Beiträge von Bodhidasa im Thema „Zen-Kater“

    Lieber think,


    ich empfinde deinen Beitrag nicht als unfreundlich oder unhöflich, er vermittelt Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Ist es nicht so, das jedes Wesen seine Entscheidungen verarbeitet? Warum solltest du meine Wahrnehmung, die ich bei Sterbenden hatte, empfinden, wo du doch nicht dabei warst?
    Anders herum könnte ich deine Empfindungen ebensowenig anzweifeln, da ich im umgekehrten Fall ebensowenig anwesend war.
    Ich kann nur von Menschen berichten, die alleine waren, in Krankenhäusern, verlassen - weil kein Verwandter oder Freund übrig war - der sie besuchen kommt. Solche Menschen freuen sich über jeden Besuch, über jeden Menschen der bei Ihnen ist, wenn es zum Übergang kommt. Und ja - so manch einer reagiert häufig zuerst auch ablehnend, weil die Verbitterung groß ist. Angst kann das Individuum sehr verbittert erscheinen lassen, doch unter der Maske ist Angst vor dem Alleinsein. Angst vor dem was kommt. Angst ob das was man getan hat denn auch ausreicht. Und Angst nicht mehr das sagen zu können, was man doch noch so dringend loswerden wollte.


    Entschuldigung, ich bin ins Abschweifen gekommen.


    Ich wünsche allen, die dies jetzt noch lesen eine gute Nacht! Mögen alle Wesen heute Nacht friedlich ruhen können.

    Zitat

    Ich habe in meinem vorigen Beitrag von bereits Sterbenden gesprochen


    Ich auch. Wir sterben alle bereits. Bitte verzeihe diese Barrschheit!


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    da geht es ja nur noch um Stunden der Qual und des Leids


    Diese Stunden der Qual und des Leids können die Frucht zur Reife bringen. Der Buddha fand den Weg zu seiner Lehre aus dem tiefen Tal der Verzweiflung heraus. Wenn du des öfteren die Wesen begleitest, wirst du im Laufe der Zeit erfahren, das auch die ängstlichsten in den letzen Augenblicken sehr ruhig und gefasst werden. Und oftmals in Harmonie in den Übergang wechseln. Einem in den letzten Atemzügen verweilenden die Hand zu reichen, ihm die körperliche Nähe zu geben vor der die meisten zurückschrecken, ist hilfreicher in meinen Augen.


    Ich vestehe sehr wohl, think, daß die Absicht deiner Handlung aus Erbarmen geprägt sein soll, in der Hypothese, du machst es deutlich.


    Doch stell dir einfach einmal folgendes vor: Hast du einmal das "Tibetische Buch vom Leben und Sterben" gelesen? Nähmen wir an, du würdest nach dem Verlöschen der Einheit von Sinnen und Körper einen Weg kennen, der zu einer "besseren" Neugestaltung verhilft, einem Weg den du gehen möchtest, denn du hast das Bodhisattva-Gelübde abgelegt. Nun aber kannst du vor lauter Opiaten und ähnlichem, deren Wirkung dir auf deiner letzten Reise mitgegeben wurden, dich nicht mehr in dem Labyrinth das du kennst solltest zurechtfinden, weil die Eindrücke nicht stimmen? Es ist wie Autofahren mit 4,0 Promille und unter Einnahme von Heroin und Koks gleichzeitig.


    Die Absicht des Helfenden ist edel, aber leider beruhigt sie meistens nur den oder die Hinterbliebenen, das eigene Gewissen. Die Handlung selber ist unbewusst egoistisch motiviert, geprägt durch Samen, die unser ganzes Leben in unserem Speicherbewußtsein geprägt wurden.



    Auf der Straße erlebst du das Folgende gerade im Winter des öfteren. Ein Ungeliebter hat des Nachts wieder einmal keinen Ort der Unterkunft, es ist zu kalt. Die Sinne den ganzen Tag über verwirrt kauft sich ein solcher vom erbettelten billigen Fusel, Weinbrand, in dem Glauben, das dieser den Körper wärmt - und haut es sich rein. Die Wärme ist eines Sinnestäuschung. Tatsächlich ist nach dem Trinken die Körpertemperatur um ein knappes halbes Grad abgesackt. Dieses halbe Grad kann aber das entscheidende halbe Grad gewesen sein, das vor dem Erfrieren rettet. Nicht unbedingt wegen der Temperatur, sondern auch wegen der Klarheit nicht zu schlafen, da ein in der Kälte am Boden liegender Körper den Weg der Umwandlung sehr viel eher gehen wird.



    think, ich hoffe, daß diese Worte dir dabei helfen zu überdenken. Bitte nimm nicht an, ich verweilte in dem Glauben, mit dem geschrieben recht zu haben, dir über den Mund fahren oder belehren zu wollen! Dies war uns ist nicht meine Absicht.

