kilaya:
Doris:
Ich kenne es als Grundlage für Mahayana. Wird bei uns explizit so gelehrt.
Ohne Hinayana, kein Mahayana. Und beides sind geistige Ausrichtungen.
Halte ich so für ein Missverständnis. Warum sollte die geistige Ausrichtung des Bodhisattvas nicht möglich sein ohne die geistige Ausrichtung auf einen selbst allein? Das macht doch keinen Sinn. Ich vermute eher, dass hier die Begriffe durcheinander gehen. Sutra ist Grundlage für Tantra und Vajrayana innerhalb des Mahayana. Ohne Sutra kein Tantra. "Sutra" ist auch nicht deckungsgleich mit Theravada usw. Es ist die Sutraebene des eigenen internen Textfundus.
Manchmal wird "Hinayana" tatsächlich als Synonym für Nicht-Mahayana verwendet, verstünde man es so, wäre dieser "südliche Buddhismus" eine Art Grundlage. Dieser "südliche Buddhismus" in der Lesart ist aber ein Mythos. Deswegen sollte man m.E. auf diese Vokabel lieber ganz verzichten und nur Dinge benennen, die es so auch als ausdrücklich gelehrten Weg gibt.
Ich würde nicht behaupten, dass der Kenchen der Drikungs da einem Missverständnis unterliegt. Und mir leuchtet das Begriffssystem völlig ein.
Ein Bodhisattva im Mahayana ist per definitionem nicht auf sich alleine ausgerichtet. Er praktiziert zum Wohle aller Wesen und verzichtet ihnen zuliebe.
In den Vajrayana-Übungen wird alles immer den Wesen gewidmet. Es wird explizit nicht für sich alleine praktiziert.
Und ich wiederhole: Auch wenn jemand ohne diese Widmungen usw. praktiziert kann er vollständiges Bodhicitta erlangen, vice versa.
Den Hinayana gering zu achten, gehört zu den 10 Hauptverstössen gegen die Bodhisattva-Gelübde.
Wenn Hinayana und Mahayana geistige Ausrichtungen sind, und beide gleich wichtig sind, wenn keine Ausrichtung zu vernachlässigen ist, dann wird doch ersichtlich, dass wir uns alle ständig zwischen diesen beiden Polen hin- und herbewegen. Und das macht sehr wohl Sinn in meinen Augen. Auch diese Unterscheidung macht Sinn. Allein schon als Korrektiv. Nicht jeder wendet sich dem Dharma zu, weil er voller Mitleid mit den Wesen ist. Die meisten fangen sich an dafür zu interessieren, weil es ihnen selber dreckig geht und sie für sich selbst ein besseres Leben anstreben. Die denken zuerst gar nicht an die Anderen. Und umgekehrt gibt es Leute, die meinen nur die Welt retten zu müssen, aber nicht schauen, wie es ihnen geht und was mit ihnen selbst los ist.
Beide Pole sind wichtig. Ebenso ist Studieren wichtig, das Ergründen mit dem Verstand und dem Denken, die Mediation und die praktische Anwendung im täglichen Umgang mit der Welt und ihren Bewohnern.
Ich würde den Begriff nie gegenüber einem Theravadin verwenden, weil dieser das aufgrund der Geschichte persönlich nehmen und das als Herabsetzung seiner Tradition werten könnte. Ich wiederhole noch einmal: Bei uns steht der Begriff in keinem Zusammenhang mit dem Theravada, und ist kein Synonym dafür. Er macht nur Sinn im Begriffspaar und nur im Kontext des Mahayana.