(17) Da sprach der Erhabene zu den fünf Mönchen: "Zwei Extreme, Mönche, gibt es, denen sich ein Hausloser nicht hingeben sollte. Welche zwei?
Das ist einerseits das an die Lust des Begehrens nach Sinnesobjekten sich hingeben, dem Niedrigen, Gemeinen, Gewöhnlichen, Unedlen, Sinnlosen und andererseits das an die Selbstqual sich hingeben, dem Leidvollen, Unedlen, Sinnlosen,
diese (beiden) Extreme, Mönche, vermieden habend, hat der Vollendete den mittleren Pfad erkannt, den Einsicht gebenden, wissend machenden, der zur Beruhigung, Weisheit, Erkenntnis, Nibbāna führt.
(18) Welches ist, ihr Mönche, dieser vom Vollendeten erkannte, Einsicht gebende, wissend machende, mittlere Weg, der zur Beruhigung, Weisheit, Erkenntnis, Nibbāna führt? Das ist dieser edle, achtfältige Pfad, das sind:
rechte Anschauung,
rechtes Denken,
rechte Rede,
rechtes Handeln,
rechte Lebensführung,
rechtes Mühen,
rechte Achtsamkeit,
rechte Sammlung.
Dieses ist, ihr Mönche, der vom Vollendeten erkannte, Einsicht gebende, wissend machende mittlere Weg, der zur Beruhigung, Weisheit, Erkenntnis, Nibbāna führt.
(19) Dieses ihr Mönche, ist die edle Wahrheit vom Leid; Geburt ist Leid, Altern ist Leid, Sterben ist Leid, vereint sein mit Ungeliebtem ist Leid, getrennt sein von Geliebtem ist Leid, was man sich wünscht, nicht zu erhalten, ist Leid, kurz gesagt, die fünf Gruppen des Anhaftens (khanda) sind Leid.
(20) Dieses, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit von der Entstehung des Leides, (es ist) dieser Durst, dieser Wiederdasein schaffende, der mit Freude und Begehren verbundene, überall Gefallen findende; das sind:
Durst nach Sinnesgenuß,
Durst nach Werden,
Durst nach Vernichtung.
(21) Dieses ihr Mönche, ist die edle Wahrheit von der Ausrottung des Leides, das ist die Läuterung von jenem Durst und seine restlose Ausrottung, das Aufgeben, Loslassen, die Befreiung, das Nichtanhaften.
(22) Dieses, ihr Mönche, ist die edle Wahrheit vom Weg zur Ausrottung des Leides. Das ist dieser edle, achtfältige Pfad, das sind: rechte Anschauung, rechtes Denken, rechte Rede, rechtes Handeln, rechte Lebensführung, rechtes Mühen, rechte Achtsamkeit, rechte Sammlung.
(23) Dies ist die edle Wahrheit vom Leid, so ist mir, ihr Mönche, das Auge für die nie zuvor gehörten Wahrheiten aufgegangen; Wissen kam auf, Weisheit kam auf, Erkenntnis kam auf, Erleuchtung kam auf. Diese edle Wahrheit vom Leid muß verstanden werden, ihr Mönche, so ging mir das Auge für die nie zuvor gehörten Wahrheiten auf; Wissen kam auf, Weisheit kam auf, Erkenntnis kam auf, Erleuchtung kam auf. Diese edle Wahrheit vom Leid ist (von mir) genau verstanden worden, so ist mir, ihr Mönche, das Auge für die nie zuvor gehörten Wahrheiten aufgegangen; Wissen kam auf, Weisheit kam auf, Erkenntnis kam auf, Erleuchtung kam auf.
(24) Dies ist die edle Wahrheit von der Entstehung des Leides, so ist mir, ihr Mönche, das Auge für die nie zuvor gehörten Wahrheiten aufgegangen; Wissen kam auf, Weisheit kam auf, Erkenntnis kam auf, Erleuchtung kam auf. Diese edle Wahrheit von der Entstehung des Leides (davon muß die Entstehung/Ursache) aufgegeben werden, so ist mir, ihr Mönche, das Auge für die nie zuvor gehörten Wahrheiten aufgegangen; Wissen kam auf, Weisheit kam auf, Erkenntnis kam auf, Erleuchtung kam auf. Diese edle Wahrheit von der Entstehung des Leides (davon habe ich die Entstehung/Ursachen) aufgegeben, so ist mir, ihr Mönche, das Auge für die nie zuvor gehörten Wahrheiten aufgegangen; Wissen kam auf, Weisheit kam auf, Erkenntnis kam auf, Erleuchtung kam auf.
