Ganz so OT finde ich diesen letzten, recht interessanten Diskussionsstrang gar nicht (bzw. die Diskussion ist schon sehr viel länger OT). Schließlich bringt uns Turmalins Einwurf auch zu der Frage, ob die Erkenntnis/Erfahrung der Leerheit aller Dinge auch zu einer grundlegend anderen Haltung zu den Dingen auf relativer Ebene führt. Wenn man dies bejaht (was ich persönlich tue), kann vielleicht auch gerade ein Lehrer daran gemessen werden, inwieweit sich eine solche grundlegend andere Haltung in seinen Worten und Taten widerspiegelt.
An diese Sache habe ich auch gedacht, als ich dieser Diskussion hier folgte.
Ich habe keine Lust, ein x-tes Mal über den Diamantweg zu reden, doch die Frage, ob einer, der da den Dharma seit vielen Jahren lehrt auch das, was er lehrt, erfahren hat, oder ob er es nur intellektuell ( oder auch autosuggestiv) sich angeeignet hat, also begrifflich zwar versteht, aber die Lehre nicht verkörpert durch Rede und Tat, diese Frage hat sich mir hier gestellt.
Für mich ist das klar - wenn jemand die Lehre nicht nur versteht, sondern sie auch lebt und verkörpert, dann kann er nicht zu derartigen Ansichten kommen, wie sie O.N. vertritt. Auch wenn sich da eine Unterscheidung von relativer und absoluter Ebene gerne als Rechtfertigung anbietet - wer die absolute Ebene wirklich erfahren hat und sich um die Verwirklichung auf der relativen Ebene bemüht, der wird nicht andere Glaubensgemeinschaften ablehnen. Der wird überhaupt nichts ablehnen, da er weiß, dass ausnahmslos alles leer ist. Auch bevorzugen wird er nichts.
Wie gesagt - auf der intellektuell-begrifflichen Ebene versteht hier wohl fast jeder, was mit Leere gemeint ist - es kann aber nur immer wieder ganz konkret und von Neuem in jeder Situation erfahren werden, um es dann auch los lassen zu können. Und dann hilft auch diese Erfahrung und deren Wiederholung in jeder möglichen Situation das los zu lassen, was man aktiv ergriffen hat oder was einen passiv ergriffen hat.
Erst mit dieser wirklichen Erfahrung, die immer körperlich ist, ist es möglich zu einer Änderung in der - gleichfalls auch körperlichen - Haltung zu kommen, wobei die sich dann ganz automatisch einstellt.
Nebenbei: Erfolg ist ein Hindernis. Und das hat der Diamantweg reichlich. Insofern hatte es auch keinen Grund gegeben, seine Ansichten zu ändern, d.h. zu lernen. Denn - Erfolg ist doch Beweis genug.
Dazu noch ein Zitat aus dem Palikanon:
»Wenn Rinder einen Fluß durchkreuzen, der Leitstier aber rechte
Furt verfehlt, dann folgen alle dieser falschen Fährte, da falschen
Weg ihr Führer geht.
Genauso ist es bei den Menschen: wenn jener, der als Erster gilt,
ein tugendloses Leben führt, tut's um so mehr der Rest des Volks. Im
Elend lebt das ganze Land, wenn tugendlos sein König ist.
Wenn Rinder einen Fluß durchkreuzen, und sie der Leitstier
richtig führt, dann folgen alle dieser rechten Fährte, da rechten
Weg ihr Führer geht.
Genauso ist es bei den Menschen: wenn jener, der als Erster gilt,
ein tugendhaftes Leben führt, tut's um so mehr der Rest des Volks.
Im Glücke lebt das ganze Land, wenn tugendhaft sein König ist.«
AN IV 61-70