Beiträge von Aravind im Thema „SelbstLiebe & SelbstAnnahme im Buddhismus“

    Naja aber wenn es wirklich so ist?

    Wenn was wirklich so ist? Dass ich jemanden abwerten muss?


    Das verträgt sich mit Annahme doch relativ schlecht.


    Anscheinend habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt: IMHO verträgt sich Liebende Güte sehr gut mit klaren Worten und auch mal einer klaren Ansage. Sie hat nichts mit Freude, Friede, Eierkuchen zu tun.

    Abwertung steht aber der Annahme meines Gegenübers zu tun, so, wie er oder sie gerade ist. Und verstellt damit auch den Blick darauf, was zu tun ist. Die Gefahr, aus Verblendung heraus zu handeln, ist zumindest für mich dann relativ groß.

    Ja, ich glaube es ist so, dass man erstmal ein Fundament an Freundlichkeit braucht.

    Genau, und ich möchte es noch mal betonen: Auch Freundlichkeit hat für mich nichts damit zu tun, mit dem, das zu tun ist, hinter dem Berg zu halten. Mit der Betonung der Abwertung ging es mir nur um Klarheit des Senders der Botschaft, der möglichst wenig von GHV getrübt sein sollte (im allgemeinen, nicht Void).


    Freundlichkeit, die nicht hilfreich ist (im Dhamma-Sinne) ist nicht freundlich.

    Zum Beispiel in so einem Fall:

    Was bringt denn alle liebende Güte für einen, der liebender Güte anhängt?


    Drastisch bin ich nicht, weil ich jemanden abwerten will, sondern um einen Unterschied klar zu machen. Das Selbstliebe vielleicht eher so etwas wie ein Fundament bedeutet, von dem aus man dann loslassen kann.

    Genau, deshalb finde ich diese so unglaublich wichtig. Es ist eine Methode, die Angst und den Hass "einzuhüten".


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    PS: Die nächsten Tage bin ich offline. Wenn ich nicht antworten sollte, ist dies nicht als Abwertung gemeint. ;)

    Als Thich Naht Han in den Westen kam und den Buddhismus lehren wollte, war er verwundert davon, wie labile die Leute waren, wie verwundet und voller Selbsthass und Selbstzweifel. Von daher sah er es als ersten Schritt diesen Selbsthass zu überwinder und von da aus zu einem normalen Level an Verblendung zu kommen - einem gesunden Egoismus quasi - von dem aus der buddhistische Weg erst möglich ist. Er stellt uns quasi ein vernichtendes Armutszeugnis aus. Der Novize wird als "zu neurotisch" abgewiesen und erstmal zu seiner Mutti zurückgeschickt, damit sie ihn mit ihrer Liebe aufpäppelt und er nicht mehr so verhärmt und verängstigt ist.

    Ehrlich gesagt, ich finde Deine Wortwahl sehr drastisch und überraschend abwertend.


    Ich kenne Dich ja nur virtuell, aber: Angenommen, jemand käme zu Dir, würde ehrlich etwas über Dhamma erfahren wollen, und wäre ängstlich und labil. Und angenommen, Du wärest bereit, Ihm oder Ihr mit Liebender Güte entgegen zu treten: Wären "neurotisch", "zur Mutti zurück schicken", aufpäppeln, und "Armutszeugnis" die Begriffe, mit denen Du ihn betiteln würdest? Ich kann es mir nur schlecht vorstellen.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Befreiung im buddhistischen Sinn hat doch nichts damit zu tun, in so eine frühkindliche Situation zu retardieren. Sondern eben von diesem Bedürfnis frei zu werden, also sich zu emanzipieren. Erwachsen zu werden.

