Beiträge von Mirco im Thema „Geistesformationen“

    mukti:

    zwischen Verstehen und Wahrnehmen ist eben ein wesentlicher Unterschied. Der Verstand kann die Daseinsgruppen nicht erfassen, weil er selber dazugehört. Er kann sich nicht selber verstehen weil er ein Objekt ist, das durch direkte Wahrnehmung gesehen werden muss. Die Daseinsgruppen sind also Meditationsobjekt, um diese Wahrnehmung zu entwickeln.


    Und wie machst Du das, praktisch gesehen?


    :) Gruß


    Hallo mukti,


    das ist es ja, was ich meine. Um zu verstehen, wie es entsteht, besteht und sich auflöst bedarf es nicht zu wissen, welchen Inhalt es hat. Das reine Verstehen, wie der Vorgang vonstatten geht, reicht aus. Der Grad zwischen Benennen und sich hinderlicherweise weiter damit zu beschäftigen ist ein schmaler. Jedenfalls bei mir. Vielleicht verhalte ich mich aber auch übervorsichtig, was das Benutzen meines Verstandes angeht, der hat mich nämlich schon oft hinters Licht geführt. :D


    :) Gruß

    Hi Mukti,

    mukti:

    Gut also. Eigentlich wollte ich ja wissen woraus der Geist so besteht und wie das abläuft. Sammlung und Sittlichkeit sind zu dieser Klärung unbedingt nötig, sonst bleibt man am Denken haften.


    Danke, gute gedankliche Erinnerung. Wissen, warum es Sinn macht, es zu tun, wenn man gerade mal kein Gefühl dafür hat, welche Wirkung dem Handeln folgt. Auch Wechselbeziehung sīla <-> nīvaraṇāni



    mukti:

    Wenn man innehält und darauf achtet was in diesem Moment im Geist vor sich geht, dann kann man es sehen - da gibt es diese Technik des Benennens der Phänomene -


    eine Stimmung ist da, ein Gefühl taucht auf - Gefühlsgruppe.
    Ein Gedanke entsteht, eine Vorstellung bildet sich - Geistesformationen.
    Ein Geräusch - das Ohr gehört zur Körpergruppe, klingender Gegenstand (was ist Klang?),
    Hörbewusstsein gehört zur Bewusstseinsgruppe.
    Das ist befreiend, ein Loskommen vom Anhaften und Identifizieren.


    Da frage ich mich, ob das nicht schon zu viel des Guten ist. Wenn ich es benenne, es intellektuell einordne, dann beschäftige ich mich irgendwie schon mehr damit, als notwendig. Da schenke ich ja mehr Aufmerksamkeit, als für's alleinige Loslassen notwendig ist.



    :) Gruß

    mukti:

    Ich fasse mal kurz zusammen. Zum Thema Geistesformationen hat sich geklärt dass saṅkhāra sowohl Gestalten als auch das bereits Gestaltete bezeichnet. Im wisenschaftlichen Wörterbuch von Klaus Mylius ist unter saṅkhāra neben "Gestaltung" und "Herstellung" auch "Bestandteile" und "Elemente" angegeben.

    Gut gefällt mir auch Thich Nhat Hanh's(?) Bezeichnung "Knoten".



    Neben den Wörterbüchern schaue ich gerne nach der Wortherkunft.


    saṅkhāra kommt von saŋ˚+kṛ


    • saŋ˚ (Vorsilbe) : eins; ein und dasselbe.


      Vergleichend dazu:
      Griechisch: o(malo/s gleich, a(/ma einig, o(mo/s zusammen;
      Sanskrit: sama gleich, das Gleiche; samā auf die gleiche Weise;
      Avestisch: hama selbig=Gotisch sama zusammen;
      Latein: simul simultan, similis gleichen;
      Sanskrit: sa zusammen
      .


    • Für kṛ gibt im Wesentlichen es zwei (drei) Bedeutungen:


      * verletzen, weh tun, töten
      * machen, tun, bauen, produzieren
      * zerteilen, zer -schlagen, -brechen


    Ich wunderer und freue mich wieder ein Mal auf's Neue, wie sehr mich die Suche nach dem Ursprung der Wörter einem Verständnis der Gegenwart, der Welt näher bringt.


