Beiträge von void im Thema „Das Fass ohne Boden: Mahayana und die ursprüngliche Lehre“

    Sunu:

    Solange aber ein Unterschied gemacht wird zw. Nirvana und Samsara....Dann ist Samsara tatsächlich Nirvana...weil es sich dann ja im Bereich des dualistischen denken liegt... Im Samsara...


    Die Bedeutung von Konzepten liegt in den Wirkungen mit denen sie einhergehen. Douglas Adam schrieb mal:


      Na, das war ja einfach«, sagt der Mensch und beweist, weil's gerade so schön war, dass schwarz gleich weiß ist, und kommt wenig später auf einem Zebrastreifen ums Leben.

    Sunu:

    Zu Zeiten Nagarjunas hatten sich viele unterschiedliche herausgebildet, sie alle nannten sich Buddhisten. Da gab es ua. Essentialisten, die Nirvana als Verdinglichung ansahen und daran hafteten.....und es gab auch Nihilisten, die jegliche Existenz für eine Illusion im absoluten Sinne ansahen und an dieser Ansicht hafteten.
    Gegen beide wendete sich die Argumentation Nagarjunas.... Den Essentialisten, in dem er darauf hinwies, dass Nirvana nur ein Konzept ist , welches zwar wahr ist, im Rahmen einer weltlichen Sicht.... Jedoch keine Wahrheit im absoluten Sinne darstellt...wo jegliche Unterscheidung/ Ansicht hinfällig ist.
    Die Nihilisten widerlegte er, in dem er darlegte, dass die 4 Wahrheiten ihre Gültigkeit innerhalb der konventionellen Welt haben und somit auch der Nihilismus nicht die absolute Realität wiederspiegelt.
    Er wies auf den Mittleren Weg hin...der der sich aus dem rechten Verständnis von der Leerheit der Dinge, d.h. ihr bedingtes Entstehen ergibt.
    Gleichzeitig wies er aber auch daraufhin, dass es sich bei der Leerheit auch nur um ein bedingt entstandenes Konzept handelt, welches nur dem Zweck dient, jegliche Ansicht zurückzuweisen ( Essentialismus, Nihilismus oder auch eine Mischung aus beiden)... Und also keine Wahrheit im absoluten Sinn darstellt.... Wenn daran angehangen wird, ist Befreiung nicht möglich.


    Nagarjuna hat ja das was er geschrieben hat, geschrieben, um bestimmte Philsophien zurückzuweisen. Um ihre Anhängerr vom Wolkekuckucksheim in die Realität zurückzuholen.


    Ein Konzept kann man dadurch dekonstruieren, indem man von den Wörtern zu dem Handeln vordringt, mit dem es in Beziehung steht also zu den Wirkungen und Ursachen. Diese Form der Dekonstruktion finde ich sehr sinnvoll.


    Wenn man - wie wohl geschehen - Nagarjuna nicht negativ als eine zurückweisung von Spkulationen sieht, sondern als etwas von dem aus man zu noch ungezügelt spekulativen Denken kommt, handelt man ja nicht in seinem Geiste. Bei so einer Art der Dekonstruktion kommt man von den Wörtern zu noch mehr Wörtern und von den Spekulationen zu noch mehr Spekulationen. Und dann man kann vollkommen den Boden unter den Füssen verlieren und total abdriften.


    Die heute existierenden Schulen des Mahayana waren in gewisser Weise Gegenbewegungen zu dem überbordernden Spekulationswut der Mahayana Literatur. Sowohl Tantra als auch Zen haben deswegen so einen Fokus auf die Praxis, weil die Mahayana-Literatur so krass abgedriftet ist. Im Lotussutra kommt irgendwann eine Pyramide aus dem Boden gewachsen kommt, in der sich ein ganz alter noch tollerer Buddha befindet, der dann die anderen belehrt. Das ist schon sehr phantastisch.

    Doris Rasevic-Benz:

    "Ziel" ist ein Konstrukt. Und wir benötigen Konstrukte zum Leben.
    Auch der Buddha muss mit diesen Konstrukten arbeiten. Z.B. indem er Sprache verwendet.
    Und wir bedienen uns der Konstrukte, um uns über die Konstruktnatur der Konstrukte bewusst zu werden.


    Die Frage sollte doch sein, ob es sinnvoll ist aus der Perpektive eines Befreiten heraus zu denken.


    Die Leute leiden sie kommen zu Buddha und fragen ihn nach dem Pfad zur Überwindung des Leidens. Weist er ihn da oder sagt er sowas wie: "Dort wo der Pfad endet, braucht es keinen Pfad mehr. Da ich nicht leide, muss ich es nicht überwinden!" Was würden die Leute denn zu so einer Aussage sagen Vielleicht sowas wie "Lieber Herr Buddha, das ist uns schon klar, das der Befreite dem Leiden enthoben ist, aber inweiweit hilft uns das jetzt weiter. Wie kommen wir da hin, das auch wir dem Leiden enthoben, vom Leiden befreit sind." oder wie man halt da so sprach.


