Beiträge von Sudhana im Thema „Objekte“

    Wie verhält sich dann das abhängige Verhältnis von Subjekt und Objekt am sechsten Sinn, dem Geistbewusstsein?

    Gute Fage. Ich verstehe es so, dass da der vijñānaskandha nicht unmittelbar mit dem rūpaskandha, dem vedanāskandha und dem samjñāskandha interagiert, sondern vor allem auf sich selbst bezogen ist - also als Subjekt die eigene, durch den samskāraskandha geprägte Form zum Objekt macht. Die wechselseitige Subjekt-Objekt-Beziehung ist hier am unmittelbarsten, was vor allem in der Selbstreflektion die Aufhebung der Subjekt-Objekt-Spaltung begünstigt.


    Im Grunde genommen kommt man hier mE mit einem simplen Subjekt-Objekt-Modell auch nicht weiter. Hilfreicher sind da möglicherweise die Abhidharma- bzw. Abhidhamma-Modelle mit 51 bzw. 52 'Geistfaktoren' (cetasika / caitta) oder auch das komplexere Bewusstseinsmodell des Yogācāra, aber ich möchte hier, im Kontext Subjekt und Objekt, nicht weiter darauf eingehen. Das würde den Rahmen des Threadthemas sprengen.


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    Ich hatte ja auch nicht vor, eine buddhologische Diskussion zu führen …

    Nun - was wir vorhaben und was passiert ist selten deckungsgleich. Was hattest Du denn vor, wenn ich fragen darf? Jedenfalls - Dir ist schon klar, dass das hier ein buddhistisches Forum ist? Und dass Du es warst, der den Abhidhamma - Fachbegriff "dhamma" (Skrt. dharma) hier in die Runde geworfen hat?


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    Es ist eine Falle des Denken-sollen wenn ein Geräusch verneint wird nur weil es keiner hört. Ein Tauber wird die Frage sofort verneine, oder mit "ich weiß es nicht." beantworten, weil er sowieso noch nie gehört hat wie ein Baum fällt.

    Es ist auch eine Falle des Denkens, wenn das Geräusch bejaht wird. Das Geräusch entsteht erst, wenn die durch den fallenden Baum zum Schwingen angeregte Luft seinerseits ein Trommelfell in Schwingung setzt, dessen Auslenkung wiederum über die Gehörknochen Hammer, Amboß und Steigbügel mechanisch übertragen wird. Die Fußplatte des Steigbügelknochens wiederum ist in das Fenster der Cochlea (Fenestra vestibuli ) beweglich eingepasst und leitet die Schallwellen über Vorhoftreppe und Paukentreppe weiter worauf dann ...... es wirklich kompliziert wird. To make a long story short: die übertragenen Schallschwingungen werden schließlich in Form elektrischer Impulse an den Hörnerv abgegeben und erzeugen so über den Körper eines Hörenden als Medium die Empfindung "Geräusch" und die Wahrnehmung "Geräusch eines fallenden Baumes". Wenn niemand da ist, zu hören, entsteht auch kein Geräusch. Dann erzeugt der fallende Baum nur einen Schalldruck. Vermutlich - was allerdings eine plausible Vermutung ist.


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    Sudhana, Subjekte könnte man auch als Objektbesitzer bezeichnen

    So, wie man Objekte als Subjektbesitzer bezeichnen könnte. Ob dieses oder jenes irgendwo hinführt, ist eine andere Frage. Zur Erinnerung: ich hatte das so formuliert:

    Beides sind aufeinander bezogene Begriffe - das Objekt ist eine Funktion des Subjekts und das Subjekt eine Funktion des Objekts.

    Vielleicht so verständlicher: der Begriff "Subjekt" ist ohne seinen Komplementärbegriff "Objekt" gar nicht denkbar, ebenso wenig umgekehrt. Ein Objekt ist immer Objekt eines Subjekts und ein Subjekt ist Subjekt eines Objekts. Beides existiert nur in Abhängigkeit voneinander.

    ich denke in der endgültigen Wahrheit oder im endgültigem Sinne, gibt es Subjekte nicht.

    In der "endgültigen Wahrheit" (paramārthasatya) gibt es Objekte genau so wenig. Was man auf der Ebene konventioneller Wahrheit (saṃvṛtisatya) tun kann, ist Fragen wie die folgenden vier zu stellen und zu beantworten - optimalerweise so, dass sie den Fragenden näher zu einer Einsicht in paramārthasatya bringen und dazu, Begriffe (nichts anderes und vor allem nicht mehr sind "Subjekt" oder "Objekt") als Krücken zu erkennen. Als Werkzeuge einer Sichtweise (dṛṣṭi), die bestenfalls saṃvṛtisatya ist und die man - wie alle anderen Sichtweisen auch - negieren muss um zur paramārthasatya weiterzuschreitem. Gate, gate, paragate, parasamgate ...


