Beiträge von Helmut im Thema „Verspricht buddhistische Meditation zu viel?“

    Was das 'Leiden' angeht: Leiden zu 'wollen' ist neurotisch, aber für genau so neurotisch halte ich den Versuch, ein 'leidfreies Leben' ('Es gibt Leid... Der Weg zu einem Leben ohne Leid ist...') zu erreichen.

    Leiden zu wollen ist deiner Meinung nach neurotisch. Von dieser Neurose frei sein zu wollen, hältst du also auch für eine Neurose. Das bedeutet, das Überwinden einer Neurose ist selbst eine Neurose. Das erzähl mal an Neurosen Erkrankten, denen du durch diese Einstellung deren Wunsch nach Überwindung ihrer Neurose diskreditierst. Oder anders formuliert: von einer Krankheit frei kommen zu wollen, ist selbst eine Krankheit nach deiner Logik.


    Wenn es, wie du meinst, neurotisch ist, sich von den Leiden und ihren Ursachen befreien zu wollen, dann hat Buddha Sakyamuni mit den vier edlen Wahrheiten nach deiner Logik ja eine Neurosen fördernde Lehre gegeben.


    Gruß Helmut

    Ich würde nicht davon sprechen, Erwartungen an die buddhistische Meditation zu haben. Erwartungen haben klingt für mich danach, aus der Meditation als Methode selbst könnte etwas entstehen, das ich erwarten kann, wenn ich sie übe. Ich denke, dass es nicht so ist.


    Wenn ich meditiere, dann ist der Geist / das Bewusstsein auf ein bestimmtes Objekt fokussiert. Dies ist der Inhalt der Meditation. Diesen Inhalt verbinde ich mit einer bestimmten Zielsetzung und die Meditation ist eine Methode, mich mit diesem Inhalt vertraut zu machen, meinen Geist an ihn zu gewöhnen. Durch die Methode bewirke ich etwas, wenn ich sie richtig anwende. Aus der Methode selbst entsteht nichts, das ich erwarten kann.


    Das wesentliche ist der Inhalt, also der Buddha-Dharma, mit dem ich natürlich eine Zielsetzung verbinde. Eine Zielsetzung ist für mich aber nicht gleichbedeutend mit eine Erwartung zu haben. Erwartung haben bedeutet doch immer, von anderen etwas zu erlangen. Ich erwarte, dass diese oder jene Person dieses oder jenes tut. Aber wenn sie es nicht tut?


    Gruß Helmut

    Liebe Lucy,


    ich sehe es nicht so, dass unser Geist und das Dharma voneinander getrennt sind. Hier muss man allerdings zwischen dem Dharma in Form der überlieferten Schriften und dem Dharma in Form der wahren Beendigungen und den wahren Pfaden unterscheiden.


    Ersterer Dharma existiert natürlich in gewisser Weise getrennt von unserem Geist. Der letztere Dharma ist ja nicht getrennt von unserem Geist. Die wahren Beendigungen und die wahren Pfade sind ja Qualitäten unseres Geistes. Dieser Dharma ist deshalb nicht von unserem Geist getrennt.


    Der Dharma in Form der wahren Beendigungen und der wahren Pfade ist aber auch nicht identisch mit unserem Geist, sie unterscheiden sich aber.


    Gruß Helmut

    Ich erwarte von der buddhistischen Meditation keinerlei Versprechen. Was soll denn eine Methode zur Entwicklung des Geistes versprechen können?


    Die Meditation ist eine Methode zur Vertiefung der eigenen Erkenntnisse in den Dharma und sie dient auch dazu, den Dharma im eigenen Geist zu verankern.


    Wir hören Erklärungen zum Dharma, studieren Schriften. Hierüber kontemplieren wir, indem wir über das Gehörte, Erklärte, Verstandene immer wieder nachdenken. Daraus entwickelt sich eine Erkenntnis, eine Weisheit. Diese Erkenntnis, Weisheit vertiefen wir in der Meditation mittels analytischer und konzentrativer Meditation. So machen wir unseren Geist mit der tiefen Weisheit des Buddha-Dharma schrittweise vertraut, gewöhnen ihn an das Dharma.


