben auf den einen Teil - dies ist ja eben die Verblendung.


    Es ist nicht so, dass ich diese Ansicht unbedingt propagiere. Dies ist eine Antwort auf die Frage "Gibt es eine Konzeption von Karma und dem Erdulden positiver und negativer Früchte der Taten, die ohne große metaphysische Konzeptionen auskommt".

    Kann man sich so einen Wirkmechanismus auch rein weltlich vorstellen?

    Also, ich jedenfalls nicht.

    Ich denke es gibt ja die Möglichkeit eben nicht an eine "persönliche" Wiedergeburt zu sehen, sondern im persönlichen Aspekt mehr oder weniger nur eine Metapher zu sehen.


    Wenn das Ich nur eine Illusion ist, dann ist alles was wir anderen antun etwas, was wir uns selbst antuen - so als haut die Linke Hand auf die rechte ohne zu wissen, das beide zum gleichen Körper gehört. Weil die Trennung nur eine Illusion ist, fällt alles unmittelbar auf uns zurück. Aber - weil diese Idee unseren Denken so fern ist und man einfach nicht in den Kopf bekommen dass es kein getrenntes "Ich" gibt - ist Wiedergeburt eine Vorstellung die diese Nicht-Gentrenntheit im Sinne zukünftiger Existenzen sieht und damit besser verstehbar macht.

    Ich wollte wirklich verstehen, wie Frucht und Ergebnis guter und schlechter Taten beschrieben werden, ohne sich auf ein Jenseits oder auf ein diesseitiges "wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus" zu beziehen".

    Was es braucht ist ein ethischer Wirkmechanismus. Als dessen Träger wurde im Yogācāra das

    Speicherbewußtsein (ālayavijñāna) gesehen::

    Die nächste Form des Bewusstseins ist das Speicherbewusstsein. Das Speicherbewusstsein ist die grundlegendste Form des Bewusstseins und kann ungefähr mit dem Unbewussten in der westlichen Psychologie verglichen werden. Es beinhalte drei Funktionen:

    Die erste Funktion ist die eines Speichers, in dem alle Informationen und Erfahrungen aufgenommen werden. Sämtliche Objekte, die wir sehen, hören und erfahren, alle Erfahrungen aus der Vergangenheit, die wir gemacht haben - gute oder schlechte - werden als Samen tief im Speicherbewusstsein angelegt.

    Diese Informationen und Erfahrungen gelangen nicht nur ins Speicherbewusstsein, sondern sie werden dort auch, als nächste Funktion, weiter aufbewahrt. Haben wir zum Beispiel einen schönen Film gesehen, so sind die Bilder und Töne an unsere Augen und Ohren gelangt. Sie haben ein geistiges Gebilde hervorgerufen, eine Berührung, welche das Speicherbewusstsein in Form eines Samens zum Schwingen gebracht hat. Dieser Samen wird im Speicherbewusstsein aufbewahrt und verarbeitet. Diese Verarbeitung findet aber, im Gegensatz zum Geistbewusstsein, unter einem sehr geringen Energieaufwand statt. Das Speicherbewusstsein arbeitet dabei unabhängig vom Geistbewusstsein und schränkt somit dessen vermeintlich freies Denken ein. Es kann viele Dinge planen und entscheiden, ohne, dass wir etwas davon mitbekommen. So können unsere Vorlieben und Abneigungen, unser Mögen und Nichtmögen von Personen oder unser Sinn für Ästhetik unter Umständen schon längst auf der Ebene des Speicherbewusstseins entschieden worden sein, lange bevor wir uns einer vermeintlich objektiven Entscheidung bewusst sind. Das Speicherbewusstsein entscheidet viele Dinge vorab, denn unablässig empfängt und verarbeitet es Informationen und trifft autonome Entscheidungen ohne das Zutun des Geistbewusstseins.

    Die dritte Funktion ist seine fließende und sich stets verändernde Natur. Wir können uns das Speicherbewusstsein wie einen Garten vorstellen, in dessen Boden wir die Samen für Blumen oder Gemüse geben, aus denen dann Sonnenblumen oder Tomatenstauden wachsen. Das Geistbewusstsein hat dabei die Rolle einer Gärtnerin, die den Boden bearbeitet. Sie kann aber nur an den Boden glauben, dass dieser auch die Blumen und das Gemüse hervorbringt

    Kann man sich so einen Wirkmechanismus auch rein weltlich vorstellen?

