Beiträge von Rudolf im Thema „Von Emotionen schnell zu Mitgefühl wechseln: Wie machen?“

    Vielleicht kann ein Moderator ab hier einen neuen Thread eröffnen?

    "Erlebnisse und Zuschreibungen"


    Dann wäre mein Herzenswunsch, von einem Hagel von Zitaten (inkl. tibetischen Wörtern) hier mal Abstand zu nehmen und zu versuchen, mit eigenen Worten mitzuteilen wie ein jeder es selbst versteht wie man Feuer erleben und erkennen kann.


    Natürlich erlebt ein Eichhörnchen etwas, weil es mit Bewusstsein ausgestattet ist. Es kann unterscheiden was Nahrung ist und was nicht als Nahrung geeignet ist. Dies kann es aber nur, weil es mittels seines Bewusstsein Zuschreibungen vornehmen kann, denn Nüsse z.B. sind nicht aus sich selbst heraus eine geeignete Nahrung fürs Eichhörnchen.


    Die Zuschreibung, die ein Eichhörnchen mit seinem Bewusstsein vornimmt, läuft sicherlich anders ab als beim Menschen. Das Prinzip ist aber dasselbe. Ohne Zuschreibung erkennt man die Phänomene nicht als diese oder jene. Unterscheidung ist also nur auf der Grundlage von Zuschreibung möglich.


    Ich mache mal einen Anfang und sage: mein Verständnis ist das Gegenteil von Helmuts letztem Satz "Unterscheidung ist also nur auf der Grundlage von Zuschreibung möglich."


    Es ist nämlich so: Zuschreibung ist nur auf der Grundlage von Unterscheidung möglich.

    Denn wenn ich keine unterschiedlichen Sinneswahrnehmungen hätte, dann würde mein Gehirn oder mein Geist oder Bewusstsein gar nicht auf die Idee kommen, Benennungen oder Begriffe oder Zuschreibungen vorzunehmen. Wozu? Wenn alles eins wäre, ununterscheidbar? Dann brauche ich keine Benennungen.

    Also kommen Unterscheidungen (mitttels der bloßen Sinneswahrnehmungen) vor den Zuschreibungen. Q.E.D.


    Die buddhistische Philosphie muss die westliche Auffasung (besonders wenn es wissenschaftliche, messbare Erkenntnisse sind) aushalten können oder sie klar widerlegen. Ansonsten wäre die buddhistische Philosophie zu bezweifeln.


    Dazu muss man aber erst mal ein System der buddhistischen Philosophien richtig darstellen. Das kann man hier wohl nicht in Kürze machen.

    Z. B. hat Helmut zuerst von Begriffen geredet, nun nennt er das was er meint Zuschreibungen. Das ist für eine philosophische Untersuchung zu ungenau. Begriffe sind ja wohl immer mit Worten verbunden, Zuschreibungen aber anscheinend nicht, denn Eichhörnchen kennen keine Wörter.

    Begriffe und Wörter jedenfalls sind im Kopf.

    Der (tatsächliche) buddhistische Philosoph Nagarjuna hat einmal formuliert: wenn Feuer das Wort Feuer wäre, dann würde man sich den Mund verbrennen, wenn man Feuer sagte. Das ist wohl ein Hinweis darauf, dass Feuer auch unabhängig vom Wort Feuer existieren und erlebt werden kann, und wohl auch unabhängig vom Denken des Begriffs Feuer.


    Ich meine es widerspricht nicht der Lehre Buddhas, wenn man einfach eine frühere Erfahrung von Feuer gemacht hat, dass man dann weiß, auch als Eichhörnchen, was Feuer ist, wenn man es wieder trifft.

    Das Problem ist, dass der "Lebensdurst" durch den Film geweckt sehr schleichend und unverfänglich daherkommt. Die Filmmusik bei Frühstück bei Tiffany's ist ziemlich emotional für sich und in einigen Szenen wird es dann sehr stark. Für mich ist die Dosis dann einfach zu hoch. Wer denkt dann daran, dass schöne Filmmusik unheilsam sein könnte? Wenn man es begreift, dass man bei der Filmmusik in diesem Film aufpassen muss, ist es schon lange zu spät.


    Idealerweise schaut man Spielfilme (die albernen Produktionen mal ausgenommen), Theaterstücke, Opern usw. um zu "bloß zu schauen", objektiv über den Darstellungen zu schweben, sich nicht zu involvieren. Ich denke, das ist der Sinn der meisten Filme und Dramen. Jedenfalls ist das bei den Klassikern so, bei den alten griechischen Tragödien, bei Shakespeare, Goethe, bei Tolstois oder Dostojewskis Roman und Verfilmungen und vieles mehr.

