Beiträge von Karnataka im Thema „Siebenfache Anweisung über die Sechs Ursachen und Ihr Resultat“

    mukti:


    Man nehme nur das Gleichnis von der Säge in Majjhima Nikāya 21:


    Zitat

    Selbst wenn, meine Bhikkhus, Räuber und Mörder mit scharfer Säge euch ein Glied nach dem andern abtrennten und ihr darüber in eurem Gemüte ergrimmtet, würdet ihr nicht meine Weisung erfüllen. Auch in diesem Falle müßt ihr euch so üben: <Nichts Unrechtes wollen wir denken, kein böses Wort soll uns entfahren, freundlich und mitleidig wollen wir bleiben, gütig gesinnt, ohne heimlichen Haß, und diesen Menschen wollen wir mit gütiger Gesinnung durchdringen, und von ihm ausgehend wollen wir die ganze Welt mit gütiger Gesinnung durchdringen, mit alles umfassender, großer, grenzenlos friedlicher und freundlicher Gesinnung.> So sollt ihr euch üben.


    Tut nichts zur Sache, ich erzähle nur zwecks Plaudern.


    Als ich im Sommer eine Woche am Dachstein wanderte, war ich von der Schönheit der Natur in manchen Momenten tief ergriffen. Dabei spielte vermutlich auch eine Rolle, dass die Tour körperlich sehr anstrengend war. Die erste Tagesetappe war jedoch falsch bemessen und wurde so zur echten Tortur, bis ich schlussendlich völlig erledigt die Hütte zur Übernachtung erblickte. Zwar erblickten wir sie, doch trennte uns ein weiterer tiefer Abgrund und neuerlicher steiler Anstieg von ihr.


    Bei diesem letzten Aufstieg begleitete mich ein intensives Gefühl. Es war jedoch nicht die Liebe, die mich die allerletzten Kräfte mobilisieren ließ. Im Gegenteil war ich zutiefst erfüllt von Hass. :evil: Schlussendlich am Ziel war ich dann nur mehr fassungslos.


    So gesehen hat also selbst der Hass sein Gutes!

    Freeman reloaded:

    "Keine Liebe und kein Mitgefühl für sich selbst"...


    Soll ich Dir sagen, wonach das riecht? Das riecht nach harten Kirchenbänken, nach muffigen Beichtstühlen und Gebetbüchern und "selbstloser" Selbstzüchtigung.


    Ich relativere meine Ansicht. Natürlich ist gar nichts dagegen einzuwenden, sich selbst Liebe und Mitgefühl zu schenken! Mein Bedenken ist bloß, dass es dann auch beim Selbst-Mitgefühl bleibt, statt als Selbst-Mitgefühl nur Ausgangspunkt zu sein. Dann aber bleibt ebenso die Bemühung und Erfahrung aus, auf die es eigentlich ankommt, denke ich.


    Denn sich vom Eigeninteresse ein wenig abzuwenden, ist ja nicht ganz leicht. Ein vollkommen uneigennütziges Gernhaben für andere Menschen zu empfinden, eine Stimmung der Verbundenheit und altruistische Motivation herzustellen, sehe ich durchaus als Herausforderung, besonders auch für mich.


    Das Argument „Zuerst müssen wir uns doch selbst lieben“ sollte also nicht bloß den Unwillen verdecken, sich tatsächlich um eine Stimmung der Sympathie für andere zu bemühen, denke ich.


    Ich habe im Vorfeld immer wieder den Nutzen thematisiert, den ein Überwinden der eigenen Egozentrik in der Meditation nach meiner Ansicht bringt, und auf diese Beiträge extra hingewiesen. Der Ausschnitt, den du zitierst, lautet als ganzer Satz, dass die Meditation des Mitgefühls kein Mitgefühl für sich selbst meint. Das intendiert keineswegs, es an Selbst-Fürsorge fehlen zu lassen.


    Du schreibst jedoch, dass es nach Selbstzüchtigung riecht. Warum ist es gleich Selbstzüchtigung, wenn man sich einmal am Tag bemüht, mal nicht in erster Linie an sich selbst zu denken? Liebevolle Güte und Mitgefühl für andere – siehst du das als Bedrohung oder Qual?


    Das Empfinden Liebevoller Güte für andere scheint mir dagegen eine Wohltat für uns selbst. Wir selbst sind die ersten Nutznießer davon, so schreibt der DL und begründet dies ausführlich. Dagegen sind die Pflege des geliebten Selbstbilds oder aber die ständige Bekümmerung um sich selbst keineswegs nur positiv zu sehen.


    http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=22&t=15964


    In der Meditation Liebevoller Güte sollten wir versuchen, unser Herz für unsere Mitmenschen zu öffnen. Ich habe den Nutzen, den ein solches Training für uns selbst bringt, in den letzten Wochen sehr ausführlich zu begründen versucht. Du findest meine Beiträge zu gerade unserem Thema, wenn du dem link folgst.


    Dass man sich im Meditationsrahmen von Mitgefühl und Liebevoller Güte um ein selbstloses Gefühl des Gernhabens und eine altruistische Einstellung bemühen soll, scheint dem Alltagsverständnis vom eigenen Wohl zu widersprechen.


