Beiträge von dermatze

    lönnmar:


    ...Auch versteh ich ehrlich gesagt nicht ganz wie man in der Meditation zu tieferen Verständnis oder gar Erleuchtung finden kann, wenn das Ziel doch ist an nichts zu denken? Offensichtlich hab ich hier etwas missverstanden oder gehe von falschen Annahmen aus?...


    Ob diese Annahme richtig ist oder nicht, kannst du nur selber für dich herausfinden. Meditation hat mit persönlichen Erfahrungen zu tun (die sich auch nicht alle sofort einstellen werden), nicht mit postulierten Glaubensbekenntnissen. Wenn man dann noch hier und da nachforscht, gibt es viel zu entdecken. Was verschiedene Lehrer / Lehren dazu sagen, was bei der Meditation in einem passiert. Insofern ist Meditation (für mich jedenfalls) eine praktische, lange Arbeit mit dem Geist, die sich mit Wissen von aussen bereichern lässt. der Buddha hat das alles alleine herausgefunden. Ich muss das glücklicherweise nicht mehr, es gibt so viel Unterstützung.


    Ein lebensnahes Beispiel von der Einsicht durch Meditation ist der schöne und stimmungsvolle Film "Doing Time, doing Vipassana".

    Aiko:


    Ich denke, die sitzen nicht stundenlang an einem Stück. Also üblich ist - im Zen - 20 min bzw. bis zu 40 oder 45 min. und dann Kinhin - gehen, etwas 5 min. .


    Ja so kenne ich es auch vom Shambhala Zentrum, wo ich im Moment meditiere. Bei Goenkas' Kursen gibt es glaube ich keine geleiteten Bewegungen, man kann nur die Pausen dafür nutzen.


    Bei mir hat es heute erfreulicherweise Klick gemacht. Zum ersten Mal habe ich die Haltung mit den Beinen neben dem Kissen probiert, Füße nach hinten. Hat mir vorher nie gefallen, weil die Füße dann so so gestreckt sind. Nachdem ich ein zweites, extra hohes Kissen gekauft habe, hab ich's vorhin nochmal probiert. Und zum ersten Mal selbst nach 40 Minuten Meditation im Rücken nichts gespürt. Super!! :P

    MIt der Höhe experimentieren hat mir schon was gebracht. Generell meldet sich ein bestimmter Rückenmuskel aber nach 30 bis 40 Minuten. Manchmal geht's durch kleine Haltungsänderung und Konzentration auf den Schmerz wieder weg. Scheint schon an der Sitzuhaltung zu liegen.


    Ich frage mich aber folgendes: wie funktioniert das bei den Goenka Vipassana 10 Tages Meditationen? Da hilft es ja auch nicht, wenn man durch diese oder jene Haltungsänderung statt 20 Minuten jetzt 45 Minuten sitzen kann, bevor es schmerzt. Da wird 10 Tage viele Stunden täglich meditiert. Wie funktioniert das? Finden da alle die pefekte, schmerzfreie Haltung für sich heraus? Oder akzeptiert man den Schmerz einfach 10 Tage lang? Bringt das nicht die Gefahr mit sich, einen langwierigeren Schaden davon zu tragen? Ich würde so ein 10 Tages Retreat ja gerne mal machen, aber die Aussicht darauf, mir den Rücken kaputt zu machen, hält mich definitiv davon ab.

    Floh1471:


    Ich bin nur etwas entäuscht, weil mich eben kein Zentrum aufnehmen möchte und andererseits soll ich zu Hause auch nicht alleine meditieren.
    Also dem Buddhismus wieder aufgeben???? Das kanns auch nicht sein.


    Das muss es meiner bescheidenen Meinung nach auch nicht sein. Was rät denn deine Therapeutin bezüglich Meditation zu Hause? Kennt sie sich mit der Thematik aus?


    Meditation ist ja seit einigen Jahren ein probates Mittel im Heilungsprozess von körperlichen und psychischen Krankheiten. Am bekanntesten und mit einem recht breiten Ansatz ist wahrscheinlich Jon Kabat-Zin. Darüber hinaus gibt es psychotherapeutische Richtungen wie "Achtsamkeitsbasierte Kognitive Psychotherapie", und die damit verwandte "Akzeptanz- und Commitment-Therapie".


