Beiträge von Alephant im Thema „Buddhadasa“

    Man kann so eine Sicht ja niemanden aufzwingen. Es muss schon dort die Möglichkeit sein, sich auf diese Betrachtungsweise unvoreingenommen einzulassen.


    Aber man könnte doch Vertrauen haben.


    Nur ist das mit dem Vertrauen wieder so eine Sache: auch das begreift man irgendwie als nur "subjektiv", anstatt es als festeren Halt in der Wirklichkeit zu begreifen. Ganz genau so, wie man sich auch an einem Treppengeländer festhalten kann.


    Alle Wirklichkeit über die man spricht ist nur subjektiv. Nur. In dem Sinne, in dem ausgehend von einer Wahrnehmung betrachtet & gesprochen wird. Man relativiert selbstglaubend ja auch die Bedeutung bestimmter "subjektiver" wichtiger Erfahrungen (gerne auch die "unheimlicheren", die einem zum Zweifeln bringen). Dabei lebt man nur in in "den eigenen" Erfahrungen und nur die können die Wirklichkeit für einen sein. Dieser Wirklichkeit haben sich alle anderen Beschreibungen über eine allgemeine Wirklichkeit aller (dazu gehören auch die Dinge der Aussenwelt) unterzuordnen.


    Tun die meisten aber nicht. Postulieren immer eine Welt, die Wesen hervorbringt. Etwas anders wie ein Gott, aber im letzten Sinn schon so gedacht.




    :earth:

    Wenn es keine "Leiderfahrungsmöglichkeit" gibt, wie konnte der Buddha dann dukkha erfahren?


    Ich hatte geschrieben, dass es keine "Leiderfahrungsmöglichkeit" gibt, die einmal vernichtet sein wird.


    (Ich hätte ergänzen sollen: naturgesetzhaft gedacht: automatisch einmal vernichtet sein wird. In deiner Denke: wenn der Körper aufhört zu funktionieren. Da wäre dann ein Ich vernichtet, und die nur in diesem Ich begründete einmalige Leiderfahrungsmöglichkeit)


    Insofern relativiert sich dein Einwand:


    wie konnte der Buddha dann dukkha erfahren? Und daraus eine Lehre entwickeln, die er ein halbes Jahrhundert lang verbreitete, wenn es neben dem ständigen Wandel nicht auch gewisse (vorübergehende) Kontinuitäten gibt?


    Du missverstehst eben deine und die Handlungen anderer als Handlungen die Ichbegründeten Motiven zugrundeliegen. Es geht aber niemand ein Eis um die Ecke essen, weil da die Bedienung so toll ist und das Eis auch nicht so schlecht ist. Es wird da hingegangen, weil da ein Begehren ist, was rational begründet/geglaubt wird, so dass man schlechter sieht, dass es einfach nur ein Begehren in Abhängigkeit ist.


    Dieses Begehren ist da auch in Abhängigkeit zu einem Gefühl und auch einer Vorstellung mitunter. Die Vorstellung entsteht/kommt zumeist unkontrolliert (ganz plötzlich: der Wunsch, dorthin wiedereinmal hinzugehen) und ist deswegen anders bedingt (keine Kontrolle durch ein Selbst/Ich oder ein "Unterbewusstsein"). Zum Beispiel anderer Hormonhaushalt an diesem Tag, was gleichbedeutend ist mit einem anderen Geist- & damit auch Körperzustand.


    Letztlich geht da in die Eisdiele nur jemand hin, weil er bestimmte Sachen glaubt und mit ein paar anderen Grundsätzlichkeiten der Wirklichkeit vertraut ist (zB Gesetzhaftigkeit, ausschnitthafte Prognostizierbarkeit, Kenntnisse über bestimmte soziale Räume, Sprachen, u.s.w.), weswegen die Illusion auch so gut "klappt".


    Das Begehren nach dem Eis wird als natürlich (eigenlogisch durch ein Säuge- & Sinnestier "Mensch") vorausgesetzt, und man bewegt sich mit diesem Begehren, wird/ist gewissermassen das Begehren selbst, (was einen erstens immer irgendwohin in der Welt führt, denn ein Begehren ist ja immer ein Begehren nach einer Sache die irgendwo in der Innen oder Aussenwelt liegt, und zweitens führt ein Begehren nicht selten zu Gewohnheiten, die, wenn nicht erfüllt zu Leid führen).