    Um dies sinnvoll zu diskutieren, wäre es daher vorteilhaft, wenn du selbst praktizierst. Wenn du es nämlich schaffst, ein solches Gefühl in dir herzustellen und ein bisschen auszudehnen, dann empfindest du vielleicht eine Wirkung, die dich überzeugt.


    (Übrigens passt ein solches Bemühen auch zur buddhistischen Metaphysik, würde ich meinen. Ich möchte hier jedoch keine Diskussion über Metaphysik führen.)


    Hallo mkha,


    Achtsamkeit gegenüber den eigenen Gedanken, Gefühlen, Motivationen, Empfindungen ist die Grundlage für eine gelungene Interaktion mit anderen Menschen. Deine Quelle scheint mir nicht von der Meditation Liebevoller Güte und Mitgefühl zu handeln, sondern von Achtsamkeitsmeditation.


    Neben der buddhistischen Achtsamkeitsmeditation kann man auch über Vergänglichkeit, Leiden, Leerheit und Ich-Losigkeit meditieren.


    Für die Meditation Liebevoller Güte und Mitgefühl gilt jedoch, dass sie sich auf andere Menschen (Lebewesen) richten soll, nicht auf uns selbst, behaupte ich.


    Lieben Gruß.

    Freeman reloaded:


    Wie ist es denn möglich, Liebe und Mitgefühl für andere zu entwickeln, ohne Liebe und Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln? Wenn zB jemand sich selbst hasst und kein Mitgefühl für sich selbst entwickelt, wie soll er da Liebe und Mitgefühl für andere entwickeln?


    Es ist wichtig für uns, geliebt und anerkannt zu werden. Doch ist ebenso entscheidend, selbst zu lieben und anzuerkennen, das vergessen wir oft. Wir sollten uns also um Zuneigung für andere Menschen bemühen. Umso schöner, wenn Menschen diese Zuneigung dann erwiedern. Dies ist eine Grundlage für einen zufriedenen Geisteszustand, denke ich, der in Richtung umfassenden Mitgefühls weist.

    verrückter-narr:


    Offenbar gibt es im Mahayana aus tibetischer Sicht zwei Grundlagen für die Geistesschulung zu Mitgefühl, Liebender Güte und Altruismus.


    Die eine Methode meint das Gleichsetzen und Austauschen von Selbst und anderen (Menschen oder fühlende Lebewesen), das auf Nargajuna und Santideva zurückgeht.


    Die zweite Methode meint, die Beziehung zur eigenen Mutter auf die anderen Menschen zu übertragen. Zu dieser, von Maitreya und Asariga entwickelten Methode gehört auch die „Siebenfache Anweisung“.


    Die Siebenfache Anweisung besagt:
    • Alle Wesen als seine Mütter zu erkennen.
    • Die mütterliche Freundlichkeit aller Wesen zu bedenken.
    • Den Wunsch entwickeln, diese Freundlichkeit zu erwidern.
    • Eine Haltung entwickeln, wo man sie als besonders nah und kostbar sieht.
    • Liebe und Mitgefühl entwickeln, die immer zusammengehören.
    • Universelle Verantwortung empfinden.
    Erleuchtungsgeist entsteht.


    Persönliche Anmerkungen:


    Liebevolle Güte und Mitgefühl werden nicht unterschieden. Sie entstehen gewissermaßen gemeinsam. Ich könnte mir vorstellen, dass es auch von unserem Naturell abhängt, ob die Konzentration auf Liebevolle Güte oder aber Mitgefühl persönlich leichter fällt. Beides sollte aber das jeweils andere mitbringen und in ein Empfinden universeller Verantwortung münden.


    Zur Siebenfachen Anweisung könnte nun eine Diskussion starten, ob alle Wesen tatsächlich irgendwann mal unsere Mütter gewesen sind. Säkular betrachtet geht es bei diesem Training jedoch aus meiner Sicht darum, ein ursprünglich angelegtes Empfinden, eine Repräsentanz von Mutter, in sich auszudehnen. Es bildet die Grundlage herzlicher Empfindungen und einer positiven Geisteshaltung.


    Die Meditationstechniken des Mahayana meinen keine Liebe und kein Mitgefühl für sich selbst! Sämtliche Bemühungen basieren darauf, Liebe und Mitgefühl für andere zu entwickeln. Ohne diesen Zusammenhang wird Mahayana falsch verstanden oder praktiziert, behaupte ich. Nach dem Vortrag wird dies gleich in der ersten Fragerunde ausführlich behandelt.


    Auch die anderen Diskussionsbeiträge sind interessant. Etwa geht es um die Frage wie sich die Eigenschaft des Mitgefühls im realen Leben auswirken soll, welche Sitzhaltung für das Training zu wählen ist etc.


    Zuletzt wird die buddhistische Auffassung zur Frage, ob es Menschen gibt, die einfach unheilbar tugendlos veranlagt sind, thematisiert. Zu dieser Frage gibt es im Buddhismus ähnliche Differenzen wie anderswo, kommt mir vor.