Beiträge von mukti im Thema „Von Emotionen schnell zu Mitgefühl wechseln: Wie machen?“

    Oder ganz einfach: Wenn es heißt Mitgefühl mit allen Wesen, warum sollte man sich dann selber ausschließen?


    Mitgefühl ist immer mit anderen Wesen.

    Mitgefühl mit sich selbst ist komisch formuliert und auch komisch zu praktizieren.

    Ich bin ja nicht mit mir, sondern ich bin ich selbst. Wenn wir mal Schizophrenie ausnehmen ;)

    Selbstreflexion ist schon eine menschliche Eigenschaft:


    Zitat

    Selbstreflexion bezeichnet die Tätigkeit, über sich selbst nachzudenken. Das bedeutet, sein Denken, Fühlen und Handeln zu analysieren und zu hinterfragen mit dem Ziel, mehr über sich selbst herauszufinden. Dabei können wir uns nicht nur selbst als individuelle Person hinterfragen, sondern auch als Teil eines Systems, zum Beispiel als Teil einer Familie oder eines Teams.

    Selbstreflexion – Wikipedia


    Wenn z.B. aufgrund des Versagens bei Idealen oder Konventionen, die man nicht zu erfüllen imstande ist, Gefühle von Schuld oder Minderwertigkeit entstehen, dann kann es dazu kommen dass man sich selber hasst, auch ohne Schizophrenie.

    Da kann man dann Frieden finden wenn man "liebendes Mitgefühl mit sich selbst " entwickelt wie mkh' geschrieben hat: "die Fähigkeit, sich selbst so anzunehmen, wie man nun einmal (völlig unverbogen) ist, mit allen Vorzügen und vermeintlichen Schwächen."

    ... mit den Mitmenschen hatte mein Vater durchaus liebendes Mitgefühl.

    Das kenne ich als den Spruch: "Hart gegen sich selbst und mild gegen andere". Klingt zwar erstmal gut, aber es ist doch künstlich und funktioniert dann auch oft nicht.

    Es gibt eine Lehrrede über zwei Akrobaten wo der eine auf die Schultern des anderen steigt und meint jeder solle auf den andereren achten. Der (oder die?) Andere meint aber es wäre besser wenn jeder auf sich selber achtet, damit achtet er auch auf den anderen. (Palikanon, weiß jetzt nicht wo es steht und muss auch gleich weg).


    Oder ganz einfach: Wenn es heißt Mitgefühl mit allen Wesen, warum sollte man sich dann selber ausschließen?

    Ist schon erstaunlich, wie man manchmal mit sich selbst spricht - nicht wirklich liebevoll, annehmend.


    Oftmals begegnet man dann anderen Menschen ähnlich. Wobei es auch das Phänomen gibt, dass man anderen eher etwas durchgehen lässt, als sich selbst und umgekehrt.


    Hängt ganz von der Prägung - dem Selbst-/Menschenbild und den erlernten Strategien ab.

    Ja es ist erstaunlich, das kann auch so ein Hang zum Perfektionismus sein, dann macht man sich Vorwürfe wenn man nicht so funktionieren kann wie man sich das vorstellt. Oder wie andere sich vorstellen dass man zu sein hat.

    Daraus kann sich auch die unheilsame Ideologie entwickeln dass der Stärkere und Robustere mehr Rechte habe. Obwohl doch Mitgefühl eine besondere menschliche Eigenschaft ist die gebietet zu helfen und zu beschützen anstatt zu verachten und zu beherrschen. Was für eine Verblendung Mitgefühl als Schwäche auszulegen.

    Meinst Du mit „eine besondere menschliche Eigenschaft“ versus „…nicht-menschliche (im Vergleich: „Hund, Katze, Maus“)“?


    Auch bei Tieren kann man so etwas beobachten - was mann als Mitgefühl bezeichnen könnte - je nach Definition.

    Ja ich habe es mit Tieren verglichen und dabei an die Ansicht gedacht dass das Recht des Stärkeren ein Naturrecht sei. Die Fähigkeit auf ein solches Recht freiwillig zu verzichten ist bei Tieren jedenfalls nicht so ausgeprägt wie es beim Menschen möglich ist. So wie etwa der Buddha auf seine Herrschaftsansprüche verzichtet und nach dem Erwachen aus Mitgefühl gelehrt hat.


    Übrigens wenn man sich das vergegenwärtigt dass sein Motiv zu lehren echtes, reines MItgefühl war, dann bewirkt das auch was in einem selber, es ist eine mögliche Meditationspraxis.