(25) Dieses ist die edle Wahrheit von der Ausrottung des Leides ... Diese edle Wahrheit von der Ausrottung des Leides ist zu verwirklichen ... Diese edle Wahrheit von der Ausrottung des Leides ist von mir verwirklicht worden, so ist mir, ihr Mönche, das Auge für die nie zuvor gehörten Wahrheiten aufgegangen; Wissen kam auf, Weisheit kam auf, Erkenntnis kam auf, Erleuchtung kam auf.
(26) Dies ist die edle Wahrheit von dem zur Ausrottung des Leides führenden Pfad ... Diese edle Wahrheit von dem zur Ausrottung des Leides führenden Pfad ist zu verwirklichen ... Diese edle Wahrheit von dem zur Ausrottung des Leides führenden Pfad ist von mir verwirklicht worden, so ist mir, ihr Mönche, das Auge für die nie zuvor gehörten Wahrheiten aufgegangen; Wissen kam auf, Weisheit kam auf, Erkenntnis kam auf, Erleuchtung kam auf.
(27) Da wußte ich: solange mir, ihr Mönche, in diesen vier edlen Wahrheiten (sacca), so mit zwölf Gliedern in drei Kategorien gefaßt* die wissende Einsicht in die Wirklichkeit nicht klar geworden ist, bis dahin, ihr Mönche, wußte ich nicht in der Welt mit ihren Göttern, Māras, Brahmas, Asketen und Brahmanen, Menschheit und Gottheit, unübertroffen, vollkommen erwacht, die vollkommene Erleuchtung zu besitzen.
(28) Da wußte ich: sobald mir, ihr Mönche, in diesen vier edlen Wahrheiten so mit zwölf Gliedern in drei Kategorien gefaßt die wissende Einsicht in die Wirklichkeit klar geworden ist, da, ihr Mönche, in der Welt mit ihren Göttern, Māras, Brahmas, Asketen und Brahmanen, Menschheit und Gottheit wußte ich unübertroffen, vollkommen erwacht, die vollkommene Erleuchtung zu besitzen.
(29) Wissen und Einsicht kam bei mir auf: unerschütterlich ist meine Gemütserlösung, dieses ist das letzte Leben, nicht ist jetzt ein Wiederwerden." Also sprach der Erhabene; freudigen Geistes freuten sich die fünf Mönche über die Rede des Erhabenen. Während diese Belehrung dargelegt wurde, kam bei dem ehrwürdigen Kondañña das klare, reine Auge der Wahrheit auf: Wenn irgendwas als seine Eigenschaft das Entstehen hat, alles das, hat als Eigenschaft das Vergehen.
(30) Als der Erhabene das Rad der Lehre in Gang gesetzt hatte, ließen die Erdgötter folgendes hören: "So hat der Erhabene im Gazellenhain in Benares das unübertroffene Rad der Lehre in Gang gesetzt, welches nicht von einem Asketen, Brahmanen, Gott, Māra, Brahma oder irgendeinem in der Welt zurückgedreht werden kann." Dieses von den Erdgöttern gehört, ließen die vier Großkönige folgendes hören: "So hat der Erhabene im Gazellenhain in Benares das unübertroffene Rad der Lehre in Gang gesetzt ..." Dieses von den vier Großkönigen gehört, ließen die Götter der Dreiunddreißig folgendes hören - die Yāmā Götter - die Tusitā Götter - die Nimmānarati Götter - die Paranimmitavasavatti Götter - die Brahmakayika Götter ließen folgendes hören: "So hat der Erhabene im Gazellenhain in Benares das unübertroffene Rad der Lehre in Gang gesetzt, welches nicht von einem Asketen, Brahmanen, Gott, Māra, Brahma oder irgendeinem in der Welt zurückgedreht werden kann."