    Ich erwähne das nur, weil das ja ein Zeichen ist, dass aus professioneller Sicht Meditation bei Depressionen und Angststörungen durchaus empfohlen wird. Und ich glaube nicht, dass bei den Sitzungen (Kabat-Zin empfiehlt mindestens 25 Minuten täglich wenn ich es richig erinnere) immer ein Therapeut zugegen sein muss, das wäre ja praktisch gar nicht machbar. Wie gesagt, ich "glaube", ich bin da explizit kein Experte. Aber es scheint sich definitiv zu lohnen, in der Richtung mal nachzuforschen: unter welchen Prämissen kann Achtsamkeitsmeditation auch von Menschen mit Panikattacken praktiziert werden? Wenn deine Therapeutin dazu direkt keine Antwort hat, lohnt sicher auch eine Nachfrage bei einer Organisation wie dem MBSR-Verband oder bei der Krankenkasse. Letztere finanzieren möglicherweise auch inzwischen entsprechende Kurse, wie sie es bei Autogenem Training etc. tun.


    Natürlich decken die letztgenannten Wege nicht das ganze Spektrum des Buddhismus ab. Aber das eine schliesst das andere ja für die Zukunft nicht aus, vielmehr dürfte die gewonnen Meditationserfahrung auch für buddhistische Praxis sehr hilfreich sein.

    Ich kenn ein Psychologen-Ehepaar, das diese Mediation von Osho seit vielen Jahren macht. Über dieses bin ich bei einer Fortbildung darauf gestossen, wir haben das zweimal in der Gruppe praktiziert. Über Gefahren haben sie nicht gesprochen. Eventuell ist die Osho Version aber auch nur vom Namen her angelehnt an Kundalini Meditationen im Hinduismus. Osho hat seine Meditationen ja bewusst für Westler konzipiert, soweit ich gerade gelesen habe. Er war der Meinung, dass Westler nicht geeignet seien für östliche Meditationen, und hat viel Bewegung eingebaut. In der Variante hier das Schütteln und Tanzen.


    Ich fand die Meditation zuerst gewöhnungsbedürftig. Wer bei Meditation an Zen oder Vipassana denkt, ist hier natürlich erstmal erstaunt. Wenn man dann noch die Bilder der Baghwan Jünger aus den 80ern im Kopf hat, zusammen mit den Skandalen der damaligen Zeit (Gewaltausbrüche bei Encounter Gruppen-Therapien, freie Liebe, Vergiftungen von Gegnern, Osho's Rolls Royce Sammlung...), dann braucht man evtl. ein bisschen länger um sich darauf einzulassen.


    Mittlerweile hab ich die Osho Kundalini Meditaion gelegentlich mal zu Hause praktiziert. Mindestens ist sie eine Übung um den Körper mal aufzuheizen, wie ne halbe Stunde Sport eben. Je mehr man sich fallen lassen kann, desto mehr passiert darüber hinaus. Mit einer buddhistischen Sitzmeditation ist sie von der Wirkung her für mich aber gar nicht vergleichbar, daher auch keine Alternative dazu.

    Floh1471:

    Hi Mirco!
    Aber ich werde weiter machen. Ich weiß jetzt das es gut ist. Und es gehört zur Verarbeitung dazu.
    Ich muß auch lernen meine Gefühle zu zu lassen. Das war bisher ein Zeichen von schwäche, wenn du Gefühle zeigst.


    Im Buchladen bin ich gestern auf Pema Chödrön gestossen, eine amerikanische, buddhistische Nonne tibetischer Tradition. Sie setzt sich in ihren Büchern viel mit dem Thema unangenehmer Gefühle auseinander. In ihrer Arbeit mit Strafgefangenen wird das vermutlich auch wichtig sein.


    Jedenfalls bestätigt auch sie deinen letzten Eintrag. Die eigentliche Schwäche liege im Ablenken und Wegschauen. Weil wir befürchten, dass wir das Anschauen unangenehmer Emotionen nicht ertragen könnten. Das stimme aber nicht. Das betrachten unserer Emotionen sei vielmehr wie eine Entgiftungskur; zu Beginn unangenehm, aber danach befreiend. Sie empfiehlt, das zunächst mit Gefühlen zu üben, die uns nicht so überwältigend erscheinen. Eine beschrieben Herangehensweise, die mir noch im Kopf ist, und die sich auch an Menschen richtet, die in Meditation gar nicht geübt sind: drei mal bewusst tief ein- und Ausatmen. Und dann in das betreffende Gefühl eintauchen: wie fühlt es sich an? Hat es einen Geschmack? Wo nehme ich es wahr?

