Beiträge von Mirco im Thema „Begriffe im Pāḷi: Bedeutungsklärung“

    Dhamma zum Gruße Florian,


    Buddhaghosa:

    für mich passt 'zur Ruhe kommen', 'beruhigen' sehr gut. Das Verb ist 'passambhati' und 'passaddhi' ist das entsprechende Nomen. Da 'passambhati' im Kontext der Meditation benutzt wird, macht es auch Sinn, weiter im Meditations-Kontext zu suchen. Da bietet sich u.a. AN9.58-59 an: die Passaddhi-Sutten. Diese beiden Lehrreden sind teil ein größeren Gruppe und behandeln Dinge, die beim Aufsteigen durch die jhana u.a. beruhigt werden (passaddhi) oder erlöschen (nirodha). Ein hierzu korrespondierendes Sutta ist mit AN9.31 das Anupubbanirodha-Sutta. Anstatt einer stufenweise Erlöschung (anupubba-nirodha) wird hier von der stufenweise Beruhigung (anupubba-passaddhi) gesprochen.

    Zitat

    Neun stufenweise Erlöschungen (anupubba-nirodha) gibt es, ihr Mönche. Welche neun? 1. Für den in die erste Vertiefung Eingetretenen sind die sinnlichen Wahrnehmungen erloschen. (während der Vertiefungen ist die Fünfsinnentätigkeit ausgeschaltet) 2. Für den in die zweite Vertiefung Eingetretenen sind Gedankenfassen und Überlegen erloschen. 3. Für den in die dritte Vertiefung Eingetretenen ist Verzückung erloschen. 4. Für den in die vierte Vertiefung Eingetretenen ist Ein- und Ausatmung erloschen. 5. Für den in das Gebiet der Raumunendlichkeit Eingetretenen sind die Körperlichkeitswahrnehmungen erloschen. 6. Für den in das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit Eingetretenen ist die Vorstellung des Raumunendlichkeitsgebietes erloschen. 7. Für den in das Nichtsheitsgebiet Eingetretenen ist die Vorstellung des Bewußtseinsunendlichkeitsgebietes erloschen. 8. Für den in das Gebiet der Weder-Wahrnehmung-noch-Nicht-Wahrnehmung Eingetretenen ist die Vorstellung des Nichtsheitsgebietes erloschen. 9. Für den in die Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl‘ Eingetretenen sind Wahrnehmung und Gefühl erloschen. Das, ihr Mönche, sind die neun stufenweisen Erlöschungen.


    Warum sollte das in den Anapanasati-Sutten jetzt etwas anderes bedeuten?


    Ich stolperte über die Bedeutungsvielfalt der Wurzel 'passambhati'/'passaddhi' [pa+śrambh] :


    'entspannen/lösen/lockern', 'nachlässig/unaufmerksam sein', 'irren/auf abwegen sein' sowie 'vertrauen'


    und fragte mich, wegen welcher hiervon sich wohl 'pa-s-sambh-ati' (pa-s-saddh-i) gebildet hat
    und inwiefern das Aufschluß über die Übungsanweisung gibt.


    Gruß


    Eine Atem-Führung sehe ich da nicht, denn wir sollen das Atmen lediglich "erkennen/wahrnehmen/wissen" (pajānāti pa+ñā+nā).


    Im zweiten Teil sehe ich keine Veränderung in der Art, wie das Atmen lediglich wahrgenommen werden soll.
    Es kommt nur ein weiterer Zustand (sambh) hinzu, in welchem kāyasaṅkhāro sich befinden soll (pa).


    ... hmmm


    :)

    Dhamma zum Gruße Jazz,


    JazzOderNie:

    Unter "sambhati" faellt laut der einen Pali-Seite noch der Zusammenhang "visassa"

    Zitat

    Sambhati [śrambh, given as sambh at Dhtp 214 in meaning "vissāsa"] to subside, to be calmed; only in prep. combn paṭippassambhati (q. v.).


    danke :). Das hatte ich auch gesehen, dem aber keine Beachtung geschenkt, weil nur eine Stelle (Dhtp 214) als Quelle angegeben wird.



    JazzOderNie:

    Das is jetzt allerdings ins englische uebersetzt. Unter "to subside" wuerden dann aber wieder ebenfalls mehrere deutsche Begriffe fallen zb "einsinken".

