Hi Floh,
die Worte Ji'un Kens' klingen vernünftig und dem würde ich kurzfristig gesehen nichts hinzufügen.
Langfristig gesehen hab ich in einer ähnlichen Situation die Frage etwas weiter gefasst: was macht Meditation eigentlich? Warum kann mir das helfen? Welchen Sinn haben die Emotionen, die dabei bewusst werden? Was mache ich damit?
Als ich anfing zu meditieren dachte ich, es handele sich um eine Methode zur Beruhigung. So wie Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training. Oft hat es ja diesen Effekt. Das allein ist aber nicht der Grund, warum der Buddha der Meditation so eine Bedeutung beigemessen hat. Einige neuere, westliche Therapieformen haben die Achtsamkeit ja auch entdeckt, und soweit ich gelesen habe, ist auch hier das "zur-Ruhe-Kommen" längst nicht der einzige Grund dafür.
Vielmehr bietet die Meditation eine Möglichkeit Abstand zu unseren Gedanken und Gefühle zu bekommen, weil wir bemerken, dass sie nicht die einzige Wahrheit sind. Dass wir noch etwas anderes in uns finden. Der Dalai Lama wurde mal von einer Journalistin gefragt, wie mit Emotionen umzugehen sei. Angeblich soll er, wie es seine Art ist, freundlich gelacht und zurück gefragt haben: "glauben sie, dass die Emotionen echt sind?"
Wir Westler denken bei so einer Aussagen schnell: "ja dann soll ich meine Gefühle unterdrücken? So tun, als wären sie nicht da?"
Aber das Gegenteil ist gemeint. Der Buddha empfahl, unsere Gedanken und Gefühle bewusst wahrzunehmen. Das tun wir im Westen ja idR gar nicht. Stattdessen finden wir ständig Wege, unangenehmen Gefühlen aus dem Weg zu gehen: Fernsehen, Telefonieren, Schwätzchen halten, Saubermachen, Arbeiten, über das unmögliche Verhalten von (Foren-) Kollegen aufregen, über die Affairen von Promis, den Politikbetriebs-Klatsch in den Medien nachdenken. Oder wir geben dem Druck nach und agieren es aus, verlieren uns in depressiven Gedanken oder benutzen die anderen als Boxsack.
Damit halten wir Emotionen unter der Decke, wo sie langfristig starken Einfluss auf uns haben. Buddha, und mancher Therapeut, sagen stattdessen: nimm sie bewusst wahr als etwas, dass in dir ist. Aber ohne zu bewerten. Keine Geschichte daraus machen, sich nicht zu neuen Gedanken forttragen lassen. Nur innehalten und bemerken: was ist da?
Wenn man das länger praktiziert, so die Idee (vielfach erprobt
), verlieren die Emotionen erstens an Stärke. Und zweitens kann man erkennen, dass sie selbst erschaffene Illusionen sind (s. Ausspruch des Dalai Lama oben). Sie sind nicht unser eigentliches Selbst. Sie entstehen aus bewussten und unbewussten Vorstellungen in uns, wie diese Welt zu sein hat. Wie sie aber oft nicht ist.
Hinter dem ganzen liegt eine andere Wahrheit, die sich laut Buddha zu finden lohnt. Deswegen lohnt sich auch der Weg der Meditation, und das Wahrnehmen der Emotionen.