    Hi Floh,


    die Worte Ji'un Kens' klingen vernünftig und dem würde ich kurzfristig gesehen nichts hinzufügen.


    Langfristig gesehen hab ich in einer ähnlichen Situation die Frage etwas weiter gefasst: was macht Meditation eigentlich? Warum kann mir das helfen? Welchen Sinn haben die Emotionen, die dabei bewusst werden? Was mache ich damit?


    Als ich anfing zu meditieren dachte ich, es handele sich um eine Methode zur Beruhigung. So wie Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training. Oft hat es ja diesen Effekt. Das allein ist aber nicht der Grund, warum der Buddha der Meditation so eine Bedeutung beigemessen hat. Einige neuere, westliche Therapieformen haben die Achtsamkeit ja auch entdeckt, und soweit ich gelesen habe, ist auch hier das "zur-Ruhe-Kommen" längst nicht der einzige Grund dafür.


    Vielmehr bietet die Meditation eine Möglichkeit Abstand zu unseren Gedanken und Gefühle zu bekommen, weil wir bemerken, dass sie nicht die einzige Wahrheit sind. Dass wir noch etwas anderes in uns finden. Der Dalai Lama wurde mal von einer Journalistin gefragt, wie mit Emotionen umzugehen sei. Angeblich soll er, wie es seine Art ist, freundlich gelacht und zurück gefragt haben: "glauben sie, dass die Emotionen echt sind?"


    Wir Westler denken bei so einer Aussagen schnell: "ja dann soll ich meine Gefühle unterdrücken? So tun, als wären sie nicht da?"


    Aber das Gegenteil ist gemeint. Der Buddha empfahl, unsere Gedanken und Gefühle bewusst wahrzunehmen. Das tun wir im Westen ja idR gar nicht. Stattdessen finden wir ständig Wege, unangenehmen Gefühlen aus dem Weg zu gehen: Fernsehen, Telefonieren, Schwätzchen halten, Saubermachen, Arbeiten, über das unmögliche Verhalten von (Foren-) Kollegen aufregen, über die Affairen von Promis, den Politikbetriebs-Klatsch in den Medien nachdenken. Oder wir geben dem Druck nach und agieren es aus, verlieren uns in depressiven Gedanken oder benutzen die anderen als Boxsack.


    Damit halten wir Emotionen unter der Decke, wo sie langfristig starken Einfluss auf uns haben. Buddha, und mancher Therapeut, sagen stattdessen: nimm sie bewusst wahr als etwas, dass in dir ist. Aber ohne zu bewerten. Keine Geschichte daraus machen, sich nicht zu neuen Gedanken forttragen lassen. Nur innehalten und bemerken: was ist da?


    Wenn man das länger praktiziert, so die Idee (vielfach erprobt :) ), verlieren die Emotionen erstens an Stärke. Und zweitens kann man erkennen, dass sie selbst erschaffene Illusionen sind (s. Ausspruch des Dalai Lama oben). Sie sind nicht unser eigentliches Selbst. Sie entstehen aus bewussten und unbewussten Vorstellungen in uns, wie diese Welt zu sein hat. Wie sie aber oft nicht ist.


    Hinter dem ganzen liegt eine andere Wahrheit, die sich laut Buddha zu finden lohnt. Deswegen lohnt sich auch der Weg der Meditation, und das Wahrnehmen der Emotionen.

    Jinen:

    Sicher gibt es überall im Buddhismus auch rituelle Elemente. [...]. Muss er/du halt sehen, was passend ist).


    Danke, ja. So ist es wohl, ganz ohne rituelle Elemente kommt evtl. keine menschliche Gemeinschaft aus. Von einem tibetischen Lehrer las ich vor kurzem irgendwo, dass z.B. die Gebetsmühlen ein Mittel zu Erinnerung seien. Kein Selbstzweck, nach dem Motto: "bei schlechtem Karma 100x drehen, bei ganz miesem 300x". Und so sind vielleicht alle Äußerlichkeiten ein Mittel zur Erinnerung, ein Hilfsmittel, besonders wenn eine Vielzahl von verschiedenen Menschen zusammen ein gemeinsames Ziel anstrebt.