    Dipankara, Sumana, Paduma, Kassapa, Gotama usw. wären alle männlich.


    Es gibt dagegen keinen einzigen Bericht über einen weiblichen Buddha.


    Gibt es dafür eine Erklärung?

    Im Theravada ist es ja so definiert, dass ein "Arhat"ein Befreiter ist - und da gibt es neben männlichen auch weibliche Arhats z.B Buddhas Tante und Stiefmutter Mahaprajapati die ja den Nonnenorden gründete, Uppalavanna und Bhadra Kapilani.


    Ein " Buddha" wie eben Dipankara oder Paduma ist dagegen nicht nur ein Befreiter sondern jemand, der die buddhistische Lehre verkündet, nachdem sie verloren gegangen ist und eine Gemeinschaft ( Sangha) neu begründet.


    Um ein Lehrverkünder zu sein reichen nicht nur die eigenen Fähigkeiten sondern die Leute müssen einem ja zuhören. Was für eine Frau in einer patriarchalen Gesellschaft mitunter schwer ist.


    Wenn man liest wie schwer es überhaupt war neben einem Mönchsorden noch einen Nonnenorden zu gründen, kann man sich ausrechnen wie viele Chancen Skakyamuni gehabt hätte, wenn er keine Mann sondern eine Frau gewesen wäre.


    Die traurige Bilanz ist doch, dass keine der Weltreligionen von einer Frau gegründet wurde. Potentielle weibliche Religion Religionsgründerinnen sind am Patriarchat gescheitert.


    Stell dir vor jemand der die Lehre durchdrungen hat und fähig ist zu lehren, fängt an zu sprechen und alle wenden sich ab und sagen "Geh dich Wächewaschen und Kinderkriegen!"


    Im Mahayana gibt es aber natürlich transzendente Buddhas mit einer weiblichen oder androgynen Form: Tara, Avalokiteshvara als Kannon, Prajanparamita usw.

    Moin, wenn ich die Hirnforschung richtig verstehe, so entscheiden wir gar nicht mit dem Willen.

    Sie hat ergeben, dass das "Ergreifen" bereits Minisekunden vor dem "dafür" oder "dagegen" geschieht.

    Ich will ja nur klar stellen. Du sprichst ja von dem "Libet-Experiment" von 1979:

    Im Libet-Experiment wurde gezeigt, dass das motorische Zentrum des Gehirns mit der Vorbereitung einer Bewegung bereits begonnen hat, bevor man sich dessen bewusst wird, dass man sich für die sofortige Ausführung dieser Bewegung entschieden hat. Der zeitliche Abstand beträgt etwa 0,35 s, die wirkliche Bewegung erfolgt dann noch etwa 0,2 s später.

    Dieses wurde 2015 wiederholt und leicht relativiert:

    Im Jahre 2015 wurden die Experimente von einem Team um den Hirnforscher John-Dylan Haynes am Bernstein Center for Computational Neuroscience der Charité in Berlin weiter überprüft.[8][9] Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Probanden auch nach Beginn des Bereitschaftspotentiales zu einer Bewegung noch ein Veto gegen den Beginn der Bewegung einlegen können.


    Das Abbrechen des Beginns einer Bewegung erwies sich als möglich, wenn Stoppsignale früher als 200 ms vor Beginn der Bewegung auftraten. Die Zeitspanne von 200 ms gilt somit als ein Point of no Return, ab dem zwar der Beginn der Bewegung nicht mehr abgebrochen werden kann. Aber auch nach Beginn der Bewegung ist es möglich, die Bewegung selbst, während sie sich abspielt, abzubrechen oder abzuändern.

    Wobei ich da einen Unterschied zwischen "Entscheidung" und "Wille" sehe. Ein "Wille" ist ja eng mit dem Begehren verbunden. Es baut sich z.B ein Verlangen auf, Zigaretten zu kaufen und dies wird dann im Kopf zum Plan - der zur Tat drängt - und dann übermächtig wird oder aber durch ein Veto gestoppt wird.


    Von daher ist ja vielleicht "upadāna" viel besser als "Anhaften" als als "Ergreifen" übersetzt. Bestimmte Wünsche steigen auf und das Handeln "klebt" an ihnen ( so dass sie zur Tat werden) wenn kein "Veto" gelingt.

