Beiträge von Geronimo im Thema „Ein säkularer Buddhismus – von Stephen Batchelor“


    Fairer Punkt. Ich vergesse immer wie viel ich eigentlich schon gelesen und praktiziert habe. Am Anfang hätte mir der 8fache auch nicht einfach so gereicht.


    Aber ist das nicht gerade die Sache? Batchelor möchte ja nicht nur etwas für Anfänger sein, sondern das ganze Gebäude verändern. Dagegen ist es heute mittlerweile bei mir so wie es Milarepa einmal so schön ausdrückte: Das einzige Buch das ich noch lese bin ich selbst.


    Batchelor kann vielleicht einen anderen Einstieg anbieten, aber einen anderen Weg nach Innen nicht. Er ist ihn ja noch nicht einmal selbst ganz gegangen und versucht dennoch etwas daran zu verändern. Das kann doch garnicht funktionieren.


    Der 8fache Pfad ist vollkommen und zeitlos, nur braucht man möglicherweise einiges an Erfahrung um das auch erkennen zu können.


    Das steht doch aber außer Frage das wir alle ungefähr die gleichen Voraussetzung haben "die Sache" zu erlangen. Aber beides gleichermaßen, Sinnesfreuden und Triebbefreiung (der entscheidende Faktor für tatsächliche Leidfreiheit im Sinne des Buddha) geht nun mal nicht. Wer es im Haushalt schafft sich vollkommen zu entreizen, der wird auch alles erkennen von dem der Buddha spricht. Aber schwerer ist es allemal.


    Wir reden doch hier von der höchstmöglichen Sache. Das absolut maximal menschlich machbare. Das ist nicht einfach nur ein bisschen Satori, ein bisschen innerer Frieden, ein bisschen Bedürfnislosigkeit und Mitgefühl. Es geht viel weiter als das. Im Haushalt ist aber definitiv vieles möglich, das hat der Buddha auch nie angezweifelt. Ich führe ja auch noch einen Haushalt und es ist für mich, zum jetzigen Zeitpunkt, der optimale Ort zum praktizieren.


    Und von Abwertung ist doch garkeine Rede. Wellness Buddhismus ist überhaupt nichts negatives. Aber wenn wir vom Höchsten ausgehen, von der Lehre des Buddha in Vollkommenheit, dann ist es nicht genug. Das ist doch ein Umstand den man auch mal so sehen kann wie er ist, ohne das bewerten zu müssen.

    Matthias65:
    Geronimo:

    Das ist ja gerade der Trick. Aber wer Buddhismus einfach nur so praktiziert um sich ein bisschen besser zu fühlen, der erlangt noch lange nicht die Sache "der zuliebe edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen"...


    Im tibetischen Buddhismus braucht ein Laie nicht in die "Hauslosigkeit" ziehen, um ein tieferes Verständnis zu erlangen :)


    Das braucht man auch in der ursprünglichen Lehre nicht, aber das ändert ja nichts an den Bedürfnissen der Menschen die Buddhismus zu "Buddhismus" machen. Damals gab es keinen Buddhismus, was ich sehr angenehm finde.


    Und wenn tieferes Verständnis nicht irgendwann mit vollkommener Triebbefreiung einhergeht, dann ist auch das noch nicht "ganz dem Buddha folgen".

    Matthias65:
    Geronimo:

    Aber wie viele "Buddhisten" möchten denn wirklich alles hinter sich lassen?


    Da gibt es wohl keine Statistik, lieber Geronimo :)
    Ich kenne jedoch mehrere Buddhisten, die so praktizieren.


    Die Frage ist ob Nirvana/ Buddhaschaft wirklich ein "alles hinter sich lassen" bedeutet oder nicht evtl. eine neue (erleuchtete) Sichtweise auf die selben Dinge (Familie u.s.w.) ermöglicht.


    Vollkommen bedürfnislos wird das ein außerordentlich schwieriges Unterfangen. Nicht umsonst gibt es die Aussage das ein vollkommen Erwachter innerhalb von 7 Tagen nach seinem Erwachen stirbt, wenn ihm keine Aufgabe zukommt.


    Das mag zwar etwas überdramatisiert sein, aber es gibt doch sehr schön den Zustand von einem wieder der "versteht: 'Geburt ist zu Ende gebracht, das heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden mußte, darüber hinaus gibt es nichts mehr.'"


    Es gibt Erwachungserlebnisse (Satori) bei denen eine gewisse Familienführung vielleicht noch möglich ist, und es gibt die Frucht des vollkommenen Erwachens bei dem nichts dergleichen mehr möglich. Ganz einfach weil jegliches Bedürfnis in dieser Hinsicht verschwunden ist.

