Beiträge von Karnataka im Thema „Erschließung des Mitgefühls im Buddhismus“

    Eine sehr sinnvolle Unterscheidung, finde ich. Soziale Empfindungen wie Stolz, Bewunderung, Dankbarkeit lassen sich im weitersten Sinn als Kommunikation zwischen Menschen auffassen, die dem Zusammenleben gilt. Und sie sind natürlich nicht gefeit davor, für politische Zwecke manipulativ geschürt zu werden.


    Dankbarkeit ist auch Empfindung und kognitive Haltung, schreibst du. Ich finde, dein Hinweis auf die Bedeutung der Dankbarkeit ist goldrichtig! Ich vermute einen tiefen Zusammenhang von Dankbarkeit und liebevoller Güte. Ich möchte dafür die Bedeutung Liebevoller Güte darstellen. Daraus könnte erkennbar werden, weshalb sich die Bereitschaft zur Dankbarkeit vorzüglich eignet, um ebenso auch die Empfindung der Liebevollen Güte zu aktivieren!


    Klar ist die evolutionäre Herkunft von Empfindungen. Über ewige Zeiten wurde unser Gehirn in emotional-kognitiver Hinsicht geprägt, um mit der Umwelt erfolgreich zurecht zu kommen. Daher sind viele Affekte angeboren und müssen nicht erlernt werden. Geht der Menschenaffe durch den Wald, sollte er besorgt sein und nicht unbedacht. Kommt ein wildes Tier muss er wütend angreifen oder ängstlich flüchten. Bereits der geniale Darwin untersuchte die Ähnlichkeiten in der Mimik zwischen Menschen und Affen.


    Unsere tiefste soziale Empfindung scheint mir die Verbindung zur Mutter, die uns als Säugetier, als Instinkt eingeschrieben ist. Ich finde es faszinierend, dass das erste Lächeln eines Kindes immer der Bezugsperson, Mutter gilt. Darwin meint übrigens dazu: Ich achtete auf diesen Punkt bei meinem erstgeborenen Kinde, welches nicht durch den Verkehr mit anderen Kindern gelernt haben konnte, und kam zu der Überzeugung, dass es ein Lächeln verstand und Freude empfand, ein solches zu sehen, es auch durch ein gleiches beantwortete, in einem viel zu frühen Alter, als dass es irgendetwas durch Erfahrung gelernt haben konnte.

    Natürlich ist die wissenschaftliche Diskussion über angeborene menschliche Grundemotionen heute sehr fortgeschritten. Besonders populär ist Paul Ekman, der mithilfe von Fotos, die Gesichtsausdrücke darstellen, kulturübergreifend und bei naturnahen Völkern erforschte, ob ein Erkennen besteht. Seine Grundemotionen sind: Fröhlichkeit, Wut, Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und Überraschung.


    Doch scheint mir die menschliche Disposition, voll Gefühl auf andere Menschen ausgerichtet zu sein, noch viel grundlegender! Aus meiner langjährigen Betreuungstätigkeit von Menschen mit schwerer kognitiver Beeinträchtigung ist mir der Unterschied zwischen geistiger Beeinträchtigung und geistiger Beeinträchtigung mit Autismus sehr vertraut. Kleinkinder mit frühkindlichem Autismus lächeln im zwischenmenschlichen Kontakt nicht und strecken nicht die Arme, um aufgenommen zu werden. Offenbar ist eine für den sozialen "Instinkt" verantwortliche Gehirnregion geschädigt, die bei anderen kognitiv beeinträchtigten Menschen überhaupt nicht betroffen ist.


    Die positive Qualität der grundlegenden Mutter-Kind-Beziehung scheint mir liebevolle Güte, aus der sich alle anderen Qualitäten entwickeln. Dankbarkeit scheint mir dabei eine überaus naheliegende Teil dieser Liebe.


    Ich habe diesen Schlüssel, diese Starthilfe bisher nicht beachtet und finde es toll, dass ich etwas erkennen durfte! :D

    Spock:


    Hast du dich mal mit positiver Psychologie beschäftigt?


    Zum Thema positive Emotionen möchte ich besonders Das Buch der Freude nennen. Geschrieben nach Gesprächen, die der DL mit seinem Freund, dem ehemaligen Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu führte. Hier findet sich ein Kapitel mit dem Titel Dankbarkeit.