    Moin, wenn ich die Hirnforschung richtig verstehe, so entscheiden wir gar nicht mit dem Willen.

    Sie hat ergeben, dass das "Ergreifen" bereits Minisekunden vor dem "dafür" oder "dagegen" geschieht.

    Ich denke es gibt den bewussten Willen - wo man sich für etwas entscheiden, aber auch ein nicht sehr bewusstes Wollen.


    Ich denke dass im Buddhismus Wille ( cetanā) beides umfasst.

    Was halten verschiedene Theravada-, Zen- und weitere Dhamma-Anhänger vom Tibetanischen Totenbuch :?:

    Obwohl mir das Bardo Thödrol natürlich eher fern und fremd ist, sehe ich mehrere Gründe es zu schätzen:


    Ich war mal in einem tibetischen Zentrum - als da einer gestorben war - und statt dass man da so rein niedergeschlagen war und man sich in Trauer oder Selbstmitleid flüchtete, wurde gleich der Lehrer informiert und alle dachten dran, wie man dem Verstorbenen am Besten beisteht. Ich denke das es für Angehörige gut ist, dann man da nicht hilflos ist sondern eben selber helfen und beistehen kann.


    Außerdem finde ich es gut, wenn man die Praxis so auffasst, dass sie nicht nur unser Wachbewusstsein betrifft, sondern eben auch tiefer wurzelt, bis hinunter in Träume und Schlaf und Extremzustände.

    Was ist denn daran so schlimm dass Jennifer Zeng Falun Gong Aktivistin ist?

    Die chinesische Regierung unterdrückt und verteufelt Falun Gong aber auch Falun Gong agiert gegen die chinesische Regierung und YouTube ist voll von Kanälen in denen sie Propaganda und auch Falschinformation verbreiten.


    Es bedeutet nicht, dass alles von ihnen Gesagte falsch ware. Man muß bei einer Quelle einfach nur berücksichtigen, wer das sagt und darf sie nicht als "neutral" annehmen.

    Kurz gesagt, das menschliche 'Ich' mit profanen Dingen vergleichen halte ich, was die menschliche Würde angeht, für unangemessen.

    Der Begriff "profan" bedeutet doch "weltlich". In Denkrichtungen die an eine Seele glauben ( Christentum, Hinduismus oder Anthroposophie) wäre es natürlich problematisch wenn man das Seelische auf das Materielle heranzieht, aber hier haben wir ja eine inner-buddhistische Diskussion.


    Unser Körper besteht ja auch aus komplexen Systemen: Blutkreislauf, Immunsystem, Hormonsystem, Lymphsystem, Knochen, Muskeln und so weiter. Systeme die uns mit anderen Lebewesen verbinden. Und so besteht auch unser Gehirn aus unterschiedlichen Systemen - die Sehen, Erinnern, Fühlen ermöglichen. Und von daher ist auch unser Geist nichts einheitliches sondern er ist komplex und zusammengesetztes. Gerade die Komplexität ist für mich die Quelle von Ehrfurcht. Würde speist sich nicht daraus, dass man eine Mauer zwischen dem Materiellen und Geistigen errichtet, sondern daraus, dass ich den anderen - weil er wie ich ein führendes, leidendes Wesen ist - respektiere und schätzte.

    Es erweckt den Anschein, man könne sich aussuchen, ob man eine Tat ergreift oder nicht. Und dass es dann Taten ohne Eigner geben könnte, Taten, die keiner Ergreifen möchte.

    Ich denke, dass es sehr wohl Handlungen gibt, die man sich selber nicht als Taten zurechnet. Wenn mir jemand eine Waffe an den Kopf hält und mich zu etwas zwingt. Oder wenn man unter Medikamenteneinfluss steht oder hypnotisiert wurde oder Handlungen die man nicht wollte und von denen man sich distanziert.


    Von daher wird ja im Buddhismus "Wille" (cetanā) als der wichtigste Geistesfaktor im Bezug auf Karma gesehen.


    Aber was heißt Wollen. Wenn jemand eigentlich kein Bauer sein will ( und diesem Schicksal jede Sekunde entfliehen würde) und nur durch Leibeigenschaft dazu gezwungen ist den Boden zu ackern und er dabei Würmer tötet, wahre dann dieses Töten keine Tat und er kein Täter? Ich bezweifle, dass das so gesehen würde.