    Und man darf nicht (i.S.v.: macht man es, ist es kein Mitgefühl), seine Erfahrungen 1:1 auf das Gegenüber übertragen:


    „Ach...was.Das tut doch nicht weh. Ich habe auch schon mal xy erlebt. Mir hat es nicht weh getan. Stell dich nicht so an“


    Dann betrachtet man ihn nicht mit Mitgefühl - man ist bei sich bei und urteilt (und verurteilt ihn ggf.) darüber, ob es ihm zusteht, Schmerz zu empfinden.

    Daraus kann sich auch die unheilsame Ideologie entwickeln dass der Stärkere und Robustere mehr Rechte habe. Obwohl doch Mitgefühl eine besondere menschliche Eigenschaft ist die gebietet zu helfen und zu beschützen anstatt zu verachten und zu beherrschen. Was für eine Verblendung Mitgefühl als Schwäche auszulegen.

    Wenn man sich mal in den Finger geschnitten hat und dann einen gefolterten schreien hört, denkt man wohl nicht Mensch ist der Kerl wehleidig. Dass bereits so ein Schnitt recht schmerzhaft sein kann, lässt erahnen welche Leiden noch mehr Beschädigung verursacht. Obwohl bei Trägheit des Herzens dieser Schluss wahrscheinlich besser und schneller gezogen werden kann, wenn man selber schon so arg leiden musste.


    Das Ausmaß an Mitgefühl das man spontan aufbringen kann scheint auch in Zusammenhang mit einer Veranlagung zu stehen. So mögen zwei Merschen im selben Ausmaß gelitten haben aber bei vergleichbarem Leid eines anderen ganz verschieden reagieren.

    Wenn aber Mitgefühl in jedem Menschen vorhanden und nur unterschiedlich weit entwickelt ist, müsste es sich auch bei jedem Menschen zur Vollkommenheit entwickeln lassen. Etwa durch das Hören rechter Lehren und den Umgang mit guten Menschen.

    Ein paar Gedanken, vielleicht können sie ja zum Thema noch ein wenig beitragen.


    Die Konfrontation mit Leiden anderer kann drei Reaktionen hervorrufen: Betrübnis, Freude und Gleichgültigkeit. Wahrscheinlich sind alle drei im Menschen vorhanden, nur ungleich verteilt. Dominiert die Betrübnis, ist das wohl eher ein Anzeichen eines guten Charakters als wenn die anderen zwei, verwerflichen Neigungen vorherrschen. Dennoch sind alle drei unheilsam in dem Sinn dass sie nicht zur Befreiung von Dukkha führen. Aber Mitleid weil einem das Leid anderer nahe geht, hat wohl am Meisten das Potential zur Wandlung und Entwicklung von Mitgefühl. Es stammt aus der Ahnung dass das Unangenehme oder Schreckliche was da jemandem zustößt, jederzeit bei einem selber eintreten könnte, dass wir alle im selben Boot sitzen, ein Teil des Geschehens sind. Das ist der Wirklichkeit näher als die Empfindung eines Einzelwesens das für sich selber Macht über andere ausübt oder fröhlich genießt während beim Nachbarn die Hölle los ist.


    Wäre man selber ganz ohne Leiderfahrung, könnte kein Mitleid aufkommen. Was übrigens die theistischen Ansichten so schwierig macht, weil einem ewig glückseligen Gott die Qualen die er erschaffen hat offenbar wenig kümmern. Ein Buddha hat sie selber erfahren, hat einen Ausweg gefunden und ihn aus Mitgefühl aufgezeigt. Darin war kein Mitleiden mehr, weil es keinen Selbstbezug gab. Das Motiv für Mitgefühl ist nicht quälendes Mitleid loszuwerden, es hat nur den Leidenden und dessen Erlösung im Fokus. "Mögen alle Wesen glücklich sein" ist dazu eine gebräuchliche Übungsformel. Als aufrichtiger Wunsch aus ganzem Herzen verhindert das öfter bei mir zu starke Emotionen des Mit-Leids. Es bleibt eine allgemeine Trauer über das Leid in der Welt, was den Gedanken nach sich zieht dass ich nichts Besseres dagegen tun kann als selber nach Befreiung zu streben, je mehr ich das tue, desto hilfreicher kann ich sein. Die Entwicklung der Brahma Viharas sind ein wichtiger Teil dieses Weges und kommen schon in der Übung anderen zugute.