Zen-Kater

  • Zitat

    Ich habe in meinem vorigen Beitrag von bereits Sterbenden gesprochen


    Ich auch. Wir sterben alle bereits. Bitte verzeihe diese Barrschheit!


    Zitat

    da geht es ja nur noch um Stunden der Qual und des Leids


    Diese Stunden der Qual und des Leids können die Frucht zur Reife bringen. Der Buddha fand den Weg zu seiner Lehre aus dem tiefen Tal der Verzweiflung heraus. Wenn du des öfteren die Wesen begleitest, wirst du im Laufe der Zeit erfahren, das auch die ängstlichsten in den letzen Augenblicken sehr ruhig und gefasst werden. Und oftmals in Harmonie in den Übergang wechseln. Einem in den letzten Atemzügen verweilenden die Hand zu reichen, ihm die körperliche Nähe zu geben vor der die meisten zurückschrecken, ist hilfreicher in meinen Augen.


    Ich vestehe sehr wohl, think, daß die Absicht deiner Handlung aus Erbarmen geprägt sein soll, in der Hypothese, du machst es deutlich.


    Doch stell dir einfach einmal folgendes vor: Hast du einmal das "Tibetische Buch vom Leben und Sterben" gelesen? Nähmen wir an, du würdest nach dem Verlöschen der Einheit von Sinnen und Körper einen Weg kennen, der zu einer "besseren" Neugestaltung verhilft, einem Weg den du gehen möchtest, denn du hast das Bodhisattva-Gelübde abgelegt. Nun aber kannst du vor lauter Opiaten und ähnlichem, deren Wirkung dir auf deiner letzten Reise mitgegeben wurden, dich nicht mehr in dem Labyrinth das du kennst solltest zurechtfinden, weil die Eindrücke nicht stimmen? Es ist wie Autofahren mit 4,0 Promille und unter Einnahme von Heroin und Koks gleichzeitig.


    Die Absicht des Helfenden ist edel, aber leider beruhigt sie meistens nur den oder die Hinterbliebenen, das eigene Gewissen. Die Handlung selber ist unbewusst egoistisch motiviert, geprägt durch Samen, die unser ganzes Leben in unserem Speicherbewußtsein geprägt wurden.



    Auf der Straße erlebst du das Folgende gerade im Winter des öfteren. Ein Ungeliebter hat des Nachts wieder einmal keinen Ort der Unterkunft, es ist zu kalt. Die Sinne den ganzen Tag über verwirrt kauft sich ein solcher vom erbettelten billigen Fusel, Weinbrand, in dem Glauben, das dieser den Körper wärmt - und haut es sich rein. Die Wärme ist eines Sinnestäuschung. Tatsächlich ist nach dem Trinken die Körpertemperatur um ein knappes halbes Grad abgesackt. Dieses halbe Grad kann aber das entscheidende halbe Grad gewesen sein, das vor dem Erfrieren rettet. Nicht unbedingt wegen der Temperatur, sondern auch wegen der Klarheit nicht zu schlafen, da ein in der Kälte am Boden liegender Körper den Weg der Umwandlung sehr viel eher gehen wird.



    think, ich hoffe, daß diese Worte dir dabei helfen zu überdenken. Bitte nimm nicht an, ich verweilte in dem Glauben, mit dem geschrieben recht zu haben, dir über den Mund fahren oder belehren zu wollen! Dies war uns ist nicht meine Absicht.

    Nimm dir täglich Zeit, ruhig dazusitzen und den Dingen zu lauschen.
    Achte auf die Melodie des Lebens, die in dir schwingt.
    Glaube an die Kraft eines freizügigen Herzens.
    Und gib anderen Wesen von dem, was du hast.

  • Bodhidasa: Hmmm ... vielen Dank für deine Antwort, darüber werde ich wohl noch längere Zeit sehr gründlich nachdenken müssen ... und keine Sorge, du hast mir weder über den Mund gefahren, noch irgendwie belehrend geklungen. Du schreibst sehr freundlich und feinfühlig und dafür möchte ich mich bedanken.


