Beiträge von Sudhana im Thema „Das „nicht“-Paradoxon in den Koan des Chan/Zen Buddhismus oder es ist nicht ein Ding“

    Kann man das auf Deutsch lesen, ist das einigermaßen ok, oder dann lieber gar nicht?

    Mein Gedächtnis ist wahrlich nicht mehr das Beste - es gibt eine weitere deutsche Übersetzung, die man nicht unter den Tisch fallen lassen sollte. Schande über mein Haupt, dabei besitze ich sie selbst. Sie war seinerzeit ein Abschiedsgeschenk für ehrenamtliche Tätigkeit und der Titel war möglicherweise durchaus auch als kleine Anspielung (im Sinne: 'halte dich zukünftig gefälligst 'raus') gedacht ... }:-)


    Thich Nhat Hanh

    Es gibt nichts zu tun

    Die Zen-Unterweisungen des Meisters Linji


    edition steinrich 2013


    Es ist eine überarbeitete Neuausgabe des 2009 bei O.W. Barth erschienenen


    Aufwachen zu dem, der du bist

    Die Zen-Unterweisungen des Meisters Linji


    Die Übersetzung aus dem Englischen besorgte meine Dharmafreundin (ich denke, ich darf sie so nennen) Ursula Richard - wir sind uns auf dem Weg gelegentlich begegnet und ich habe diese Begegnungen in sehr angenehmer Erinnerung.


    Nun ist bzw. war Thich Nhat Hanh als Lehrer nie so recht meine Tasse Tee und für die meisten seiner Bücher gilt wohl: hat man eines gelesen, kennt man sie alle. Dessenungeachtet gibt es da durchaus Ausnahmen, wozu ich neben seiner Übersetzung des Ānāpānasati Sutta auch dieses Buch zähle, auch wenn ich die Übersetzung als etwas weichgespült empfinde. TNH ist halt kein Linji, ihm fehlt dessen erbarmungslose Schärfe. Linsensuppe süß-sauer statt Chili con Carne. Ist aber beides nahrhaft und nicht Jedem schmeckt beides ...


    Das Buch ist jedenfalls ausgesprochen anfängerfreundlich; TNH hat der Übersetzung auch einen Abschnitt "Übungen, die auf den Aufzeichnungen des Meisters Linji aufbauen" angefügt. Das ist nun wieder der TNH, der mich nicht so recht anspricht - aber da darf man selbstverständlich anderer Ansicht sein. Okay - von daher vielleicht verständlich, dass das Buch in meinem Gedächtnis nicht auf Anhieb präsent war.


    Der Titel spielt auf eine Stelle aus dem 18. Lehrvortrag an, aus dem folgendes Zitat dann auch der Einleitung TNH's vorangestellt ist:

    Zitat

    "Wie ich es sehe, gibt es nicht viel zu tun. Seid ganz natürlich - legt eure Robe an, esst euer Essen und verbringt die Zeit damit, nichts zu tun."

    Es ist ein Rat Linjis, den ich im Laufe der Jahre ganz besonders schätzen gelernt habe - wobei ich hier dann doch auch die Begründung für diesen Rat ein wenig zitieren möchte. Nicht nach TNH / Richard, versteht sich, um © - Probleme zu vermeiden ... und auch einen Kommentar zu TNH's Ergänzung zu geben :angel:.


    Zitat

    Außerhalb des Geistes gibt es keinen Dharma und selbst innerhalb des Geistes kann er nicht erfasst werden. Was gibt es denn da zu suchen?


    Ihr lauft durch die Gegend und schwatzt von religiöser Praxis, von Erleuchtung. Macht keinen Fehler! Gäbe es so etwas wie religiöse Praxis, wäre das bloß Karma, das euch im Reich von Geburt-und-Tod festhält. Ihr sagt "ich folge allen sechs paramitas und den zehntausend Übungen". So, wie ich das sehe, erzeugt dieser ganze Kram bloß Karma. Buddha suchen, den Dharma suchen - das schafft nur Karma, das zur Hölle führt. Die Bodhisattvas suchen - auch das ist Erzeugen von Karma. Sutren studieren, die Lehre studieren - auch das ist Erzeugen von Karma. Die Buddhas und Patriarchen sind Leute, die nichts zu tun haben. Daher, ob sie nun Geistestrübungen haben und handeln oder ob sie von Geistestrübungen frei sind und nicht handeln, ist ihr Karma klar und rein.


    Da gibt es einen Haufen blinder Glatzköpfe die, nachdem sie sich mit Reis vollgestopft haben, herumsitzen und Meditation im Zen-Stil üben, die versuchen den Fluss der Gedanken anzuhalten und ihr Aufsteigen zu stoppen, die das Gezeter hassen und Stille verlangen - aber das sind keine buddhistischen Wege.


    [...]