    Was die Meditation angeht habe ich mich in letzter Zeit nochmal umso mehr auf die reine Achtsamkeit auf den Atem und die Körperempfindungen konzentriert, was mir immer schon gut gefallen hat. Fasziniert von dem Gedanken, dass man bei Goenka sogar ganze 10 Tage lang nichts anderes macht (genau genommen 9 von 10 Tagen), was mein Rücken aber noch nicht mitmachen würde befürchte ich. Dafür habe ich auch zwei Empfehlungen für passende Gemeinschaften aus diesem Thread besucht.


    Interessanterweise habe ich durch diese Meditationen auch Interesse an den Visualisierungs-Meditationen der Karma Kagyü Schule bekommen, die mir vorher nicht so zugesagt haben. Mein Gedanke ist, dass es vielleicht kein entweder-/oder ist, sondern die richtige Mischung aus beidem?


    Mit der Achtsamkeitsmeditation habe ich mich wie gesagt relativ viel beschäftigt. Was sie bewirken kann, welchen Zweck sie hat, welche Erfahrungen andere damit gemacht haben. Und eine Ahnung davon bekommen, zu welchen Zuständen und Erkenntnissen sie mit fortschreitender Praxis bei mir führen könnte. Was mich nun auch mal interessiert ist, wie das mit den Visualisierungen ist. Habt ihr Erfahrungen damit gemacht, die man in wenigen Worten wiedergeben kann und will? Habt ihr Aha-Erlebnisse gehabt?


    Ich habe da bisher natürlich nicht viele Eindrücke sammeln können. Aber mir kommt es so vor, als würden Visualisierungen auf Lichter und/oder auf Karmapa oder Buddha relativ schnell positive, leicht euphorische Emotionen auslösen. Während Achtsamkeitsmeditation bei mir in erster zu Linie Ruhe, Einsicht und Klarheit führen.

    lorenlai:

    Hallo zusammen,
    Nach Buddhas Lehre in Bezug Erleuchtung, dann würden wir genau diesen Zustand haben (nach dem Tod ist lles AUS, man ist befreit, kein Weiterleben oder Wiedergeburt, etc.).


    Dass alles "AUS" ist ist nicht wirklich Buddha's Lehre. Was Nirvana stattdessen ist, lässt sich wohl nicht eindeutig beantworten. Gut möglich, dass auch hier jeder eine etwas andere Auffassung davon pflegt. Oder bewusst keine Auffassung davon hat. Wikipedia jedenfalls sagt es so:


    Zitat

    Der Begriff ist schwer zu definieren und hat in der Rezeptionsgeschichte des Buddhismus im Westen zu Missverständnissen geführt. Im Verlauf einer längeren Übersetzungsgeschichte aus dem Sanskrit bis ins Thailändische wurde das Wort von dort aus zunächst mit „Nichts“ in den westeuropäischen Sprachraum übertragen. Diese irreführende Übersetzung hat dem Buddhismus aus der Perspektive der westeuropäischen Philosophie den Vorwurf eingebracht, es handele sich um eine nihilistische Lehre. Nirwana kann letztlich mit Worten nicht beschrieben werden, es kann nur erlebt und erfahren werden, zumeist in der Folge intensiver meditativer Schulung. Das Leben ist nach buddhistischer Ansicht mit einer Münze vergleichbar: Die eine Seite ist das Samsara (weltliche, relative Sicht), die andere ist Nirwana (überweltliche, absolute). Beide Seiten sind untrennbar miteinander verbunden. Nirwana ist kein Ort. Es ist kein Himmel und keine greifbare Seligkeit in einem Jenseits. Nirwana ist ein Abschluss, kein Neubeginn in einer anderen Sphäre. Es ist ein Wechsel in einen Zustand, in dem alle Vorstellungen und Wunschgebilde gleichsam überwunden und gestillt sind.


    Aber von der Theorie abgesehen gibt es Menschen, die sagen, sie hätten das "Erwachen" erfahren ("Erwachen" ist wohl ein heute häufiger gebrauchter Begriff ist als "Erleuchtung"). Der Bestseller Autor Eckhart Tolle bspw. beschreibt wie er das erlebt hat. Kann sein, dass ein dogmatischer Buddhist dabei die Nase rümpft, zumal Tolle auch kein Buddhist ist. Aber seine Beschreibung des Erwachens deutet in eine interessante Richtung. Mit meinen Worten eingedampft: Die Ursachen des Leidens, von denen auch der Buddha sprach, sind beseitigt. Weil er nicht mehr von seinem Verstand beherrscht wird. Die zwanghafte Beschäftigung mit Vergangenheit und Gegenwart ist nicht mehr da. Das Leben im Augenblick (sein großes Thema: "The Power of Now") ist Normalzustand geworden. Wenn man nur im Augenblick lebt, so sagt er, gibt es nichts, was der Verstand noch zu einem Problem machen kann.
    Das ist für mich eine eher lebensnahe Beschreibung. Ansatzweise kann ich beim Meditieren davon manchmal eine Ahnung bekommen. Die Fragen nach Nirvana und Wiedergeburt beantwortet es aber nicht.