    Bodhidasa:

    Wenn du des öfteren die Wesen begleitest, wirst du im Laufe der Zeit erfahren, das auch die ängstlichsten in den letzen Augenblicken sehr ruhig und gefasst werden.


    Hmm ... also, das kann ich leider nicht bestätigen. Ich habe schon einige Lebewesen (inkl. mehrerer Menschen) sterben gesehen und es war in den seltensten Fällen eine schöne Angelegenheit (wenn es nicht gerade sehr schnell passiert ist oder ein friedlicher Alterstod war oder ähnliches). Meiner Erfahrung nach hat das Sterben durch eine Krankheit jedenfalls gar nichts Schönes an sich - es ist traurig, schmerzhaft, beängstigend und demütigend. Manche Sterbende waren gefasst, ja, andere aber einfach nur entkräftet. Ich kann auch nicht so recht glauben, dass Leid ein Wesen reifen lässt oder ihnen auf irgendeine Weise gut tut. Leid ist schrecklich und erzeugt Verbitterung, Angst, Verzweiflung und sogar Hass. Und es will doch jedes Wesen glücklich und frei von Angst und Schmerzen sein, oder nicht? Wer will schon leiden?


    Abgesehen davon - die Annahme, Leid wäre für das leidende Wesen etwas Positives, könnte doch auch zu dem schrecklichen Umkehrschluss führen, dass man gegen das Leid nichts unternehmen müsste - oder noch schlimmer - es in Ordnung wäre, anderen Wesen Leid zuzufügen, findest du nicht?


    Über die Sterbehilfe werde ich nochmals gründlich nachdenken, danke für deinen Gedankenanstoß. Einem leidenden Wesen Schmerzmittel vorzuenthalten (wie du angedeutet hast), wäre mir aber vollkommen unmöglich. Schmerzen kennen kein Erbarmen, die können sich bis ins Unvorstellbare steigern. Und wenn man Mittel dagegen hat, warum sollte man sie nicht einsetzen? Wie du selbst geschrieben hast, lindert doch auch eine gereichte Hand das Leid des Sterbenden. Sollte man nicht alles tun, um das Leiden des Betreffenden zu mindern?


    Sicher ist das auch Egoismus, das ist mir schon klar. Ich bin aber weit entfernt davon, selbstlos agieren zu können, daher kann ich nichts anderes tun, als mich in das leidende Wesen hineinzuversetzen und hineinzuspüren, was ich wollen würde, wenn ich an seiner Stelle wäre.


    Ich hoffe, dass du meinen Beitrag nicht als unfreundlich oder unhöflich auffasst, ich kann mich leider nicht besser ausdrücken, hoffe aber, dass du erkennen kannst, dass mein Beitrag nicht gegen dich persönlich gerichtet ist?


    Liebe Grüße
    Think

  • Lieber think,


    ich empfinde deinen Beitrag nicht als unfreundlich oder unhöflich, er vermittelt Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Ist es nicht so, das jedes Wesen seine Entscheidungen verarbeitet? Warum solltest du meine Wahrnehmung, die ich bei Sterbenden hatte, empfinden, wo du doch nicht dabei warst?
    Anders herum könnte ich deine Empfindungen ebensowenig anzweifeln, da ich im umgekehrten Fall ebensowenig anwesend war.
    Ich kann nur von Menschen berichten, die alleine waren, in Krankenhäusern, verlassen - weil kein Verwandter oder Freund übrig war - der sie besuchen kommt. Solche Menschen freuen sich über jeden Besuch, über jeden Menschen der bei Ihnen ist, wenn es zum Übergang kommt. Und ja - so manch einer reagiert häufig zuerst auch ablehnend, weil die Verbitterung groß ist. Angst kann das Individuum sehr verbittert erscheinen lassen, doch unter der Maske ist Angst vor dem Alleinsein. Angst vor dem was kommt. Angst ob das was man getan hat denn auch ausreicht. Und Angst nicht mehr das sagen zu können, was man doch noch so dringend loswerden wollte.


    Entschuldigung, ich bin ins Abschweifen gekommen.


