Fragen zum Buddhismus

  • Hallo,
    ich bin neu hier und habe ein paar Fragen zum Buddhismus.
    Ich habe mich letzten Sommer eine Zeit mit dem Buddhismus beschäftigt als ich sehr depressiv war. Er hat mir sehr viel Kraft gegeben und mir geholfen.
    Jedoch habe ich mich wohl zu oberflächlich damit beschäftigt, weil ich schon nach 6 Monaten dieselben Gedankengänge wieder in meinem Kopf fand.
    Ich hoffe nun wieder Kraft im Buddhismus zu finden und will mich tiefergehened damit beschäftigen um meine negativen Gedanken für immer los zu werden und einen Sinn für mein Leben zu finden.
    Ich habe nur Grundlegendes, wie die vier edlen Wahrheiten, den achtfachen Weg usw. gelesen und ein paar Texte und Denkanstösse dazu.
    Ich habe auch meditiert, bzw. versucht zu meditieren.
    Ich fand viele Prinzipien des Buddhismus einleuchtend und versuche sie seitdem auch in meinem Leben zu befolgen.
    Dass man kein Lebewesen töten soll, war eines davon. Darum bin ich auch seit dem 23. Juli 2010 Vegetarier. Jedoch verstehe ich nicht wirklich, warum man keine Tiere töten soll, aber Pflanzen im Prinzip schon. Und ich meine damit kein Fallobst. Wenn ich einen Eisbergsalat im Supermarkt kaufe und esse, vernichte bzw. töte ich ihn doch ebenso. Es bleibt nichts davon zurück. Es entsteht keine neue Pflanze, es bleiben keine Wurzeln in der Erde zurück. Der Salat wurde ebenso für diesen Zweck gezüchtet, wie Schweine oder Hühner.
    Auch dürfte ich eig. gar kein Auto fahren, weil Mücken bzw. andere Insekten an mein Auto klatschen und bei dem Aufprall sterben. Kann / darf / sollte ich mich für diese Tode verantwortlich fühlen?


    Gier, Hass und Verblendung sind die Ursachen des Leidens. Ist es dann verwerflich, wenn ich später mal ein schnelles Auto besitzen möchte? Weil das ist ja etwas Materielles und ich begehre es. Sollte ich mich von diesem Gedanken lösen? Oder ist es ok ein schnelles Auto zu wollen und zu besitzen, wenn man ansonsten versucht erleuchtet zu werden?


    Weiterhin soll man sich nicht der Lust, bzw. dem Begehren hingeben. Heißt das nun ,dass man kein Sex haben sollte ? Oder nur mit Personen die man liebt?
    Ich las hier einen etwas älteren Thread indem eine Mutter die Beziehung zu ihrem Kind hinterfragen hat. Sie sagte ihre Mutterliebe sei das reinste Gefühl, was sie jemals gefühlt hatte. Jedoch läuft es auf Leiden hinaus, weswegen sich mir die Frage stellt ob man überhaupt innige Beziehungen bzw. Liebesbeziehungen eingehen sollte.


    Der Buddhismus lehrt, man solle im hier und jetzt leben. Nicht in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft. Darf man sich dann überhaupt noch Gedanken über die Zukunft machen, z.B. wo man in 10 Jahren stehen will, bzw. eine Lebensversicherung abschließen die erst nach 25 Jahren ausgezahlt wird?
    Sollte ich mir Gedanken machen über die nächste Fußball-WM oder wie die Überalterung unserer Gesellschaft im Jahr 2050 aussieht?
    Andersrum, wie siehts mit der Vergangenheit aus? Darf man in alten Zeigen schwelgen, sich alte Urlaubsfotos angucken, überhaupt Fotos machen?



    Wie gesagt, habe ich mich bisher nur mit dem Grundlagen beschäftigt, d.h. ich habe noch keine spezifische Schule ausgesucht bzw. Texte davon gelesen.
    Ich hoffe hier allgemeingültige Denkanstösse zu finden, die ich zur Hilfe der Beantwortung meiner Fragen benutzen kann.
    Ich hoffe auch, dass meine Fragen nicht zu trivial oder zu engstirnig sind. Ich denke schon seit langer Zeit darüber nach und komme auf keine Antwort zu diesen Fragen. Auch weil manch Lehren oder Sitten des Buddhismus so alt sind, dass sie vllt für unser heutiges Leben neu interpretiert werden können oder sollten. Ich hoffe dass ihr mir da weiterhelfen könnt.


    (Sry, wusste keinen gescheiteren Threadtitel :? )

  • Hallo Iroh,


    was denkst du zu all deinen Fragen?