    Genau, dem stimme ich zu 100% zu. Auf dem Weg zur Befreiung hilft es allerdings enorm, dem inneren Kind Sicherheit zu geben, sonst entstehen aus Angst und Panik an der Stelle ständig neue, vermeidbare Widerstände. Je "weiter" man kommt, desto weniger braucht man das.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Man sollte Liebe nicht so sehr auf sich selbst beziehen. Da verpasst man was. Die Erfahrung von Unumgrenzheit. Heilsame Qualitäten sind von der Sache her unumgrenzt. Aber mangels Vertrauen(Sraddha), aufgrund der Trübungen und unheilsamer Werke(Denken,Sprache,Tun) werden sie "verborgen" und erscheinen uns begrenzt. Wenn die Mönche und Nonnen die Paritta rezitieren oder Dharani oder die Glöbnisse ect. geht es auch darum diese innewohnenden Qualitäten zu "wecken" und sich so auszuweiten zu lassen, dass sie die Unheilsames transformierende Kraft entfalten können.

    Ich denke auch, das dass Gleichgewicht von innen und außen dabei wichtig ist. Ohne Liebe zu sich selbst gibt es aber auch nichts auszuweiten.

    Zitat

    Aber die Praxis kreist nicht um sich selbst. Dann scheitert man.


    :like:


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Der Punkt ist dass das was wir im allgemeinen als "Selbst" bezeichnen ist, der Teil von uns ist, den wir eh annehemen.

    Hallo noch mal, void.


    Weil das Fenster noch offen war, habe ich zufällig diesen Satz noch mal genauer gelesen. Ich denke, dass ist i.a. nicht richtig. Wenn wir uns selbst nicht lieben, unzufrieden sind, uns kritisieren, dann spalten wir diese Teile doch nicht ab, ganz im Gegenteil, Oder meinst Du mit "annehmen" etwas anderes als "akzeptieren" oder "mögen"?


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Ich kann nicht sehen, dass der Begriff "Selbstliebe" problematisch sein muss. Du hast die wunderbare Antwort doch oben schon gegeben: ;)

    Der Punkt ist dass das was wir im allgemeinen als "Selbst" bezeichnen ist, der Teil von uns ist, den wir eh annehemen. Es ist der andere Teil der leidet. Leiden ist immer ein leiden am Selbstkonzept. Und deswegen ist das Wort "Selbstliebe" irreführend. Das ist so ähnlich, als verkauft man die Freheit vom Selbst als "Selbstverwirklichung".

    Ja, ich bin da "pragmatischer" was die Verwendung des Wortes selbst angeht. Ich sehe das eher als Label denn als ontologische Aussage (und bin mir der Gefahren dabei durchaus bewusst).


    Schönes WOchenende,

    Aravind.

    Wir fühlen uns von anderen geliebt, wenn das was wir so sind, ganz angenommen wird, so wie es ist. Wenn der andere uns so nimmt wie wir sind, ohne eine "starre Norm", wie es zu sein hat. Alles darf frei so sein, wie es eben ist.

    Ich kann nicht sehen, dass der Begriff "Selbstliebe" problematisch sein muss. Du hast die wunderbare Antwort doch oben schon gegeben: ;)


    Wir fühlen uns von uns selbst geliebt, wenn das, was wir sind, von uns ganz angenommen wird, so wie es ist.

    Wenn wir uns so annehmen, wie wir sind, ohne eine "starre Norm", wie es zu sein hat.

    Alles darf frei so sein, wie es eben ist.


    Ich kann mir kaum ein schöneres Ziel vorstellen.

    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Das ist eine im Theravada verbreitete Übung, die ich auch mache, wenn auch nicht so regelmäßig. Zuerst richtet sich metta auf einen selber, dann stufenweise auf andere bis hin zu allen Wesen überhaupt.

    Ich denke, wenn man etwas länger praktiziert, dann merkt man schon, was die "richtige Frequenz" ist. Ab und zu frage ich meinen Lehrer, damit ich mich nicht selbst über's Ohr haue und Richtung "Wohlfühlpraxis" abdrifte. 8)


    In dem Begriff "SelbstAnnahme" könnte ich so eine Art von (auch wieder natürlich durch ein Vertrauen) bedingte "Bereitschaft", sich unvoreingenommen den Gefühlen und Vorstellungen wie sie kommen, zu stellen. Eben damit man sie einmal im Detail genauer untersuchen/ertasten/erspüren kann.


    ine im Sinne der Lehre des Buddha vollkommen richtige Aussage. Da gibt es in uns Selbst nichts, das man greifen könnte, um es zu lieben, oder zu hassen.