    Ich wünsche allen, die dies jetzt noch lesen eine gute Nacht! Mögen alle Wesen heute Nacht friedlich ruhen können.

    Nimm dir täglich Zeit, ruhig dazusitzen und den Dingen zu lauschen.
    Achte auf die Melodie des Lebens, die in dir schwingt.
    Glaube an die Kraft eines freizügigen Herzens.
    Und gib anderen Wesen von dem, was du hast.

  • Bodhidasa:

    Warum solltest du meine Wahrnehmung, die ich bei Sterbenden hatte, empfinden, wo du doch nicht dabei warst?
    Anders herum könnte ich deine Empfindungen ebensowenig anzweifeln, da ich im umgekehrten Fall ebensowenig anwesend war.


    Selbstverständlich. Wir haben natürlich unterschiedliche Dinge erlebt und du hast im Gegensatz zu mir sicher tiefere Einsichten durch deine buddhistische Praxis gewonnen. Ich danke dir sehr für den Gedankenaustausch und werde über deine Argumente weiterhin nachdenken.


    Und deinem Wunsch, dass alle Wesen glücklich sein und heute nacht friedlich ruhen mögen, schließe ich mich sehr gerne an :).


    Liebe Grüße
    Think


    P.S.:

    Bodhidasa:

    Ich kann nur von Menschen berichten, die alleine waren, in Krankenhäusern, verlassen


    EDIT: Sorry, da möchte ich nur kurz noch zu bedenken geben, dass Menschen in Krankenhäusern üblicherweise gut schmerztherapiert werden. Ohne diese Schmerztherapie wären sie wohl weniger ruhig und gefasst gewesen, vor allem, wenn es sich z.B. um schmerzhafte Krebserkrankungen handelt, die das Nervengewebe zerstören. In solchen Fällen schreien Menschen üblicherweise vor Schmerzen, auch Sterbende. Wollte ich nur kurz zu bedenken geben, sozusagen als Pro-Argument für schmerzstillende Maßnahmen.