    Matthias65:
    Geronimo:

    Ich finde es schwer dem "Buddhismus" ein Ziel zuzusprechen


    Das verstehe ich nicht. Ist Ziel etwas anderes wie Motivation ? Ich sprach ja von Motivation.


    Aber wie viele "Buddhisten" möchten denn wirklich alles hinter sich lassen? Leidfreiheit ja, aber mit Kindern und Familie und Haus und Garten und Beruf und Hobby und Urlaub und Sport und Unterhaltung usw.


    Das macht es ein bisschen schwer für mich die ursprüngliche Lehre des Buddha mit dem Sammelbegriff "Buddhismus" zu verbinden.


    "Wiedergeburt" ist auch materiell anders zu verstehen.

    Matthias65:

    @ Geronimo
    @ Void,


    ist aber nicht die Entsagung aus dem Daseinskreislauf die Hauptmotivation eines jeden Buddhisten ?
    Egal ob Theravada oder Mahayana praktiziert wird ?
    Alles andere mag ja hilfreich sein, um in diessem Leben glücklich zu leben, aber es hat nichts damit zu tun, Leerheit wenigstens ansatzweise zu realisieren oder gar zu verinnerlichen. Die Freude in diesem leben (und ebenso das Glück) ist vergänglich, die "Glückseeligkeit" Nirvana oder Buddhaschaft erreicht zu haben, ist eine völlig neue Qualität. Alles andere streichelt ein wenig das Ego: Hier mal ein bißchen Achtsamkeitsmeditatiom, dort mal ein wenig "rechte Rede" u.s.w. Wenn Batchelor diesen Wellness-Gedanken als Ziel verfolgt, mag es ja für ihn und seine Anhänger o.k. sein, es hat jedoch nur noch am Rande etwas mit Buddhismus zu tun, geschweige denn mit einem Buddhismus 2.0.


    Ich finde es schwer dem "Buddhismus" ein Ziel zuzusprechen. Menschen haben Ziele, aber Einrichtungen selbst können immer nur das sein was die Menschen aus ihnen machen. Der Buddha hat zweifelsfrei gelehrt um den Menschen den Weg zur Todlosigkeit zu weisen. Aber wenn ihm nur den wenigsten folgen wollen, was kann der Buddha dafür?


    Aus Mitgefühl jedoch hat er auch einfachen Haushältern mit normalen weltlichen Wünschen und Bedürfnissen Tips gegeben wie sie ihr Leben etwas angenehmer gestalten können. Das ist zwar aus höchster Sicht nicht genug, aber für andere entscheiden konnte auch der Buddha nicht. Jeder muss den Weg selbst gehen (wollen).


    Ich persönlich mag ja den Begriff Wellness Buddhismus, auch wenn manche das vermutlich als Beleidigung auffassen. Daran ist aber garnichts schlimmes. Wer einfach nur ein nettes, erfülltes Leben genießen will, der wird beim Buddhismus vieles finden können das ihm dabei helfen kann. Aber dem Buddha wirklich folgen kann man auf diese Weise nicht, auch wenn das die wenigsten verstehen wollen.


    Und genau das ist auch ein bisschen das Problem bei Batchelor und allen anderen die ihr eigenes Ding machen. Sie möchten dem Buddha nicht ganz folgen. Und weil es vielleicht schwieriger ist sich diesen Umstand selbst einzugestehen werfen sie lieber etwas in den Raum wie: Es könnte ja sein das der Buddha die Sache ganz anders gemeint hat...


    Und dann präsentieren sie irgendetwas das all die Dinge aus der Lehre herausstreicht mit denen sie persönlich nichts anfangen können. Das wird dann auch gerne Weiterentwicklung oder Anpassung an das moderne Leben genannt, aber im Endeffekt passiert mit dem Weg des Buddha selbst überhaupt nichts. Er ist klar und für alle Zeiten gleich, was vielleicht auch das am allerschwierigsten zu verstehende Merkmal des Dharma ist:


    Ruhe, Bedürfnislosigkeit, Triebbefreiung, wahre Erkenntnis, Nibbana, all das bedeutet immer genau das selbe. Und der Weg nach Innen kennt eben nur eine Richtung :)

    Das ist doch aber alles nichts neues. Hier eine wirklich sehr schöne Rede für Menschen die sich "nur" ein angenehmes Leben wünschen. Den Himmel kann man ja ignorieren wenn es einem Unbehagen bereitet.



    http://www.palikanon.com/angutt/a04_061-070.html


    Oh, ich sag' mal so, vor vielen Jahren, als ich all diese Bücher las, hätte ich solche Zeilen nicht formulieren können. Das kam erst mit der Praxis, und nachdem ich das meiste wieder vergessen habe was ich da so las. Und im Übrigen habe ich damals auch nichts von Leuten wie Sawaki oder so gelesen, also können meine Worte dort auch nicht herkommen :)


    Verständnis braucht Zeit und Ruhe.


