Beiträge von Nashorn im Thema „"Kein Selbst" oder "Nicht-Selbst"?“


    Nochmals Einspruch falls jemand in Zukunft mal in diesen Thread rein schaut und meint dies wäre jetzt Konsens hier.


    Anatta ist kein Ding und daher nicht vergänglich.

    freeman:

    ---die Khandhas SIND ANATTA und somit allesamt VERGÄNGLICH. Ohne Anatta keine Khandhas, ohne Khandhas kein Anatta.


    Die Khandhas sind vergänglich und somit ist Anatta vergänglich. Anatta ist vergänglich und somit sind die Khandhas vergänglich.


    Wären die Khandhas und somit Anatta jedoch UN-vergänglich, dann gäbe es kein Entrinnen aus dem Leidenskreislauf, aus dem Kreislauf der Wiedergeburt, dann gäbe es keine Befreiung aus Samsara.


    Völlig daneben. Die Dinge (d.h. die Khandhas) sind anatta weil sie vergänglich sind. Dinge (Dhammas) sind vergänglich. Anatta ist kein Ding wie die Khandhas, es ist ein Merkmal das allen Dingen innewohnt. Nämlich die Tatsache, dass allen Dingen jegliche dauerhafte Essenz oder Substanz fehlt. Dinge entstehen abhängig von Bedingungen (sankhara). Sobald sich die Bedingungen verändern oder vergehen, verändert sich oder vergeht das Ding. Daher haben die Dinge keine unveränderliche Eigenschaft die man "Selbst" nennen könnte. Sie haben die Eigenschaft Nicht-Selbst.


    Also nochmal: Auf anatta ist Vergänglichkeit gar nicht anwendbar, da anatta eine Konsequenz aus der Vergänglichkeit ist.
    Und an anatta kann man auch nicht anhaften wenn es verwirklicht ist. Es ist das Sehen der Dinge wie sie wirklich sind und führt zur Auflösung der Anhaftung an vergänglichen Dingen. An der Idee "Anatta" kann natürlich schon angehaftet werden.



    freeman:

    Die Merkmale des Nicht-Ich - 7. Anattalakkhaṇa Sutta
    [...]
    http://www.palikanon.com/samyutta/sam22_060.html


    Wo Du es nochmal zitierst, frage ich nochmal: Wo steht dort dass anatta vergänglich ist? Ich lese nur dass die Aggregate es sind.
    Die Behauptung dass anatta vergänglich wäre, ist selbst zusammen gedacht und völlig falsch. Durch die Suttas nicht zu belegen und auch sonst mit der Buddhalehre nicht vereinbar.

    freeman:

    Wertes Nashorn, die Aggregate SIND Anatta, nicht wahr? Was aber Anatta ist, das ist vergänglich.


    Nein, die Triade lautet anicca-dukkha-anatta und sie kann nicht rückwärts interpretiert werden. Was vergänglich ist, ist leidhaft und daher Anatta. Die Schlussfolgerung anatta wäre wiederum anicca ist falsch.

    freeman:


    Wertes Nashorn, Du irrst hier gewaltig, denn z.B das Anatta Lakkhaṇa Sutta (und unzählige andere Lehrreden des Buddha) sagt da etwas ganz anderes:


    Zitat


    Anatta Lakkhaṇa Sutta
    [...]


    Und wo steht dort dass anatta vergänglich ist? Dort steht lediglich dass die Aggregate vergänglich und daher anatta sind. Anatta ist ein Daseinsmerkmal dass den Aggregaten innewohnt. Wenn Du sagst anatta wäre vergänglich behauptest Du dass die Aggregate irgendwann atta werden.

    freeman:

    Anatman (Pali = Anatta) ist vergänglich, unbefriedigend, nicht zum Versiegen des Daseins-Durstes geeignet, nicht zum Erwachen, nicht zur Befreiung aus dem Daseinskreislauf der Wiedergeburten geeignet. Und daher hafte ich nicht an Anatman, ich lasse Anatman los, hänge mich nicht daran. Fin.


    Anatta ist ein Daseinsmerkmal das allen Dingen innewohnt. Daher kann es nicht vergänglich sein, denn es beruht beruht bereits auf dem Daseinsmerkmal anicca (Vergänglichkeit). Da alle Dinge anicca sind, sind sie auch dukkha und damit auch anatta. Wenn anatta vergänglich wäre würden die Dinge irgendwann nicht mehr anicca und dukkha sein.

    freeman:

    ---

    accinca:


    Ein beharrendes Selbst gibt es nicht aber das es diese Selbst nicht gibt, das gibt es.