    In unserer modernen Zeit wollen Autoren und Filmemacher auch Sozialkritik zeigen. Das ist dann aber eine andere, nicht-künstlerische Motivation.


    Schopenhauer sieht generell bei Betrachtung von (echten) Kunstwerken und Dramen die Möglichkeit Samsara objektiv anzuschauen, was im privaten Alltagsleben meist nicht möglich ist. So lernen wir immer besser Samsara kennen, wie es wirklich ist, wenn wir selbst in den Filmen oder Romanen nicht mitverwickelt sind. Es sind dann spezielle, konkrete Beispiele zu dem wie Buddha in seinen Reden Samsara erklärt.

    Aristoteles spricht von Katharsis in Bezug auf die griechischen Trauerspiele. Katharsis hilft Entsagung von Samsara zu entwickeln.


    Wenn du, Anandasa, also emotional mitgerissen wirst beim Anschauen eines Spielfilms, ist es m.E. besser auszusteigen.

    Das unbedingte Annehmen steht hier im Vordergrund, nicht die Betrachtung. Mitgefühl mit Dir selbst praktizierst Du zum Beispiel, wenn Du siehst, dass Du Dich nicht-perfekt verhältst, nicht Deinen Ansprüchen genügst. Aber, statt Dich dafür abzuwerten, nimmst Du Dich damit bedingungslos an, statt Dich runter zu machen. Das kannst Du jetzt Selbstbetrachtung nennen, gehört aber für die meisten Menschen in eine ganz andere Kategorie.


    Liebe Grüße,

    Aravind.


    Ja, dazu finde ich den Begriff Selbstbetrachtung oder Selbsteinschätzung erheblich besser. Dir geht es ja auch um eine Bewertung deiner selbst, bzw. keine Abwertung deiner selbst.

    Dazu ist übrigens auf jeden Fall Erkenntnis oder Verstehen erforderlich. :)

    Und diese (richtige) Selbsterkenntnis reicht aus, um dann im Leben mit sich selbst klar zu kommen. Warum man dann "Mitgefühl mit sich selbst" haben sollte verstehe ich nicht. Selbsteinschätzung funktioniert auch ohne dieses.

    Und sein ganzes Potential von Mitgefühl und Liebe kann man dann auf andere richten, der ursprüngliche Sinn der Idee "Mitgefühl".


    Lieben Gruß

    Wieso? ich sehe und fühle doch gerade einen Unterschied darin.

    Genau deswegen schlage ich ja vor, die Begriffe "Mitgefühl mit sich selbst" oder "Selbstmitleid" fallen zu lassen, damit da ein Unterschied zwischen Mitgefühl und Selbstbetrachtung deutlicher wird.


    Ich bin sogar der Ansicht - oh Extrem ! - dass man nur mit Mitgefühl mit anderen, mit Mahakaruna, (ohne Selbstmitleid) ein Buddha werden kann. wenn es denn stimmt, dass die Bodhisattvas freiwillig in die Höllen gehen würden, um Lebewesen daraus zu retten.

    In einer Jataka-Erzählung gibt der Buddha in einem seiner früheren Leben einer hungrigen, sehr geschwächten Tigerin mit fünf Jungen sein Blut zu trinken und sein Fleisch zu essen.


    So groß kann der Unterschied zwischen Mitgefühl und sogenanntem "Mitgefühl mit sich selbst" sein.

    Oder ganz einfach: Wenn es heißt Mitgefühl mit allen Wesen, warum sollte man sich dann selber ausschließen?


    Mitgefühl ist immer mit anderen Wesen.

    Mitgefühl mit sich selbst ist komisch formuliert und auch komisch zu praktizieren.

    Ich bin ja nicht mit mir, sondern ich bin ich selbst. Wenn wir mal Schizophrenie ausnehmen ;)


    In den Sutren finde ich nicht diesen selbstmitleidigen Ausdruck, der stammt wohl aus unserem modernen Zeitalter.


    Ich kann mich dagegen erinnern an "Jeder ist sich selbst sein eigener Beschützer": das ist eher kluger Egoismus, ein Ausdruck, eine Idee, die der Dalai Lama schon manchmal so benannt hat: man schützt sich durch Ethik gegen andere gleichzeitig auch selbst.

    Ebenfalls kein Mitleid mit sich selbst, sondern Klugheit ist es, wenn man sich realistisch einschätzt, was man leisten kann und was nicht.

