Entschuldigt mich , ich bin neu hier , ich finde dieses thread sehr interessant und habe noch in keinem Post meine Sichtweise gelesen.
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(1.) "Dukkha" bedeutet doch nicht allein schweres Leiden, sondern umfasst auch alles, was unzulänglich und nicht vollständig befriedigend ist. Deshalb sind sinnliche Genüsse immer "dukkha", auch wenn es sich z.B. um eine Beethoven-Symphonie handelt. Das gilt schon allein deshalb, weil es sich um ein vergängliches Glück handelt.
Ähnlich ist es mit liebevollen sexuellen Erlebnissen. Auch das ist "dukkha" in dem beschriebenen Sinn.
Wenn jemand so weit fortgeschritten ist auf dem Weg der Befreiung, dass er die "Dukkha"-haftigkeit auch liebevoller Sexualität oder einer Beethoven-Symphonie nicht bloß direkt nach einer tiefen Meditation empfinden kann, sondern sogar im Alltag, dann wird vielleicht auch ein Laie darauf verzichten wollen. Dazu kann ich aber nichts sagen, weil ich nicht soweit bin in meiner Entwicklung.
Jedenfalls erinnere ich mich an den Ausspruch eines älteren Freundes, der sein ganzes Leben lang sehr an Sex interessiert war und im hohen Alter meinte: "Was für ein Glück, dass ich jetzt impotent bin. Ich habe das Gefühl, endlich ohne diesen Druck der Sexualität das tun zu können, was sinnvoll ist."
Das deutet darauf hin, dass es für diejenigen Laien, denen die Überwindung der Sexualität nicht allzu schwer fällt, durchaus sinnvoll sein kann, genau das zu tun.
(2.) Der Übungsregel für Laien sollte hinzugefügt werden, dass es heilsamere und weniger heilsame Formen der Ausübung von Sexualität gibt. Dass die weniger heilsamen nach Möglichkeit durch die heilsameren ersetzt werden sollten. Und vor allem wäre es sinnvoll, genauer zu beschreiben, welches die heilsameren Formen sind, damit ein Laie sich daran orientieren kann.
Thich Nhat Hanh hat das übrigens ansatzweise versucht und entsprechend kommentierte Übungsregeln herausgegeben. Warum sollte das nicht auch im Theravada möglich sein? Vereinzelt gibt es auch da schon Lehrer wie Ajahn Brahm, die in diese Richtung gehen.
(3.) Du weist richtig darauf hin, dass viele Menschen nicht geeignet sind, in einem Kloster zu leben.
Ob sie aber geeignet sind oder nicht, zeigt sich oft erst nach vielen Jahren. In der Antwort auf Accinca hatte ich oben dazu geschrieben:
Zitat
Es gibt nicht bloß Schwarz (geeignet) und Weiß (ungeeignet), sondern mancherlei dazwischen.
Wer zu den vielen Menschen gehört, die "Sexualität nicht durch spirituelle Praxis überwinden können", ist vermutlich in einem Theravada-Kloster nicht gut aufgehoben und sollte wieder Laie werden bzw. von vornherein Laie bleiben.
Allerdings weiß man bei den meisten Menschen, die in ein Kloster eintreten, ja gar nicht, ob sie dazu geeignet sind oder nicht. Das stellt sich erst im Laufe der Zeit heraus.
Viele stehen sozusagen dazwischen und haben in den ersten Jahren erhebliche Probleme. Oder sie haben sogar nach Jahrzehnten plötzlich Probleme und stehen vor der Frage, ob sie deswegen entroben müssen.
In solchen Fällen kann es eine gute Lösung sein, vorübergehende Ausnahmen von einer Regel zuzulassen, die ein Mensch vorübergehend nicht befolgen kann. Ebenso wie viele Klosterregeln ganz offizielle Ausnahmen zulassen, wenn ein Mönch krank ist. (...)
Man sollte nicht unterstellen, dass diejenigen, die Probleme haben, nur deswegen Probleme haben, weil sie nicht konsequent üben.
Es braucht eben Zeit und Geduld und ein gütiges Umgehen mit Unzulänglichkeiten, sofern denn eine grundsätzliche Bereitschaft, Eifer und Motivation vorhanden sind.
In diesem Zusammenhang erscheint es sinnvoll, nicht mit Strafe und Ausschluss aus der Gemeinschaft zu drohen, sondern vorübergehende und maßvolle Ausnahmetatbestände zuzulassen.
(...) Von neuen Regeln oder dergleichen war nicht die Rede, sondern von Ausnahmetatbeständen, die vinaya-konform medizinisch begründet werden können.
Zum Thema dukkha, ich bin mir nicht ganz sicher ob ich es richtig verstehe. Damit ist gemeint das man nicht wirklich frei von gewissen Dingen ist , eine Art Abhängigkeit? Die dich dazu bringt kurz anhaltendes Glück zu erfahren. Man somit nicht wirklich erfüllt ist weil man immer ein verlangen hat das vielleicht für einen Moment gestillt wird jedoch abklingt und dann das leid wieder hervorruft!
Ich denke ,das wenn man das Ziel erreicht hat und das leiden beendet hat es im Prinzip keine rolle spielt ob man dann Sex hat oder nicht. Normalerweise sollte doch nachdem man Sex hatte das leid immer noch beendet sein . Von dem her stellt sich die Frage für mich ob es Sinn macht das ganze zu unterbinden bis man durchs Ziel gelaufen ist. Ob man dann noch Sex will ist die andere Frage .