Beiträge von Arthur1788 im Thema „Sexualität und Befreiung: Ist die kritische Sicht des Buddha auf Sexualität für heutige Praktizierende relevant?“


    Dass eine Massage dasselbe ist wie Sex, habe ich nicht behauptet, sondern lediglich, dass das sinnliche Bedürfnis nach zärtlicher Berührung ein so grundlegendes ist, dass sogar ansonsten relativ asketisch lebende Mönche nicht darauf verzichten.

    Meine Meinung dazu: Dann können sie auch gleich vögeln. Wäre wenigstens aufrichtig. Damit bin ich raus aus diesem leidigen Thema.

    Sorry, aber das ist Unsinn. Du projizierst dein eigenes Empfinden auf andere. Ich lebe seit Jahren ohne "zärtliche Berührungen", erfreue mich bester körperlicher und geistiger Gesundheit und habe auch überhaupt kein Bedürfnis mehr danach - und nein ich habe keine psychische Erkrankung, sondern hatte früher ganz normale Beziehungen. Deine Schilderungen aus dem Kloster finde ich offen gesagt verstörend. Wenn da Massagen tatsächlich als "Ersatz-Sex" herhalten müssen ist da wohl gehörig was schief gelaufen.

    Also stellt sich die Frage: Wenn es da ein offenbar gravierendes Problem gibt, warum vertuscht man das Problem lieber und nimmt gravierende Folge-Probleme in Kauf, statt offen und ehrlich über das Problem zu sprechen und differenzierte Lösungen zu finden, die einerseits unnötige Leiden verringern und andererseits den Sinn einer Regel beibehalten?

    Theravada heisst ja nicht umsonst die "Lehre der Älteren" - es soll eben so praktiziert werden wie zu Buddhas Zeiten. Das macht es einerseits sehr authentisch, andererseits auch sehr dogmatisch. Ich finde ehrlich gesagt gar nicht, dass gelegentliche (!) Masturbation eine so krasse Anhaftung ist, solange man sie ausschließlich mittels Kopfkino praktiziert. Das hat in der Regel keine negativen Folgen für andere, und nachdem es erledigt ist, kann man die Sache abhaken. Ähnlich wie beim großen Geschäft. :moon:


    Wenn es stimmt was du erzählt hast - dass einige Mönche regelrechte Kettenraucher sind - stimme ich dir zu dass da ein krasses Missverhältnis herrscht. Drogensucht ist eine tausend Mal schlimmere Anhaftung als gelegentlich ein paar Samen zu verlieren.

    Vor diesem Hintergrund bin ich der Meinung, dass:

    1. eine maßvolle Lockerung der Keuschheitsregel auch in Theravada-Klöstern sinnvoll wäre und auch durchaus vinaya-konform praktiziert werden könnte, indem man medizinisch begründete Ausnahmeregelungen schafft. Dafür dass Ordensregeln aus medizinischen Gründen eingeschränkt oder in bestimmten Situationen aufgehoben werden können, gibt es viele Beispiele, das ist also keine Unmöglichkeit. Wenn eine Praxis zu psychischen Problemen und Verhaltensauffälligkeiten führt, könnte man einen solchen medizinischen Ausnahmetatbestand anführen und dem betreffenden Mönch oder Novizen gelegentliche Selbstbefriedigung gestatten. Dadurch kann viel überflüssiges Leiden vermieden und die psychische Gesundheit gefördert werden.

    Meinst du nicht dass das de facto ohnehin mehr oder weniger toleriert wird? Ich weiss nicht wie es in einem Theravada-Kloster zugeht, aber es wird wohl kaum jeden Abend kontrolliert ob alle Mönche die Hände über der Bettdecke haben.

    Aber es gibt da meines Wissens keine Stellen, in denen er die erotische Liebe zwischen den Geschlechtern positiv dargestellt hätte, obwohl er ja ansonsten oft von "Liebe" spricht.

    Das ist glaub ich auch so ein westliches Problem, dass bei "Liebe" immer sofort an die Liebe zwischen Mann und Frau gedacht wird. Natürlich ist "Liebe" in diesem Kontext immer im Sinne von "Mitgefühl" gemeint und hat rein gar nichts der geschlechtlichen Liebe zu tun.


    Warum die geschlechtliche Liebe nicht positiv dargestellt wird ist doch klar: Sie ist die größte Anhaftung die Menschen haben. Man muss sich ja nur ansehen was hier teilweise geschrieben wird um die sexuellen Freuden und Buddhismus doch irgendwie in Einklang zu bringen. Ich bin mir sicher dass sehr viele Menschen eher ein Bein oder einen Arm oder sogar beides hergeben würden als ihr Geschlechtsorgan.