  • Interessant, was da geschrieben wurde. Ich habe es auch gelesen, dass man einem kranken Wesen nicht den Gnadentod geben soll, weil man ihm dann wirklich womöglich eine günstigere Wiedergeburt verbauen kann. Ich kann das aus eigener Erfahrung sagen, dass Leiden zu mehr Weisheit verhilft. Man kann das auch ganz gut am jüdischen und an den afrikanisch-stämmigen Erdbewohnern erkennen, die ja immer wieder unter Diskriminierung und Mobbing und Verfolgung zu leiden haben. Da gibt es dann diejenigen, die dem Leiden ausweichen wollen, sich verhärten und skrupellos werden und andere verletzen. Oder sie werden weise, bekommen einen köstlichen Galgenhumor und entwickeln in ihrem Leiden eine sehr große Freude am Leben und zwar trotz allem Leid. Oft schwappt dieses dann zum Rest der Menschheit über in Form von Kunst und Musik etc.
    Hubert Benoit hat das in seinem Buch, "Die Hohe Lehre" sehr gut erklärt. Ein unerleuchteter Mensch sieht nur Gut und Böse und strebt meistens nach dem Guten in sich und anderen und lehnt das Böse ab. Das führt dann dazu, dass entweder das Gute oder das Böse aus der Balance geraten und die Sache oft wie eine Wippe kippt und dann diverse Katastrophen und die ganzen Erscheinungen aus dem dualistischen Denken heraus produziert. Durch Meditation oder Lebenserfahrung entwickelt der Mensch Weisheit und entwickelt die Wahrnehmung einer übergeordnete Distanz (die schon immer in ihm war, nur unerkannt), die das Absolut Gute, das kosmische Ordnungsprinzip sozusagen darstellt. Diese übergeordnete Instanz ist dann wie die Spitze eines Dreiecks in der Mitte der Basis von Gut und Böse oben drüber angeordnet.
    Gerade unter krassen Bedingungen kippt oft die Balance zum Schlechten und ich denke, dass man unzählige Inkarnationen damit verbringt, richtig Übles zu tun und immer wieder die bitteren Früchte dafür erntet. Einem Wesen den Todesschmerz zu nehmen, soll bedeuten, dass man ihm eine wertvolle Erfahrung wegnimmt, die ihm gerade in dieser qualvollen Zeit zu großer Weisheit verhelfen kann. Ich habe schon beides erlebt, dass ich in Augenblicken großer Qual andere verletzt habe und aber auch, dass ich mich ruhig entfernt habe um einfach nur zu leiden. Beim zweiteren hab ich einmal sehr viel Ruhe, Freude und ein Gefühl der Verbundenheit mit allen Wesen erfahren, vielleicht war das so eine Art punktuelles Satori, da bin ich mir aber nicht sicher. Wenn ich jemandem was Böses antat, war ich dann regelrecht geschockt, weil ich unter normalen Umständen ein sehr hilfsbereiter liebevoller Mensch bin, der auch durchaus von seinem "friedvollen hohen Ross" auf niedere Typen heruntergesehen hat, die anderen Leuten etwas Böses tun. Ich habe daraus sehr viel gelernt. Mein "Minisatori" hatte aber nur ein paar Tage angehalten. Aber auf jeden Fall tut sich da was und es geht voran mit dem Lernen, mit dem persönlichen Karma, genauso wie auf einem Sesshin, das ist ja auch das pure Leiden, wenn man sich da wirklich anstrengt und nicht nur tagträumt und flachatmet auf dem Zafu. Ich bin heilfroh, dass mir diese Entscheidung bei meinem Smi erspart blieb, denn ich glaube nicht, dass ich es ertragen hätte, ihn leiden zu sehen. Der Smi hat aber seine ihn liebende Gefährtin Lucy allein zurückgelassen, bei ihr werde ich mich dann entscheiden müssen, wenn es soweit ist. Ich glaube auch nicht, dass jegliche Schmerzmittelgabe fatal ist, wahrscheinlich nur die in den letzten Stunden. Meine Rede war bisher immer: Ich hab eigentlich keine Angst vor dem Sterben, ich möchte nur nicht dabei sein, wenn es passiert". Mit anderen Worten ich hätte für diese große Operation sehr gerne eine Narkose gehabt. Was ja nun aber wohl Pustekuchen sein wird.
    Ich denke aber, dass keiner in der Hölle schmoren wird weil er ein Tier einschläfern ließ, man hat ja mit einer guten Absicht so gehandelt. Ich hab auch schon zwei Kater einschläfern lassen in meinem Leben.
    Das Buch, in dem ich das gelesen habe, dass man auch nicht aus Mitleid töten soll, war vom Dalai Lama. Vielleicht kennen sich unsere "Tibeter" hier damit besser aus. Man sollte vielleicht einen neuen Thread aufmachen deswegen, denn es ist ein interessantes Thema. Ich glaube, ich könnte das nicht, ein mir anvertrautes Wesen leiden zu lassen, wenn ich es erlösen könnte. Ich möchte das dann schon ganz genau wissen, was da vorgeht, damit ich es richtig begreifen kann und dann auch das Richtige tun kann, wenn mir anvertraute Wesen sterben oder wenn meine eigene Stunde mal kommt. Es gibt viele Boddhisattvas, die hoffen, dass sie vor ihrem Meister sterben, weil dieser ihnen dann in den letzten Stunden beisteht um ihm zu einer günstigen Wiedergeburt zu verhelfen. Ach ja, falls tatsächlich ein neuer Thread aufgemacht wird, kann mir da jemand eine PN schicken? Das will ich auch mitverfolgen. Ich geh in letzter Zeit weniger oft auf Buddhaland, treibe mich eher bei tauschticket.de rum, um günstig Zen-Bücher zu tauschen. Ich geh immer nur bei meinem Freund online, und bald sind seine Eltern über Weihnachten da, und ich werde dann einige Zeit fast gar nicht an den PC können, je nach den Umständen, weiß ja nicht wie sich die Situation gestalten wird was das Surfen angeht.

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Ich werde selber einen neuen Thread damit aufmachen, dann werd ich ja immer informiert, wenn da neue Beiträge erscheinen.