    Zitat

    to subside:
    nachlassen, abklingen [Sturm, Erregung], einsinken, abflauen, verebben, sinken, verrauchen [Ärger], sich legen, sich senken, sich geben [aufhören]
    (dict.cc)


    Vllt ist die Schnittmenge der Bedeutung "herabsenken". Das ist jetzt geraten, weil es nicht begriffsorientiert ist. Wuerde aber fuer mich Sinn machen. Man sinkt in das herab, wo es herkommt. Dazu faßt man Vertrauen in dieses spezifische Wissen und es kommt zur Ruhe des Wollens, des "in-eine-andere-Richtung-davon-laufen" (Dukkha). Also das is mein Gedankengang dazu.


    Gefällt mir, der Gedankengang.
    "Er übt so: 'vertrauensvoll zur Ruhe kommend atme ich ein',
    'vertrauensvoll zu Ruhe kommend atme ich aus', so übt er."


    :)

    Hallo,


    Nachdem ich jetzt eine Weile darüber nachgesonnen habe, dass Atmen eine rein körperliche Gestaltung sein soll, bin ich mir meiner vorigen Gedanken zu passambhati nicht mehr so sicher. Vorher ging ich davon aus, dass bei passambhayaṃ kāyasaṅkhāraṃ assasissāmī mit kāyasaṅkhāra nicht nur die rein physischen Gestaltungen des Knochensacks gemeint sind, sondern dass immer auch eine untrennbare, sich gegenseitig beinflussende Verbindung zu den geistigen Gestaltungen besteht, dass beides untrennbar miteinander in Interaktion steht und das auch so gemeint ist. Beruhigter (vertrauender) kāyasaṅkhāraṃ als ganzes, als Körper-Geist-Einheit.


    Nun will ich es aber doch hierlassen.


    Gebildet wird es aus der Wurzel sambh (pi) oder śrambh (sk). Das bedeutet erst einmal Vertrauen (trust, faith).
    Auf den ersten Blick nur logisch, denn Beruhigung ist Teil von Vertrauen.


    Was mich stutzig machte, waren die weiteren Einträge 1, 2 für śrambh. Da findet sich neben vertrauen nämlich folgendes:


    entspannen, lösen, lockern
    oder
    1. nachlässig oder unaufmerksam sein (to be careless or inattentive, be negligent)
    2. sich irren, auf abwegen sein (to err)
    erst bei 3. vertrauen (to trust, confide)



    Wie schafft es nun nachlässig oder unaufmerksam sein und auf Irrwegen sein zur Beruhigung/Entspannung. Würde gerne mal die Etymologie zu śrambh wissen. Klar, wer nicht ständig den die Aufmerksamkeit auf den Weg heftet und ihn aus den Augen verliert oder wer sonst wie nachlässig sich verhält, der kommt nicht zu dem erwarteten und bekannten Ergebnis. Aber vielleicht hat es śrambh gerade deshalb in diese Übungsanweiung geschafft, denn der Weg der bisherigen, brahmanischen Meditation hatte den Bodhisatta ja nicht weiter gebracht. Nur so ein Gedanke...


    Gruß

    Dhamma zum Gruße,



    passambhati taucht, wie ich finde, an wichtiger Stelle in einem
    wichtigen Sutta auf, nämlich gleich am Anfang der Anweisungen zur
    Atembetrachtung im Mahāsatipaṭṭhānasuttaṃ (Grundlagen der Achtsamkeit, M10).


    Wichtige Stelle deshalb, weil ein Grundanleitung zum einem der acht
    Elemente der Methode des Buddha gegeben wird. Falsch verstanden,
    denke ich, führt sie nicht so schnell oder gar nicht zu Nibbana, wie es
    von ihm aus Mitgefühl aber wohl gewollt war.


    Zitat

    passambhayaṃ kāyasaṅkhāraṃ assasissāmī’ti sikkhati,
    passambhayaṃ kāyasaṅkhāraṃ passasissāmī’ti sikkhati.


    Übersetzt wird es gerne mit beruhigen oder zur Ruhe kommen
    (to calm down, quiet, allay), also zum Beispiel so:

    Zitat

    'die körperlichen Gestaltungen beruhigend einatmen', so übt er sich;
    'die körperlichen Gestaltungen beruhigend ausatmen', so übt er sich.


    Ich finde, es hat weit mehr zu bieten.


    Bei Interesse passambhati zu besprechen, bitte Zeichen geben.



