Beiträge von void im Thema „Selbstverteidigung und Buddhismus“

    bel:

    Na ja, also jede Religion hat schon ein strukturelles Problem, nämlich, daß sie Ansprüche an "überweltliche" Wahrheit geltend macht, die dann iwie auf ihre "Vertreter" übertragen und die von dort wieder ins Weltliche getragen werden. Erst wenn wir selbst tatsächlich aufhören, an die unbedingte Autorität unserer "Meister", Gurus, Priester und religiöser "Rechtsgelehrter" zu glauben, würde sich da was ändern. Was aber strukturell fast unmöglich ist, wenn wir uns von ihnen Antworten erhoffen, die uns aus unserem Leiden erlösen.


    Stimmt. Man kann es sogar umgekehrt sehen: Also dass Religion ursprünglich dazu diente, das "Kollektive" auszudrücken, also das was das Individuum übersteigt z.B Stammesregeln, Sitten und ähnlcihes. Die ganze Gefühlsorndung der Gruppe. Das kollektive Egos, das den einelnen dazu bringt, sich für das Wohl der Gruppe einzusetzten und in Kriegen gegen andere Gruppenegos zu ziehen. Und erst indem nach zunehmender Arbeitsteilung andere Formen (Staaten, Gesetzte, Schulen, Verwaltung, Medien ) diese kollektiven Aufgaben übernahmen, blieben für die Religion die eher philosophischeren Bereiche (Sinnsuche, Spiritualität ) übrig. Wobei selbst die "überweltliche" Wahrheiten immer noch den Geruch von Norm und Autorität mit sich tragen.


    Von daher müsste man an jeder Religion die Frage stellen, inwieweit sie sich vom "Stammes-Ego" Denken gelöst hat. Und je näher man diesem ist, desto leichter kann man das wieder als Stammes-Ideologie benutzten.


    Ich denke ein Stammes-Selbst ist immer eine Form von Atman und es ist vor allem die Anatta-Lehre, die Versuchung entgegenwirkt, dass man ein kolletives Selbst gegen einen aussenstehenden Feind aufrichtet.


    Wobei man dann natürlich auch unglaublich stolz sein kann, dass die eigene Religion im Gegensatz zu den anderen abergläubischen Konstrukten eine Anatta-Lehre hat. Und sich daraus wieder eine Identität bastelt. Meine obige Argumentation gegenüber Voom hatte villeicht von daher etwas unehrliches, als ich da wohl eher gegen die naheliegende Tendenz angeschrieben, den Buddhismus als was in der Hinsicht überlegens zu sehen. Also um nicht in einen Dünkel zu verfallen.

    VOOM108:

    Ich bin aber nicht überzeugt, dass da im Namen des Buddhismus ein Eroberungskrieg geführt wurde.
    Das macht ja schon einen gravierenden Unterschied.


    Wenn man eine Krieg führt, dann benutzt man, um nicht als Unmensch dazustehen (und die Leute zu mobilisieren) irgendeine Ideologie, die die eigene "kollektive Identität" beschreibt. Dann kämpft man, um die grossartige eigenen Zivilisation zu verteidigen und ihren Machtbereich zu vergrössern. Religion spielt da nur insofern eine Rolle, als sie eine gute Grundlage für so eine Identität (alles was uns heilig ist) darstellt.


    Der Buddhismus hat das grosse Glück, das er als Staats/Identitätsideologie nicht so gut taugt. Weswegen man, im Zweifelsfall etwas anderes verwendet, was gerade zur Hand ist. So hatten die Thai- und Khmerkönige vorwiegend eine Hindu-Ideologie während Japan den Shintoismus missbrauchte. Aber eigentlich hatte diese Staatshinto-Ideolgie doch wenig mit dem Shintoismus zu tun. So wenig wie die Ideologie der Nazis mit Goethe und Schiller. Es wurde einfach vorhandenes genommen und in eine Identitäts-Ideologie umgewandelt.


    Weil es nicht um die Religion als Religion geht sondern sie nur als Vorwand benutzt wird, kann das jeder Religion passieren. Und dass das nicht passiert, kann man sich selber nicht als Verdienst anrechnen. Man sieht doch in Myanmar, wie schnell das geht. Fühlt man sich in seiner Identität bedroht, dann finden sich sofort welche, die diese Identität mit schützten wollen und in ihrem Namen hetzten und Milzen organiiseren. Oder nimmt Sri Lanka, wo im Namen des Buddhismus die Tamilen unterdrückt werden. So wenig, wie man es dem Buddhismus vorwerfen kann, wenn irgendwelche Iditoten ihn missbrauchen, so wenig braucht man es sich grossartig anrechen, wenn das nicht passiert. Wären die Singhalaesen Christen würden sie die Tamilen wohl mit Bibelzitaten dissen.