    Eine rasch gefertigte Zusammenfassung:


    Dankbarkeit ist die Erhöhung des Vergnügens, es veredelt sie. Es führt weg von der bornierten Konzentration auf Fehler und Mängel und öffnet unseren Blick für Wohltaten und Überfluss.
    Ein Benediktinermönch meinte mal, nicht das Glück mache uns dankbar, sondern die Dankbarkeit mache uns glücklich. Er sprach vom „Geschenk in jedem Geschenk“.


    Es hat auch mit einem Wechsel der Perspektive zu tun, trotz all dem Unerfreulichen und Schwierigen dankbar sein zu können. Akzeptanz bedeutet, dass man die Realität nicht bekämpft. Dankbarkeit bedeutet, dass man sie begrüßt. Dass man anfängt, das Gute zu zählen. Und sogar die Eigenschaft erlangt, negative Ereignisse in positive uminterpretieren zu können.


    Dazu eine Anregung: Ein Mann, der dreißig Jahre in Haft verbrachte, meinte einmal: Wenn es regnet, rennen alle Leute ins Haus. Ich renne hinaus in den Regen.


    Dankbare Menschen handeln mit dem Gefühl, genug zu haben, und nicht mit dem Gefühl, zu wenig zu haben. Verbindung zum Mitgefühl: Wenn wir alles erkennen, was uns gegeben ist, besteht unsere natürliche Reaktion darin, dass wir uns um andere kümmern und ihnen etwas geben wollen.



    Freude ist eines der sieben Glieder einer täglichen spirituellen Übung der indischen und der tibetischen Tradition des Buddhismus. Vergänglichkeit ist das Wesen des Lebens, Dankbarkeit hilft, es nicht zu verschwenden.


    Unser Verstand scheint jedoch eine Tendenz zum Negativen zu besitzen, vielleicht weil dies für das Überleben vorteilhaft ist. Die Dankbarkeit durchbricht diese Voreinstellung des Geistes.

    Psychologische Studien ähnlich Wikipedia werden ebenfalls erwähnt: Zusammenhang mit Empathie, Hilfsbereitschaft, Großzügigkeit, emotionaler Unterstützung und Verständnis für andere, Bereitschaft zum Sport, Fortschritt bei persönlichen Zielen, Lebenslust, Optimismus.


    Der Grund könnte aus Sicht der Psychologie in der möglichen Stimulierung von Hirnregionen liegen, die für die Stressregulation und für Freude zuständig sind. Dankbarkeit von nur 20 Sekunden könne daher als Starthilfe für geistiges Wohlbefinden gelten.


    Auch der Emotionsforscher Paul Ekman, der ein wirklich großartiges Buch mit dem DL zum Thema Mitgefühl verfasst hat, nennt Dankbarkeit eine der wichtigsten Dimensionen in seiner Definition der Freude.


    Der Psychologe Howard C. Cutler hat drei Bücher zum Glück geschrieben, die auf Gesprächen mit dem DL beruhen und zu einem großen Teil dem Thema positive Emotionen gelten. Sehr interessant, einziger Kritikpunkt: Der Autor schwafelt für meinen Geschmack ein wenig. Die Bücher sind 400 Seiten stark. Ich finde, es ginge kürzer.

    Spock:


    Ich denke dass die negative "kognitive Einstellung" am Anfang als solche gesehen werden muss, aufgrund des eigenen Leidens, um dann gezielt die Methoden anzuwenden und dazwischen das Bemühen, aufgrund der Hoffnung etwas tun zu können, stattfindet und dass das wichtig ist.