    Geglaubt wird an die Natürlichkeit eines Ichs in einer allumfassenden Natur, die ein solches Ich hervorgebracht hat und so geht man dann unbeschwert sein Eis essen, und erfreut sich an der Natur und dem ganzen wundervollen Sein, dabei ist das ebenso nur Anhaftung an Vorstellungen und Gefühlen. Ein Nichterkennen als bloss "angenehm" - nicht zwingend mit diesem Gegenstand der Betrachtung verbunden, nicht zwingend mit dieser spezifischen Überlegung vor ein paar Momenten verbunden. Auch nicht mit einem Ding "Natur". Ausser man stellt sich darunter ein gesetzhaften/allgemeinen/absoluten Bedingungsmechanismus des Bewusstseins (immer "über" irgendetwas mehr oder weniger Dingliches) und des Gefühls und des Begehrens oder Ablehnens vor.


    Am Ende lehnst du mit deiner Vorstellung, dass da ein atta mit dem Tod vernichtet würde, eine sinnliche Erfahrungswelt ab, begehrst (aktuell) nicht oder weniger nach ihr. Ist da evtl ein undurchschautes Begehren nach "Nichtsheit", nach "Formlosigkeit", i dont know ... eher nur du kannst das ergründen.




    :earth:

    Weder das Leid des Alterns noch das Leid der Geburt noch ein sonstiges Leid wird von dem Buddha damit begründet, dass da ein Wesen Mensch abgetrennt von einer Welt ist.


    Es gibt kein Selbst, was dem Altern unterliegt oder dem Werden oder dem Geborenwerden oder den Veränderungen einer Umwelt. Es gibt kein Selbst was Schmerz erleidet/"dukkha erfährt" und auch keines, was davon frei sein kann.


    Es gibt keine Wesen, die getrennt von einer Welt in einer Welt leben. Und die man dann auftauchen und wieder verschwinden sieht. Man sieht da schon etwas auftauchen und auch wieder verschwinden, aber das sieht man überall.


    Es gibt eine geglaubte Kontinuität Anatta, die der Buddha klar als Glaube gekennzeichnet hat. Es handelt sich hier bei solchen Vorstellungen darüber, wie und warum jemand so ist, wie er angeblich ist, um eine Illusion. Um eine verdrehte Sicht der Sachlage. Dass da etwas ist, auch weil etwas anderes war, das soll nicht abgestritten werden. Aber ein Bedingungszusammenhang ist da nicht weil da als Verknüpfung zweiter Ereignisse ein Ich oder ein Selbst wäre, dem einfach verschiedenes widerfährt. Der Zusammenhang ist anders. In Abhängigkeit vom NichtWissen. Und dazu ein von uns aus erfahrungsmässig eingeschätzt (eine Lebensspanne von 90 Jahren entspricht ca. 1/127 Millionstel der angenommenen GesamtZeit des Kosmos bisher) relativ stabiles Gebilde: menschlicher Körper. Also gar nichts, in kosmischen Masstäben betrachtet.


    Dass man den Dingen keinen Wert beimisst (kein Selbst darin sieht) ... das ist kein so grosser Schritt. Dass man einen blossen Gegenstand als leer von dem Sinn erkennt, den man einen Gegenstand manchmal beimisst. Aber in Anbetracht des eigenen Körpers glasklar zu erkennen, was da eigentlich ist, das ist natürlich sehr viel schwieriger.


    Das ist ein Punkt, den sollte man einmal durchdenken. Über die Zeit stellen sich weitere Einsichten ein, die schwer zu formulieren sind und die deutlich machen, warum die Lehre von der Entstehung des Leids nur so gesagt ausgesagt wurde: Da ist Dasein und damit Leid in Abhängigkeit von NichtWissen.


    Arthur1788 Ich lese hinter deinen Zeilen den Glauben an Vorstellungen über eine Welt, die Wesen hervorbringt. Ausgehend von dieser Vorstellung ist es dir undenkbar, dass da ein entstandenes Wesen woanders wieder erscheint. Diesen atta-Glauben lehnst du ab. Stattdessen hängst du einem Vernichtungsglauben an. Ein anderer atta-Glaube. Es gibt ein Ich und damit auch ein Leid, oder eine "Leiderfahrungsmöglichkeit", die einmal vernichtet sein wird. Diesen Glauben lehnte der Buddha ebenso klar ab, wie er den Glauben an Wesen, die wiedergeboren werden, als Glauben kennzeichnete.