    Ist es dann doch trotz Unwilligkeit ein Ergreifen?

    Also, in den Lehrreden, die ich gelesen habe, ist mir noch nie die Vorstellung begegnet, dass Taten ergriffen werden müssten und sich fortsetzen. Taten entspringen Angewohnheiten und Absichten und diese wiederum dem Geist, wie beispielsweise in MN 78 beschrieben:

    Das Wort "Ergreifen" ist eine Übersetzung des Wortes "Upādāna" das ja häufig auch mit "Anhaften" übersetzt wird.


    Der Witz dabei ist, das man sich eine Tat "zu eigen" macht - sie also dem Ich zuordnet. Es gibt ja auch Taten die man nicht dem Ich zuordnet. Wenn man einen Furz läßt dann kann man ja denken "Oh mir ist eine Blähung passiert." oder "Oh da hat sich der Darm geregt" oder aber "Ich furzte". Sorry für das komische Beispiel.


    Die Idee "Das Ich ergreift die Tat" ist also fast die falsche Reihenfolge. Taten werden dem Ich zugerechnet und sind damit mit ihm verbunden.

    Das 'Ich' mit einem Auto zu vergleichen ist ja ein ziemlich verdummende Ansicht, der Mensch, das Lebewesen ist nun mal keine Maschine und das macht das Wesen aus. Das menschliche 'Ich' gibt es nur im Leben. Jetzt würde die Definition von Leben folgen, aber das kann jeder selbst bei Buddha nachlesen.

    Ein Vergleich ist immer ein Vergleich im Bezug auf etwas. Ich kann sagen, dass die Sonne einem Fußball im Bezug auf die Kugelform ähndelt ohne dass ich damit sagen würde das die Sonne aus Leder und luftgefüllt wäre


    Und so vergleiche ich Mensch und Auto nicht in der Hinsicht, dass ersterer Blinker oder Sitze hätte sondern im Bezug auf die Tatsache, dass man manchmal das Funktionieren besser versteht, wenn was kaputt ist. Ich nehme also einen sehr spezifischen Vergleich vor, den ich dann ja auch genauer ausführe.


    Du hast ja schon die Wandlungsfähigkeit des Ichs betont:

    Nein, um Gottes willen, dieses 'Ich' ist nicht das Leben lang dasselbe, es wandelt sich.

    Dem folge ich und füge zwei weitere Aspekte anhand von Beispielen hinzu. Erstens das "Jekyll and Hyde" Beispiel in dem ein Mensch zwischen zwei Persönlichkeiten schwankt und das "Split-Brsin-Beispiel" bei dem sich die Persönlichkeit eines Menschen in unterschiedliche Ströme spaltet. Beides Fälle die zeigen, wie fragil und wandelbar wie doch sind.


    Ich hatte mir eingebildet, das einigermaßen gut formuliert zu haben aber es ist wohl rübergekommen, dass ich irgendwie die lebendige, dynamische Natur des Menschen leugne und ihn als was plumpes, mechanisches sehe. Das tue ich nicht.


    Wo genau kannst du denn meiner Argumentation nicht folgen?

    void .


    Ich meinte, dass die direkte Konfrontation mit der Vergänglichkeit der entscheidende Faktor ist.

    Mir wird immer klarer, worauf du hinaus willst. Auch die Meditation hat ja so gesehen etwas sehr Einfaches. Normalerweise reagieren wir ja auf Dukkha, indem wir es ausagieren. Aber wenn wir so da sitzen, fällt ja jedes Gejammer, jedes Begehren, jede Wir auf uns selber zurück und es bleibt also einziger Ausweg das zu drosseln um damit klar zu kommen.