    Anatman bedeutet Nicht-Selbst, oder? Und meine Frage bezog sich auf Anatman (Nicht-Selbst), nicht auf Atman (Selbst). Dass es ein beharrendes Selbst nicht gibt, darüber waren wir uns doch schon auf der ersten Seite dieses Threads einig, wenn ich recht erinnere.


    Ob atta oder anatta: Schon die Frage impliziert stillschweigend ein atta. Und aus dieser Position heraus wird sowieso nicht verstanden was anatta bedeutet. Zudem führt die Frage nach atta oder anatta zu nichts. Wenn der Buddha sie einfach beantwortet hätte wäre das Problem (des Leidens) nicht gelöst. Denn die Antwort ist eine Frage der Verwirklichung, und nicht der Annahme eines Glaubens bloß weil der Buddha es gesagt hat. Und der Buddha hat seine Zuhörer auch immer dazu hingeleitet dass sie es selber sehen und sich die Frage nach atta oder anatta nicht mehr stellt. Denn ein solitäres atta oder anatta gibt es nicht - in keinem der Aggregate ist ein atta zu finden, deshalb sind alle Dinge anatta. Und erst der ariya sieht dieses aus eigener Anschauung.


    Wie Nanavira Thera es treffend formulierte:

    Zitat

    Existenzphilosophien bestehen also darauf, Fragen über Selbst und die Welt zu stellen, und gleichzeitig versäumen sie nicht, darauf zu beharren, dass diese nicht zu beantworten sind. Über diesen Punkt der Frustration hinaus können diese Philosophien nicht vordringen. Auch der Buddha besteht darauf, dass Fragen über das Selbst und die Welt nicht zu beantworten sind, indem er sich entweder weigert, sie zu beantworten, oder indem er aufzeigt, dass keine Aussage über das Selbst und die Welt zu rechtfertigen ist. Aber – und hier liegt der entscheidende Unterschied – der Buddha kann über diesen Punkt hinaus vordringen und tut es auch: natürlich nicht, indem er das Unbeantwortbare beantwortet, sondern indem er den Weg zeigt, der zum endgültigen Aufhören aller Fragen über das Selbst und die Welt führt. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Existenzphilosophien sind kein Ersatz für die Buddhalehre – für die es in der Tat keinen Ersatz geben kann. Die Fragen, auf denen sie beharren, sind die Fragen eines puthujjana, eines Weltlings, und obwohl sie sehen, dass sie nicht zu beantworten sind, haben sie keine Alternative als sie weiterhin zu stellen; denn die stillschweigende Annahme, auf der all diese Philosophien beruhen, ist, dass die Fragen gültig sind. Sie sehen sich mit einer Zweideutigkeit konfrontiert, die sie nicht lösen können. Der Buddha dagegen sieht, dass die Fragen nicht gültig sind und wenn man sie stellt, begeht man den Fehler, anzunehmen, dass sie es sind. Jemand, der die Lehre des Buddha verstanden hat, stellt diese Fragen nicht mehr; er ist ein ariya, ein „Edler”, kein puthujjana mehr und er befindet sich außerhalb des Gültigkeitsbereichs der Existenzphilosophien; aber er wäre niemals an dem Punkt angelangt, der Buddhalehre zuzuhören, wäre er nicht erst einmal durch existenzielle Fragen aufgestört worden, Fragen über sich selbst und die Welt. Das soll natürlich keinesfalls unterstellen, dass es notwendig ist, ein Existenzialist zu werden, bevor man den Buddha verstehen kann: Jeder intelligente Mensch stellt sich naturgemäß Fragen über das Wesen und die Bedeutung seiner eigenen Existenz, und vorausgesetzt, er lehnt es ab, sich mit der erstbesten wohlfeilen Antwort zufriedenzugeben, hat er die gleiche gute Ausgangsposition, die Buddhalehre zu begreifen, wenn er sie hört, wie jeder andere. Dennoch bereitet es vielen Leuten Kopfzerbrechen, wenn sie zum ersten Mal auf die Suttas stoßen, was denn deren Relevanz im ausgefeilten Kontext modernen Denkens sei; und für sie mag der Hinweis hilfreich sein, dass die Existenzphilosophien einen Zugang zu den Suttas bahnen (das soll heißen, in ihrer allgemeinen Methodik, nicht in ihren jeweiligen Schlussfolgerungen).


    Aus dem Vorwort zu "Notizen zu Dhamma"