(31) In diesem Augenblick, in diesem Moment, in dieser Sekunde, ging das Gesagte hinauf bis zur Brahmawelt, dieses Gesagte erschütterte die zehntausend Weltsphären, unermeßliches großes Licht erschien in der Welt, die Pracht der Götter übertreffend. Danach tat der Erhabene folgenden Ausspruch: "Verstanden hat der Freund Kondañña, verstanden hat der Freund Kondañña. Darum soll der Name des ehrwürdigen Kondañña sein Aññāta Kondañña." (der, der verstanden hat)
(32) Nachdem er (Kondañña) die Wahrheit gesehen, die Wahrheit erlangt, die Wahrheit verstanden, die Wahrheit durchdrungen, den Zweifel überwunden, die Ungewißheit beseitigt, vollkommene Zuversicht aus eigener Kraft in der Lehre erlangt hatte, sagte er folgendes: "Die Ordination beim Ehrwürdigen möchte ich nehmen, ich möchte auch die Vollordination nehmen." - "Komm her, Mönch", sagte der Erhabene, "gut dargelegt ist die Lehre, wandle im Reinheitswandel, um alles Leid zu beenden." Das war die Vollordination des Ehrwürdigen.
(33) Dann belehrte der Erhabene die restlichen Mönche durch die Lehre. Da kam bei dem ehrwürdigen Vappa und dem ehrwürdigen Baddiya, als der Erhabene sie mit den Worten der Lehre belehrte, das klare reine Auge der Wahrheit auf: Wenn irgendwas als seine Eigenschaft Entstehen hat, alles das hat als seine Eigenschaft das Vergehen.
(34) Da sagten diese, nachdem sie die Wahrheit gesehen, die Wahrheit erlangt, die Wahrheit verstanden, die Wahrheit durchdrungen, den Zweifel überwunden, die Ungewißheit beseitigt, die vollkommene Zuversicht ohne Hilfe anderer in der Lehre erlangt hatten, folgendes: "Die Ordination beim Ehrwürdigen möchten wir nehmen, wir möchten auch die Vollordination nehmen." - "Kommt her, Mönche", sagte der Erhabene, "gut dargelegt ist die Lehre, wandelt im Reinheitswandel, um alles Leid zu beenden." Das war die Vollordination der Ehrwürdigen.
(35) Dann belehrte der Erhabene die restlichen Mönche durch die Lehre, indem er die von den drei (ordinierten) Mönchen gebrachte Almosenspeise aß, und sagte: "Das Essen, das von drei Mönchen vom Almosengang mitgebracht wurde, ernährt sechs Mönche."
Als der Erhabene den ehrwürdigen Mahānāma und ehrwürdigen Assaji (durch die Lehre) belehrte, ging (ihnen) das klare reine Auge der Wahrheit auf: Wenn irgendwas als seine Eigenschaft Entstehen hat, alles das hat als Eigenschaft das Vergehen. (36)
(37) Dann sagten diese, nachdem sie die Wahrheit gesehen, die Wahrheit erlangt, die Wahrheit verstanden, die Wahrheit durchdrungen, den Zweifel überwunden, die Ungewißheit beseitigt, die vollkommene Zuversicht aus eigener Kraft in der Lehre erlangt hatten, folgendes: "Die Ordination beim Ehrwürdigen möchten wir nehmen, wir möchten auch die Vollordination nehmen." - "Kommt her, Mönche", sagte der Erhabene, "gut dargelegt ist die Lehre, wandelt im Reinheitswandel, um alles Leid zu beenden." Das war die Vollordination der Ehrwürdigen.
(38) Dann sprach der Erhabene die Fünfergruppe Mönche an: "Die sichtbare Gestalt ist nicht das Selbst, wenn nämlich die sichtbare Gestalt das Selbst wäre, würde diese nicht der Beschwernis unterliegen. Hinsichtlich der sichtbaren Gestalt könnte man (sagen), so soll meine sichtbare Gestalt sein, so soll meine sichtbare Gestalt nicht sein, weil aber, Mönche, die sichtbare Gestalt nicht das Selbst ist, deshalb unterliegt die sichtbare Gestalt der Beschwernis; hinsichtlich der sichtbaren Gestalt kann man nicht sagen, so soll meine sichtbare Gestalt nicht sein, so soll meine sichtbare Gestalt sein."