    Ihr Wegsucher! Ihr haltet die Worte, die aus den Mündern eines Haufens alter Knacker kommen, für eine Beschreibung des wahren Weges. Ihr denkt: "Was für ein überaus wundervoller Lehrer und edler Freund! Ich habe nur den Geist eines gewöhnlichen Sterblichen, ich würde niemals wagen, solche Ehrwürdigkeit zu ergründen." Ihr blinden Idioten! Ihr geht durch das Leben mit dieser Art von Verständnis und betrügt dabei eure eigenen beiden Augen. Duckmäuser, die daher stolpern wie ein Esel auf auf einer vereisten Straße.


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    Werter Schmu ,

    ich kenne alle drei genannten deutschen Übersetzungen nicht. Bei der ersten habe ich mir vor einigen Jahren aus gegebenem Anlass über die Qualitäten des Übersetzers als Lehrer ein Urteil gebildet, das wohl nicht ohne Einfluss auf eine Beurteilung seiner Qualität als Übersetzer wäre. Da selbst eine positive Beurteilung die andere nicht revidieren würde, spare ich mir die Lektüre.


    Die Empfehlung der 2. Übersetzung von Leonie möchte ich unterstreichen. Ich kenne sie zwar nicht, aber von Ursula Jarand die Übersetzung des Plattform - Sutras; ebenfalls mit Kommentaren Soko Morinaga Roshis, die gelegentlich durchaus (mich) Erhellendes beitragen. Also von mir zumindest eine Empfehlung von Übersetzerin und Kommentator, wenn schon nicht der Übersetzung. Zur dritten Übersetzung kann ich leider nichts sagen.


    Ich persönlich greife, wenn mir danach ist, eine bestimmte Stelle mal nachzuschlagen, zu Burton Watsons Übersetzung, die ich bequemerweise in Papier hier herumstehen habe. Will ich mal in eine Stelle etwas tiefer einsteigen, wird zusätzlich Ruth Fuller Sasakis kommentierte Übersetzung beigezogen, evt. auch noch die Irmgard Schloegls (die direkt aus einer chinesischen, nicht japanischen Edition übersetzt hat). Insbesondere Fuller-Sasaki ist mE bei den Linji-Übersetzungen immer noch so eine Art Goldstandard. Ihre und Schloegls habe ich als PDF. Wer mit Englisch so gut zurecht kommt wie mit Deutsch und sich das antun möchte, kann mir gerne eine PN schicken.


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    Zitat

    Ich würde nicht sagen, dass die, die heutzutage den Weg studieren, sich keine Mühe geben - aber oft lernen sie einfach Zen-Geschichten auswendig und versuchen, über alte und moderne Zenmeister Urteile zu fällen, wählerisch in Worten und Sätzen herumstochernd und dabei komplizierte Begründungen schaffend und abgestandene Slogans lernend. Wann kommen sie je damit zu Ende? Wenn du Zen auf diese Art und Weise studierst, dann wird alles, was du davon hast, eine Sammlung abgenutzter Antiquitäten und Kuriositäten sein.


    Wenn du es auf diese Weise unternimmst "die Quelle zu suchen und das Fundamentale zu studieren", dann kletterst du letzlich nur den Fahnenmast deines Intellekts und deiner Fantasie hoch. Wenn du keinem Eingeweihten begegnest, wenn du nicht selbst einen unbezwingbaren Willen hast, wenn du niemals in dich selbst zurückgetreten bist und an deinem Geist gearbeitet hast, wenn du nicht all dein früheres und späteres Wissen und deine Ansichten von unübertrefflichen Wundern abgeschüttelt hast, wenn du dich nicht direkt von all dem befreit und die ursächlichen Bedingungen der fundamentalen großen Angelegenheit verstanden hast - dann ist genau das der Grund dafür, dass du immer noch nur halb angekommen bist, zurückfällst und nicht unterscheiden oder verstehen kannst. Wenn du einfach so weiter machst, dann wirst du, selbst wenn du dich dein ganzes Leben lang eifrig bemühst, trotzdem die fundamentale Quelle nicht einmal im Traum erblicken.


    Darum sagte der Mann in den alten Zeiten: "Erwachen ist getrennt von Erklärungen mit Worten - nie gab es je einen Erlanger." Deshan sagte: "Unsere Schule hat keine Ausdrücke in Worten und nicht ein Ding oder eine Lehre, sie den Leuten zu geben."


    Yuanwu Keqin (圜悟克勤)

    Ob springen oder fallen - er kommt so oder so nicht darum herum, dabei die Fahnenstange loszulassen. Ansonsten bleibt nur, wieder herunterzuklettern wie ein ängstliches Kind vom Sprungturm im Schwimmbad. Ausruhen kann man sich da auf die Dauer nicht. Das Wieder-Herunterklettern mag vernünftig sein - aber Zen ist nichts für vernünftige Leute sondern für die, die den freien Fall genießen können. Ist der Fall wirklich frei, zeigt sich der Körper in allen zehn Richtungen. Nicht nur unten ...


    Was aber nun alles nicht die Frage beantwortet, um die es eigentlich in dieser Geschichte geht; nicht einmal bei der Antwort irgendwie hilft: Wie willst du vorwärts gehen? Dass es dabei darum geht, Leib und Leben wegzuwerfen - geschenkt.


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