Beiträge von mukti im Thema „Muss ich als Buddhist denn perfekt sein?“

    Lieber Vincent,


    Ärger und Enttäuschung wegen Fehlverhaltens von Anderen und einem selber ist ja nichts ungewöhnliches, es ist Hass im weitesten Sinn, bekanntlich eine der drei Geistestrübungen (Gier, Hass und Verblendung). Würde sich jeder damit auseinandersetzen und Lösungen finden würde die Welt anders aussehen.


    Wir empfinden etwas als Fehlverhalten, als falsch, unmoralisch oder unethisch, weil ein natürliches Bedürfnis nach Frieden in uns ist. Es ist nicht schwer einzusehen wie unvernünftig es ist, Schaden und Leid zu verursachen und sich selbst und andere damit zu belasten, aber die tief wurzelnden Geistestrübungen überwältigen immer wieder die Vernunft, trüben eben den Geist und die Reinheit des Herzens.

    Wenn man so weit gekommen ist das einzusehen hat man da schon eine rechte Erkenntnis gewonnen, das betrifft den ersten Teil des achtfachen Pfades. Jetzt kann man sich bemühen die entsprechende Gesinnung zu entwickeln, den zweiten Teil. Sehr hilfreich finde ich dabei die Entwicklung von Metta. Wenn klar ist dass Wohlwollen und Güte das Beste bei allen Begegnungen mit Menschen und auch allen anderen Lebewesen ist, kann man sich üben diese Haltung einzunehmen: 'Ich wünsche dir alles Gute, Glück und Einsicht, mögest du nicht leiden'. Ehrlich von Herzen gewünscht, fühlt man es und so können sich die Brahmavihara entwickeln - liebende Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut bei Kränkungen.


    Rechte Erkenntnis und rechte Gesinnung sind auch unter "Weisheit" zusammengefasst. Ohne Weisheit kann Metta zu Sentimentalität werden, mehr eine Gefühlsduselei, oder zu einer übetriebenen Opferrolle. Richtig entwickelt führt es zu ethischem Handeln, die nächsten drei Teile des Pfades und begünstigt Sammlung und Meditation, die übrigen drei Teile.

    Metta ist ein wesentlicher Schlüssel zur Beendigung von Dukkha, gepaart mit Panna kann dieser Ansatz wohl sogar bis zum Ziel endgültiger Befreiung, zu Nibbana führen. Aber ich sehe mich auch als Anfänger und muss mir Metta auch selber entgegenbringen, Geduld mit mir haben und Nachsicht üben, wenn Hass gegen mich selber aufsteigt wegen hartnäckiger Geistestrübungen.

    Hallo Vincent,

    Hallo,


    wenn man nur die einfachen Leitlinien des Buddhismus hernimmt und sich damit beschäftigt wie die 3 Geistesgiftes, die vier edlen Wahrheiten und den 8fachen Pfad. Also wenn man versucht dies in sein Leben zu integrieren, dann ist das für einen Anfänger eine schwierige Aufgabe. Ich bin nicht tief verwurzelt im Buddhismus, denke mir aber, dass auch erfahrende Praktizierende mit diesen "einfachen" Themen sollten sie sie leben ordentlich beschäftigt wären.


    In der thailändischen Waldtradition hatte so mancher hochangesehene Lehrer keine besonders guten Kenntnisse der Schriften. Ein Mönch hat das einmal kritisiert und hat zur Antwort bekommen: "Muss er das denn alles wissen?" Der Ursache von Dukkha so weit auf den Grund zu gehen bis sie wegfällt, damit ist die Lehre des Buddha erfüllt. Weisheit bedeutet wohl nicht viel Theorie zu wissen sondern Wesentliches zu durchschauen.


    Da gibt es so viele Punkte, die richtig und hilfreich sind und doch wenn man im "normalen" Leben steht, wobei was ist denn normal - sehr schwer in Handlungen zu leben.

