Buddhismus und gesunde Abgrenzung

  • Hallo,

    seit geraumer Zeit befasse ich mich mit der buddhistischen Lehre, ganz besonders gerne höre ich z.B. Thich Nhat Hanh zu oder Yongey Mingyur Rinpoche.

    Ich versuche auch, das Gelernte in der Praxis umzusetzen. Allerdings tut sich mir da eine wichtige Frage auf. Und zwar bin ich noch dabei zu lernen, mich von anderen Menschen abzugrenzen. Früher habe ich mich sehr leicht ausnutzen lassen und jedermanns Willen unterworfen. Das ist schon viel besser geworden, aber die Arbeit an diesem Muster geht auf jeden Fall weiter.

    Ich hatte (habe teilweise) immer noch große Probleme, Konflikte zu riskieren und für mich einzustehen.

    Nun lernte ich folgendes über die Buddhistische Lehre:

    Mitfühlendes Zuhören: Anstelle den anderen zu verurteilen, mit Liebe und Mitgefühl zuhören.

    Das ist zwar gut, aber ich war leider früher immer die, die zuhört und infolgedessen hatte ich sehr negative Energievampire in meinem Leben, die mit ihren Problemen kamen, aber nicht für mich da sein wollten, wenn ich einmal Rat brauchte. Es waren wirklich üble Leute und damals habe ich das als Freundschaft verstanden, dass ich die ganze Zeit gebe.

    Gott sei Dank sind diese Leute gegangen oder ich habe es geschafft, irgendwann zu gehen _()_

    Wie setze ich mitgefühlvolles Dasein für andere um, ohne wieder als seelischer Mülleimer zu enden? Ich weiß, dass der Buddhismus nicht das meint, was ich getan habe. Was ich getan habe war aus der Angst heraus, nicht gemocht oder abgelehnt zu werden.

    Außerdem muss man manchmal Konflikte riskieren - zum Beispiel wenn es um Ausnutzung geht und der andere etwas Unfaires von einem verlangt, beispielsweise dass man etwas für einen viel zu niedrigen Preis verkauft oder überredet wird, etwas für einen anderen zu tun, was man gerade nicht kann, weil die Kapazität fehlt oder sonst etwas - Situationen, in denen Abgrenzungsprobleme entstehen, weil man Konflikt fürchtet.

    Was macht ein Buddhist in so einer Situation? Wie geht man da mit Konflikten um? Man kann ja nicht immer sagen "um des Friedens willen spiele ich mit" - denn das geht negativ auf einen selbst zurück.

  • Mitfühlendes Zuhören: Anstelle den anderen zu verurteilen, mit Liebe und Mitgefühl zuhören.

    Pro Tipp: Das gilt auch für Dich für Deinen inneren Dialog! ;)


    Wenn Du das übst, dann gewinnst Du mit der Zeit eine natürliche Balance.


    Wenn Du Liebende Güte für Dich selbst ernst nimmst (sprich: übst), dann achtest Du automatisch auf Dich, und lernst auch, Dich erwachsen abzugrenzen.


    Auch, weil diese Angst

    Was ich getan habe war aus der Angst heraus, nicht gemocht oder abgelehnt zu werden.

    immer weniger wird.


    Aus Abgrenzung muss ja auch kein Konflikt entstehen. Du sagst einfach nein. Fertig. Kann natürlich sein, dass die andere Person einen Konflikt sieht. Verständlich, aber nicht Dein Bier.


    Und wenn Du trotzdem noch in solchen Situationen landest,

    beispielsweise dass man etwas für einen viel zu niedrigen Preis verkauft oder überredet wird, etwas für einen anderen zu tun, was man gerade nicht kann, weil die Kapazität fehlt oder sonst etwas - Situationen, in denen Abgrenzungsprobleme entstehen, weil man Konflikt fürchtet.

    dann versuche doch, großzügig zu Dir zu sein, und Dir zu vergeben.


    Liebe Grüße und viel Erfolg,

    Aravind.

  • Ich glaube, es kommt da auf zwei Sachen an.


    1. wie Aravind sagt: Diese liebende Güte auch sich selbst entgegenbringen. Das heißt, dass Dein Recht, nicht mit Geschwätz oder Problemen eines anderen belästigt zu werden genauso berechtigt ist, wie der Wunsch eines anderen, Dir etwas zu erzählen.


    und 2.: Im Laufe Deiner Praxis wirst Du merken, dass Deine Gefühle und Gedanken kommen und gehen und Du beides nicht so wahnsinnig ernst nehmen mussts. Du gewinnst dann zunehmend die Freiheit, so zu reagieren, wie es Dir heilsam erscheint. Das bedeutet eben nicht, anderen alles recht zu machen. Sondern freundlich und friedlichen Herzens zu sagen: "Ich möchte jetzt keinen Teppich um 10.000 Euro kaufen, nein, ich möchte ihn mir auch nicht ansehen. Auf Wiedersehen." :D


    Kurz: Du kannst und wirst lernen, belastende Situationen zu verlassen oder, wenn Du sie nicht verlassen kannst, zu erleben, ohne dass Du unter ihnen leidest. Was Du brauchst ist Praxis und Geduld :)

  • Zitat

    Mitfühlendes Zuhören: Anstelle den anderen zu verurteilen, mit Liebe und Mitgefühl zuhören.

    Das heisst für mich nicht,

    zum Seeleneimer der anderen zu werden und mich ausnutzen zu lassen. Sondern, _wenn_ ich zuhöre und das sinnvoll ist, das dann mit Liebe und Mitgefühl zu tun.


    Für mich ist das Zuhören dann wenig sinnvoll, wenn der andere selber nichts verändern will (ich meine nicht, das nicht zu können, weil vielleicht der Schmerz noch zu gross ist, sondern es gar nicht erst zu wollen), wenn er stattdessen nur jammern, klagen oder über andere ablästern will. Davon gibt es leider viele.


    Das was ich gerade tue:

    Gibt es Kraft oder nimmt es Kraft?