    Ich finde das hast du schön erklärt. Ich möchte nur noch hinzufügen das man dafür aber jemanden braucht der definitiv schon einmal oben gewesen ist, sonst verirrt man sich nur :)


    Was unsere westliche Herangehensweise zum Dharma angeht, so ändert sie aber eigentlich nichts daran, das auch wir ganz grundlegend Ruhe, Einsicht und Genügsamkeit kultivieren müssen, wenn wir dem Buddha folgen wollen. Da gibt es nichts das uns hier irgendwie besonders weiterhelfen könnte, außer vielleicht das wir uns im Moment wenig mit Existenzängsten auseinandersetzen müssen. Das kann für die Praxis von gewissem Vorteil sein, aber optimal ist das Hausleben für die Praxis ja sowieso nicht, auch wenn das die meisten Haushälter naturgemäß anders sehen ;)


    Die Natur des Geistes ist jedoch in jeder Region und zu jeder Zeit gleich. (Nur die Inhalte nicht, aber die sind sekundär wenn man sich erst einmal auf den Weg gemacht hat)

    Bishafu_2:


    Es wäre für manche ganz hilfreich die Vielfalt der Welt wahrzunehmen. Wenn die Natur uns erfreuen will erschaft sie nicht nur eine Rose, sondern einen großen Strauß verschiedener Blumen. So ist das mit allem, sogar mit Religionen. Das Wichtigste ist, dass es uns weiterhilft. Dem einen mag Zen helfen, einem anderen katholisches Christentum oder gar vielen sogar der Koran, einigen wenigen sogar Batchelorismus und (ganz, ganz selten sogar :D ) mag jemand gebohren werden wird dem Amitabha hilft oder wider allen Erwartungen zum trotz wird jemand alle hundert Generationen gebohren dem sogar Theravada weiterhelfen mag!
    Einen einzigen Weg? Diese Aussage ist sehr amüsant oder gar Fundamentalismus.
    Läßt ihr gleich eine Internetbombe platzen. :lol::lol: ?


    Du verstehst nicht das das alles Äußerlichkeiten sind, so wie die Wahl der Ausrüstung, der Kleidung und des Bergführers. Auch der Zugang selbst ist eine Äußerlichkeit, ob du dich nun von Norden, Süden, Westen oder Osten näherst, das macht auf grundlegender Ebene keinen Unterschied, Außer vielleicht das es im Süden etwas steiniger sein kann, und im Norden etwas eisiger, was den Aufstieg naturgemäß etwas schwieriger gestalten wird.


    Aber der Akt des Bergsteigens an sich ist für alle Menschen, für alle Zeiten, vollkommen unabhängig vom Berg, immer der gleiche, Ein Bein vor das andere, Hindernisse überwinden, und den Gipfel fest im Blick. Den Berg interessiert es nicht die Bohne ob du deine Ausrüstung bei Globetrotter (Buddhismus) oder bei Adidas (irgendeine andere Religion) gekauft hast. Ihn interessiert auch nicht woher du kommst, welcher Kultur du angehörst oder wie dein Lehrer heißt. Das ist ihm alles vollkommen egal. Das einzige worauf es ankommt ist, das der Berg bestiegen wird,


    Es gibt nur ein Dharma. Es spielt überhaupt keine Rolle aus welcher Richtung wir uns nähern und welche Techniken wir dabei verwenden. Es gibt daher auch nicht viele verschiedene absolute Wahrheiten zu entdecken, sondern nur exakt genau eine. Aber das versteht man erst wenn es bereits zu spät ist, im besten Sinne. Die Welt der Vielfalt kennt dagegen unendliche viele relative Wahrheiten, aber das hat mit Buddha-Dharma alles überhaupt nichts zu tun. Am Ende gibt es nur einen einzigen Weg, egal welcher Kultur, Schule oder Tradition du angehörst. Nur zu Anfang glaubt man noch das es viele Wege gibt...

    Was Herr Batchelor macht ist ungefähr so wie über das Bergsteigen zu sinnieren und zu schreiben. Da kann man sicher wunderbar ganze Bände mit füllen, aber einen Berg hat man damit noch lange nicht bestiegen.


