Beiträge von mukti im Thema „Sind Religionen eine Erfindung der Menschheit aufgrund ihrer Todesangst?“

    Hallo Son,

    Ich weiß es auch nicht. An etwas zu glauben, im Sinne eines unbedingten Festhaltens an einer Vorstellung, finde ich nicht sinnvoll, weil es ja doch anders sein könnte als man denkt. So wird man dabei vom Zweifel gequält, dem Bruder des Glaubens.


    Ich habe eine veränderbare Skala die reicht von immerhin möglich bis sehr wahrscheinlich. Wiedergeburt ist da eher weit oben, bei ziemlich wahrscheinlich. Seit ich damit konfrontiert wurde ist sie durch die Jahrzehnte nur manchmal vorübergehend ein wenig nach unten gerutscht.

    Die Vorstellung dass der Geist ein Produkt des Gehirns ist, mit der Geburt entstanden und mit dem Tod vernichtet, ist am untersten Ende der Skala. Schon deshalb weil sich alles immer nur umwandelt und nichts verschwindet. Der Körper zerfällt in Festes Flüssiges, Wärme und Gase, der Geist scheint von ganz anderer Beschaffenheit zu sein ein eigenes Element. Etwa Gedanken und Gefühle sind grundverschieden von Fleisch und Knochen. Der Geist würde sich demnach vom toten Körper lösen und in etwas Geistiges umwandeln. Wenn der Wille stark von Anhaftung an das Physische geprägt ist, verbindet er sich wieder mit einem groben Körper, der gemäß des Geisteszustandes gestaltet ist.


    So ganz ungefähr und stark verkürzt stelle ich mir das vor und finde Bestätigungen und weiterführende Kenntnisse darüber in der Buddhalehre, wie auch ähnliche Darstellungen in anderen Lehren aus Philosophie und Religion.

    Wer sich freut, wiedergeboren zu werden, der hat die Lehre nicht begriffen, denn Geburt ist eines der Ursachen für Leiden.

    Ich jedenfalls gehe davon aus, dass ich mausetot bin, wenn es soweit ist. Und das befreit mich schon jetzt vom Leiden einer Angst davor.

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    Das ist eine Möglichkeit, wenn man nicht mehr leiden will kann man davon auszugehen dass es Wiedergeburt nicht gibt. Eine andere Möglichkeit ist davon auszugehen dass es sie gibt und die Ursache des Leidens zu beseitigen, wie es in den vier edlen Wahrheiten dargestellt ist.

    Gibt es Wiedergeburt nicht, ist die vierte edle Wahrheit nur insofern bedeutsam, als sie das Leiden in diesem Leben lindert, für die endgültige Beseitigung braucht man nur auf den Tod zu warten. Das beruhigt, erspart viel Anstrengung und ermöglicht Sinnesfreuden.

    Wenn es sie gibt, steht man vor einer sehr schwierigen Aufgabe, besonders in der heutigen Situation und in dieser Weltgegend hier. Kann man die Voraussetzungen zur Beendigung des Leidens nicht erfüllen, lebt man in der Ungewissheit wie es nach dem Tod weitergehen mag.


    Es scheint also klüger Wiedergeburt einfach auszuklammern - brauche ich nicht, macht alles nur noch schwieriger. Dass die überlieferte Lehre des Buddha so verwoben ist mit der Wiedergeburtsansicht hat kulturelle Gründe, es sind keine Tatsachen. Ich erkläre meine Ansicht zur Wirklichkeit, die ich nicht kenne.

    Beneidenswert, mir gelingt das nicht. Ich kann mir sehr gut vorstellen dass meine jetzige Situation eine Folge meiner früheren Handlungen ist, dass ein geistiges Ich, obschon so illusorisch wie das jetzige Leiblich-Geistige Ich, schon immer existiert hat und in zahllosen Formen manifestiert war, aufgrund von Verblendung und Begehren. Dafür habe ich auf meiner Suche nach der Wirklichkeit zu viele Hinweise erhalten, um sie ignorieren zu können. So ist das nun mal und ich sehe nichts was mich von diesem Weg abbringen könnte.

    Wenn ich Rudolfs Gedanken versuche nachzuvollziehen, komme ich zum Eindruck Rudolf vermutet die Existenz metaphysichen Regeln, Diese sollte man besser befolgen, denn wenn man die Regeln bricht tritt ein metaphysischer Richter auf, der den Regelbrecher mit schlechtem Karma bestraft. Wer die metaphysischen Regeln einhält hingegen, wird mit gutem Karma belohnt.

    Karma wird so quasi eine metaphysische Währung, die man später (in diesem oder nächsten Leben) einlösen kann (z.B für eine gute Wiedrgeburt) wenn es einen positiven Saldo aufweist oder als Schuld tilgen muss (z.B schlechte Wiedergeburt), wenn es einen negativen Saldo aufweist.


    Ich denke diese Ansicht/Glauben ist im (Laien-)Buddhismus weltweit weitverbreitet.

    Nicht nur im Laienbuddhismus, auch im Buddhismus für Mönche und Nonnen. König Yama als Richter gibt es auch in den Reden an die Mönche. Majjhima Nikāya 130

    Helmut

    Zitat

    Eine wesentliche Frage in diesem Zusammenhang ist ja was passiert nach unserem Tod, wie geht es nach unserem Tod mit uns weiter und welche Rolle spielen dabei die Prägungen unseres Geistes durch Handlungen, Taten dieses und vorheriger Leben.