    sarvamitra:


    1. Du sollst kein Mantra rezitieren. Du kannst. Das hängt von der buddhistischen Richtung und Praxis ab für die Du dich entscheidest. Es gibt etliche Meditationsmethoden ohne Mantrarezitation.


    Ja danke - so kann ich die Antwort gut nachvollziehen. Bei Turmalins' Empfehlung wunderte ich mich, weil "Big Daddy" nichts zur buddhistischen Praxis schrieb, die er verfolgen möchte. Vielleicht passt ein Mantra gar nicht zu dem, wo sein Weg ihn hinbringt.

    Das ist eine Sache, die ich nicht verstehe: warum soll ein Deutscher, zumal ein Buddhismus-Einsteiger, ein tibetisches Mantra rezitieren? Macht das nicht in seiner eigenen Sprache mehr Sinn? Er ist kein Tibeter. Auch der Buddha war keiner, so dass man vielleicht hätte sagen können, er hätte den Menschen Tibetisch als Sprache mit besonderer Kraft ans Herz gelegt.

    Eine Yoga Lehrerin, die auch seit 20 Jahren regelmäßig Zen Meditation betreibt, sagte mir zum Thema: Es sei schon vorgekommen, dass Meditierende den Schmerz ausgehalten haben und dann leider einen bleibenden Schaden davon trugen. Die Grenze zwischen akzeptieren und vermeiden muss man erst finden. Wenn der Schmerz stechend werde sei dies ein Zeichen, dass man die Haltung auf jeden Fall ändern sollte.

    Ich füge mal noch einen Weg hinzu, mit dem ich sehr gute Erfahrungen mache, soweit es das Auflösen von negativen Gefühlen geht, die ich anderen Menschen gegenüber habe. Es ist keine explizit buddhistische Technik, wenn auch Anklänge daran vorhanden sind.


    Und zwar handelt es sich um Byron Katie's "The Work". Katie ist eine Amerikanerin, die nach längerer Depression eine persönliche Art von Erleuchtung erfahren hat, und ein paar Jahre später ein Buch über ihre Erkenntnis schrieb. Im Kern schlägt sie vier Fragen vor, mit denen man seine Gedanken und Gefühle hinterfragen und auflösen kann. Mal ein Beispiel:


    Ich habe den Gedanken "Michael sollte nicht so egoistisch sein". Ich fühle mich mit dem Gedanken nicht wohl. Ich hinterfrage ihn:


    1. ist das wahr?
    2. falls ich bei 1 intuitiv mit ja antwortete: kann ich absolut sicher sein, dass das die Wahrheit ist? (...dass Michael nicht so egoistisch sein sollte")


    Es gibt auf beide Fragen keine falschen Antworten. Entscheidend ist nach Katie was sich wirklich wahr anfühlt, wenn man mit Ruhe in sich hineinhört.


    3. was macht der Gedanke mit mir? (Wie fühle ich mich, wenn ich ihn denke? Wie verhalte ich mich?)
    4. wer wäre ich, wenn ich diesen Gedanken nicht hätte. Also rein hypothetisch: wie stelle ich mir eine Situation vor, in der ich mich "wegen" Michael unwohl fühlte, wenn ich meinen Gedanken gar nicht denken würde?


    Zum Schluss schlägt sie vor, Umkehrungen Des Satzes ebenfalls zu überprüfen. Bspw hier
    "Ich sollte nicht so egoistisch sein". Ist das genauso wahr, oder wahrer als "Michael sollte nicht so egoistisch sein"? Finde ich Beispiele, in denen ich nicht so egoistisch sein sollte?
    Eine andere Umkehrung: "Michael sollte so egoistisch sein."
    Ist das auch wahr? Gibt es Beispiele, wo das wahr ist?


