Wenn man bisher keine Berührungen mit Zen/Chan oder wie man es auch immer nennen möchte hatte kann man leicht irritiert sein.
Das ist zweifellos richtig. Richtig ist aber auch, dass man, wenn "Berührungen mit Zen/Chan oder wie man es auch immer nennen möchte hatte" nicht nur leicht sondern sogar schwerstens irritiert sein kann. Irritiert zu sein ist menschlicher Normalzustand - ein paar Berührungen mehr oder weniger ändern daran nichts.
Zuerst habe ich mich auf Wikipedia zu seiner Geschichte und Praxis eingelesen.
Wikipedia würde ich im Kontext Buddhadharma und erst recht Zen jetzt nicht als seriöse Quelle bezeichnen.
Dann wird man erst mal auf Zitate wie "Wenn du den Buddha siehst, töte ihn!" verwiesen, oder auf den geistigen Wegbereiter Nansen, der bedenkenlos und offenbar grundlos eine Katze zerhackt oder wie frühe praktizierende Buddha Statuen und Sutras verbrannt und zerstört haben.
q.e.d.
Rinzais "töte Buddha", Nansens Katze oder Tankas Verheizen einer Buddhastatue werden gerne "zitiert", weil sie etwas über Zen aussagen sollen. Das tun sie auch - wie hunderte (scheinbar) deutlich weniger spektakuläre Präzedenzfälle. Dazu muss man sie verstehen - und um sie zu verstehen bedarf es Voraussetzungen, die ich bei Wikipedia-Autoren in aller Regel nicht vermute. Möglicherweise sind die eher bei Dir gegeben als bei denen. So oder so kommst Du nicht darum herum, dich erst einmal eine Weile ziemlich intensiv mit solch einer Geschichte zu beschäftigen, um sie zu verstehen. Google und Wikipedia - und, btw, auch dieses Forum - helfen da nicht wirklich.
Rinzais Buddha, dem Du auf dem Weg begegnest ist ein falscher Buddha. Aber das ist gar nicht das Problem, um das es da geht. Das Problem ist vielmehr: wie tötest du den Buddha, der Dir begegnet? Nur so machst Du den Buddha, der Du bist, lebendig. Und Nansen - das ist nur eine Geschichte, wenn auch eine lehrreiche. Keine besonders glaubwürdige - auch während der Tang-Dynastie liefen buddhistische Äbte nicht mit Schwertern bewaffnet durch die Gegend. Tut jedoch nichts zur Sache. "Grundlos" handelt der Nansen dieser Geschichte übrigens keineswegs. Er macht seinen Job und legt den Dharma dar. Es ist eine Geschichte über Karma - und Dōgen gab Ejō dazu den Wink mit dem Zaunpfahl: Ursache und Wirkung sind nicht getrennt. Wenn Du das verstehst, dann auch, wie Jōshū die Katze hätte retten können - und warum er nicht da war, dies zu tun. Um eine Empfehlung, Katzen zu filetieren, geht es in dieser Geschichte jedenfalls nicht. Und Tanka - der verbrannte die hölzerne Buddhastatue nicht, um sich an dem Feuer zu wärmen. Und schon gar nicht, um jemanden damit zu provozieren oder um damit zu prahlen, was für ein Freigeist er doch sei. Der Priester des Tempels, dem die Statue gehörte, sollte daraus etwas lernen - der verstand aber nur die Hälfte, nämlich dass hölzerne Buddhas keine Sarira hinterlassen. Hätte er Tanka beim Herumstochern in der Asche geholfen, hätten sich auch die Sarira gefunden.
Wenn man dann weiter aus Neugierde in Foren wie diesem liest was Zen-Anhänger so bewegt bekommt man viel aufgeblähte Weisheit über Zazen, weil sie es scheinbar zum einzigen erklären, was Zen ausmacht.
Ja. "Zen-Anhänger" neigen auch nicht weniger zu Blähungen als Buddhisten anderer Provenienz und ihre Fürze sind keinen Deut wohlriechender. Was das Zazen angeht, so ist Zazen nur unter ganz bestimmten Umständen (oder besser: Nicht-Umständen, denn diese Umstände sind das Fehlen von Umständen) das einzige, was Zen ausmacht. Aber zumindest kann man sagen, dass es ohne Zazen kein Zen und ohne Zen kein Zazen gibt.
Wenn ich dann aber sehe, wie Zen in seinen Ursprungsländern praktiziert wird fällt mir augenscheinlich kein wesentlicher Unterschied zu anderen Schulen das Mahayana auf.
Mir wiederum fällt da kein wesentlicher Unterschied dazu auf, wie Zen hier in meiner Übungsgemeinschaft praktiziert wird. Wobei die nun nix Besonderes ist ... Vielleicht kennst Du ja nur das "Zen in seinen Ursprungsländern" besser als das Zen hierzulande?
Ansonsten - Du sprichst da von Äußerlichkeiten - also dem, was du siehst. Ist das "wesentlich"?
Es werden Texte rezitiert, sich vor Statuen verneigt, Mönche und viele Laien ernähren sich vegetarisch, es gibt viel soziales Engagement.
Sicher werden hier weniger Texte rezitiert und es gibt in den Zendos auch weniger Statuen als in einem japanischen Kloster, vor denen man sich verneigt. Ist das "wesentlich"? Ansonsten - Mönche und viele Laien ernähren sich vegetarisch, es gibt viel soziales Engagement ...