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    Wobei es wieder so ist, dass der Buddhismus das Töten verbietet, ich habe irgendwo gelesen, dass man auch dann nicht töten darf, um einem Wesen unnötiges Leiden zu ersparen, was ich aber nicht verstehe. Weiß einer von euch da etwas davon.


    Ja. Ich versuche es behutsam zu erklären, damit du es womöglich nicht falsch verstehst.
    Der Buddhismus verbietet nicht, er ist undogmatisch, sondern er rät zur Vermeidung. Wunderschön ist dies ausgedrückt im ersten der Zehn Kai:
    Nicht töten, jedes Leben, alle Wesen respektieren. Es handelt sich nicht nur um körperliches Handeln. Man kann auch mit dem Blick töten, mit dem Wort, den Gedanken.
    Die Zazen-Übung läßt einen verstehen, daß der Himmel und die Erde dieselbe Wurzel haben, daß alle Wesen ein einziger Organismus sind.
    Durch dieses Verstehen verschwindet jedes Verbrechen, aller Hass, alle Eifersucht, aller Unwille.



    Wenn du nun versuchst absichtslos zu handeln, und einem Wesen daß dich darum bittet, den Gnadenstoß zu versetzen, dann erscheint dir für den Moment diese Tat sehr edel, aber die meisten plagen hinterher die Gewissensbisse. Nehmen wir an, es wäre ein Mensch, der Krebskrank ist - und der dich um seine Hilfe bittet. Ihr einigt euch darauf, das du ihm beim Sterben hilfst, was weiß ich, unter richterlicher Erlaubnis (bitte verzeihe meine Unkenntnis der aktuellen Rechtslage, aber Politik, usw. interessiert mich nicht) - und dann ist es soweit. Du verhilfst ihm aus der Gewißheit heraus, das er sterben möchte und den Übergang nicht selber herbeiführen kann. Dann tust du es, doch im letzten Augenblick, und es ist zu spät, kommt ein "Nein!" aus seinem Mund, oder du erkennst ein Flehen Blick, oder Angst, oder Trauer, oder Wut. Nun ist es nicht mehr rückgängig zu machen - und du zerbrichst, denn von dem Augenblick an werden dich Zweifel ergreifen: Habe ich getötet? Wollte er wirklich sterben?


    Der Rat zu töten bezieht sich auf viel mehr als auf die nur einfache Beratschlagung nicht zu töten. Man kann Minuten, Stunden, Tage, Wochen und Monate über die wenigen Worte des ersten der Zehn Kais meditieren - und erschöpft doch nicht seine Bedeutung in aller tiefe.



    Ich hoffe, daß diese Antwort dir hilft. Wenn ich Fehler in meiner Antwort gemacht haben, so sind es meine Fehler, nicht Fehler in der buddhistischen Lehre. Dies bitte ich schon jetzt zu verzeihen.

    Lieber Humanworld,


    nimm einmal an, alle Lebewesen wären Tropfen in einem großen Meer. Stell dir nun vor, ein Tropfen wäre für einen anderen nicht mehr sichtbar. Was meinst du? Kann dieser Tropfen weit weg sein? Von einem Augenblick auf den nächsten? Gibt es tatsächlich verschiedene Tropfen - oder sind nicht letzten Endes die Unterscheidungen in Tropfen falsche Unterscheidungen?


    Wenn du zwei Tropfen nah beieinander - und doch getrennt - auf den Tisch tropfst- und nun mit einem Zahnstocher zwischen beiden hin - und herfährst, langsam, was geschieht dann letztens Endes? Was geschieht dann, wenn der Zahnstocher verschwindet? Beobachte!


    Smili - und Du - da ist kein Ich - und kein Du. Und ihr praktiziert Zen, im Hier und im Jetzt. Gleich, ob achtsam gelesen wird, achtsam abgewaschen, oder achtsam Zazen gesessen wird. Wenn du dies durchdringst, wirst du den Bereich der Hölle, den du derzeit durchlebst, zum Tushita machen. Und feststellen, das beides nur Worte sind.

    Lieber humanworld,


    jetzt ist bereits ein Monat vergangen - und der Schmerz ist womöglich immer noch da, doch wenn du ganz tief hinschaust, wirst du eine Veränderung des Schmerzes erkennen, mit der du arbeiten kannst.
    Geschehenes ist geschehen - und dein Gefühl sagt dir - du bist alleine, aber sieh noch ein Stück tiefer und du wirst erkennen, daß dir wirklich nichts verloren gegangen ist. Die physische Trennung der Körper ist auf der einen Seite real, aber das Band der Vertrautheit hat sich geändert, das Einssein von euch beiden ist nun bestimmt stärker.
    Nichts entsteht, nichts vergeht.


    Wenn du meditierst, dann setzte dich auf dein Kissen, gedenke deiner Katze, wie sie mit dir auf dem Kissen sitzt. Meditiere mit ihr, praktiziere mit ihr. Wenn du dort meditierst, meditiert sie auch, mit dir, für dich.


    Ich wünsche dir die Kraft, so tief zu schauen, dies zu erkennen!