    Bei einem Auto ist es so, dass es solange es funktioniert, einfach so fahren kann, ohne sich groß Gedanken über das komplexe Zusammenspiel all der Teile zu machen, die es braucht um das Funktionieren zu Gewährleisten. Sobald es aber kaputt ist wird man damit konfrontiert, was da alles drin ist (Keilriemen, Zündkerzen, Batterie, Bremse) das das Funktionieren ermöglicht. Und so ist es auch beim Ich:

    Das zwiegespaltene Bewußtsein hält noch mehr Überraschungen parat. Über einen ungewöhnlichen Fall hat Ende der achtziger Jahre der damals an der Cornell University tätige US-Neurologe Michael Gazzaniga berichtet. Einer seiner Split-Brain-Patienten war ein halbwüchsiger Junge, bei dem auch die normalerweise "stumme" rechte Hirnhälfte über eine gewisse sprachliche Ausdrucksfähigkeit verfügte. Sie konnte sich über Buchstabenklötzchen mitteilen. Der Forscher interessierte sich für den Berufswunsch seines Patienten und befragte zunächst die "sprechende" linke Großhirnhälfte. Die Antwort kam wie mit der Pistole geschossen: Technischer Zeichner. Als der Forscher die gleiche Frage per Klötzchen an die rechte Großhirnhälfte richtete, buchstabierte diese zusammen: Rennfahrer. Zwei grundverschiedene Welten schienen da ein und derselben Person innezuwohnen.

    Wir haben hier also eine jungen Mann - eine "empirische Person" - er hat ein bestimmtes Alter, einen bestimmten Körper, bestimmte Eltern. Und in ihm sind bestimmte Wahrnehmungen, Wünsche, Emotionen. Aber weil - um schwere Epilepsie zu behandeln - der Corpus Callosum durchtrennt wurde - war der Prozess der aus der inneren Welt ein Ich generiert - der Prozess des " Anhaftens an einem Selbst" - in zwei Strömungen aufgespalten, die je nach dem in welchen Teil man das Resultat abfragte, andere "Ichs" mit ganz unterschiedlichen Berufswünschen produzierten.


    Weil bei uns der Corpus Callosum nicht durchtrennt sind kommen wir im großen und ganzen auf ein Einheitliche "Ich Illusion" die dann konsistent mit unseren Wünschen ist.


    Aber es reichen schon kleinere Sachen. Nehmen wir Alkoholsucht. Da kann es ja auch in gesunden Menschen schon zu einem " Jekyll und Hyde" kommen. Der nüchterne Jekyll empfindet vielleicht seinn Wunsch zu Saufen - als etwas fremdes, dämonisches. Und dass der dann besoffen nachts die Kinder schlägt empfindet er als eine "fremde Tat" deren er sich schämt und die er sich selbst nicht zuordnen will. Der betrunkene Hyde des Nachts empfindet dagegen sein nüchternes Tages imIch als fremd und spießig - als etwas was ihm seinen Spaß nicht gönnt. Die beiden liegen im Konflikt. Auch wenn sie die gleiche "empirische Person" teilen.


    Buddha geht einfach nur noch weiter. So wie Hyde ein Produkt des Anhaftens an Alkohol ist, sind auch die anderen Persönlichkeiten in die wir im Laufe des Tages schlüpfen, Produkte der Anhaftung. Und indem wir nicht daran anhaften werden wir frei. Dies bedeutet nichts, dass sich unser Körper ändert.


    Der Prozess des Anhaftens an einem Ich kanalisiert eine Vielzahl von psychischen Prozessen in Emotionen, Willen und dann in Handlungen. Es ist wie bei einem Bach, wo es mehrere Ströme gibt und es manchmal ausreicht, einen einzelnen Stein zu versetzten und das Wasser sucht sich einen anderen Weg. Und dieser ist dann "der Bach". Nymphomanin kriegen die Wechseljahren und haben keinerlei Lust auf Sex, Hippies werden zu Spiesern, Gangster zu liebevollen Vätern ohne dass es sie selbst groß wundert.


    Mit der Inbrunst der Überzeugung sagen wir das wir natürlich "Technischer Zeichner" werden wollen - wie könnte es auch anders sein. Oder eben "Rennfahrer" - es ist unsere tiefste Überzeugung - unser tiefster Wunsch - unser Wesenskern.

    void

    Ha, :shrug: der Kern bei der Sache liegt genau darin, dass der Mensch weder sehen noch akzeptieren kann, dass ABSOLUT :!: alles Leiden ist. Keine Ausnahme. Leid-er.

    Ich habe folgende zwei Aussagen gemacht:

    1. Dass die Konfrontation mit Vergänglichkeit nicht automatisch befreit
    2. Dass der edle achtfachen Pfad nicht auf die Konfrontation mit Vergänglichkeit darauf reduzierbar wäre.