    Ausser den vier edlen Wahrheiten und dem darin enthaltenen achtfachen Pfad, wirst du nichts anderes Finden. Es ist nur immer anders erklärt, wiederholt... Bau den achtfachen Pfad, einfach Schritt für Schritt in dein Leben ein und sei dir gewiss, daß alles immer ein bisschen anders ist und daher ein "Das muß man so machen und das so" immer Blödsinn ist.


    Nur drei Dinge sind zu erreichen: Nicht-Haß, Nicht-Gier, Nicht-Illusion. "Ich muß aufhören zu hassen, gierig zu sein und darf mich nicht in Wahn und Illusion verwickeln lassen." Das ist leicht gesagt. Aber geht nur Schritt für Schritt. Dem Haß wirkst du mit Mitgefühl entgegen, der Gier mit Großzügigkeit und der Illusion mit Innenschau und Reflektieren um Haß und Gier zu verstehen. Den Stab und Schmutz muss man erst mal sehen und auch in den letzten Winkel kommen. Schon mal einem Uhrmacher beim reinigen eines Uhrwerkes zugesehen?
    Gut ist wenn du es langsam aber kontinuierlich machst, sonst setzt du die Räder falsch zusammen und dann geht das ganze von vorne los. Wenn du etwas loslassen kannst lass es los. Eintauschen ist nicht loslassen.


    Viel Geduld mit dir selber und Mut zum weitergehen.

  • Liebe/r Iroh,
    sich so viele Gedanken zu machen, raubt Energie. Das jedenfalls ist meine Erfahrung. Wenn ich mir Gedanken darüber mache, was ich bis ans Ende meines Lebens alles noch tun muss, dann verliere ich ja den Mut. Hätte ich vor 30 Jahren gewusst, wieviele Hürden ich bis heute nehmen musste, wieviele Schwächen ich abbauen musste und welche dennoch geblieben sind, wie ich heute aussehe, dass ich immer noch lieber gerne (zuviel) esse, als darauf zu verzichten, hätte ich mir das Leben genommen.
    Gehe einfach Schritt für Schritt und beschäftige Dich mit der Lehre Buddhas, lass Be- und Verurteilungen los - insbesondere über Dich selbst, aber auch über andere. Und lass vor allem falsche Vorstellungen los und Illusionen. Es ist ein langer, langer Weg. Aus meiner Sicht entsteht allein dadurch schon sehr viel Mitgefühl, weil wir sehen können, wir gerne wir doch würden und dennoch nicht können, wieviel weniger also manch andere/r.
    Ich wünsche Dir die Kontakte, die Du benötigst, um einen Einstieg zu finden, der Dich nicht mutlos macht.
    Von ganzem Herzen
    Monika

  • Hierzu fällt mir ein Text ein, der mich unter anderem zum Buddhismus führte.


    Desiderata
    Gehe heiter, gelassen durch Lärm und Hast und gedenke des Friedens der in der Stille liegt. Bemühe Dich, mit allen Menschen auf freundschaftlichen Fuß zu stehen, soweit Du dies vermagst, ohne Dich selbst aufzugeben. Sei aufrichtig in Deinen Äußerungen, ruhig und klar; lerne Anderen zuzuhören, selbst den Beschränkten und Unwissenden, denn auch sie haben die Geschichte ihres Lebens.
    Halte Dich fern von lärmenden, aggressiven Mitmenschen, sie sind eine Qual für den Geist.
    Wenn Du Dich mit anderen vergleichst, könntest Du überheblich, eingebildet oder bitter, verzagt werden, denn immer wird es Menschen geben, bedeutender oder geringer sind als Du. Erfreue Dich vielmehr Deiner eigenen Leistungen und verfolge freudvoll Deine Pläne, wie bescheiden auch immer. Behalte Deinen eigenen Weg im Auge, denn hier liegt der wahre Reichtum im unvorhersehbaren Wandel der Zeit.
    Lasse Vorsicht walten bei Deinen Geschäften, denn die Welt ist voller Gaunerei, doch lasse Dir nicht die Augen verschließen vor ebenso vorhandener Tugend und Rechtschaffenheit. Gar viele Menschen streben nach hohen Idealen und überall in der Welt wirst Du Heldenmut entdecken.
    Sei immer Du selbst, und heuchle niemals Zuneigung, noch sei zynisch in der Liebe, denn angesichts aller Einsamkeit und Enttäuschungen ist sie doch so immerwährend wie das Gras.
    Den Ratschluß der Jahre nehme willig auf Dich und gib die Dinge der Jugend anmutig auf. Stärke die Kraft des Deines Geistes, damit Du gewappnet bist gegen plötzliches Mißgeschick. Aber belaste Dich nicht mit Einbildungen. Viele Ängste werden aus Übermüdung und Einsamkeit geboren. Neben aller wohllöblichen Selbstdisziplin sei gütig im Umgang mit Dir selbst. Du bist ein Kind des Universums und hast kein geringeres Recht hier zu sein, als die Bäume und alle Sterne am Himmel.
    Und ob Du vermagst, es zu begreifen oder nicht, die Welt wird ihren Lauf nehmen, wie ihr bestimmt ist.
    Daher mache deinen Frieden mit Gott wie immer Du ihn sehen magst. Bei allen Mühen und Sehnsüchten, bewahre den Frieden deiner Seele inmitten des lauten Wirrwarrs dieses Lebens. Trotz allen unechten Scheins, aller Schinderei und zerbrochener Träume, ist dies eine wunderschöne Welt.
    Sei behutsam, ringe um Dein Glück.