    Wie gesagt: Nur die allerwenigsten Menschen/Buddhisten sind Heilige.
    Der riesige Rest sind verblendete/egoistische Menschen, die sich alles irgendwie hindrehen.


    Und deswegen muss man sich, gar keine Sorgen machen, dass der Dharma möglicherweise nicht korrumpiert genug ist.
    Und man braucht keine Angst haben, dass er uns zu pazifistischen Schlappschwänzen erzieht, die bloss geduldig lächeln anstatt den Feind zu meucheln.
    Wird es ungemütlich findet sich immer irgendwo zuerst ein Argument und dann eine Waffe.


    Auch Tibet hat ja gegen China nicht deswegen den Kürzeren gezogen, weil sie so pazifitisch und geduldig waren, sondern weil das Land einfach schwächer, kleiner und altmodischer war. Den benachbarten Uiguren in Xinjiang ging es trotz ganz anderer Kultur genauso. Zuerst wurde ihnen einen Autonomie zugesprochen, dann wurden sie radikal assimiliert und einverleibt.


    Als Tibet chinesische Länder eroberte, wurde das natürlich vollkommen anders gesehen. Der Gründer des tibetischen Reichs, das natürlich durch eine lange Kette von Eroberung entstand, wird von den Tibetern als grosser Mann und Emmnation von Avalokiteshvara gesehen.Wohl weil es ja gegenüber dem eigenen Volk sehr mitfühlend ist, wenn man möglichst viele Nachbar besiegt. Oder weil man dazu saugutes Karma und viel Segen braucht.
    Oder weil es der Verbreitung des Buddhismus dient und damit ganz grossartig ist.


    Ich denke, es passiert leicht, das man das "Eigene" ( das mit dem man sich identifiziert) als gut und rein ansieht und alle Probleme im Aussen sieht. Gewalt entsteht ja ganz häufig aus dem Bedürfnis sich verteigen zu müssen. Selbst Hitlers Angriff auf Polen wurde ja damit begründet man müsse "zurückschiessen". Also sich verteidigen.


    Wenn man Buddhismus als sein "Eigenes" ansieht, dann wird man sehr gerne feststellen wollen, dass überall wo der Buddhismus herrschte, Frieden und Gewaltfreiheit dominierten. Stimmt diese Sicht nicht mit der Realität überein, dann wird man das unbuddhitischesn Einflüssen von Aussen zuschreiben. Da man ja gerne denkt, dass ein buddhitische Gesellschaft ja per Definitionem gut, freundlich und positiv sein muss.


    Aber ist das wirklich so? Buddha sagt, dass Leben Dukkha ist. Und das, dass hier Samsara ist. Es gibt keine "buddhitisch befreiten Zonen", keine "reinen Länder", zu deren Verteidigung man sich an der Grenze aufreihen könnte. Samsara hier und auf der anderen Seite der Grenze. (Auch Buddhas "Feind" Devadatta war niemand, der das Mönchstum von aussen angriff sondern jemand, dem Buddhas Auslegung zu milde/lasch war. Jemand der die Reinheit des Dharma notfalls vor Buddha selbst schützen wollte.)


    Das grossartige und verführerische an Mythen ist ja, dass sie gut klingen und sich so richtig "anfühlen" Auf der einen Seite das friedfertige Tibet auf der anderen Seite die bösen, materialistischen Chinesen, die einen Genozid verübten. Den man naiv und friefertig erduldete.Dort die bösen, kapitalistischen Cowboys hier die freidfertigen Indianer die achtsam und in Harmonie mit der Natur leben. (Aber hat nicht der leibliche Bruder des Dalai Lama zusammen mit dem CIA eine Guerilla-Armee aufgestellt? Aber der CIA sind doch die Cowboys oder? )


    Weil heilige Menschen (in buddhitischen Ländern und in anderen) immer eine rare Spezies ist, macht es Sinn in seinen Betrachtungen von "normalen/verblendeten Menschen" auszugehen. Die sich in buddhitischen Ländern natürlich auf Buddha berufen, in Christlichen auf Gott und in China auf das Gemeinwohl, die bei allen Lippenbekentnissen aber vor allem ihre eigenen Interessen durchziehen wollen.


    Ist jemand martialisch gesinnt, dann kannst du ihm welchen Text auch immer geben, er wird das reininterpretieren, was er rauslesen will. Und wenn er jemand umbringen will und dann macht er eine kleine hausinterne Ausschreibung für einen korrupten Schriftgelehrten, der ihm das hinbiegt, und es wird sich einer finden. Egal ob es sich bei dem Text um ein Tanra, ein Evangelium oder das Telefonbuch handelt.


    Der Buddhismus geht dann verlogen, wenn man ihn dazu benutzt ein "Selbst" zu verteidigen.


    Auch wenn dieses "Selbst" siebenmal buddhitisch gesegnet mit Lametta, Reliquien und Weihrauch ist.