Buddhistische Weltsicht mit Hinblick auf das Thema Gleichwertigkeit/-Berechtigung, Rassismus, Stellenwert der Rolle in der Gesellschaft, ...

  • Hallo.


    Ich bin über eine schöne Sutre des Theravada gestolpert, die mir eine radikale Sicht aufgezeigt mit Hinblick auf die Frage nach Themen wie Rassismus, Gleichberechtigung, sozialer Stellenwert und Bedeutung des sozialen Status und Erfolgs offenbahrt hat. Und das ganze vor 2500 Jahren schon! MN 93 - An Assalāyana


    Die Sutre geht aus von der Ansicht einiger Priester, dass die Priesterkaste über die anderen erhaben sei, und von ihrem Wunsch, den Buddha herauszufordern mit dieser Ansicht. Sie schickten einen jungen Brahmanen zu ihm, der Erfahrung mit der Pilgerschaft hatte, ihn in einem Gespräch herauszufordern. Der Brahmane, der gesendet wird, hatte von vornherein anscheinend nicht gerade eine hohe Zuversicht, dem Buddha auch nur irgendwie damit beizukommen, und musste erst überredet werden...


    Das Gespräch wiederum hat mich aus den Socken gehauen, wie der Buddha argumentiert hat. Das sind die allerbesten Beispiele, nicht nur für die Beliebigkeit des Kastensystems. Aus diesen Beispielen spricht noch eine tiefe Lehre, nämlich die, dass Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrem Status, ihrer sozialen Rolle und dem Wert der Dinge, mit denen sie umgehen, nur in ihrer Erhabenheit gemessen werden daran, wie gut sie ihre Verhalten und Betragen im Griff haben. Einzig, ob jemand belastet ist von zerstörerischen, bösartigen Neigungen, oder davon frei davon und beherrscht, entscheidet, was letztenedes mit diesem Menschen passiert.


    Ein stärkeres Statement gegen Diskriminierung, Rassismus etc. kann man nicht machen. Auch den Wert der Abstammung, erklärt der Buddha so: nicht wie und wo und von wem man geboren wird entscheidet, ob man erhaben ist oder nicht, sondern allein das Betragen. Ich musste zudem in einigen Beispielen an ein Gleichniss in der Bibel denken, von der alten Frau, die ihren letzten Taler für Notleidende spendet, und laut Jesus von Gott dafür mehr gelobt wurde, als alle reichen Heuchler in der Synagoge zusammen, die Unmengen von ihrem Hab und Gut gespendet hatten.


    Die ganze Logik wird alles in einer Vielzahl Gleichnisse dargelegt und die Unterscheidungen zwischen den Menschen als Willkür aufgezeigt. Am Ende zitiert der Buddha sogar noch eine Vorgeschichte, in dem diese Frage bereits geklärt worden sei. In dieser forderte ein Seher sieben Brahmanische Seher damit heraus...sie konnten ihn nicht verfluchen, sondern ihn nur immer edler machen in seiner (vermutlich eben "rechten"...) Ansicht, und ich musste lachen, als ich las, dass er sie am Ende sogar soweit hatte zu sagen, dass sie nicht wissen, wer sie sind...


    In dieser Frage also, haben die Brahmanen ihren jungen Meister zum Buddha geschickt, um ihn em Ende zu seinem Schüler zu machen. Er gab vorher bereits mehrere Male zu, dass die Brahmanen ihre Meinung eh nicht ändern würden. Er schien schon vorher nicht ganz überzeugt...


    Eine schöne Ansicht, die dadurch entsteht. Was denkt ihr, zieht sich diese Denkart noch weiter durch die Kultur und Schriften des Buddhismus? Oder denkt ihr, es gibt auch eine andere Seite, die kulturell oder auch anders wieder Unterscheidungen dieser Art eingeführt hat? Ich selbst sehe das so, diese Lehre ist ja zeitlos, sie transzendiert all unsere Werte und Regeln, und hat deswegen zu jeder Zeit ihre Gültigkeit.


    Wie seht ihr das mit Hinblick auf das Eindringen des Buddhismus in westliche Gesellschaften, wo solche Werte durch die Aufklärung bereits stark auf weltliche Weise motiviert umgesetzt wurden? Wie kommt es, dass eine ähnliche Logik im frühen Christentum so starke Verfolgung bewirkt hat, während der Buddhismus mit solchen Lehren trotz des krassen Gegensatzes zum Kastensystem akzeptiert wurde?

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  • Mich irritiert die Geschichte grad irgendwie.

    Vielleicht weil das Kriterium der Erhabenheit (schon wieder) Menschen in einer Reihenfolge sortiert, statt sie alle als gleichwertig zu betrachten. Als Menschen, die alle ihre besonderen, wertvollen Fähigkeiten und Eigenschaften haben, aber auch Schattenseiten mit sich rumtragen.