    :) Gruß

    mukti:
    Mirco:

    Die Reihenfolge ist eine andere (ergibt sich eh beim Beobachten):
    ..., Kontakt, Fühlen, Wollen, Denken, ...
    ..., phassa, vedanā, taṇhā, upādāna, ...

    Hab jetzt gar nicht auf die Reihenfolge geachtet. Das Ganze geht wohl blitzschnell vor sich, so dass der Eindruck entsteht, etwas sei angenehm oder unangenehm in dem Moment wo man es wahrnimmt, und anscheinend zugleich entsteht auch Annehmen oder Ablehnen. Denken scheint auch mit der Wahrnehmung verbunden zu sein, weil man ein Objekt sofort identifiziert als das was man darüber weiß.


    Blitzschnell geht es vor sich. Zu schnell für die ungeschulte Wahrnehmung. Daher das Identifizieren damit. Wie ein Film, dessen Bilder nicht einzeln wahrnehmbar sind.


    mukti:

    Vielleicht kann man auch sagen, es ist in einem Moment des Bewusstseins miteinander verbunden. Danach erfolgt das jedenfalls ausgedehnter, man genießt das Objekt oder entfernt es, will es haben oder loswerden, macht sich Gedanken darüber.


    Genau, da stecken wir dann schon richtig im Sumpf. Das ist schon
    ... Denken -> gewohnheitsmässige Tendenzen -> Geburt ...
    ... upādāna -> bhāva -> jati ...


    mukti:

    Taṇhā bedeutet übrigens Durst, Gier, Verlangen, ob da nicht cetanā besser passt für den Willen. Upādāna bedeutet Ergreifen oder Anhaften, für Denken scheint mir vitakka zu passen.
    Oder hast du die Bezeichnungen zu dem Vorgang irgendwo so gesehen?


    Bedingtes Entstehen.


    :) Liebe Grüße

    mukti:

    Ja es läuft ab - wenn Auge, Objekt und Bewusstsein vorhanden sind, entsteht Bewusstseinseindruck (phassa) und in diesem Fall ist das dann Sehbewusstsein. Dann kommt Denken, Fühlen und Wollen dazu, das sich auf diesen Eindruck stürzt.


    Die Reihenfolge ist eine andere (ergibt sich eh beim Beobachten):


    ..., Kontakt, Fühlen, Wollen, Denken, ...
    ..., phassa, vedanā, taṇhā, upādāna, ...



    Zitat

    Da ist einfach eine grundlegende Fähigkeit des menschlichen Bewusstsein (viññāṇa khandha), die Dinge einzuordnen, zu unterscheiden, zu begreifen.


    Einordnen können Tiere auch, müssen Sie sogar.
    Uns Menschen bleibt auch nicht nur das Denken vorbehalten, sondern auch's Überwinden. ;)


    :) Gruß

    mukti:

    wenn vitakka dasselbe ist wie vicara, dann wäre es aber nicht das was du unter "Begriff" bezeichnet hast, die zuordnende Geistesfunktion wie "das ist ein Baum" usw.


    Das ist doch bereits ein Gedanken machen über das wahrgenommene Objekt, z.B. Baum, mehr als bloßes Erkennen und Zuordnen, und bereits Anhaften bzw. Loslösen. Auch scheint mir vicara besonders das diskursive, logisch-schlussfolgernde Denken zu bezeichnen. Vitakka und vicara gehören jedenfalls zu den Geistesformationen.


    Ich bin mir noch nicht so sicher. Wie auch immer, es läuft auch ab, ohne das wir es bezeichnen.


    :) Gruß

    Mirco:
    mukti:

    Ah verstehe. Wäre interressant wie diese zuordnende Geistesfunktion ("Begriff") in Pali bezeichnet wird, wie sie übersetzt ist und zu welcher Gruppe sie gehört. Vermute mal entweder zu den Geistesformationen oder zum Bewusstsein. Ist mir aber heute schon zu spät um nachzuforschen.


    Ist das nicht vitakka?


    Ja, denke, das könnte ein Begriff aus der Literatur dafür sein.
    Wie auch immer, es bleibt nur bis ins erste jhana, ab dem zweiten ist auch vitakka passé.