    Jetzt verstehe ich nicht, wie deine Antwort damit zusammenhängt.


    Buddha sagt doch in der ersten edlen Wahrheit, dass Leben leidhaft ist. Das bestreitet doch keiner.


    Dies ist aber durchaus damit kompatibel, dass der buddhistische Weg mit der Verminderung von Anhaftung und damit der Verminderung von Leid einhergeht. Was als zunehmende Freude, Ausgeglichenheit und Friede erfahren wird. Buddha lehrte auch Ethik, Großzügigkeit, Mitgefühl, Mitfreude usw. All dies ist Teil des edlen achtfachen Pfad.

    Viktor Frankl war viele Jahre im Konzentrationslager, doch es hatte ihn nicht verbittert gemacht. Sein Geist und seine Einstellung blieben stets von Mitgefühl geprägt. Er half damals so vielen Menschen, obwohl er jederzeit hätte sterben können. Wer aber verbittert oder resigniert war, verlor seine Menschlichkeit und verwandelte sich fast wie in einen Zombie.

    Ja genau. Wenn die Beschäftigung mit Leid und Vergänglichkeit zu Befreiung führen würde, währen aus den KZ nicht lauter psychische Wracks zurückgekommen sondern lächelnde Weise. Diese waren aber eine kleine Minderheit. Victor Frankl - der Schöpfer des Begriffs "Resilzienz" - ist seine Widerstandskraft nicht zugeflogen:

    berühmte Psychiater erklärte, dass er

    große mentale Anstrengungen unternehmen musste. Er visualisierte sich selbst in einer nicht allzu fernen Zukunft und stellte sich vor, wie er vor einem großen Publikum einen Vortrag darüber hielt, wie man die Traumata eines Krieges bewältigen und verarbeiten kann.

    Es reicht nicht sich nach dem Motto "Was uns nicht umbringt macht uns härter " Vergäglichtkeit auszusetzen und zu riskieren das man für einen Arhat 99 Zombies hat. Das was einem erlaubt Vergänglichkeit zu ertragen muß kultiviert werden. Von daher sind z B Leichenbetrchtungen in buddhistischen Klöstern eine fortgeschrittene Praxis.


    Je mehr Geduld man kultiviert desto mehr hält man aus und je mehr man sich dann der Vergänglichkeit aussetzt desto mehr kann diese Geduld wachsen.


    Wie beim Schwimmen lernen geht es Stück für Stück vorwärts - notfalls mit Schwimmflügeln.


    Die Idee "Man muß Kinder einfach nur in einen Fluß werfen- entweder die gehen unter oder lernen das Schwimmen" ist zwar sachlich vielleicht richtig aber überhaupt nicht zielführend und empfehlenswert.

    Ich sehe es nicht so. Sich alleine mit Vergänglichkeit zu konfrontieren reicht nicht. Wer - sagen wir in einem Kriegsgebiet damit konfrontiert ist, dass alles kaputt geht - Häuser, Jobs, Beziehungen, Menschen - reagiert darauf auf verschiedenste Weise:

    • mit Angst und Panik
    • mit Verbitterung
    • mit Hass und Wut
    • mit Traurigkeit und Depression
    • mit Verdrängung

    Der Weg angesichts Vergänglichkeit mit Geduld, Offenheit und Freundlichkeit zu reagieren, ist nicht die einzige Option und selbstverständlich sondern etwas was kultiviert werden muß.


    Ebenso ist es so, dass der buddhistische Weg nicht auf "Setzte dich Vergänglichkeit aus" reduziert werden kann. Buddha lehrte einen edlen achtfachen Pfad mit vielen Aspekten.


    Man kann also weder sagen dass die Konfrontation mit Vergänglichkeit automatisch befreit noch, dass der edle achtfachen Pfad darauf reduzierbar wäre.


    Trotzdem ist Dukkha der Kern und Angelpunkt der Praxis. In jedem Moment taucht Dukkha auf und damit die Frage wie man sich dazu verhält.

    Verschoben

    Da der Thread hier in mehrere Richtung vom Thema und vom Kontext Theravada entgleist ist, habe ich den ursprünglichen (entleisen) Thread, der nichts desto trotz interessante Themen und Diskussionen. beinhaltet hierher kopiert, während ich hier dazu auffordern, an das wichtige Ausgangsthema anzuknüpfen.