    Es interessiert die Leute doch nicht so, wie es wirklich ist und ihnen zu sagen ihr Leiden ist eine Illuson hilft auch nichts. Rei das pragmatische Konstrukt, der Pfad zur Überwindung des Leidens hilft was.


    Und da stellt sich doch die Frage: Warum geht man im Mahayana von der Perspektive des Befreiten aus. Was bringt das gegenüebr der herkömmlichen Herangehnsweise?

    Doris Rasevic-Benz:

    Egal wie genau die Uhren messen. Auch eine Atomuhr, eine Quantenuhr, oder was es sonst noch gäbe, kann kein wirkliches "Ziel" finden. Weil es ein Konzept ist.


    Aber das Konzept verweist ja auf etwas. Auf eine bestimmte Praxis, innhalb derer das Wort einen Sinn hat.


    Im Buddhismus ist es ja so, dass die Konzept hin zu zu Befreung vom Leid führen. Und das ist sozusagen empirisch zugaänglich. Man spürt, ob man leidet. Und buddhitische Konzepte haben ja nicht den Anspruch wirklich im Sinne von "objektiv existent" zu sein. Sie müsse nur wirklich sein, insofern sie wirksam sind. So wie Verkerhrschilder.


    Wenn du dringend auf Klo musst, schaust du überall rum, ob du ein Schild findest das den Weg zur Erleichterung deutet. Musst du nicht aufs Kloo hat das Hinweisschild nicht die akute Bedeutung für dich. es ist halt igrendeine Schild mit ihrgendeiner Bedeutung ( zur Pinakothek, zur Glyptothek usw.) Manche dieser Schilder fallen einem erst nach Jahren auf, einfach weil sie keine Bedeutung für einen hatten.


    Aus der Perspektive eines der Befreiten hat das Konzept Nirvana so wenig Bedeutung wie ein Toilettenschild für ein Eichhörnchen. Es verweist auf etwas, für das man keinerlei Bedarf mehr hat. Aber Buudha sprach ja eben nicht zu Befreiten sondern zu Leideneden und Verblendeten.

    Doris Rasevic-Benz:

    Der Buddha Gautama hat es halt so gemacht, wie es seiner Natur entsprach.


    Ich finde das Gleichnis vom Arzt in der Hinsicht gut: Buddha lehrte sehr pragmatisch genau das was zu Befreiung hinführt. Und dabei hatte er alle Hände dabei zu tun, das bei dem ihm ungebenden zu tun und hatte für philsophische Gebäude, Eleganz und Welterklärung keine Muse. Während dann aber natürlich viele Generationen nach ihm kamen, die daran interessiert waren das Gelehrte systematisieren und auf den Punkt zu bringen.


    Manchmal kommt mir Mahyana so vor wie der "Film zum Buch" wo die ellenangen Texte gekürzt, dramatisiert und in eine mächtige visuelle Sprache übersetzt wurde. Und wenn man vom Buch ausgeht , denkt man sich "Oh Gott, das haben sie auch weggelassen!!" und "Das stand aber nicht im Buch!!" und "hier ist ihnen die Phantasie durchgegangen!" oder "Diese ganze Special Effects lenken vom Inhalt ab!".

    Sunu:

    Solange an Nirvana geglaubt wird,
    wurde es nicht erreicht.


    Die Begriffe machen nicht für sich selber sinn sondern eben als Teile einer Praxis. Und deswegen macht es nicht so viele Sinn, über diese Begriffe losgelöst von der Praxis, im Bezug auf die sie Sinn machen zu sprechen. So wie Wörter wie "Elfmeter" oder "Abseits" im Kontext eines Fussbalspiels Sinn machen, macht das Wort nibbana im Kontext der im Plaikanon angeführten Praxis Sinn. Leiden basiert auf Verblendungen und um Leiden zu beenden verlöscht die Ursache des Leidens genauso wie deren Manifestationen. macht doch Sinn.


    Aus der Perspektive eines Befreiten macht der begriff "Nirvana" für ihn selbst eigentlich keinen Sinn. Wenn Verlöschen eingetreten ist braucht es kein Verlöschen. So wie ein Gesunder keine Krücke braucht. Er kann sie als Dekoartikel für sein Wohnzimmer benutzten aber im Grunde ist sie sinnlos und bedeutungslos.


    mahyana ist ein Pfad wo von der Befreitung aus gedacht wird. Jetzt kann man diskutieren inweiweit das Sinn macht. Welche Changen gibt es, wenn man so herangeht? Welche Riskien und Nebenwirkungen tauchen auf?