    Dass man selbst nicht leiden will, ist ja so wie so schon klar, das wollen auch die Folterer und Tierquäler usw. nicht. Das eigene nicht leiden wollen sollte man nicht irgendwie mit der Geisteshaltung des Mitgefühls verwechseln, sonst verdreht man den Sinn des Mitgefühls.


    Meine Meinung natürlich nur.

    Die letzte Bemerkung von Deepa trifft es gut, finde ich.

    Es reicht eben nicht aus, zu erkennen, dass der Andere leidet. Daraus entsteht noch kein Mitgefühl. Denn sonst gäbe es ja keine Folterer und es gäbe keine echte Schadenfreude.


    Im Hinduismus (in den Upanischaden) findet man die Aussage, den prima zitierbaren Spruch: tat tvam asi (das bist du).

    Dahinter steckt eine ganz Philosophie: ich und du sind nicht getrennt. Im Innern sind wir ein Wesen. Die vielfältige Welt ist bloße Illusion. Der Schöpfer der Illusion bist du selbst.

    Der Buddha hat es besser gelehrt finde ich: alle Lebewesen waren seit anfangsloser Zeit schon unzählige Male mal unsere eigene Mutter - und: "ich" und "du" sind nur relativ, aus der anderen, gleich gültigen Perspektive, ist es anders herum "du" und "ich".


    Diese Meditationen führen zu großem Mitgefühl, wenn man es nicht spontan von vornherein schon hat (und vorherigen leben entwickelt hat :) )

    Unterhaltung ist doch alles, dessen Sinn es ist, den Menschen Freude zu bereiten. Von daher ist villeicht die Frage, was den Leuten Freude macht oder?


    Ich denke an Kinder die ein kasperltheater anschauen.


    Deswegen haben der Buddha und andere Meister auch öfter von "kindisch" gesprochen. Wenn Erwachsene sich so verhalten, sich emotional involvieren in eigentlich lapidare, unwichtige, vergängliche Dinge und Handlungen.


    "....was den Leuten Freude macht oder?"

    Ja, da gibt es etliches in Samsara was Freude macht.

    Da kann man sich hinwenden. Der Buddha kann das ja und will das ja gar nicht verhindern, denke ich.

    Er hat eine Lehre gegeben, in der er immer auf die Folgen hinweist: "wenn ihr euch so verhaltet, dann folgt dieses für euch, wenn ihr euch anders verhaltet, dann folgt anderes für euch...."

    Jeder kann sich dann prüfen und auswählen......

    Wobei ich denke, dass es eben Kunstwerke gibt (z.B gute Literatur) die sich nicht als Unterhaltung sehen und nicht Fesseln sondern eher in Frage stellen und einem menschlches Denken bewußt machen. Und das sind gerade diejenigen Werke, in denen nicht die subjektive Perspektive glorifziert sondern in Frage gestellt wird.


    Als Beispiele würde ich die Dramen Shakespeares und Goethes und dir Romane Tolstois nennen, und dann gibt's noch mehr Beispiele.

    Was hätte der Buddha gesagt, wenn Schauspieler Hamlet oder Othello aufführen?

    Breakfast at Tiffany's ist eigentlich Unterhaltung und leicht als solche zu durchschauen, aber wenn man erst mal emotional drauf ist, reißt es einen mit. Die Frage ist also wie bei sowas schnell von Emotionen zu Mitgefühl wechseln. Ich wollte den Film mal einmal ganz gesehen haben. Noch einmal werde ich den Film nicht schauen.


    Bitte schaue dir den Film noch mal an. Und nach einigen Tagen noch mal … und dann noch mal.

    Dann werden deine Emotionen geringer.

    Wenn es ein Film ist, wird's dir langweilig werden.

    Wenn du immer wieder Leiden in der Realität siehst, wird es vielleicht nicht langweilig, aber du merkst - intellektuell und emotional - dass es normal ist, so was kommt vor in Samsara und es ist alles in Abhängigkeit entstanden: so ist es gekommen und es konnte nicht anders kommen.

    Die Emotionen werden weniger, das Mitgefühl - aufgrund von Einsicht - wird stärker.


    Spontanes Mitgefühl ist eine Emotion.

    Die Bodhisattvas haben aber Mitgefühl aus Einsicht ... und helfen dann wie sie es können und wie es sinnvoll ist. Ohne Emotionen, sondern aus Einsicht und dem Wunsch: mögen alle Wesen glücklich sein.