  • Hallo, ich danke euch für eure Antworten.


    @Hanzze:
    Was ich zu meinen Fragen denke..
    Ich denke, ich sollte mich nicht für die Tode von Insekten verantwortlich fühlen.. andernfalls dürfte man ja nur unter größter Vorsicht über eine Wiese laufen.
    Solange ich nichts davon absichtlich oder wissentlich tue, kann ich mir nichts vorwerfen.
    Und ich kann mir Pflanzen-Samen kaufen und selber Pflanzen heranzüchten, mich um sie kümmern und dafür sorgen dass es ihnen gut geht. Deswegen ist es in Ordnung für mich Pflanzen zu essen.


    Ich glaube auch dass es ok ist später mal ein schönes Auto besitzen zu wollen. Wenn man nach den richtigen Prinzipien lebt und finanziell in der Lage ist sollte man sich sowas gönnen dürfen. Wenn man mit einer fairen und gerechten Weise Geld verdient und auch spendet, sollte es eigentlich kein Problem darstellen sich selber was zu gönnen wenn es einem Freude bereitet (oder ist das eine Illusion?).


    Und Sex zu haben und sich zu lieben gehört zum Leben eines Menschen dazu, auch wenn es irgendwann zu Leid führen wird. Man muss es sich nur immer vor Augen halten dass es schnell vorbei sein kann damit.


    Zum Thema Vergangenheit und Zukunft: Ich glaube man sollte aus der vergangenen Fehlern lernen, jedoch nicht zu viel Zeit in der Vergangenheit verlieren. Ähnliches gilt wohl auch für die Zukunft, in unserer westlichen Welt muss man sich teilweise auch gezwungenermaßen damit beschäftigen. Jedoch sollte man den Fokus auf das Hier und Jetzt richten.


    Und ja du hast wohl Recht, ich wollte wohl einfach klare Antworten und einen klaren Weg vor mir. Aber den gibt es wohl nicht, ich muss für mich wissen wie ich die Dinge auslege und wie ich damit leben kann.


    @monikamarie
    Ich bin ein Mensch, der gern Dinge sofort erledigt, deswegen wollte ich klare Antworten haben und einen Weg gezeigt bekommen, den ich gehen kann, bei dem ich weiß was vor mir liegt. Ich erkenne nun dass du Recht hast, ich muss für Schritt für Schritt gehen und nicht immer alles auf einmal und sofort wollen. Ich sollte mir weniger Gedanken machen und mir vielleicht mehr Zeit für mich nehmen, Dinge tun die mir wirklich Freude bereiten und mich weiter mit der Lehre Buddhas beschäftigen.


    Silberstreif
    Ein wirklich sehr schöner und interessanter Text.

  • Iroh:

    Hallo, ich danke euch für eure Antworten.


    @Hanzze:
    Was ich zu meinen Fragen denke..
    Ich denke, ich sollte mich nicht für die Tode von Insekten verantwortlich fühlen.. andernfalls dürfte man ja nur unter größter Vorsicht über eine Wiese laufen.
    Solange ich nichts davon absichtlich oder wissentlich tue, kann ich mir nichts vorwerfen.


    Wenn du drauf steigst, wer steigt dann darauf. Kannst du vorsichtiger die Schritte setzen? Was hindert dich daran deine Schritte vorsichtiger zu setzen? Weiß man wirklich nicht wenn man etwas unvorsichtig tut, oder ist man einfach unvorsichtig unvorsichtig?
    Achtsamer zu werden ist denke ich ein guter Weg. Weniger verursachen zu so einen billigen und für einen gut tuenden Preis, mit offnenen Augen und wachsamen Geist so vieles was man vorher nicht gesehen hat entdeckend, ist doch ein guter Deal oder?

