Beiträge von Karnataka im Thema „Abwertung der Theravada Schule“

    pamokkha:

    Ich finde, zuerst sollte klar seien, was mit Begehren gemeint ist. Ist es speziell tanha (trsna), was immer unheilsam ist oder eher chanda, was je nach Objekt auch heilsam sein kann. Du scheinst hier Leiden nur als die gröbste Form von Leiden (dukkha-dukkha) zu verstehen und nicht das Leiden der Vergänglichkeit und des Bedingtseins. Natürlich ist die gröbste Form nicht immer anwesend.


    Sicher bin ich da nicht besonders belesen. Wir sprechen vom Pali-Kanon als Grundlage. Davon unterscheiden muss man vielleicht den Theravada-Buddhismus, wie er in Südostasien häufig von der Bevölkerung praktiziert wird. Da finden sich religiöse Empfindungen, die Ehrfurcht, den Glauben an Unterstützung, Freigiebigkeit und solche Dinge beinhalten.


    Ein vielleicht nicht uninteressanter Gedanke scheint mir, ob diese tatsächliche Glaubensform in Zusammenhang steht mit jenem stufenweisen Weg, den der von Raphy eingebrachte Artikel als Buddhas Lehre sieht. Dem Artikel zufolge startet der buddhistische Weg mit Großzügigkeit, Tugenden und „Himmel“.


    (Leider taugt der Artikel nicht als Diskussionsgrundlage, da die höheren Stufen „Nachteile“ und „Entsagung“ dann nicht ins Deutsche übersetzt sind.)


    Speziell in der Frage der Metaphysik, „Himmel“, positioniert sie die ursprüngliche Lehre nach meiner Überzeugung nicht einheitlich. Darüber könnte man ein Leben lang diskutieren. Uns geht es aber um die im Artikel als höhere Stufen genannten Nachteile, die Entsagung und zuletzt die Erkenntnis der Edlen Wahrheiten.


    Die Frage, die sich in unserem Dialog stellt, lautet: Welche Art der Entsagung meint der Theravada-Buddhismus? Handelt es sich hierbei um eine radikale Entsagung vom Begehren, oder um eine Unterscheidung zwischen Begierden, wie du schreibst? Denn um eine radikale Entsagung zu argumentieren, braucht es die prinzipielle Leidhaftigkeit des Lebens.


    Das Leiden in seiner gröbsten Form meint die prinzipielle Leidhaftigkeit des Daseins als eines Seins zum Tode. (Wobei diese Bedrohung durch Krankheit und Schmerz vor 2500 Jahren anders aussah.) Dies steht klar in fundamentalen Widerspruch zu unserem Streben nach Glück. Möglicherweise erweist sich gerade diese gröbste Form in gewisser Hinsicht als permanent anwesend, zumindest für ältere Menschen. Bekanntlich geben Religionen Antworten darauf.


    Vergänglichkeit an sich scheint mir für das gewöhnliche Denken jedoch nicht prinzipiell leidvoll, da sie Hoffnung zulässt. Kann sie dennoch als Argument gelten, dem Begehren radikal zu entsagen?


    Hallo lieber Raphy! Danke für deine so freundliche Antwort.


    Wenn ich richtig verstehe, spricht der von dir verlinkte Text davon, dass die Wahrheit vom Leid als Erkenntnis eigentlich erst am Ende der stufenweisen Ausbildung zu finden wäre. Ein interessanter Gedanke!


    Worum geht es dem Theravada eigentlich? Geht es in dieser Schule darum, Gier und Leidenschaft zu bedenken und zu zügeln, um zu einem besseren Leben, Zusammenleben zu finden? Ein wenig anders klingt mir jedoch die Überzeugung, dass dieses Leben an sich bei weitem nicht so toll sei, wie wir gewöhnlich meinen, wenn wir uns involvieren.


    Interpretiert man die erste Edle Wahrheit in dieser zweiten Hinsicht, dann meint die Theravada Haltung eine beträchtliche Distanz zu diesem normalen Leben. Bezugnehmend auf den Titel diese Threads könnte man von einer Abwertung des Lebens an sich sprechen. Zwar kann man es vielleicht ein wenig verbessern, letzten Endes bleibt es aber doch Leid. Gier und Leidenschaft hinein zu packen steht sich also gar nicht dafür. Das stille Glück der Befreiung vom permanenten Wünschen wäre dem gewöhnlichen Dasein schlicht vorzuziehen. Ein solches Verlöschen keine Bedrohung, sondern ein Gewinn an Lebensqualität.

    Ich möchte einen Gedanken zum Theravada loswerden. Hier scheint der richtige Ort. Danke für sachliche Entgegnungen oder Ignorieren. Bitte keine lakonischen Anmerkungen wie "Lies erst mal den Pali Kanon"... :P


    In gewisser Hinsicht erweist sich das Leben als ein Leiden. Denn am Ende stehen eben Trennung, Alter, Krankheit, Tod für sich und für alle geliebten Menschen. Ich glaube, dass es sehr sinnvoll sein kann, über diese Dinge nachzudenken und zu meditieren. Dies heißt jedoch nicht automatisch, dass sich das Leben in jedem Moment als Leid erweist, die Wahrheit vom Leid immer und überall gilt, scheint mir. Ich möchte auf diese „Hinsicht“ eingehen.


    Der Theravada Buddhismus lehrt, jedes Begehren prinzipiell aufzugeben. Für mich stellt sich nun die Frage, wann diese Haltung eigentlich gerechtfertigt ist. Wann ist der richtige Zeitpunkt für diese spezielle Wahrheit: Leben ist Leiden? Die Erkenntnis, dass es ein Aufgeben allen Begehrens braucht, scheint mir doch mit der Unausweichlichkeit des Leidens verknüpft. Im Grunde scheint mir diese Wahrheit erst im Angesicht des Todes zuzutreffen. Wozu soll ich mir all die unsinnigen Erregungen antun, wenn letzten Endes nur Alter, Krankheit und Tod auf mich warten? Dann gibt es nichts mehr zu wünschen. Die Erkenntnis, wonach ein gänzliches Verlöschen zu Lebzeiten das einzig wahre Glück bringt, scheint mir am rechten Platz.


    Nehmen wir dagegen einen jungen und gesunden Menschen. Hier zu sagen, Leben wäre Leid, scheint mir unpassend. Man kann nur feststellen: Es gibt Leid. Daher würde es für den jungen Menschen in der Regel keinen Gewinn bringen, zu versuchen, all sein Begehren gänzlich aufzugeben. Da er kaum Möglichkeit besitzt, die Leidhaftigkeit so fundamental einzusehen, kann der Versuch, das Begehren gänzlich aufzugeben, nur zu inneren Widerständen führen, scheint mir. So kann eine gewisse Unehrlichkeit gegenüber sich selbst entstehen: indem ein Mensch etwa nach Anerkennung und Erfolg strebt, ohne sich dieses Begehren überhaupt einzugestehen.


    So interpretiere ich die Lehre des DL, wonach es gilt, gegenüber dem Begehren einen überlegten Umgang zu finden, destruktive Neigungen zu erforschen und ihnen zu begegnen, positive Eigenschaften wie Mitgefühl in sich zu fördern, um mehr Zufriedenheit zu finden.