    Ganz gleich was man sich auch zurecht denkt, einen Berg besteigt man immer auf die gleiche Weise. Es hängt nur von der eigenen Kondition und Erfahrung ab wie man dann dabei vorgeht. Natürlich kann man sich währenddessen auch furchtbare viele Gedanken über den Berg und die Welt machen, aber ob das so klug ist? Man kann dabei schnell die Aufmerksamkeit verlieren und bekommt von der eigentlichen Erfahrung immer weniger mit, oder sogar gedankenversunken stolpern...


    Und genauso ist auch der Zugang zum Dharma für alle Zeiten gleich, es hängt nur von den eigenen Vorraussetzungen ab wie man dahin kommt. Der Buddha hat letztlich nur den direktesten Weg aufgedeckt.


    Man kann immer vieles über eine Sache sagen, aber wenn man sie dann erst einmal wirklich tut, dann verlieren all die Gedanken sehr schnell an Bedeutung...

    Ich denke so einen Batchelor hat es schon immer gegeben und wird es auch immer geben. Wer weiß was uns so alles in den letzten 2500 Jahren überhaupt nicht überliefert wurde.


    Und dafür das es so viele Bedürfnisse und so viel Schwäche auf der Welt gibt steht der "Buddhismus" doch noch außerordentlich gut da.


    Was mich persönlich angeht, so empfinde ich Batchelors Ausführungen als furchtbar verkopft und belanglos. Gab es alles schon tausend mal, und das auch durchaus unterhaltsamer. Und wen es wirklich bewegt, der kommt sowieso irgendwann zum Buddha.

    Merkur-Uranus:

    Die traditionellen Buddhisten verzerren sich immer so schön nach dem Bild des Mönches. Dabei sind sie zumeist zu faul, um selbst ins Kloster zu gehen und versuchen deshalb eine monastische Praxis in ein weltliches Alltagsleben zu pressen - sehr unschön.


    Der säkulare Buddhismus zeigt diesen Zwiespalt offen auf und bietet angemessene Möglichkeiten, die Lehre des Buddha im 21. Jahrhundert zu praktizieren.


    Jedes Leben sieht ein bisschen anders aus, und alles was man tun kann ist an sich selbst zu arbeiten. Es gibt auch sehr ernsthafte Nachfolger die aus verschiedenen Gründen (noch) nicht das weltliche Leben hinter sich lassen könne. Da solltest du nicht so unbedacht drüber urteilen... Aber viel wichtiger ist: Den Dharma kann man nicht weiter entwickeln. Das hat nichts mit monastisch oder weltlich oder faul oder fleißig zu tun. Und auch der Zugang zur Wahrheit (Dharma) ist immer und für alle Menschen der gleiche. Egal ob man in einem New Yorker Apartment oder am Fuße eines indischen Bergs lebt. Das Kloster oder die Mönchsgemeinde ist nur ein Hilfsmittel, da gibt es nichts zu romantisieren. Ob und wie man diese Hilfsmittel nutzt liegt an jedem selbst.


    Aber die Lehre bedeutet nunmal auch ganz fundamental Stille und Sammlung...

    Beim Buddha klingt es übrigens so, wenn jemand den Weg nicht ganz gehen kann:


    Zitat

    Oder: gierüberwältigten Herzens wird da jener Mönch von körperlichen und geistigen Qualen verzehrt, und er denkt bei sich: 'So will ich denn zum Kloster gehen und den Mönchen mitteilen, daß ich von Gier überwältigt, von Gier übermannt bin; daß ich nicht länger den keuschen Wandel aushalte, daß ich hiermit meine Unfähigkeit zur Askese bekenne und die Askese aufgeben und zum niederen Weltleben zurückkehren will.' Während er sich aber auf dem Wege zum Kloster befindet, noch bevor er es erreicht hat, bekennt er schon unterwegs seine Unfähigkeit zur Askese, gibt die Askese auf und kehrt zum niederen Weltleben zurück. Jenem Krieger nun, der verwundet zu seinen Angehörigen geführt, doch noch bevor er sie erreicht, unterwegs den Tod erleidet, ihm ähnlich nenne ich jenen Menschen. So, ihr Mönche, steht es mit manchem Menschen. Dies aber, ihr Mönche, ist der zweite den Kriegern ähnliche Mensch, der unter den Mönchen anzutreffen ist.


    Zumindest aber sucht der Nachfolger die Schuld bei sich, und versucht nicht stattdessen die ganze Lehre zu ändern.