Beiträge von Yeshe

    Doris Rasevic-Benz:


    Wenn Leute wie Bachelor sich um einen säkularen Zugang zum Dharma bemühen, wenn sie versuchen die kulturellen Eigenheiten fremder Kulturen herauszuschneiden und versuchen, den Kern zu finden, in einer Weise, in der er mit dem Denken und der Kultur des modernen Menschen kompatibel ist, dann finde ich, dass dies ein lobenswertes Unterfangen ist und durchaus logisch. Wie ein Vorschreiber schon schrieb, jedesmal wenn der Dharma in eine Kultur getragen wurde, hat er sich an diese angepasst und wurde er mit den Mitteln und Bildern der jeweiligen Kultur vermittelt, verschmolz mit ihr, ging in ihr auf. Nichts anderes tut Bachelor. Vielleicht werden das die Menschen in fünfhundert Jahren rückblickend sehen können und den Säkularen Buddhismus als ebenso als genuin für unser Europa heute betrachten, wie wir heute den Vajrayana Tibets (wobei wir nicht außer acht lassen sollten, dass viel Buddhisten witzigerweise den Vajrayana nicht als "wahren Buddhismus" erachten.) Die Entwicklung hat erst angefangen. Die Lehren Buddhas sind noch nicht lange hier angekommen.


    Leider tut Bachelor etwas gänzlich anderes. Durch sein Ablehnen von der Lehre von Samsara nimmt er dem Dharma seinen eigentlichen Grund (nämlich die Befreiung aus Samsara), bzw. er verlässt den Buddhadharma.


    Yeshe

    Doris Rasevic-Benz:


    Das sehe ich nicht als unzulässige Vermischung. Es ist eine mögliche Sichtweise, ein Aspekt.


    Liebe Doris,
    auf welchen Sutras gründet diese Sichtweise? Was macht diese "buddhistisch", im Unterschied z.B. zu "nihilistisch" oder "existenzialistisch"?


    Yeshe

    Doris Rasevic-Benz:


    Vielleicht glaubte er ja daran, es war schließlich Teil seines kulturellen Narrativs. Alle haben gewusst, auf was er sich bezieht. Da aber "alles geistgeboren" ist, kann man auf die Idee kommen, dass es auf diese Dinge ebenfalls zutrifft.


    Buddha Shakyamuni war eben nicht Teil "seines kulturellen Narrativs", sondern ein vollkommen Erwachter, ein Buddha!


    Außerdem vermischt die Behauptung, "alles sei geistgeboren" im obigen Kontext auf unzulässige Weise relative und absolute Wahrheit. Ich wurde zum Beispiel aus dem Schoß meiner Mutter geboren, nicht aus irgendeinem Geist. Hennen schlüpfen aus Eiern usw. Das ist die relative Ebene, in der die Wesen der sechs Daseinsbereiche geboren werden. Die Aussage "alles geistgeboren" bezieht sich dagegen auf die absolute Ebene, in dieser gibt es jedoch auch keine 6 Daseinsbereiche mehr in der Form, wie wir sie erleben!
    Das stört mich so am "säkularen Buddhismus", es ist eben kein Buddhadharma mehr! Ich meine, jeder kann glauben/ablehnen/erfinden was er oder sie will, das stört mich nicht. Was mich aber stört ist es, wenn man meint dem Ganzen einen irreführenden Namen geben zu müssen.
    Yeshe

    Sherab Yönten:

    Zum Thema Rime möchte ich ergänzend noch erwähnen, dass die Überlieferungslinien der jeweiligen Schulen auf der einen Seite zwar eine trennende Seite aufweist, auf der anderen Seite der Ursprung der Linien aber auf den Buddha zurückzuführen ist und daher im Grunde alle die selbe gemeinsame Basis haben.


    Sicher haben sie alle die selbe Basis. Die Linien gehen aber teilsweise nur sehr indirekt auf Buddha Shakyamuni zurück. Der erste Nirmanakaya, der die Dzogchen-Linie, die bis heute in der Nyingma-Tradition praktiziert wird, lehrte, war Garab Dorje. Dieser "erhielt" die Lehren vom Sambhogakaya Vajrasattva, welcher sie wiederrum von Samathabadra "erhielt".
    Buddha Shakyamuni hat laut der mündlichen Belehrungen eines meiner Dzogchen-Meister Garab Dorje in einem Sutra (er sagte leider nicht welches) lediglich vorhergesagt.


    Yeshe

    fotost:

    Der Geist funktioniert dort weitaus besser, wo Freiheit herrscht und wo der technische Fortschritt für eine ausreichende Lebensgrundlage sorgen kann.