    Was die Interdependenz betrifft fasst der Begriff der Dankbarkeit es für mich ganz gut zusammen. Vllt auch als eine Art "Indikator" (ich weiss nicht wie ich das ausdrücken soll). Also um mal vom dem westlichen Begriff der Liebe wegzukommen. Wenn man Dankbarkeit übt, dann aus egoistischen Motiven und es ist eine Methode, aber auch eine Einstellung. Oft wird ja auch von ¨Haltung¨ gesprochen, was so scheint, als sei das keine Einstellung und etwas ausserhalb des Denkens, quasi etwas besseres und unterscheidungsfreies. Aber in meinen Augen stimmt es nicht, eine Haltung ist auch eine Einstellung, nur dass man die ganzen Reflektionsprozesse grade nich parat hat. Also Methode und Einstellung unterscheiden sich vllt nur im Automatismus von der Haltung... ich weiss es nicht, ich denke nur laut... und in diesem Automatismus gibts dann weniger Hemmungen, darum merkt man das vllt nicht so, dass es auch einer ist.


    Also in der Zusammenfassung ist die Interdependenz für mich abhängig von der Einstellung und/oder ¨Methode¨ (Mittel) und dem Entschluss, aber man merkts evtl nicht oder nicht mehr (= ¨Haltung¨ und/oder Metta) aufgrund fehlenden Widerstands und/oder des Automatismus, wozu aber das bewusste Erleben gehört.


    Dazu fällt mir ein:


    Zusammenhang Meditation und kognitive Einstellung: Ich denke, wir können mit einem Training Liebevoller Güte lernen, unsere Stimmung zu beeinflussen. Genauso ist es wichtig, heilsame Gedanken zu kultivieren, eine positive kognitive Einstellung bei sich zu fördern.


    In diesem Sinne nennst du das Gefühl der Dankbarkeit. Ich bin mir sicher, dass Dankbarkeit eine heilsame Empfindung ist. Sie scheint mir eine natürliche Verbindung zur Güte zu besitzen – beispielsweise als naheliegender Gedanke gegenüber einem Menschen: Danke, dass es dich gibt und dass du so toll bist.


    In einem säkularen Kontext wäre also die geliebte Person der Adressat unserer Dankbarkeit. Das Hochhalten der Dankbarkeit findet sich besonders in der christlichen Spiritualität: Lieber Gott, ich danke dir für diesen guten Morgen! So wird ein mittelmäßiger Morgen zu einem schönen Morgen! Der Gedanke von einem heilsamen Mittel scheint mir auch im buddhistischen Kontext gegeben.


    Ich frage mich, ob das Hochhalten der Dankbarkeit ein gutes Empfinden für Bescheidenheit vermitteln kann, nämlich für eine wohlverstandene Bescheidenheit? Wo man also mit dem, was man hat, zufriedener ist und nicht immerzu mehr will.

    Spock:


    Man kann auch Liebe erfahren haben und es im Laufe der Zeit vergessen und sich selber krank machen, aber wenn man das erkennt und die bewusste Entscheidung trifft das zu ändern, dann helfen diese Wünsche und Vorstellungen, weil man das positive Denken bewusst hinlenken muss, aufgrund der Gewohnheit des negativen Denkens. Das negative Denken bringt Hemmungen mit sich und davon abhängig kann auch das Mitgefühl anders sein. Das muss nicht unbedingt hassbedingt sein, sondern kann auch durch Ängste, übermässigen Zweifel, usw. kommen. (imho)


    Danke für deinen Beitrag! :) Für mich weist er auf die Bedeutung der kognitiven Einstellung hin. Was denkst du von folgender Unterscheidung?


    Einmal geht es um die kognitive Einstellung (oder das positive Denken). Also darum, die positiven Qualitäten in den Dingen erkennen. Der Dalai Lama bezeichnet das Bemühen, Situationen und Probleme aus möglichst vielen Blickwinkeln oder Standpunkten zu betrachten, als den realistischen Ansatz. Ein solch realistischer Ansatz inkludiert auch das Streben nach Hoffnung und Optimismus, da eine solche Haltung die Voraussetzung dafür bildet, in schwierigen Situationen einen flexiblen und kreativen Geist zu bewahren. Als positive Gestimmtheit wirkt der Optimismus dem Tunnelblick, den der übertriebene Zweifel hervorrufen kann, entgegen.


    Zweitens würde ich von der Praxis der Meditation Liebevoller Güte sprechen, die helfen soll, liebevolle Güte zu finden. Diese Liebe oder Güte sollte den anderen Menschen gelten. Unser Geist dankt es uns, wenn wir ein bisschen Abstand zur Egozentrik finden.


