Liebe Jojo: Das finde ich auch, jeden Griff lösen (können). Ich stelle halt nur die Frage, ob man wirklich glaubt, dass einer, der bewegungslos sitzt, das dadurch belegt. Meine Antwort: Nein. Und das der Zenmonki das Sitzen sogar anders verstehen könnte, deutet ja die von bel verlinkte Zusammenfassung des Videos an, in der das Sitzen mit tension, also Anspannung verglichen wird.
Wie gesagt halte ich jemanden, der Dinge über Krebs und Schmerzen wie der Zenmonki verbreitet, für wenig hörenswert oder erkenntnisreich. Wer sich damit auseinandersetzen will, soll das selbst tun und nicht anderen das Anhören von solchem Geschwurbel empfehlen. Die Webseite seines Arbeitgebers führt ihn jedenfalls noch so, als würde er auch im weiteren Sinn medizinisch und therapeutisch praktizieren (und nicht nur als Taxifahrer), und auf diese Ausbildung verwies er zumindest in einem Youtube-Kommentar. Du, lieber bel, kannst also gern selbst zusammenfassen, was du meinst, von Zenmonki zu verstehen und zu unterschreiben, denn dein Verständnis ist nicht das der anderen. Ich vermute aber, dass du dir etwas Hilfe von mir versprichst? Beispiel bel:
Zitat
Es gibt beim Zazen nix, woran man sich gewöhnen könnte oder sollte
Dagegen der Zenmonki im Text, den bel empfahl:
Zitat
Zazen relies on regularity and habit much more so than on any special skill (Zazen hängt mehr von Regelmäßigkeit und Gewohnheit ab als von besonderen Fähigkeiten).
Mit anderen Worten, Zazen selbst wird zur Gewohnheit.
Der Rest ist dann das Übliche: Man brauche sich ja nur fürs Zazen entscheiden - obwohl der Zenmonki dann selbst alles so beschreibt, dass klar wird: Dafür ist kein Zazen nötig, wenn man es auch anders kann: Einssein mit der gegenärtigen Erfahrung (zumal die im Sitzen notgedrungen nicht die gleiche ist wie bei anderen Tätigkeiten, es ist ja immer die jeweilige Gegenwart), Einssein mit sich selbst als Aufgeben der Vorstellungen von sich selbst (zumal man, wenn man arbeitet, in der Regel weniger mit Vorstellungen von sich selbst beschäftigt ist als beim Zazen). Dann meint der Zenmonki noch, irgendwelche Vorteile der Zenübung bestünden nicht darin, dass man sein Leben ändere - aber genau das hat er ja getan, als er nach Antaiji ging und sich beim Zazen in der Welt filmte. Dieser Text ist also auch eine Ansammlung von widersprüchlichen Floskeln. Das schlimme ist, dass dies der solchermaßen von der Zazen-Rhetorik Geblendete nicht mehr erkennt.
Wie ich schon andeutete, sprach Sawaki nicht nur von Normalbürgern, sondern in den bekannten Zitaten auch vor allem ZU Normalbürgern oder "Anfängern". Selbst der Zenmonki hält Sawaki nicht als Referenz für nötig (siehe ebenfalls Youtube), bel offenbar aber als "in Stein gemeißelt". Da schließt sich immer wieder der Kreis, oder vielmehr der Zirkelschluss, zu Dôgen. Bei Hui-neng ging es noch um bewegungslosen Geist, im Zen Dogens oder derer, die ihn so einseitig verstehen wollen, geht es halt vor allem um bewegungsloses Sitzen. Dem schließe ich mich tatsächlich nicht an.
Schließlich sollte man auch Sawaki genauer lesen. Er sagte auch:
Zitat
Durch Zazen beseitigen wir Hindernisse.
Zazen zu üben, um eine Krankheit auszukurieren, erscheint mir weniger abwegig. Neulich erzählte mir ein Mönch, dass er sein Beriberi mithilfe Zazen losgeworden wäre.
Zur gleichen Zeit kann man damit was gegen sein Magenleiden tun.
Auch wenn der Zweck von Zazen nicht das Heilen kranker Körper ist, bin ich überzeugt davon, dass Zazen eine unfehlbare Therapie für psychische Probleme darstellt – vorausgesetzt, sie sind milder Art.
Dann beschreibt er z.B. noch, wie durch sein Zazen seine Po-Furunkel geheilt wurde. Mit anderen Worten, nicht nur erkennt er angenehme Nebeneffekte an, er spricht auch konkret von buddhistischen Zwecken, dem "Beseitigen von Hindernissen". Es ist also, genau wie bei Dôgen, falsch, einzelne Zitate zu verabsolutieren, weil man damit Sawaki und Dôgen dümmer macht, als sie waren. Die buddhistische Meditation ist als Teil des Pfades schon immer auch ein Mittel zum Zweck gewesen, und darum kommt auch Sawaki nicht herum, wie einige seiner Formulierungen zeigen. Im Übrigen kritisiert er zwar auch das "Ich habe satori"-Gerede, schreibt aber an anderen Stellen von der Bedeutung des satori (wie sollte es auch anders sein?). Es macht deshalb nur Sinn, "Zen for nothing" als Warnung vor falschen Erwartungen (Illusionen) zu sehen, denn auch das sind ja "Hindernisse". Es macht keinen Sinn, sich selbst zu belügen und anderen vorzugaukeln, man sei befreit, wenn man von Zazen abhängig geworden ist.
Das ist übrigens, und das magst du, lieber bel, bisher nicht verstanden haben, auch eine Kritik an Sawaki. Allerdings wusste er das m.E., weshalb es nur eine leichte Kritik an seinen Formulierungen ist, denn in der Praxis machte er auch Menschen zu Dharma-Nachfolgern, die gar kein Zazen betrieben. Damit hat er der Wendung "Zazen ist für nichts gut" auch noch die Bedeutung gegeben, die der Normalbürger mit der Gegenfrage kontern würde: "Warum soll ich's dann machen?" Denn unter seinen Dharma-Nachfolgern gab es offensichtlich mindestens eine Frau, die mit dieser Frage ernst machte (und stattdessen Kesa nähte).
Wer Zazen macht, soll also laut Sawaki nichts erwarten. Das heißt aber nicht, dass er nichts bekäme und nicht davon abhängig werden könnte (bei Sawaki heißt das: "unstillbares Verlangen nach zazen"), was ihm irgendetwas gibt (nämlich "auf einen Schlag Buddha zu werden").
Wer kein Zazen macht, soll jedoch genauso wenig erwarten. Und auch das heißt nicht, dass er nichts bekäme und von nichts abhängig werden könne, was ihm irgendetwas gibt.
Zitat
Fürs Begreifen braucht man schon etwas länger, nämlich längere Zazen-Praxis
Viele nicht, siehe Huineng. Denn zu begreifen ist die Bewegungslosigkeit des Geistes.
Wer unter Begreifen aber Sitzen im Sinne von "Versteifung" meint, der muss sich zur Versteinerung halt anstrengen.
Wenn jemand lange Zazen übt und nicht feststellt, dass es "Hindernisse beseitigt", dann hat er m. E. auch nicht im Sinne Sawakis geübt.