    Das ganze ist kein dogmatischer Ansatz, es gibt keine richtigen oder falschen Antworten. Wenn ich ein bis drei solcher Fragerunden mache, wundere ich mich nur über die Erleichterung, die mir das verschafft. Für einen Menschen, von dem ich eben noch dachte "den will ich erstmal nicht mehr sehen!" empfinde ich plötzlich Mitgefühl und Verständnis. Und es fühlt sich nicht aufgesetzt erzwungen an.


    Disclaimer: wenn man das Buch von Katie liest, oder Interviews mit ihr auf Youtube sieht, stellt man eine gewisse Nähe zu buddhistischen Überzeugungen fest. Das wird bei einigen sicher dazu führen, dass sie das ganze schon deshalb ablehnen. Weil es kein reiner Buddhismus ist, keiner Tradition verschrieben. Evtl. auch als esoterisch, neumodischer Quatsch verurteilt wird. Das steht ja auch jedem frei. Ich für mich halte es so: ich brauche kein Seminar bei Katie zu buchen, ich suche keinen modernen Guru, und auch keine Ersatzreligion. Trotzdem, oder gerade deshalb kann ich das was mir hilft nutzen und dadurch mit mir und meinen Mitmenschen besser auskommen.

    :lol: Ja vielen Dank für den dezenten Hinweis. Ich bin aber auch meistens zu faul in einem Thread, der mehr als drei Einträge hat, nochmal zurück zu scrollen...


    Vielen Dank für eure detaillierten Auflistungen! Ich entnehme dem auch, dass die Achtsamkeits-Meditation also vor allem im Theravada und im Zen praktiziert wird?


    Ich fand es interessant, dass in der Meditation auf den 16. Karmapa, wie sie im Diamantweg praktiziert wird, ja noch ein Verweis auf die Vipassana Meditation erhalten ist. Ziemlich am Anfang lenkt man die Aufmerksamkeit auf den Atem und den Fluss der Gedanken, aber verweilt dort nur kurz, um sich dann anderen Inhalten zuzuwenden. Ich würde mir ja persönlich wünschen, dass man diesen Teil länger praktiziert, auch wenn sich die Tibeter im Laufe der Jahrhunderte sicher etwas dabei gedacht haben, andere Schwerpunkte zu setzen.

    Hallo Syia,


    Deine Antwort verwundert mich. Ich will nichts kontroverses über den Diamantweg schreiben (das ist ja in einem anderen Post ein paar Zeilen weiter unten bereist aktiv m Gange), und bin mir auch nicht mal sicher, in welcher Richtung du meinen Post interpretierst: abwertend oder zu positiv?


    Wenn du dich daran störst, können wir uns darauf einigen, den Mamen "Diamantweg" und "Ole" gegen "ein tibetisch orientiertes" o.ä. zu ersetzen? Mir geht es nämlich schon um den inneren Konflikt dabei: man liest hier viel, dass man prüfen möge welche Richtung zu einem passt. Das habe ich eben als ersten Schritt in besagtem Zentrum getan und bin - leider - hin und hergerissen. Und das nichtmal wegen der typischerweise gegen den Diamantweg zu lesenden Vorurteile, sondern allein wegen der Meditation. Wahrscheinlich kam das in meinem Post nicht rüber, aber das ist Teil meiner Frage: kann man sich an die Mediation gewöhnen, wenn denn der Rest stimmt? Oder sollte das Grund genug sein, schnell woanders zu schauen?


    Matze

    Hallo,


    vielleicht hat hier jemand einen Tip für mich: ich bin in Köln auf der Suche nach einem Meditations-Zentrum. Da es davon mehrere gibt, die sich unschwer im Internet finden lassen, etwas genauer:


    Beim Ausprobieren habe ich festgestellt, dass mir die tibetische Art der Meditation, wie sie im Diamantweg praktiziert wird, zu fremd ist. Ansonsten hat mir das Zentrum gut gefallen, Leute passen, Stimmung passt, Grundhaltung passt. Mit dem "Ole-Kult", wie die Kritiker sagen, könnte ich leben. Aaaber: die Meditation auf einen tibetischen Lama ist mir zu fremd. Das passt leider nicht für mich. Ebens das Rezitieren eines tibetischen Mantras. Auch kann ich mit den ganzen veschiedenen Buddha-Figuren und all ihren speziellen Bedeutungen, die sie im Karma Kagyü haben, nicht viel anfantgen. Ich bin einfach kein Tibeter und tue mich schon schwer genug, mit unseren katholischen Bischöfe mit komischen Hüten und überkommenen Riten, obwohl ich katholisch aufgewachsen bin. Wie soll das dann mit tibetischen Lamas funktionieren?