    Genau das wäre was mich interessiert, worauf es aber eher kaum eine gesicherte Antwort geben kann, also nicht dass ich wüsste, vermutlich heißt es ja deshalb "Glauben".

    Je nachdem wo man sich hingezogen fühlt, womit man am Besten zurechtkommt und was sich als wahrscheinlicher herausstellt, dem schließt man sich an.

    Beim Vernichtungsglauben kann man sich prima der Verantwortlichkeit entziehen, wenn man nicht erwischt wird oder soviel Macht hat wie ein Diktator dann kann man die Welt als Bühne für egoistische Wünsche sehen. Wenn man denkt es könnte doch irgendwie weitergehen und zu Reaktionen auf die Handlungen kommen ist man schon vorsichtiger. Wenn man unvoreingenommen nach der Wahrheit sucht ergibt sich die Ansicht wo sich die meisten Hinweise verdichten. Die Kultur von der man geprägt ist spielt auch eine Rolle.

    mukti,


    seine "Schuld" bekennen (Verantwortlichkeit akzeptieren) hat der Buddha gelehrt. Von verzweifeln war nicht die Rede. Das ist deine Übertreibung.

    Verantwortlichkeit akzeptieren, Konsequenzen tragen und an Verbesserung arbeiten. Schuldgefühle verbinden sich oft mit Selbstanklage und Minderwertigkeitskomplexen, besonders bei Religionen mit einer Urschuld, wo man dann z.B. meint die Welt sei als Gefangenenhaus für die rebellischen Seelen geschaffen worden.

    Du hast recht aber wenn man was nicht gleich beseitigen kann dann ist es unnötiges dukkha sich deshalb selbst anzuklagen oder zu verzweifeln. Besser ist Geduld und Mitgefühl für sich selber entwickeln und dort verbessern wo man's kann, dann bessert sich allmählich der Gesamtzustand. Und klagt man andere an ist das eher mit Hass verbunden als wenn man Verständnis aufbringt wegen ihrer Unwissenheit. Das ist es woran ich bei diesem Thema gedacht habe.

    Wo mag der Zustand der Unwissenheit herkommen, laut buddhistischer Überlieferung war er immer schon da.(A.X.61), niemand ist dafür verantwortlich. Er ist angeboren und durch rechtes Handeln allmählich zu beseitigen, in einem relativ langen Prozess der Entwicklung, Das kann dauern bis einem dämmert dass man für die Bewusstseinsentwicklung selbst verantwortlich ist und kein Teufel, Gott oder Zufall. Wobei die Lehre nichts darüber sagt ob es bei jedem zwangsläufig zu dieser Erkenntnis kommt. Eher nicht denke ich, sonst würde Samsara irgendwann zu einem natürlichen Ende kommen, alle Wesen wären befreit.

    Das ist eben bei Buddha anders, da haben wir zwar ein Karma, aber wir sind nicht persönlich schuldig, sondern lediglich unwissend.

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    dass wir immer noch unwissend sind, ist aber unsere Schuld.

    Irgendwie schon, aber inwieweit haben wir die Wahl? Niemand greift auf eine Herdplatte wenn er weiß dass sie heiß ist, niemand wählt von zwei Möglichkeiten die Schlechtere, wenn ihm beide voll bewusst sind. Man kann nur gemäß seines Bewusstseinszustandes handeln. Wenn ich mich selbst und andere nicht anklage oder als Sünder betrachte wandelt sich dieses Hass- dukkha zu innerem Frieden und Mitgefühl.

    Religionen sind als wesentliches Merkmal des menschlichen Geistes nicht ausschließlich ein Beruhigungsmittel gegen die Todesangst denke ich. Es gibt die Sehnsucht nach Wissen ebenso wie die Sehnsucht nach Geborgenheit.


    Die Lebewesen erscheinen nach Zeugung und Entwicklung plötzlich in einer Welt in einem unfassbaren All. Als Mensch tauchen da Fragen auf: Warum bin ich da, werde ich nach dem Tod für immer ausgelöscht sein, woher bin ich gekommen, wer oder was bin ich, warum muss ich leiden, was ist dieses Weltall,?

    Einige Menschen haben sich ganz solchen Fragen gewidmet und Antworten gefunden die von anderen angenommen wurden. So sind Religion und Philosophie entstanden, Traditionen haben sich entwickelt und die Kulturen wesentlich mitbestimmt.


    Ein Problem ist dass sich solche Fragen nicht immer beantworten lassen weil man auf die Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit stößt. Das Bewusstsein der Wesen ist verschieden weit entwickelt und auch unter den Menschen gibt es welche mit mehr und mit weniger Wissen und Weisheit. So ist es nicht allzuweit hergeholt anzunehmen dass es von allen Wesen ein Höchstes geben muss das alles weiß, einen allwissenden Gott. Oder zumindest eine absolute Wahrheit, jemand oder etwas an der Quelle aller Dinge von der alles ausgeht.


    Es scheint so vernünftig sein Vertrauen in eine solche Instanz zu setzen, wie es beruhigend ist. Im Buddhismus spielt das Vertrauen ja auch eine große Rolle als eine Voraussetzung aus der Unwissenheit zu erwachen und Leid zu beenden. Hier wird allerdings klar dass auf die Frage nach einer Quelle aller Dinge und einen Ursprung des Daseins verzichtet werden kann, da sie ohnehin unbeantwortbar ist.