    Gruß Helmut

    Der verständliche Wunsch nach Erwachen basiert ja auch auf der Idee, eine bessere Version von sich selbst zu schaffen.

    Das sehe ich nicht so. In den vier edlen Wahrheiten hat der Buddha ja genau dies nicht als Ziel formuliert. Es geht in der Lehre des Buddha doch darum, die Leiden samt ihren Ursachen zu überwinden. Also einen Zustand des eigenen Geistes zu verwirklichen, der frei ist von Unwissenheit, Gier, Hass und den Leidenschaften, die aus diesen drei Geistesgiften entstehen. Im Zusammenhang mit den wahren Pfaden sind ja die Gegenmittel mit denen diese Geistesgifte überwunden werden können erklärt worden.


    Unsere spirituelle Praxis findet natürlich in der Gegenwart statt. Wo sollte sie auch sonst stattfinden? Es geht nicht um ein besseres Ich. Was sollte denn dieses bessere Ich auch sein? Es geht um die Umwandlung unseres abhängig bestehenden Geistes, also die Überwindung der Geistesgifte.


    Mein jetziger Geisteszustand, der gekennzeichnet ist durch Karma und Klesa, ist ja nicht mein Ich. Genauso ist mein Geisteszustand, wenn er von den Geistesgiften befreit ist, auch nicht mein Ich.


    Gruß Helmut

    In den kanonischen Schriften, auf die du dich Useless beziehst wird ja gar nicht gesagt, dass man Nirvana / Nibanna ausschließlich durch Meditation verwirklicht wird.


    Nirvana erreicht man nur durch die Erkenntnis mit der man die Unwissenheit überwindet. Sie besteht unter anderem darin, dass man glaubt, die Phänomene würden so existieren wie sie uns in der Wahrnehmung erscheinen. Studium, Kontemplation und Meditation sind die Mittel und Methoden mit denen man diese Erkenntnis schrittweise vertieft und verwirklicht.


    Du musst die Erlangung der wahren Beendigungen / Nirvana ja für dich nicht für anstrebendswert halten. Trotzdem ist dies das Ziel der buddhistisch Praktizierenden und es gibt gute Gründe dieses Ziel anzustreben. Denn Nirvana ist die dauerhafte Leidfreiheit oder anders formuliert, das endgültige, dauerhafte Glück.


    Gruß Helmut

    Der Kern ist, dass Erleuchtung alle diese Probleme nicht einfach aus der Welt schafft. Das heißt nicht, dass die Erleuchtung nicht echt ist, sondern, dass sie nicht durch Meditation allein vollständig ist.

    Die Erleuchtung befreit nicht die Welt von ihren Problemen. Die Erleuchtung ist ja ein Zustand des eigenen Geistes, durch den man die Welt anders sieht und anders in ihr wirkt. Dies kann natürlich zur Lösung der weltlichen Probleme beitragen.


    Die Ursache der Erleuchtung ist nicht die Meditation, sondern das Verwirklichen der wahren Pfade und die Meditation ist ein Mittel hierfür im Kontext der wahren Pfade. Erleuchtung / Befreiung / Nirvana erreicht man nur durch die Erkenntnis, die ein direktes Gegenmittel gegen unsere Unwissenheit ist. Die Meditation ist neben Studium und Kontemplation eben eines der Mittel mit der man diese Erkenntnis erlangt mit der wir unsere Unwissenheit überwinden können. Haben wir unsere Unwissenheit vollständig überwunden, also die wahren Beendigungen oder Nirvana erreicht, dann können wir auch nicht zurückfallen, denn die wahren Beendigungen / Nirvana sind beständig.


    Das alles bedeutet noch lange nicht, dass dann auch unsere äußere Welt vollkommen perfekt ist. Bei Erleuchtung geht es um den Zustand unseres eigenen Geistes und nicht um den Zustand der äußeren Welt.


    Gruß Helmut