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    In den verschiedenen Auslegungen der Lehre des Buddha, die man auch als "volkstümlich geprägt" zB kennzeichnen kann, ist es doch eigentlich so, dass da mehr oder weniger attaGlaubend, also mehr oder weniger verwirklicht über die LeidEntstehung und seine Vernichtung gesprochen wurde & wird.


    So ist die Geschichte der Entwicklungen der Auslegungen der hohen Lehre (in der man spezifisch "volkstümliche Auslegungen" behandeln könnte) eben auch insgesamt eine Geschichte des Zerfalls durch attaglaubende Auslegung und Fortführung.




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    sondern Einsicht in die fundamentale Natur der Dinge zu erlangen - das ethische Handeln sollte sich dann von allein ergeben.


    Entsprechende Handlungen über Dauer ausgeführt führen zu entsprechenden befleckungsreineren oder befleckteren Zuständen.


    In diesen Zuständen kann man ebenso Betrachtungen (das Dasein betreffend) anstellen. Diese Betrachtungen sind dann feiner oder weniger fein. Und bedingen natürlich ebenso auch auch wieder die Handlungen im Umgang mit den anderen.


    Nach einer "guten Wiedergeburt" zu streben, wie es anscheinend die überwältigende Mehrheit der Laienbuddhisten in Asien tut, erschafft doch letztlich nur neue Anhaftungen ans Ego.


    Ich denke nicht, dass der Buddhadasa die Heilsamkeit gewisser Vorstellungen im Vergleich zu anderen weniger heilsamen Vorstellungen in Frage stellen wollte. Nur ist eben der Ausgangspunkt und deswegen auch der Ausgangsbegriff der Lehre des Buddha das Leid. Und das wurzelt absolut gesehen im NichtWissen und damit der Anhaftung.


    Je mehr Erkennen von anatta ist, desto mehr schwindet auch ein vielleicht erstmal heilsam gedachter und gelebter Glaube an Wiedergeburt eines attas.


    Wie bei allen GlaubensArten gibt es heilsame und unheilsame Auslegungen. So ist es auch im Fall des Glaubens an die Wiedergeburt bestimmter Selbste. Nur wird in der Lehre des Buddha jede Vorstellung an ein Selbst, was da wäre oder dort wäre, oder nicht da wäre (weil es so geglaubt schon einmal war, und nun nicht mehr ist) als blosser Glaube gekennzeichnet, der nicht mit einem hohen Wissen vereinbar ist. Ausser eben, dass durch den einen oder einen anderen Glauben bedingt ein heilsamerer Lebenswandel Einzug halten kann.


    In der Lehre des Buddha geht es aber darum, jeden Glauben zu überwinden. Egal wie fein oder wie grob der ist. Und ein Glaube ist immer ein Glaube an irgendein "Mikro- oder MakroSelbst" - was einer ja zB auch in einer geliebten Tasse vermuten kann, ohne das zu wissen.




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    Ich habe kürzlich "Kernholz des Bodhibaums" gelesen und war schlichtweg begeistert. Buddhadasa Bhikkhu arbeitet dort hervorragend heraus, worin der eigentliche Kern des Buddhismus besteht (Suññatā), und relativiert dabei bestimmte volksreligiöse Vorstellungen von Karma und Wiedergeburt. Ich gehe damit vollkommen konform, und halte es für eine fatale Fehlentwicklung, dass diese Elemente in vielen (wohl den allermeisten) buddhistischen Schulen eine so überragende Bedeutung erlangen konnten. Ich bin gerade dabei, auch die anderen Schriften von Buddhadasa zu verschlingen, und entwickele mich langsam aber sicher zu einem regelrechten Fan. 8)


    Es ist ja auch vollkommen richtig, bestimmte volksreligiöse Vorstellungen von Karma und Wiedergeburt in Hinblick auf einen weiteren Blick auf die Sachlage zu relativieren.


    Und wie arg da einige in bestimmten DenkMustern stecken, weil da weniger achtsamer Umgang mit Vorstellungen ist (insbesondere auch "Karma" und "Wiedergeburt") sieht man ja auch. Und wo weniger Achtsamkeit ist, ist vielleicht auch "weniger Buddhismus".


    Da kann man aber den Begriff "Achtsamkeit" auch wieder zu kurz denken, und dann den Zusammenhang vielleicht auch zu diesem Fall hier nicht sehen. Zu dem Motiv, offensichtlich volkstümliche Glaubensarten & Lehren und Riten von einem eigentlichen "Kern der Lehre" & damit auch einer bestimmten Praxis abzugrenzen.




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