    :) Gruß


    Interessant dazu auch diese Meinung:

    Zitat

    Betrachtet man die Kombination von vitakka+vicāra in früheren und späteren Werken, kommt man zu dem Schluß, dass sie einst zur Bezeichnung ein und derselben Sache dienten: nur Gedanke, Denken, auf eine empathische Weise (da sie semantisch Synonym sind)(?), und dass man sie, ohne einen Unterschied feststellen zu können, als einen Ausdruck nehmen muß; wie jānāti passati. Mit dem Vorteil einer die Terminologie intensiv studierenden Sangha wurden die Begriffe unterschieden. Vitakka wurde zum Anfang des Gedankens(mind), oder zum Begleiter, und wurde, wie in den Sutten, nicht länger dem Denken allgemein zugeschrieben. Die Erklärungen der Kommentatoren sind nur erbaulicher(?) Natur und basieren mehr auf Volksetymologie als auf natürlich-psychologischen Gründen. vitakka

    mukti:
    Mirco:

    Der Begriff "Begriff" steht für mich für eine einordnende, zuordnende Geistesfunktion. Ein "Das ist es." Ah, ein Mensch. Ein Stein. Ein Baum. Ein Holundergeschmack. Ein Windgeräusch. Ein unangenehmer Geruch. Ein Schmerz. Eine angenehme Empfindung. Da ist noch kein Anhaften. Anhaften (Gedanken) kommt haarscharf danach (oder auch nicht), Wenn ich die Gedanken zu dem Begriff zulasse. Mir fehlen irgendwie bessere Worte dafür, hoffe, es ist irgendwie verständlich. :) Gruß


    Ah verstehe. Wäre interressant wie diese zuordnende Geistesfunktion ("Begriff") in Pali bezeichnet wird, wie sie übersetzt ist und zu welcher Gruppe sie gehört. Vermute mal entweder zu den Geistesformationen oder zum Bewusstsein. Ist mir aber heute schon zu spät um nachzuforschen.


    Ist das nicht vitakka?


    :) Grüß

    mukti:

    Hm, ein Objekt ruft durch die sechs Sinne (die fünf Körperlichen und der Geist) einen Bewussteinseindruck (phassa) hervor. Dann entsteht Gefühl (vedana). Das Ganze kann ohne Anhaften wahrgenommen werden, wenn ich dich recht verstehe. Das wäre dann sati.


    Das wäre dann Wahrnehmen ohne Anzuhaften, ja.


    Zitat

    Gedanken sind auch Objekte die einen Bewusstseinseindruck hervorrufen. Das kann ja ebenfalls ohne Anhaften wahrgenommen werden? Dann ist mir nicht klar was du mit "Begriff" meinst. Ein Begriff scheint mir doch bereits ein Gedanke zu sein.


    Der Begriff "Begriff" steht für mich für eine einordnende, zuordnende Geistesfunktion. Ein "Das ist es."
    Ah, ein Mensch. Ein Stein. Ein Baum. Ein Holundergeschmack. Ein Windgeräusch.
    Ein unangenehmer Geruch. Ein Schmerz. Eine angenehme Empfindung.
    Da ist noch kein Anhaften.
    Anhaften (Gedanken) kommt haarscharf danach (oder auch nicht),
    Wenn ich die Gedanken zu dem Begriff zulasse.


    Mir fehlen irgendwie bessere Worte dafür, hoffe, es ist irgendwie verständlich.


    :) Gruß

    mukti:

    Die Analyse der Daseinsgruppen ist keine Ansammlung theoretischen Wissens und keine Übung im logischen Denken, sondern dient der Betrachtung [...]:

    Zitat

    38. "Wiederum verweilt da ein Bhikkhu, indem er Geistesobjekte als Geistesobjekte im Zusammenhang mit den fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, betrachtet.
    Und wie verweilt ein Bhikkhu, indem er Geistesobjekte als Geistesobjekte im Zusammenhang mit den fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, betrachtet?
    http://palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m010z.html#r18


    Jenau, Betrachtung. Aber wieso steht da eigentlich "den fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird"? Das hört sich ja an, als wenn an den Daseinsgruppen und Anhaftung untrennbar verbunden wären. Dabei hängt das doch von der Aufmerksamkeit im Moment ab, ob angehaftet wird oder nicht.