    Zu Hause praktiziere ich seit einiger Zeit die Aufmerksamkeits-Meditation, wie im Büchlein von Jack Kornfield beschrieben wird. Ich vermute, diese Vipassana Meditation ist bei ihm nicht anders als das, was seit Jahrtausenden schon praktiziert wird. Dabei habe ich immer den Eindruck: die passt einfach super zu mir!


    Jetzt frage ich mich also zwei Dinge:
    in welcher buddhistischen Tradition ist diese Art der Meditation Schwerpunkt?
    Und gibt es darunter Richtungen, bei denen das rituelle, fernöstliche möglichst wenig wichtig ist?


    Matze

    Syia:

    nibbuti, genau davon gehe ich aus. Der Unterschied zwischen "zu" und "bei", der für Anfänger sehr verwirrend sein kann.


    Euer Einwand ist berechtigt, ich habe mich noch nicht so richtig damit beschäftigt.


    Richtig ist aber, dass in der Meditation auf den 16. Karmapa, die in Diamantwegzentren ja oft praktiziert wird, neben Buddha, Darma und Sangha auch Zuflucht "zum Lama" genommen wird. ("...der Segen, Mittel und Schutz in sich vereint"). Im Zentrum sagte mir jemand, dass damit der 16. Karmapa gemeint wäre, nicht Ole. Die Meditation stammt aber vom 16. Karmapa selber, der sie an die Praktizierenden seiner Linie gab, als er noch lebte. http://www.buddhismus-heute.de…e__43.position__0.de.html


    Ob man also "zu" Ole als Lama Zuflucht nehmen kann, erschliesst sich mir noch nicht. Aber zum Karmapa, ob als Mensch lebend oder tot (bzw. reinkarniert), offensichtlich schon.

    Hallo von einem anderen Anfänger!


    Ich war auch in den letzten Wochen einige Mal in einem Diamantweg-Zentrum. Und fand das Verhältnis der Mitglieder zu Ole Nydahl auch befremdlich. Gerade weil sie auf mich in der Mehrzahl eigentlich einen bodenständigen Eindruck machen. Inzwischen konnte ich ein paar Mal mit Mitgliedern nach der Meditation an der Theke darüber reden und nebenher im Web ein paar Sachen von und über Ole lesen und sehe es etwas gelassener.


    Mir scheint es gibt zwei wichtige Gründe, warum das Verhältnis zu Ole Nydahl ist wie es ist ( und um es klar zu sagen und niemandem hier auf die Füße zu treten: das ist meine private Erkenntnis, die ich als buddhistischer Neuling in wenigen Wochen zu dem Thema gewonnen habe):


    1. Ole fungiert nicht nur als Organisator, sondern auch als Lama für die westlichen Diamantweg-Zentren. Und als solcher nimmt er eine Rollen ein, die in der Kagyü-Richtung traditionell dem Lama zukommt. Er ist der Lehrer, zu dem man Zuflucht nimmt und dessen Vorbild man auf dem Weg braucht. Und dem man - nach anfänglicher Prüfung, ob er denn zu einem passt - auch vertrauen soll. Weil das nunmal Teil des Weges in der Kagyü-Praxis ist. Das ist also insoweit nicht Oles Erfindung oder die der Mitglieder, sondern seit Jahrhunderten üblich. Ob Ole diese Rolle als Lama auch glaubhaft einnehmen kann, kann ich natürlich nicht beurteilen.


    2. Die Anziehungskraft von Ole scheint nicht auf alle Mitglieder gleich groß zu sein. Aber was ich bei allen meinte rauszuhören, ist der Respekt für das, was er aufgebaut hat. Ohne seine Arbeit gäbe es wahrscheinlich einige hundert Kagyü-Zentren weniger. Und vielleicht auch nicht diese spezielle Mischung an Mitgliedern, die die Diamantweg-Zentren offenbar anziehen, und die auch von Neulingen als angenehm empfunden wird. Dieser "Spirit" scheint ja nicht in allen buddhistischen Gemeinschaften gleich zu sein. Ich hab den Eindruck die Mitglieder hier schreiben diesen Spirit schon Ole zu und sind ihm auch dafür dankbar.