Peeter:aber als was würdest <du> das "wahre Selbst" "definieren" oder Buddha-Natur ... ?
Begriffe dienen dazu etwas, begreifbar und fassbar zu machen, ein "Etwas" daraus zu machen, das klar umgrenzt ist. Bei den meisten naturwissenschaftlichen Fragestellungen macht es Sinn, seine Begriffe klar zu umgrenzen. Spricht man von dem, was jenseits unsereres Denkens in Dingen liegt, ist das nicht der Fall. Hier kann man Begriffe wie "Nirvana" oder Buddha" durchaus verwenden, um darauf hinzuweisen und davon zu reden. Will man das worüber man da redet genauer festtackern und definieren, besteht die Gefahr, es zu verdinglichen. Ein "Etwas" daraus zu machen. Und dadurch wird es nicht klarer sondern unklarer. Noch wirrer wird es, wenn man es dann mit anderen solchen Worten in Beziehung setzt. Dann wird "das wahre Selbst" etwas das man finden kann, "Buddha-Natur" etwas das in einem drin ist und Nirvana womöglich der Ort wo man dann hingeht. Indem man drüber redet, entsteht mehr Verwirrung, als wenn man es nicht täte. Genau das sagt ja der von dir zitierte "Zen-Meister".
Peeter:Ein Zen-Meister alter Zeit :
Der Leib des "Wahren Wesens" und der Grund des "wahren Wesens", solches sind Schatten (d.h. Begriffe), wie ich gewisslich weiss. Ihr müßt den finden, dernden Schatten wirft; das ist der Ursprung aller Buddhas
Ähnliche Probleme gibt es auch in der westlichen Philosophie. Im 20.Jahrhundert war es nahezu das Hauptthema. Heidegger wies darauf hin, dass viele philosophische Probleme dadurch enstanden sind, dass versucht wurde über "das Sein" in Worten zu sprechen die für "das Seiende" gedacht sind. ( Ontologische Differenz) Woraufhin Heidgger viele neue Begriffe erfand was seine Philosophie zunehemend unverständlich machte. Wittgenstein wies nach, dass ganz viel von dem was für wichtige philosophische Probleme gehalten hatte, sich nur aus der falschen Anwendung von Sprache ergeben hatte.
Deswegen braucht es ja sowas wie die Ochsenbilder. Die sprechen ja nicht deswegen in Andeutungen und Bilder, weil sie zu blöd wären sich klar auszudrücken. Es ist wirklich unklar, was der Ochse ist und wo er sich versteckt. Er ist scheu, und sich ihm mit Begriffen wie "Wahres selbst" zu nähern, macht ihn nicht unbedingt zutraulicher. Natürlich kann man zu irgendeinem Busch gehen und reinschreien "Buddhanatur, ich weiss genau dass du dich da drinnen versteckst. Komm raus".
Peeter:in diese Richtung sollte das Trachten und Streben gehen (im sitzen)
Wenn unser Streben zum Nicht-Streben führen soll, warum soll man dann überhaupt streben?
Es würde doch genügen, konsequent anzufangen nicht zu streben.
Hier gibt es in Rinzai und Soto andere Gewichtungen. Im Soto wird im Shikantaza betont, dass alles was gebraucht wird schon das ist. Der Gefahr, der damit begnet wird, ist eine Haltung, die meint sich Befreiung durch Methoden zu erarbeiten. Die Koan-Praxis im Rinazi spricht da einer andere Sprache:
ZitatSelbst wenn alles an Dir zu einer einzigen Frage geworden ist und Du, nach innern gekehrt, bis zum Grunde vordringst und forschest, so findest Du doch im Kern Deines Seins nicht das Geringste, dass da Geist oder Wesen genannt werden könnte. Und doch - ertönt ein Laut, so hört etwas, ruft einer dich beim Namen, so antwortest Du.
Finde augenblicklich heraus, wer Es ist.
Weil man die Gefahr sieht das ein Sitzen ohne Meditationsojekt in dröges Döseln ausartete, ist hier ein komplettes Sich-Reinwerfen gefordert. Also scheinbar nahezu das Gegenteil. Statt vollständiges Nicht-Tun, vollständiges Tun. Aber insofern es vollständig ist, ist zwischen beiden kein Unterschied. Um Nichts zu tun, muss man sich natürlich auch vollkomen reinwerfen bzw. fallen lassen. Shinkantaza ist Genjokoan (lebendiger Koan).