    :) Gruß

    mukti:

    So wie man über die Bestandteile des Körpers bescheid wissen muss um Satipatthana praktizieren zu können, muss man wohl auch über die Bestandteile des Geistes Bescheid wissen. Die Geistesformationen liefern dazu viel Aufschlussreiches.
    Z.B. was ist der Unterschied zwischen Gedankenfassung (vitakka) und diskursives Denken (vicāra)?
    http://www.palikanon.com/wtb/vitakkavicara.html
    Also zuerst entsteht ein Bewusstseinseindruck oder Berührung (phassa),
    dann bildet sich durch Aufmerken (manasikara) ein Begriff über ein Objekt, ein Gedanke.
    Dann erfolgt das Überlegen, weil der Wille das Angenehme verfolgt und das Unangenehme meiden will. Dadurch entsteht Anhaftung.


    Nun, jetzt versteh ich Dich. Ich sehe es so, der Gedanke ist schon Teil des Anhaftens, der Begriff jedoch noch nicht. Das Wahrnehmen von vedanā (die Qualität von phassa) kann bereits das Ende sein, d.h es muß kein Gedanke (=Anhaften) enstehen.


    :) Gruß

    mukti:
    Mirco:

    es kommt mir so vor, als leiste dies theoretische Kategorisieren 'aus der Ferne' keinen Beitrag zum Erkennen. Es scheint mir sogar der Gegenteil der Fall zu sein. Was meint ihr?


    also das Ganze ist ziemlich verwickelt und ich versuche da etwas Licht in die Daseinsfaktoren zu bekommen. Woraus bestehe "ich" und wie hängen diese Bestandteile zusammen? Ich versuche mal die Analyse von den Daseinsgruppen aus zu beginnen. Dann kann man ja besser verstehen was in einem vorgeht und das alles erkennen, beobachten (sati) und sich davon lösen.


    Ich weiß nicht wieso das sathipatthana-sutta nur vier Grundlagen behandelt und wieder eine andere Einteilung verfolgt als die der fünf Gruppen.


    Erkennen, beobachten, lösen kann nicht durchs drüber Nachdenken geschehen. Das direkte Schauen der Vorgänge ist erst möglich, wenn der Geist ruhig und die Aufmerksamkeit klar und geübt ist. Es steht deshalb nichts darüber in den Grundlagen, weil es keine Grundlagen sind. Befolgt man aber die Grundlagen, kann man es schauen, erkennen, verstehen, lösen. Kein Gedanke und keine Abhidhamma-Tabelle wird das für uns erledigen.


    Zitat

    Übrigens habe ich kürzlich gelesen dass das Abhidhamma erstens die Phänomene analysiert anhand der fünf Gruppen und zweitens die Wechselwirkung der Phänomene anhand der bedingten Entstehung. So hängt das alles zusammen und ist auf verschiedene Weise dargestellt. Wäre doch gut hier einigermaßen einen Überblick zu bekommen woraus das Dasein besteht, wie es zustande kommt und wie die Loslösung erfolgt.


    Das ist ein Trugschluß. Ich nenne das Kontrollwunsch. Der Überblick wird so nicht kommen, nur auf eine sehr oberflächliche und sehr unvollständigen Art und Weise. *lach* Ja. Überblick, aber nicht Einblick *zwinker*


    :) Gruß

    Hallo,


    es kommt mir so vor, als leiste dies theoretische Kategorisieren 'aus der Ferne' keinen Beitrag zum Erkennen. Es scheint mir sogar der Gegenteil der Fall zu sein.


    Was meint ihr?


    :) Gruß

    mukti:
    Mirco:

    Wie kommst Du darauf, dass der Körper und seine Beschaffenheit eine Folgeerscheinung geistiger Formationen ist


    Weil eben der Wille aus dem Begehren kommt, das ist die Ursache der fünf Gruppen.
    Je nach dem Geisteszustand handelt der Körper, bildet sich auch die Beschaffenheit des Körpers, teilweise jetzt und als zukünftige Körper.


    Zuerst dachte ich: "Häh, wie kann denn mein Körper das Ergebnis meiner jetzigen geistigen Formationen sein?" Der entstand ja ohne meinen Plan oder Zustimmung. Dann aber: "Ach so, er ist eine Folgeerscheinung der geistigen Formationen voriger Erscheinungen."


    :) Mirco

    mukti:

    Hm, der Körper und seine Beschaffenheit ist eine Folgeerscheinung geistiger Formationen, allen voran der Wille scheint mir.


    Wie kommst Du darauf?


    :) Gruß