Doris Rasevic-Benz:
Das ist der Unterschied zwischen Studieren und Praktizieren.
Die Tibeter haben natürlich ihre Traditionen einfließen lassen. Das ist was ganz Normales. Auch in den Thera-Ländern machen sie das. Ebenso in Japan und China. Das liegt an der Natur der Sache, dass die Menschen die Bilder verwenden, die sie schon immer benutzen und ihre Kultur einfließen lassen. Das machst Du nicht anders. Es geht gar nicht anders. Das ist nämlich eine Kernaussage des Dharma, dass sich jeder seine eigene Welt erschafft und gar nicht anders kann und nie anders können wird.
Der Buddhismus ist immer verordnet worden. Alle großen Religionen werden in einem bestimmten Stadium verordnet. Beim Buddhismus fing das spätestens bei Ashoka an. Und mit Sicherheit hat die Bevölkerung ihre Traditionen einfließen lassen. Da kann man die Texte, die wir kennen, schön außen vor lassen. Wer konnte denn schon lesen?
Die Gelehrten und MeisterInnen haben aber sicher sich gegenseitig korrigiert, wenn bestimmte Dinge nicht dem Dharma entsprochen haben. Das konnten sie. Denn die Erfahrungen sind universell und sie haben sicher große Ahnung und Erfahrung gehabt. Selbst ich bin schon in der Lage einiges nachvollziehen zu können. Deshalb vertraue ich den kulturellen Einkleidungen. Man muss sie aber nicht mitmachen.
Es floss auch immer wenn es ging empirische Beobachtung mit ein - also nicht das klassische in der Bibliothek rumsitzen und von außen betrachten.
Ich würde das auch ganz schlicht als normale Dynamik bezeichnen, dass "Urreligionen" wenn man die eben ab einem gewissen Punkt so sehen will mit der Kultur Synkretismen eingehen. Kultur steht ja nicht still, ebensowenig die Religion als Teil dieser.
Jetzt ist es aber so, dass ich in den 10 Jahren schon genauer hinschauen konnte welche Aspekte der Kultur wo eingeflossen sind, zumindest punktuell - alle buddh. Traditionen würde wohl mehrere Kalpas in Anspruch nehmen . Ich fand es da eigentlich immer sehr spannend danach zu suchen was am Ende genau von der Lehre Buddhas erhalten blieb.
Man kann auch Kultureinflüsse bis zu einem gewissen Grad wieder dekonstruieren - ich trete da z.b. immer mit der Frage heran "Was leistet die Religion/diese buddh.Tradition am Menschen".
Da wirds für mich halt sehr interessant, wenn im westlichen Kulturkreis z.b im tibetischen Buddhismus Bilder, Praktiken und Symbole übernommen werden, die in unserem kulturellen Kontext diese Leistung gar nicht erfüllen - sie werden rein aus einem gewissen Exotismus übernommen, weil man es "toll" und "exotisch" findet, aber versteht die Symbole nicht.
Und dann geht der Synkretismus eines Synkretismus weiter.
Da habe ich manchmal das Gefühl, dass es eigentlich alles "verzerrte" Abbilder der Lehre sind, die wenn man den PK dann effektiv liest garnicht mehr das leisten, wofür es eigentlich gedacht war.
Aber das würde ja erklären, warum die Lehre natürlicherweise wieder verloren geht und ein neuer Samyaksam Buddha erscheint.