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  • Mich irritiert die Geschichte grad irgendwie.

    Vielleicht weil das Kriterium der Erhabenheit (schon wieder) Menschen in einer Reihenfolge sortiert, statt sie alle als gleichwertig zu betrachten. Als Menschen, die alle ihre besonderen, wertvollen Fähigkeiten und Eigenschaften haben, aber auch Schattenseiten mit sich rumtragen.

    Ja, der Gedanke hat sich mir auch gleich aufgedrängt. Zumal im Text noch von den Priestern geredet wird, die die tüchtigen mit Gaben bedenken, aber die faulen meiden. Das ist auch eine traditionelle Sicht.


    Aber es ist eben seine Sicht, und seine Antwort auf diese Fragen: gibt es von Geburt (oder durch Beruf, Familie, Status etc.) an gesegnetere Menschen als andere. Also es ging gar nicht so sehr darum, wie sich Menschen über- und untereinander stellen würden, sondern wie sie von Natur aus beschaffen sind. Erst davon wurden ja die Unterschiede abgeleitet. Und die Antwort des Buddha war klipp und klar: nein, allein die Güte des Herzens entscheidet, wie da Schicksal dieser Menschen sich entfaltet. Es ging ja darum diese Ansicht der Priester zu widerlegen, die sagten, je nach Geburt, Beruf usw. ist man in dieser Hinsicht priviligiert oder nicht.


    Und: es ist doch das Schicksal, was sich entfaltet, nicht die Aufforderung, es ihm gleichzutun. Es ist nicht gesagt, dass der Mensch selbst auch nur noch so denken und handeln sollte, die gesegneten zu loben und die unglücklichen zu verwerfen und zu strafen. Das wäre ja schrecklich, untereinander sollten wir besser nicht zu sehr so denken.


    Zu dieser Frage lehrt der Buddha denke ich an anderen Stellen vor allem Mitgefühl und die Bereitschaft, erwartungslos zu geben was nötig ist um Leid zu lindern. Aber er lehrt auch klipp und klar, die Schattenseiten führen zu Leid, erhaben ist, wer sich von ihnen befreit. Und auch: wer dem gibt, der weiteren Segen damit bringt, dem bringt das mehr Glück als dem, der es einem Verschwender gibt.


    Andererseits ist der Verschwender dann vielleicht auch schon so arm dran, dass solchen aus der Patsche zu helfen sich trotzdem lohnt. Denn gegen diesen Nutzen, steht auch immer das Leid, das entsteht, wird dieser Mensch zurückgelassen. Ich glaube aus diesem Geist heraus sollte man das ganze betrachten, und nicht zusehr danach, die Menschen nach ihren Stärken und Schwächen zu unterteilen. Steht ja auch drin, dem Feuer ist es egal, aus welchem Holz es gerieben wurde, und auch wie edel das Objekt war, aus dem es genommen wurde, nebst demjenigen, der es durchgeführt hat.


    Wenn es dann einen Unterschied demnach gibt, die einen sind eben begabter darin, die Moral aufrecht zu erhalten, während die anderen dazu neigen, sie zu verlieren und Schaden anzurichten. Dann bedeutet das nicht unbedingt, dass man diese deswegen diskriminieren sollte. Eine andere Frage ist es, was Verantwortung dann zulässt, und vor allem, wie man mit dem Problem umgeht und es entschärft. Dafür braucht man keine Vergleiche, man muss blos die Probleme als das sehen, was sie sind.

  • Von Karl Jaspers gibt es den Begriff der "Achsenzeit". Ihm war aufgefallen, dass es zu einer bestimmten Zeit in voneinander relativ unabhängigen Kulturräume ähnliche Umwälzungen gab. Es war ja nicht nur Buddha der anfing einen "Edlen" nicht mehr als einen mit guter Abstammung sondern mit gutem ethischen Betragen zu sehen, sondern auch bei Konfuzius oder den griechischen Philosophen oder im Judentum gab es ähnliche Tendenzen. Ein Grund dafür war sicher, das in viele. großen Reiche zerfallen waren - sowohl im China von Konfuzius als auch in Indien gab es eher ein Mosaik kleiner Staatswesen und die Denker wanderten oft von einem Fürst zum anderen. Dies erklärt, warum es in der Achsenzeit in vielen Regionen zu einer "humanistischen" Stämme und Herkunft übersteigenden Kultur kam.


    Aber später machten sowohl in Indien als auch in China die Mosaike von kleinen Ländern wieder großen Reichen Platz. Dem Reich der Maurya in Indien, der Han in China oder eben dem römischen Reich. Und in diesen machte dann das humanistische Element wieder einer zentralistischen und hierachischeren Struktur Platz.