    Alles Gute

    JazzOderNie:

    wo ist der unterschied zwischen "jivitam" und "ayu"?


    Wörterbucheinträge (verkürzt):



    jīvita -- "was gelebt wurde" -- individuelles Leben, Lebenszeit, Lebensspanne


    āyu -- "Äon"² -- Ewigkeit, Leben, Dauer des Lebens



    Herzliche Gruesse



    ² 30600000 Jahre, da ist Ewigkeit wohl ganz passend

    mukti:

    Hat vielleicht direkt mit Form oder formlos nicht viel zu tun,
    dann wäre eine passende deutsche Übersetzung: dergestalt (so, auf diese Weise, dermaßen).


    Hallo,


    danke, ihr beiden. Den Wald vor lauter Bäumen.


    'dergestalt' passt gut ins Text-Bild!


    :)

    mukti:
    Mirco:

    dieser Thread soll dienen der Diskussion und Hilfe zur Klärung von der Bedeutung verschiedenster Pāḷi-Begriffe.

    Muss man bei einem Begriff zu einem Abschluss kommen, bevor man zum Nächsten übergeht, oder kann das durcheinander gehen?


    Hallo mukti,


    nein, es muß nicht erst zu einem Abschluss kommen. Damit es etwas übersichtlich bleibt, ist es erwünscht, den Begriff in den Betreff zu setzen.


    Also, nicht einfach antworten, sondern auch die Betreffszeile oben ändern.


    Schöne Grüße,
    Mirco

    Hallo mukti,

    mukti:


    Wieso, entweder gilt hier die Bedeutung unter 2.a und die unter 2.b nicht,
    oder wenn beides gilt dann bedeutet es eben "nahe zu mir bringen".
    Oder?


    Wenn beides gelten sollte, warum dann die konkrete Unterscheidung in 2.b von den anderen Verben.


    Also, mal ganz vereinfacht und etwas übertrieben:


    hṛ = nehmen, tragen


    a) ā + hṛ = nahe (zu sich) nehmen, nahe (bei sich) tragen
    b) ā + hṛ = geben, ablegen


    Oder?



    mukti:

    Hellmuth Hecker schreibt übrigens in "Kleines Wörterbuch zur Palisprache" zur Vorsilbe a: verneinend, nicht, un-, kein, ohne.
    Und zu ā: bejahend, verstärkend, unterstreichend


    Zu ā fand ich auch noch 'ja' und 'sehr' im Sinne der Zustimmung, allerdings als Partikel oder Interjektion, nicht als Präfix.


    Gruß

    Moin,


    ich mach mal den Anfang.


    āhārā


    Bedeutet laut Wörterbuch im wörtlichen und figurativen Sinne: 'füttern', 'unterstützen', 'Futter', 'Nahrung'.


    Es findet Anwendung bei bei der Aufzählung von Nahrung für Körper, Sinneskontakt, Wille/Denken und Bewußtsein (z.B. in S.12.64 Atthirāga-Sutta).


    Kommt von ā + hṛ, angeblich wörtlich: 'auf sich nehmen' oder 'annehmen'.


    Macht ja total Sinn: das ist etwas, das auf- oder angenommen wird und damit als Unterstützung wirkt.


    Nun, genau das ā vorweg verstehe ich nicht.


    • hṛ
      hab ich im Pali nicht gefunden, dafür im Sanskrit: (mit-)'nehmen', (weg-)'tragen'.
      Im Pali dann auch entdeckt har bzw harati: 'tragen', 'mit sich nehmen'.
      .
    • ā
      2. (Als Vorsilbe von Verben und Substantiven)
      a) im Sinne von 'nahe', 'nahe bei', 'zu... hin', 'von allen Seiten', 'überall herum' (siehe die entsprechenden Verben)
      b) Bei Verben der Bewegung - nehmen, tragen etc., zeigt es die gegenläufige Handlung an: gehen->kommen, geben->nehmen, wegtragen->bringen[/quote]
      Im Pali habe ich lediglich a als grundsätzlich die Wortbedeutung negierende Vorsilbe ausmachen können.


    Hier stehe ich auf dem Schlauch.


    Die Bedeutung unter 2. a) macht ja Sinn, aber laut 2. b) müsste āhārā doch wörtlich 'geben' oder 'bringen' bedeuten, und nicht 'auf sich nehmen' oder 'annehmen'.


    Jemand ne Idee?


    Schöne Grüße