    Schließlich geht es um das Empfinden, wenn wir eine Stimmung liebevoller Güte einmal aktivieren konnten. Dann gilt aus meiner Sicht dass wir im Kontakt mit anderen die hier schon erwähnte Interdependenz erleben: Auf sich selbst achtend, achtet man auf die anderen usw.

    Doris Rasevic-Benz:

    Hmm …
    Von meinen tibetischen Lehrern habe ich immer wieder gehört, dass sie erstaunt sind, wie sehr im Westen die Menschen mit Selbsthass vergiftet seien. Wohingegen die Tibeter eher zur Selbstverliebtheit neigen würden.
    Weil ich diesen Selbsthass auch beobachte, kann ich nicht ganz mit Dir übereinstimmen.
    Ich bin davon überzeugt, dass jemand, der sich hasst, mit sich selbst unzufrieden ist, dieses auch auf andere ausweitet. Manchmal wird das durch große Hilfsbereitschaft und Aufopferung überspielt. Aber es kommt immer der Punkt, an dem das Kartenhaus zusammenbricht.


    Ich kann schon nachvollziehen, dass religiöse „Rezepte“ auf unterschiedliche Temperamente eingehen. Die westliche Gesellschaft besticht durch ausgeprägten Individualismus, der mit Vereinzelung einhergeht. Um dem Gefühl der Isolation entgegen zu wirken, braucht es die Verbindung zur Gemeinschaft, zu den anderen Menschen.


    Das bei uns über Jahrhunderte erprobte religiöse Rezept lautet in etwa (1) Gott lieben, (2) Gottes Liebe empfangen und (3) diese Liebe in Nächstenliebe verwandeln. Gerade wenn man nicht an Gott glaubt, lassen sich 1 und 2 nicht umkehren, scheint mir. Man muss zuerst lieben um dann das Gefühl, geliebt zu werden, empfangen zu dürfen.


    Jedenfalls bezweifle ich, dass der Wunsch, sich selbst zu lieben, zu einer erfolgreichen Praxis führt. Kurz: Etwas funktioniert oder aber es funktioniert nicht.


    Ich glaube, man übt eine langjährige Praxis, weil es fürs tägliche Leben was bringt.

    Es gibt Selbstlosigkeit. Besonders Mütter empfinden häufig selbstlose Liebe zu ihren Kleinkindern und wären bereit, für ihr kleines Kind ihr Leben zu opfern. Nicht umsonst bringt die bekannte Lehrrede zur Liebenden Güte gerade diesen Vergleich.


    Meine Ansicht zur Meditation Liebevoller Güte: Für die Stimmung Liebevoller Güte ist es nicht so wichtig, wie man sitzt oder ob man sich dabei die Nase kratzt. Es gibt eigentlich nur einen Fehler, den man machen kann.


    Dieser Fehler bedeutet zu glauben, man müsse sich zuerst selbst eine Badewanne voll Glück, Güte, Mitgefühl einlassen. In der Badewanne sitzend könne man dann andere Menschen mit Mitgefühl und Güte überschütten, oder so ähnlich. Wäre dies des Pudels Kern, würden sich alle Menschen unentwegt Liebe schenken, da doch jeder Mensch am eigenen Wohlbefinden Interesse hat. Offensichtlich funktioniert das aber nicht.


    Um lieben zu können, braucht es nicht zuerst Selbstliebe, sondern es muss Fürsorglichkeit zum Begehren treten, denke ich. Diese Eigenschaft, Fürsorglichkeit für andere empfinden zu können, schätzen wir an anderen Menschen uns gegenüber. Daher schätzen wir es auch, wenn wir selbst anderen Fürsorglichkeit entgegenbringen. So hilft die Sache schließlich dabei, Sympathie für uns selbst zu empfinden.