    Tja wem sagst du das. Einfach dranbleiben so gut man kann denke ich mir immer. Im Wiener Theravadazentrum steht der Wahlspruch:


    Zitat

    Durch innere Wandlung wandelt sich das Außen, auch wenn es noch so langsam nachfolgt.

    Ehrw. Nyanaponika Maha Thero


    Ich kenne nicht viele buddhistisch geprägte Menschen, wobei ich mir denke, dass wie in allen Religionen selbst diese nicht immer sich an die Grundregeln halten, von wirklicher Tiefe gar nicht zu reden.


    Ich habe mein Leben neu organisiert, das Resultat ist ernüchternd in Bezug auf soziale Kontakte, weil positive, konstruktive Menschen kenne ich persönlich vielleicht drei, wobei drei generell viel ist, andererseits habe ich wenig Kontakt mit diesen Leuten.


    Ein großer Wunsch von mir wäre wirklich einmal nach Indien oder Nepal zu reisen und dort ein Kloster für ein paar Wochen besuchen zu dürfen und dort mit zu leben. Meine Zweifel hier in Europa den "wahren" Buddhismus kennenzulernen sind groß. Sämtliche westlichen guten Lehrer haben ihre Praxis und ihr Wissen ebenso in Asien sich als Basis geholt.

    Gemeinschaft mit Gleichgesinnten und weiter Fortgeschrittenen kann schon sehr hilfreich sein, das wird ja auch vom Buddha immer wieder betont. Wenn man die Möglichkeit dazu hat ist ein Retreat in einem asiatischen Kloster bestimmt eine wertvolle Erfahrung. Ich versuche aber auch zwischen Buddhisten und Nicht-Buddhisten keine Trennlinie zu ziehen. Die Lehre des Buddha ist ja weniger ein Dogma als vielmehr ein Weg zum Erkennen der Wirklichkeit. Und da stoße ich nicht selten auf Menschen die Dinge richtig sehen oder etwas noch besser erkennen als ich, obwohl sie sich nie mit dem Buddhismus befasst haben. Es ist wohl in jedem Wahrheit zu finden und oft kann man was lernen oder etwas vermitteln, ohne die Überschrift "Buddhismus".


    Meine eigene Fortschritte sehe ich mittlerweile sehr zufriedenstellend, es sind nicht 100%, aber es wächst, wobei ohne bewusste Anstrengung und Arbeit gibt es keinen Fortschritt.

    Das klingt ja sehr positiv. Und ich finde nicht dass man als Buddhist perfekt sein muss, vielmehr sieht man ein wie unvollkommen man ist und dass man sich nicht über Andere stellen muss, das Ego wird kleiner.


    Ich dachte immer, wenn ich mich verändere, ändert sich meine Ausstrahlung und die anderen Menschen sehen mich anders, das kann ich nach nun doch einigen Jahren leider nicht bestätigen. Das Leben ist als Buddhist oder als jemand der versucht die buddhistische Lehre zu praktizieren im allumfassenden Lebensbereichen ist ernüchternd. Wobei das Ziel der buddhistischen Praxis für mich nicht war und ist andere Menschen anzuziehen, ich dachte nur es würde eine Form von Wirkung haben.


    Worüber ich schon einmal geschrieben habe, ist mir ein besonders wichtiger Punkt, sehr viele meiner früheren Kontakte waren extrem einseitig und problemorientiert, toxisch würde es treffen und ich war durchaus bereit bei konkreten Problemen zuzuhören und Lösungsvorschläge zu bringen, aber den Samen, denn ich ausstreute, der keimte nicht und früher oder später musste ich mich verabschieden.

    Erwartungen können enttäuscht werden wenn man zu viel oder etwas unrealistisches erwartet hat. Am Besten ist es wohl gar nichts zu erwarten und einfach nur allen Menschen und Wesen Gutes zu wünschen und wohlwollend zu sein.


    Sogar der Buddha konnte Uneinsichtigen nicht helfen. Aber ich denke dass jeder Mensch eine Wirkung auf andere Menschen hat und dass die umso heilsamer ist, je mehr man sich selber um den achtfachen Pfad bemüht.