    Iroh:

    Und ich kann mir Pflanzen-Samen kaufen und selber Pflanzen heranzüchten, mich um sie kümmern und dafür sorgen dass es ihnen gut geht. Deswegen ist es in Ordnung für mich Pflanzen zu essen.


    Manchmal bleibt es beim "kann". Pflanzen ist etwas schönes, aber auch die Samen selber sammeln und herausfinden wie Natur funktioniert ist ein dankbarer Weg und wenn du es selber machst, kannst du darauf achten keine Chemie zu verwenden und beanspruchst auch nicht so viel die Nebeneffekte wie Verkehr und Handel... Wir sind immer von anderem Leben abhängig, aber wir sind nicht im Stande leben zu machen. Wenn man in etwas selber involviert ist, kann man Leben ganz anders schätzen und auch seine Dankbarkeit dafür zeigen.


    Iroh:

    Ich glaube auch dass es ok ist später mal ein schönes Auto besitzen zu wollen. Wenn man nach den richtigen Prinzipien lebt und finanziell in der Lage ist sollte man sich sowas gönnen dürfen. Wenn man mit einer fairen und gerechten Weise Geld verdient und auch spendet, sollte es eigentlich kein Problem darstellen sich selber was zu gönnen wenn es einem Freude bereitet (oder ist das eine Illusion?).


    Meinst du ein Auto bereitet wirklich Freude. Zu erst mag man es haben und hat es noch nicht, da arbeitet man viel dafür, kann sich nicht entscheiden, will es usw. da ist mal nicht so viel Freude dabei. Dann hast du endlich das Geld und gehst zum Händler und einen Bruchteil nachdem du es gekauft hast, gehen die Sorgen schon wieder los, was wenn es gestohlen wird, was wenn es beschädigt wird. Die vielen Ängste es wieder zu verlieren kosten dich dann wieder viel Arbeit um Versicherungen zu zahlen. So dann geht es weiter, wohin mit dem Fahrzeug, Parkplatz, Service, Strafzettel, Treibstoff usw.... Irgenwann fahrst du an den Baum oder es schleicht sich ein Schaden ein. Dann ist es wieder weg. Wieg mal die Zeit der Freude mit der Zeit der Sorgen und der Arbeit auf und entscheide selbst ob sich so etwas gönnen eine Illusion ist. Was man mit dem Auto und dem Treibstoff anrichtet, kannst du dann danach vielleicht dazu addieren, auch wie du unter Straßenlärm, Verkehr und Luft selber leidest. Kreuzschmerzen, Verkühlung von der Klimaanlage... Was steht dem entgegen, ein paar Momente cool, frei? schnell zu sein. Also ich sag immer ich bin Zufuß sogar schneller als jemand mit dem Flugzeug. Da gehe ich jede Wette ein. Wenn man alles aufsummiert. Die Freude hat einenn sehr teuren Preis, schon mal so betrachtet? Was denkst du, kann da ein Trugschluß sein?


    Iroh:

    Und Sex zu haben und sich zu lieben gehört zum Leben eines Menschen dazu, auch wenn es irgendwann zu Leid führen wird. Man muss es sich nur immer vor Augen halten dass es schnell vorbei sein kann damit.


    Schau es dir bewußt an wie schnell es jedes mal vorbei ist und was danach bleibt.


    Iroh:

    Zum Thema Vergangenheit und Zukunft: Ich glaube man sollte aus der vergangenen Fehlern lernen, jedoch nicht zu viel Zeit in der Vergangenheit verlieren. Ähnliches gilt wohl auch für die Zukunft, in unserer westlichen Welt muss man sich teilweise auch gezwungenermaßen damit beschäftigen. Jedoch sollte man den Fokus auf das Hier und Jetzt richten.


    Ich denke das ist ein guter Ansatz, den man verstärken sollte. Leiden liegt immer in der Vergangenheit oder in der Zukunft. In der Gegenwart gibt es das nicht. Die Gefühle sind immer n´mit etwas verbunden, dass es im Moment nicht gibt und dennoch nehmen wir sie so sehr als wahr und aktuell.


    Iroh:

    Und ja du hast wohl Recht, ich wollte wohl einfach klare Antworten und einen klaren Weg vor mir. Aber den gibt es wohl nicht, ich muss für mich wissen wie ich die Dinge auslege und wie ich damit leben kann.


    Mag dir nur empfehlen, deine Zeit nie damit zu verschwenden die Dinge so auszulegen, dass du dich darin bewegen kannst. Ich denke es ist besser sich umzusehen, wie die Dinge wirklich sind, was man kennt und versteht, fürchtet man nicht, lässt man an sich ran und auch wieder frei gehen.



    Wünsch dir viel Abenteuer beim Entdecken.