    Bezogen auf die Meditation folgen aus der unverständigen Selbstmitgefühls-Anstrengung Verspannungen, Konzentrationsprobleme, „juckende Nasen“ und so weiter. Sie zeigen an, dass etwas nicht stimmt. Ich finde es empörend, wenn ich lese, dass selbst anerkannte Lehrer den Selbstmitgefühls-Blödsinn verzapfen. Ausgerechnet den einzigen beschissenen Fehler, den man bei dieser simplen Sache Mitgefühl machen kann??? :evil:


    Selbst-Mitgefühl ist nicht nur ein paradoxes Wort, sondern beinhaltet das größte Missverständnis. Für die Meditation Liebevoller Güte ist das Bemühen, die Selbstbezogenheit ein bisschen zu lockern, entscheidend. Dies kommt der buddhistischen Auffassung vom Ich nahe, denke ich. Folge ist, dass sich unser Geist mit Wohlbefinden und sogar Glück bedankt.

    mukti:
    Karnataka:

    Vom DL gibt es eine schöne Argumentation, die davon ausgeht, dass es eine innere Ebene braucht, um glücklich zu sein. Wohlstand, Gesundheit und die bloße Gemeinschaft mit anderen Menschen sind sicher hilfreich, doch reichen sie nicht aus. Ein gesunder Mensch ist nicht automatisch glücklich usw. Die Frage, warum diese innere Ebene so sehr mit Mitgefühl zu tun hat, öffnet eine wissenschaftliche Themenbreite.


    Es ist aber auch einfach ein Erfahrungswert des eigenen Gefühlshaushaltes. Anderen Gutes tun und wünschen ist für alle Beteiligten eine heilsame und angenehme Erfahrung. Mithin ist es nicht nur ein Gefühl, sondern eine heilsame Gesinnung und Geisteshaltung. Das Gegenteil verhindert diese Qualität von Glück oder erzeugt Leid.


    Ich hoffe doch, dass unser Erfahrung bestätigt, dass es uns selbst guttut, wenn wir anderen etwas Gutes wünschen bzw. tun. Man kann vielleicht sagen, dass eine solche heilsame Bestätigung, Qualität von Glück zeitlich verzögert folgt und nicht unmittelbar einhergeht. Würde augenblicklich eine Art „Belohnung“ erfolgen, wäre eine selbstlose Gesinnung oder Tat auch gar nicht möglich. Ich muss zuerst meinen Egoismus überwinden und mich zu einer solchen Haltung oder Tat aufraffen, um erst dann zu empfinden, dass es auch für mich gut war.


    Mitgefühl meint für mich aber auch eine grundsätzliche Eigenschaft. Als Vergleich: In einem Pop-Chor tritt man mitunter solistisch hervor oder singt gemeinsam mit der Stimmgruppe. Immer braucht es aber ein Hören auf alle anderen Stimmen, damit das musikalische Erlebnis passt - eine Binsenweisheit zur Musik. Was die innere Harmonie betrifft, scheint es mir ähnlich wichtig, dass wir anderen Menschen Wert geben, uns mit ihnen freuen und von ihrem Leid betroffen sein können.

    Abseits der eingangs gestellten Frage nach dem Zusammenhang von buddhistischer Ethik und Metaphysik:


    Ich halte das Nachdenken über Mitgefühl für sehr sinnvoll. Das gilt besonders, wenn sich daraus eine entsprechende Überzeugung entwickelt, die Einfluss auf das tägliche Leben nimmt. Eine Frage im Eingangsbeitrag betrifft die Auflösung von Hass. Grundsätzlich löst sich der intensive Wusch zu schaden, indem wir uns darum bemühen, würde ich sagen. Für dieses Bemühen ist die Überzeugung, dass der Hass auch uns selbst schadet, sicher hilfreich.


    Soweit ich es beurteilen kann, spricht die buddhistische Ethik damit einen entscheidenden Faktor an, der in der christlichen Ethik weniger deutlich zu finden ist. Dabei geht es um den Nutzen von Mitgefühl für uns selbst. Denn es wäre unehrlich, würde man den Eigennutzen nicht als hauptsächlichen Motivationsfaktor anerkennen.


    Vom DL gibt es eine schöne Argumentation, die davon ausgeht, dass es eine innere Ebene braucht, um glücklich zu sein. Wohlstand, Gesundheit und die bloße Gemeinschaft mit anderen Menschen sind sicher hilfreich, doch reichen sie nicht aus. Ein gesunder Mensch ist nicht automatisch glücklich usw. Die Frage, warum diese innere Ebene so sehr mit Mitgefühl zu tun hat, öffnet eine wissenschaftliche Themenbreite.