    Sei mir nicht böse, aber das ist genau so eine typische Wellness-Buddhismus-Aussage. Wir haben zz. deutlich weniger realisierte MeisterInnen als in der Vergangenheit und es geht im Buddhadharma letztlich nicht darum, dass "der Geist besser funktioniert." Auch dieses ganze komische Abarbeiten an der Wiederkehr. Es geht ja im Buddhadharma darum, Samsara zu verlassen.


    Yeshe

    Ich sehe die verschiedenen Wege innerhalb des sog. tibetischen Buddhismus als Ornamente des Raums. D.h. eine Gleichmacherei wäre armselig, die Behauptung ein Ornament sei besser als das andere kindisch. So gesehen ist Rime mMn dann in Ordnung, wenn eine nicht-sektirerische Grundhaltung gepflegt wird. D.h. man respektiert andere Richtungen und hört sich bei Interesse deren Sichtweisen an. Wenn Rime aber derart gedeutet wird, dass in einem "tibetischen Rime-Zentrum" ein Geshe Lamrim lehrt und das als Rime verkauft wird, weil man ab und zu ein Wunschgebet aufsagt, in dem Padmasambhava vorkommt, dann bin ich doch froh, dass es Stellen gibt, die näher an den Lehren von Padmasambhava und seinen Meisterinnen und Meistern sind!


    Yeshe


    P.S.: "Säkulärer Buddhismus" ist nach meinem Kenntnisstand kein Pfad, der unmittelbar zur Befreiung führt.

    Sherab Yönten:
    Elke:

    Um noch mal was klar zu stellen: Mit "ernst nehmen" meinte ich in dem Fall - Lama Ole -, wie man so jemanden als Dharma-Lehrer, Vorbild oder was auch immer ernst nehmen kann.


    Für mich gewinnt der Begriff "Lama" angesichts solcher Wortäußerungen jedenfalls eine ganz neue Bedeutung. :doubt:


    Hast Du ihn mal persönlich erlebt oder hast Du nur gehört was andere über ihn berichtet haben ?
    Angeblich soll Lama Ole ganz wunderbare Reiselehrer hervorgebracht haben, die nicht so im öffentlichen Fokus stehen wie er. Aber: Um solche Lehrer auszubilden, braucht es auch gewisse positive Qualitäten.


    Nee, nee. Die Reiselehrer von Lama Ole sind (von wenigen Ausnahmen wie Manfred Seegers abgesehen), die am wenigsten kenntnisreichen Dharma-Lehrer, die mir so auf Anhieb einfallen. Zugegeben beschränken sich die Lehrer bei ihren Themen auch in der Regel auf das, was sie lehren können. Das führt aber im Ergebnis zu einer Beschränkung, dessen was gelehrt wird.
    Einer meiner Lehrer nannte Lama Ole unter sechs Augen einen "Wichtigtuer". Ich denke, das trifft es schon ganz gut.


    Yeshe

    Dudjom Rinpoche: "The Nyingma School of Tibetan Buddhism: Its Fundamentals and History", Wisdom Publications.


    Den ersten Teil des Buchs habe ich bereits durch. Er fasst kurz und prägnant die 9 Yanas (Übungspfade entsprechend der Nyingma-Tradition) zusammen. Der zweite Teil, in dem ich gerade bin, enthält Lebensgeschichten und Überlieferungslinien der wichtigsten Nyingma-Meisterinnen und Meister, bzw. der KaTer-Linien (=die langen Übertragungslinien). Eventuell kommt später noch etwas zu den TerMa-Linien. Kann es allen, die einen authentischen, fundierten Überblick über die Nyingma-Tradition gewinnen wollen (und etwas (britisches) englisch können), nur empfehlen!


    Yeshe


    Hallo Sherab Yönten,


    ich kenne mich mit den Begrifflichkeiten der anderen Schulen nicht so gut aus, da ich hauptsächlich Praktiken aus der Nyingma-Tradition praktiziere und die entsprechenden Texte studiert habe. Also worauf ich hinaus wollte, ist der unbegrenzte natürliche Ausdruck der Basis im Dzogchen (oder überhaupt in den inneren Tantras) (tib. ལྷུན་གྲུབ་, lhündrup; Wyl. lhun grub). Dieser ist ungetrennt von der ursprünglichen Leerheit (tib. ka dag), jedoch mehr als nur das Erkennen der Natur des Geistes, da er sozusagen "über den Geist hinausgeht" und alles einschließt. Das ist aber mit Worten im Prinzip nicht zu beschreiben, von daher kann ich Kilaya mit seinen Aussagen zur Semantik nur zustimmen.