    Wichtig ist dabei, Begriffe zu begreifen, ihre Funktion zu durchschauen - und nicht zu ergreifen. Schon gar nicht als real existierende Objekte ... ;)

    1. Gibt es etwas was Beides ist

    2. Gibt es etwas was nur Objekt ist

    3. Gibt es etwas was nur Subjekt ist

    4. Gibt es etwas was nichts von beiden ist

    zu1 ja zu2 ja zu3 nein zu4 nein

    Das ist Deine Auffassung und wenn Du damit glücklich bist - warum nicht. Also nur der Hinweis, dass Nāgārjuna alle diese vier Sichtweisen (dṛṣṭi) verneint. Und ich für meinen Teil eher geneigt bin, Nāgārjuna zuzustimmen als Dir. Was natürlich auch nur eine Sichtweise ist ...


    Wieauchimmer - empfohlene Lektüre:

    Bildergebnis für Mūlamadhyamakakārikā brosamer back


    - und als kleine Einführung dieser Vortrag. Dem Vernehmen nach beschäftigt man sich ja auch im Tibetischen Buddhismus in nüchternen Momenten mit dem Madhyamaka. jianwang: brauchbar finde ich in dem Vortrag übrigens auch die Wiedergabe von 'dharmas' mit "verselbständigte eigenschafts- und zustandsartige Gegebenheiten". Das vermeidet eine Verdinglichung, zu der Begriffe wie "Objekte" und / oder "Subjekte" verführen können - wenn erst einmal klar ist, dass es nicht um Eigenschaften oder Zustände von etwas geht - dass solche "Gegebenheiten" deswegen lediglich als eigenschafts- und zustandsartig bezeichnet werden.


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    tja, das war der olle Buddha, der dies sagte

    Grundsätzlich ja - wobei ich es für nicht ganz treffend halte, "Objekte" und "dharmas" gleichzusetzen.


    Kein Objekt ohne Subjekt und umgekehrt. Beides sind aufeinander bezogene Begriffe - das Objekt ist eine Funktion des Subjekts und das Subjekt eine Funktion des Objekts. Sie entstehen und vergehen in wechselseitig bedingter Abhängigkeit (pratītyasamutpāda), was wiederum heisst, dass sie "leer" (śūnya) sind. "Leer" bedeutet, dass Subjekt und Objekt kein Sein "für sich" (svabhāva) haben.

    "Alles was erlebt wird" ( Netsrot) ist nicht "zwangsläufig" ein Objekt. Wird "erleben" (Empfindung und Wahrnehmung) objektiviert, also ein Objekt gesetzt, das empfunden und wahrgenommen wird, wird gleichzeitig auch das Subjekt gesetzt, das empfindet und wahrnimmt. Buddhistische Geistesschulung - die Übung des Zazen beispielsweise - hebt diese Subjekt-Objekt-Trennung auf bzw. vermeidet sie. Aus gutem Grund, weil diese Trennung, wenn Unwissenheit über die tatsächliche Natur von Subjekt und Objekt besteht, weitere Folgen zeugt. Unwissenheit über die tatsächliche Natur von Subjekt und Objekt ist die Sichtweise eines ātman in Bezug auf das Subjekt und aus dieser Unwissenheit folgt das subjektive "Ergreifen" der Objekte. Entweder mit dem Willen, sie dem Subjekt zu unterwerfen und in es zu integrieren ("Gier") oder mit dem Willen, das Subjekt vor ihnen zu schützen und sie abzuweisen ("Hass"). Dieser Wille ist das, was Buddha "karman" nannte und er erlischt durch Aufhebung der Unwissenheit über die tatsächliche Natur von Subjekt und Objekt.

    So lange dieser Wille jedoch noch aktiv ist, erzeugt er das, was Buddha duḥkha, "Leiden", nannte - weil die Sichtweise eines ātman auf Dauerhaftigkeit, auf Ewigkeit zielt. Tatsächlich sind die Ergebnisse der Integrations- und Abweisungsprozesse des Subjekts (phala, die karmische "Frucht") jedoch nicht dauerhaft, sondern das Subjekt ist aufgrund seiner wechselseitigen Abhängigkeit von Objekten (die aus beider "Leerheit" folgt) einem permanenten Wandel, ist (wie notwendig die Objekte auch) Entstehen und Vergehen unterworfen. Der aus der Subjekt-Objekt-Trennung entstehende Wille, den das Subjekt auf das Objekt richtet und der als Verbindung an Stelle der ursprünglichen Nicht-Zweiheit tritt, findet daher keine Erfüllung, sondern wird permanent frustriert.


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