    Doris Rasevic-Benz:

    Ob Nirvana oder Samsara, es ändert sich kein Jota an der Welt. Es ist nur meine Sicht.
    Ich denke, das ist damit gemeint, wenn gesagt wird, dass es dasselbe sei.


    Es geht schließlich bei dem ganzen Tralala nur um den Geist, nicht um die Welt, um Physik, den Körper usw. Deshalb gibt es auch im Nirvana Bananen. Nur würde man dann nicht mehr wegen Bananen rübermachen. Die Welt verschwindet nicht im Nirvana.
    Ist wie beim Verliebtsein. Auch da erlebt man die Welt plötzlich ganz anders. Dabei hat sie sich nicht geändert.


    Der Unterschied zwischen dem Nibbana-Konzept und dem Nirvana-Konzept aus dem Mahayana ist, das vom einen zum anderen ein bestimmter philosophischer Perspektivenwechsel vollzogen wurde. 'Nibbana' denkt ganz konkret von der normalen verblendeten Wahnehmung aus und beschreibt geradlinig deren Verlöschen. Im Mahayana dagegen kam man ja an eine Punkt wo man sich Gedanken darüber machte, was einen Befreiten abstrakt ausmacht und auch darüber, wie die Beziehung zwischen verblendeter Welt und Befreiung ist. Und da kam man an einen Punkt, wo man die Aussage, dass alle Skadhas leer sind, umkrempelte und Shunyata als ein übergeordnetes Prinzip ansah: Statt wie im Thervada von der Verblendung auf deren Aufhebung zu blicken, blickt mn mit der Perspektive eines Befreiten auf die Welt und sieht dort alles as "leer".


    Die Frage ist jetzt, ob es sinnvoll ist, gedanklich so eine Buddha-Perspektive einzunehmen. Im Theravada würde das wohl als ein unnötiges Schwelgen in Vorgestellten angesehen werden, weil ja so ein pragmatisch nüchterne Herangehensweise "hier Verblendung- dort Verlöschen der Verblendung" als vollkommen ausreichend und zielführend angesehen wird. Während man es im Mahayana als sinnvoll ansieht bei der Sicht eines Befreiten anzufangen, um sich nicht in so einer engen Zielerreichungslogik zu verbeissen.

    accinca:
    kilaya:

    Aus meiner Sicht ist die Aussage über die "verschiedenen Formen von Buddhaschaft" auch falsch. Aber wird nicht gerade in den Palikanon-Interpretationen gesagt, dass man Arhat werden kann, aber kein Buddha wie Shakyamuni? Dass dieser ein spezieller, einzigartiger Buddha sei? Für mich ist es das, was den Buddhismus am deutlichsten von theistischen Religionen unterscheidet, dass es eben kein höheres Wesen gibt, das man anbetet, sondern ein Vorbild, dessen Verwirklichung in jedem als Potential drin steckt.


    Soweit ich die Thervada Terminologie richtig verstehe, ist ein Arhat da nicht eine Form von "minderwertig erwachtem" sondern ein "vollständig erwachter" - jemand der das Heilziel erreicht hat. Also das, was man im Mahayana einen "Buddha" nennt. Das was im Thevada-Sprachgebrauch einen "Buddha" ausmacht, ist lediglich, das dieser in einer Zeit, wo es keinen Buddhismus gibt, das Rat der Lehre neu anstösst - also den Buddhismus neu verkündet. Er abut eine Sangha auf, verkündet den Dharma und hilft so über tausende von Jahren ganz vielen Menschen. Und desegen wird er so verehrt. Im Mahayana Vokabular wird diese Unterscheidung verschliffen, weil quasi jeder Befreite (Arhat) als Buddha bezeichnet wird. Eben weil man annimmt, dass er wohl in seinem nächsten Leben irgendwo in einem Paralleluniversum das Rad der Lehre anstossen wird. Mit diesem leicht abwegigen Gedankenspiel rechfertigt man das Bodhisattva-Lehre, dass jede Befreiung zum Wohl ganz vieler Wesen wäre. Was ja, wenn man einfach nur so Befreiung erlangt, ohne dann auf Alpha Centauri oder wo ne Sangha zu gründen, gar nicht der Fall wäre.


    Durch diese Sprachverwendung geschieht also eine doppelte Abwertung: Der Arhat wird vom vollständig Erleuchteten zum egoistischen Second-Class-Beinahe-Erleuchteten. Und der Begriff des Buddhas wird ( indem die Vorschusslorbeeren für die Gründung einer Sangha irgendwo und irgendwann in einer fernen Welt eingpreist werde ) zu einem Symonym für Arhat. Das alles macht man, um das Boddhisattva Ideal zu wahren ud Befreiung einen sozialen Aspekt zu geben. Mahayana bedeutet der Hauslosigkeit ihren anti-sozialen Chrakter zu nehmen und sie mit der Gesellschaft zu versöhnen.