    Yeshe


    Was meinst Du mit bzw. wie definierst Du "Phänomen"?


    Alles Beste!
    Yeshe

    Sôhei:


    Blödsinn. Einweihungen sind einfach ein historisches Instrument zur Machterhaltung priveligierter Gruppen. Bestenfalls kann damit ein spezifisches Wissen vermittelt werden (wie exakt ist ein Mandala zu zeichnen, welche genaue Anordung ist beim Altaraufbau zu beachten, wie sind kryptische Stellen in einem Text zu verstehen etc.). Der Rest ist blanker Glaube (der ja immerhin auch "Berge versetzen" kann) an das was da aufgeführt wird und völlig selbst-induziert.
    Je mehr man sich in die Materie reinarbeitet, praktiziert, studiert etc., desto wirksamer werden im Schnitt natürlich auch Ermächtigungen... Aber als "Buddha" geht da Niemand raus hervor, so wie auch vorher keiner da war oder ist.
    Ist wie mit Segen, Handauflegen und diversen kleineren und größeren Initiationsritualen im Christentum. Manchmal kann schon ein einfacher Segen an die ganze Gemeinde bei einem Einzelnen mega was auslösen, einfach weil es gerade gepasst hat; ebenso kann jemand nach der Priesterweihe zu der Einsicht kommen, dass irgendwie immer noch alles so ist wie vorher.


    Das ist kein Blödsinn, das ist das, was Buddha Shakyamuni bzw. seine Emanationen in den Tantras lehren.


    Yeshe

    Es ist aus meiner Sicht besser, sich zu fragen, was eine Einweihung/Ermächtigung bezweckt, statt darüber zu diskutieren, was eventuell wie praktiziert werden könnte: Bei einer Einweihung wird das authentische Wissen/Kennen der drei Kayas von einer realisierten Person auf eine andere Person übertragen. Im Idealfall realisiert der/die so eingeweihte augenblicklich Buddhaschaft. Ist das nicht der Fall gibt es Praktiken, Texte usw. die mit der in der Einweihung verwendeten Methodik verbunden sind. Diese sollen dem Eingeweihten dabei helfen, die bereits während der Einweihung gelegten Samen als ursprünglicher Zustand der eigenen drei Tore zu realisieren. Das ist Vajrayana, alles andere ist, na ja, das solltet ihre Euch selber fragen...


    Viel Erfolg auf dem Weg
    Yeshe

    milam:


    Als besonderes Element der Dzogchen-Praxis gibt es Trechöd/Thögal. Hier wird versucht sich auf die Lücke zwischen zwei Gedanken/Gefühlen zu fokussieren. Diese Lücke ist das unkonzeptuelle Gefahrsein. Der Vorgang des Auffindends dieser Lücke ist Treckchöd. Die Wahrnehmung dieser Lücke die Grundlichtheit o.ä.(das sind ja auch Begriffe die man im Mahamudra findet) ist Thögal. Natürlich kann man auch speziellere Übungen wie Dunkelretreats als Teil von Thögal bezeichnen.


    Die eigentliche höchste Dzogchen-Meditation ist die Wahrnehmung der Natur des Geistes Rigpa selbst. Damit unterscheidet sie sich überhaupt nicht von den Mahamudra-Traditionen egal aus welcher Schule.


    Lieber Tobias,


    leider muss ich Dir sehr deutlich widersprechen. Denn Deine Aussagen zu Dzogchen stimmen einfach nicht. Weder ist das Dunkelretreat ausschließlich ein Teil von Tögyal (ich kenne keine einzige Tögyal-Praxis, die Dunkelheit benötigt, ganz im Gegenteil), noch hat Dzogchen (-Trekchö) etwas mit „Lücken zwischen den Gedanken“ zu tun. Dzogchen geht auch weit über die Wahrnehmung der Natur des Geistes hinaus. Das hast Du Dir entweder selbst so zusammen gereimt oder von einem unqualifizierten Lehrer/einer unqualifizierten Lehrerin gehört. Echte Dzogchen-Praxis beginnt (!) mit einem ersten kurzen Erkennen von Rigpa, und das ist nur möglich, wenn entsprechende Samen gelegt wurden, d.h. Du eine (formelle oder informelle) Einweihung von einem Meister/einer Meisterin erhalten hast. Derjenige/Diejenige kann Dir dann auch erklären, wie Dunkel-Retreats funktionieren (im Dzogchen üblicherweise Teil der Yangti-Belehrungen), wenn Du die Kapazität dafür (erworben) hast.


    Beste Grüße
    Yeshe