Beiträge von Helmut im Thema „Die Ich-Illusion. Nur eine Folge der Praxis?“

    mukti


    Darf ich dich bitten, den Begriff „ Geist“ rein buddhistisch zu definieren, ansonsten ich komme nicht zurecht. LG.

    Vier von fünf khandha: Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen und Bewusstsein.

    Eine andere Definition von Geist, die in den Schriften zu finden ist, ist: Er ist klar und erkennend. Das heißt der Geist ist immateriell und hat die Funktion, etwas erkennen zu können.


    Es gibt aber auch die Aussage des Buddha: Der Geist ist nicht Geist, sondern klares Licht. Diese Bestimmung des Geistes betont, dass er kein Eigenwesen hat, nicht aus sich heraus aufgrund innewohnender Merkmal existiert.


    Vier von fünf khandha: Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen und Bewusstsein.

    Und? Das weiß ich doch. Das würde aber nicht die Rückerinnerung ( wie im M 39) erklären.

    Die Definition des Geistes kann nicht die Erinnerung oder Rückerinnerung erklären. Das ist auch nicht die Aufgabe der Definition des Geistes.

    In MN 39 wird ja nicht der Prozess der Erinnerung erklärt, sondern nur die Voraussetzungen dafür, dass Erinnerung, hier bezogen auf den Bhikkhu, stattfinden und das sind eben die vier Jhanas oder Vertiefungen.

    WEM :?: gehört der Geist?

    Niemand, es ist ja eine Illusion bzw. Verblendung dass er ein Ich oder mein ist.

    Gut, aber wem dann gehören Erinnerungen über die frühere Existenzen?

    Erinnerungen sind ja kein Besitztum so wie der Traktor ein Besitz des Landwirtes ist. Den Traktor kann man dem Landwirt wegnehmen. Er bleibt trotzdem ein Landwirt.


    Eine Erinnerung kann man aber nicht auf die gleiche Weise vom Bewusstseinskontinuum einer Person, die über Erinnerungen verfügt, trennen. Die Erinnerungen, die wird als Person haben, sind sehr viel enger mit uns verbunden. Wir können die Erinnerungen nicht von der sich erinnernden Person abtrennen. Das ist also eine ganz andere Beziehung als die Beziehung zwischen Besitzer und Besitz.


    Unsere Erinnerungen, auch die Erinnerung an frühere Existenzen, sind als bloß abhängige Phänomene Aspekte unseres ebenfalls bloß abhängigen Bewusstseinskontinuum, das mit unseren Handlungen in Verbindung steht.


    Die Frage ist für mich nicht, wer der Besitzer von Erinnerungen ist, sondern: wie kommen unsere Erinnerungen, die wir zweifellos haben, zustande. Darüber hat es ja schon in Indien heftige Debatten zwischen den Cittamatrin und den Madhyamikas gegeben.

    Die Auffassung / Ansicht, dass wir ein eigenständig-substanzielles Ich ( zur Begrifflichkeit vgl. Beitrag #136) haben, beruht ja darauf, dass wir daran glauben, dass unserer Ich so existiert wie es uns in unserer alltäglichen Sichtweise erscheint. Obwohl es kein dauerhaftes Ich gibt, haben wir deshalb genau diese Vorstellung.


    Dazu braucht man nicht die Wiedergeburt zu vertreten. Vertritt man allerdings Wiedergeburt, dann kann man sich verdeutlichen, dass die Auffassung eines eigenständig-substanziellen Ich schon seit anfangsloser Zeit Bestandteil unseres Bewusstseinskontinuums gewesen ist und von Existenz zu Existenz weitergeht und das diese Ich-Auffassung deshalb auch tief in unserem Bewusstseinskontinuum verankert ist und es deshalb auch schwer ist, diese falsche Ansicht zu identifizieren und zu überwinden.

    Die Ich-Illusion ist hier anhand des Bilds aus Pixeln sehr gut erklärt. Das Problem ist aber, dass es damit aus meiner Sicht nicht erledigt ist. Um psychisch gesund und widerstandsfähig zu sein braucht man nach meiner Meinung aber trotzdem ein gewisses Selbst (nicht ein Selbstbild, sondern ein Selbst).

    Der Punkt ist ja, was wird im Dharmakontext mit der Selbstlosigkeit der Person verneint. Was ist das Verneinungsobjekt der Selbstlosigkeit der Person?


    Die Selbstlosigkeit der Person verneint die Auffassungen, dass es ein eigenständiges Selbst der Person gibt, und dass es ein substanzielles Selbst der Person gibt. Es wird verneint, dass es ein Selbst der Person gibt, das unabhängig von den Skandhas existiert, und es wird verneint, dass es ein Selbst der Person gibt, das ein Eigenwesen besitzt. Mehr wird nicht verneint. Es wird also im Dharma nicht generell ein Selbst verneint.


    Was es gibt ist ein abhängig benanntes Selbst. Nur in Abhängigkeit von den Skandhas können wir von einem Selbst reden, und das Selbst einer bestimmten Person unterscheidet sich in bestimmten Aspekten von dem Selbst anderer Personen. Das ist ein Kennzeichen unserer Individualität, die ebenfalls nur ein abhängiges Phänomen ist.

    Das Ziel des Buddha-Dharma besteht darin, die dritte edle Wahrheit zu verwirklichen. Um dies zu erreichen, muss man die Leidensursachen erkennen. So lange man sie nicht erkennt, wird man sie auch nicht überwinden können.


    Beim Erkennen der Leidensursachen spielt die Erkenntnis der Ichlosigkeit oder der Selbstlosigkeit eine wichtige Rolle.


    Ich Ichlosigkeit ist eine Verneinung. Was verneint sie? Sie verneint, dass unser Ich so existiert wie es uns erscheint. Es erscheint uns so als ob es eine eigenständige Existenz habe. So lange wir an dieser Auffassung mit Überzeugung festhalten, sind wir an Samsara gefesselt. Diese feste Überzeugung, dass unser Ich so existiert wie es uns erscheint, ist ein ganz wesentliches Element unserer Unwissenheit.


    Die Ich-Illusion besteht genau in dieser Überzeugung. Die Ichlosigkeit verneint diese Ansicht. Mehr nicht. Dass heißt es gibt ein Ich, aber es existiert nicht so wie es uns erscheint. Unser Ich existiert als abhängige Benennung; in Abhängigkeit von den Skandha benennen wir ein Ich, fassen wir ein Ich auf, das handelt, erlebt und erfährt.


    Was ergreift ist nicht die Ich-Illusion, sondern das abhängig benannte Ich, das glaubt, das Ich würde so existieren wie es erscheint. Dieses Ich hält an dieser Sicht fest und beurteilt dann die Phänomene danach, ob sie dem vorgestellten Ich nützlich oder schädlich sind.


    Wenn wir die Ichlosigkeit oder die Selbstlosigkeit der Person verstanden und verinnerlicht haben, ist eine wesentliche Ursache für das Leiden in Samsara überwunden.

    Jedes Sutta im Palikanon steht in einem bestimmten Kontext. Um den zu erfassen ist es eben notwendig, die einleitenden Verse genau zu lesen.


    Der Kontext eines Sutta ergibt sich aus

    • Wo ist das Sutta gelehrt worden
    • Wer hat es gelehrt
    • Wer sind die Zuhörer
    • Auf welche Fragestellung wird in dem Sutta geantwortet.

    Das wird in den einleitenden Versen verdeutlicht. Wenn man diese Darstellung des Kontextes eines Suttas nicht zur Kenntnis nehmen will, dann wird es schwierig, das entsprechende Sutta angemessen zu verstehen.