    Hast natürlich recht, "Kompromiss" war ein doofes Wort. Wollte nur nicht schreiben: "Der Mittlere Weg ist ein Mittelweg...."

    also sex ist wie du schon sagst ein natürlicher vorgang. Aber man sollte es natürlich nicht übertreiben. Der mitlere weg halt.

    Diese Antwort ist natürlich der Klassiker, aber offensichtlich hat Buddha in diesem Fall eben NICHT den Mittleren Weg vertreten, jedenfalls nicht in dem Sinne wie wir ihn heute verstehen. Selbst ich als bekennender Schopenhauerianer finde es extrem hart, den Mönchen sogar den Samenerguss im Schlaf anzulasten. Da muss man ja schon eine fast übermenschliche Selbstkontrolle erlangt haben, um sowas vermeiden zu können.


    Und etwas allgemeiner: Ich hatte in einem anderen Thread schonmal geschrieben, dass ich glaube, dass das Prinzip des Mittleren Weges heute oft missverstanden wird - nach dem Motto: "Von allem ein bisschen ist schon okay." So war es meiner Ansicht nach nicht gemeint: Der Mittlere Weg war ein Kompromiss zwischen der extrem Selbstkasteiung der brahmanischen Asketen, die sich bewusst Schmerzen zufügten, und einem Leben, wie es der "Durchschnittsweltling" führte. Hier mal ein bisschen betrinken und dort mal ein bisschen rumvögeln - solange man es nicht übertreibt - ist NICHT der Mittlere Weg im Sinne Buddhas.

    Der Zweck des spirituellen Lebens und des Dhamma ist nun mal die Befreiung, und dazu ist das Versiegen des Begehrens nötig. Das sehe ich schon als den Hauptgrund dass der Buddha für Mönche und Nonnen keinen Sex erlaubt hat, eben deshalb weil er ein bedeutendes Hindernis für das Erwachen ist. Laien können das auch praktizieren wenn sie können, ist aber nicht vorgeschrieben.

    Wer das so sieht, dem empfehle ich Theravada.

    Es gibt aber auch noch andere buddhistische Sichtweisen, sowohl über Befreiung als auch über Hindernisse. Für wen das interessant klingt, dem empfehle ich Vajrayana, besonders die inneren/höchsten Yoga-Tantras.

    Ist halt nur die Frage, ob man Tantra wirklich als "buddhistische Sichtweise" verkaufen kann. Hat der Buddha jemals tantrische Praktiken als Weg zur Erleuchtung empfohlen?

    Doch! Das ist ja gerade das Problem: Was Du beschreibst, ist sozusagen eine westlich-aufgeklärte Version von Buddhismus, in der es nur darum geht, sexuelles Fehlverhalten aufzugeben und stattdessen Sexualität, Erotik und Zärtlichkeit harmonisch zu genießen.

    Ist ja eine sympathische Ansicht, aber eben nicht die Lehre des Buddha. Es gibt dafür - soweit ich weiß - keinen einzigen Beleg, dass der Buddha eine solche positive Sichtweise auf ein einvernehmliches und harmonisches Ausleben der Sexualität hatte.


    Dass Laien üblicherweise lediglich auf sexuelles Fehlverhalten als Übungsregel verzichten müssen, liegt einfach daran, dass die meisten Menschen nicht mehr an Verzicht leisten können.

    Keineswegs daran, dass der Buddha einvernehmlichen und harmonischen Sex positiv betrachtet hätte.

    Da hast du absolut Recht, an der strikt lustfeindlichen Haltung Buddhas - um mit meinem Avatar zu sprechen: der "Verneinung des Willens" - gibt es nicht zu deuteln. Ich hatte das Thema vor einiger Zeit schonmal im Zen-Forum angesprochen, wo mir dann gesagt wurde, gegen "Sex ohne Begehren" sei nichts einzuwenden - es ist natürlich ein völliges Hirngespinst, dass es sowas wie "Sex ohne Begehren" geben könnte.


    Heutzutage ist sowas natürlich schwer vermittelbar. Für die meisten Menschen ist Sex eine der wichtigsten Sachen im Leben, wenn nicht sogar die allerwichtigste. Wer dieser positiven Sicht nicht zustimmt gilt schnell als Spinner und Sonderling, der irgendwie im Mittelalter hängen geblieben ist. Da sich der Buddhismus im Westen nun mal auf dem Markt der Religionen behaupten muss wird dieser Aspekt dann eher unter den Teppich gekehrt und man begnügt sich damit, auf den Verzicht auf sexuelles Fehlverhalten zu verweisen, meistens ohne dies genau auszubuchstabieren.