    Diese Aussage heisst ja nicht, dass da nichts wäre, was man ergreifen könnte. Sondern nur, dass dieses etwas (was ergreifbar ist) nicht in einer bestimmten Sache (in einem Ich/in einem Selbst) "drin" ist.

    Genau! Die exakt Formulierung "bei mir" heißt auch: So entwickeln wir bedingunglose Liebe für die Person, die wir Selbst nennen. Das schließ ein, dass man sich der Illussion bewusst ist, und nicht "aus Versehen" die Ich-Illusion noch mehr stärkt.


    Liebe Grüße, Aravind.

    Ich geh mal mit @mkha' und ignoriere die Frage nach dem Selbst, das angeblich nicht existiert (trotzdem natürlich eine wichtige Frage).


    Ich rede hier wie meistens über meine eigenen Erfahrungen und meine tägliche Praxis. Im Vipassana ist Metta neben Achtsamkeit und Einsichtsmeditation die dritte wichtige Säule.


    Metta Bhavana
    Liebe definiere ich hier im buddhistischen Sinne als "Metta", Liebende Güte.

    Romantische Liebe, Elternliebe usw. führt im Gegensatz dazu eher nicht zur Befreiung, sondern zu mehr Leiden. Leiden verwende ich hier ebenso im buddhistischen Sinne, also auch "unbefriedigt sein", ...


    Das Grundprinzip von Metta ist nach meinem Verständnis, dass sie völlig bedingungs-los ist (und damit eng verwandt mit Hingabe an das, was ist). Ich sende diese Liebe zu mir und allen Lebewesen, nicht:

    * um jemanden freundlich zu stimmen

    * um ungewollte Gefühle durch andere zu ersetzen, die mir besser passen

    * um Dich oder mich zu manipulieren

    usw.


    Sondern, weil "ich" erkannt habe, dass ich leide.

    Dass alle Lebewesen leiden, und wir miteinander verbunden sind.


    Das tolle an Metta ist, dass sie heilsame Folgen hat, obwohl sie ohne Absicht ausgeübt wird (genau genommen: nur wenn sie ...).


    Ich selbst praktiziere Metta Bhavana mindestens zwei Mal am Tag nach den "üblichen" Anleitungen (Herz öffnen, "Möge ich glücklich sein, möge ich Ärger und Groll los lassen, ...") und dem Metta Sutta für mich und dann für alle Lebewesen.


    Wirkung

    Mit etwas Übung sind die Effekte wirklich beeindruckend: Mehr Gleichmut, mehr Selbstliebe, obwohl ich in der Einsichtsmeditation in mir auf so viel Hass und Gemeinheiten stoße; also Annahme der unheilsamen Gedanken/Gefühle/Empfindungen.


    Mittlerweile setze ich Metta-Meditation als Start meines Sitzens ein, weil sich mein Geist dann schneller und automatisch beruhigt. (die klassische Abfolge wäre eher "Achtsamkeit auf den Atem", Einsichtsmeditation, Metta). Ebenso im Alltag.


    Ob sich mein Selbstwertgefühl dadurch verbessert, kann ich gar nicht sagen. Ich glaube, das ist eher umgekehrt: Indem ich alle meine Seiten stärker annehme, nimmt die Bedrohung von außen ab (dass jemand mitbekommt, was für ein unfähiger und furchtbarer Mensch ich bin; dass ich nicht gut genug bin), und ich habe von alleine mehr Lust, mich mehr zu öffnen, weniger Perfektion zu behaupten, mehr Liebe in die Welt zu bringen, und mich zu zeigen.


    Das bestätigt den alten Satz: "Liebe ist das Gegenmittel zu Angst".


    Wie kam ich dazu?

    Ganz einfach: Als ich meinen Lehrer kennen gelernt habe, kam mir so viel unbedingte Liebe entgegen, dass ich sofort wusste: Das will ich auch!


    Liebende-Güte-Grüße, Aravind.


    Metta Bhavana: Loving-Kindness Meditation – Mahamevnawa Buddhist Monastery

    Metta-Sutta