(39-41) Die Gefühle ... die bewußte Wahrnehmung ... die Aktivitäten ... das Bewußtsein ist nicht das Selbst, wenn nämlich das Bewußtsein das Selbst wäre, würde dieses nicht der Beschwernis unterliegen. Hinsichtlich des Bewußtseins könnte man (sagen), so soll mein Bewußtsein sein, so soll mein Bewußtsein nicht sein, weil aber, Mönche, das Bewußtsein nicht das Selbst ist, deshalb unterliegt das Bewußtsein der Beschwernis; hinsichtlich des Bewußtseins kann man nicht sagen, so soll mein Bewußtsein nicht sein, so soll mein Bewußtsein sein."
(42) "Was meint ihr, Mönche, ist die sichtbare Gestalt beständig oder unbeständig?" - "Unbeständig, Erhabener." - "Wenn etwas unbeständig ist, ist es leidvoll oder freudvoll?" - "Leidvoll, Erhabener." - "Wenn etwas unbeständig, leidvoll, veränderlich ist, ist es angemessen, das als meins zu betrachten, dies bin ich, dies ist mein Selbst?" - "Nein, ist es nicht, Erhabener."
(43) "Was meint ihr, Mönche, sind die Gefühle, die bewußten Wahrnehmungen, die Aktivitäten, das Bewußtsein beständig oder unbeständig?" - "Unbeständig, Erhabener." - "Wenn etwas unbeständig ist, ist es leidvoll oder freudvoll?" - "Leidvoll, Erhabener." - "Wenn etwas unbeständig, leidvoll, veränderlich ist, ist es angemessen, das als meins zu betrachten, dies bin ich, dies ist mein Selbst?" - "Nein, ist es nicht, Erhabener."
(44) Daher, ihr Mönche, irgendeine vergangene, zukünftige, gegenwärtige sichtbare Gestalt, ob innerlich oder äußerlich, ob grob oder fein, niedrig oder erhaben, fern oder nah, alle sichtbare Gestalt ist nicht mein, ist nicht ich, ist nicht mein Selbst. Dieses ist der Wahrheit gemäß mit voller Weisheit zu sehen.
(45) Daher, ihr Mönche, irgendein vergangenes, zukünftiges, gegenwärtiges Gefühl, bewußte Wahrnehmung, die Aktivität, das Bewußtsein, ob innerlich oder äußerlich, ob grob oder fein, niedrig oder erhaben, fern oder nah, alle Gefühle, bewußten Wahrnehmungen, Aktivitäten, alles Bewußtsein ist nicht mein, ist nicht ich, ist nicht mein Selbst. Dieses ist der Wahrheit gemäß mit voller Weisheit zu sehen.
(46) So sehend, Mönche, wird der Belehrte, der edle Jünger, der sichtbaren Gestalt, der Gefühle, der bewußten Wahrnehmungen, der Aktivitäten, des Bewußtseins überdrüssig, überdrüssig löst er sich ab, abgelöst seiend befreit er sich, durch die Befreiung weiß er, ich bin befreit, vernichtet ist die Geburt, der Reinheitswandel ist erfüllt, das zu tuende ist getan, er weiß, nichts gibt es mehr zu tun in diesem Dasein."
(47) So sagte der Erhabene, beglückt freute sich die Fünfergruppe Mönche über das Gesagte des Erhabenen. Als diese Belehrung gesagt wurde, wurde der Fünfergruppe Mönche der Geist (citta) frei von den Beeinflussungen ohne zu Ergreifen. Zu dieser Zeit gab es sechs Heilige in der Welt.
* gemeint sind die vorhergehenden Abschnitte 23 - 26 die in vier Abschnitten jeweils die vier edlen Wahrheiten nach: "ist aufgegangen", "muß verstanden werden", "ist von mir verstanden worden" aufteilen