Beiträge von Hajobo im Thema „Wiedergeburt“

    cinnamon und Sudhana

    > "aus den Schriften verstehe ich es so, dass die "relative" Wahrheit nicht weniger richtig ist als die "absolute"

    > Wahrheit. Es ist nur eine andere Perspektive auf die selbe Sache


    Genau so sehe ich es auch, es sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Wenn mit der absoluten Wahrheit jenes Verstehen gemeint ist, daß sich in tiefer Versenkung oder Entrückung einstellt, dann kann man es ohnehin nur schwer kommunizieren, weil es über unseren Sprachschatz weit hinausreicht.

    Mit der Kommentarliteratur kenne ich mich nicht aus, orientiere mich fast ausschließlich am Sutta Pitaka (also an der Quelle) und soweit ich weiß, ist die Ansicht über dieses Thema selbst im Theravada nicht so ganz einheitlich. Ich finde es nur bemerkenswert, daß selbst manche gestandene Physiker dem Wesentlichen der Lehre näher kommen, wenn auch aus einer ganz anderen Richtung.

    Wie dem auch sei, letztendlich kommt es nicht darauf an, aus welcher Perspektive man es betrachtet, sondern daß wir die Wirklichkeit immer besser zu durchschauen lernen, sowohl theoretisch aber vor allem beim täglichen Praktizieren.


    Um auf das Thema zurückzukommen: Im Rahmen der relativen Wahrheit kann man ja einen großen Teil dessen, was der Buddha lehrt, praktisch nachvollziehen, kann eigene Erfahrungen sammeln und infolge dessen wächst das Vertrauen in die Richtigkeit der Lehre. Da Weiterexistenz zu jenem Bereich gehört, der nicht unmittelbar praktisch nachprüfbar ist, zumindest nicht unmittelbar, bleibt uns ja ohnehin nichts weiter übrig, als von dem bereits erworbenen Vertrauen (was anderes bedeutet Glaube?) zu zehren, welches wir in der Nachfolge bereits gewonnen haben. Alle Berichte über Weiterexistenz können nur ergänzende Beigaben sein, denn wie es wirklich ist, wissen wir bestenfalls erst nach dem eigenen Tod.

    So wie Buddha Sakyamuni die weltliche und die überweltliche Rechte Erkenntnis unterschieden hat, so hat er auch ganz generell zwei Wahrheitsebenen der Realität unterschieden: die konventionelle Wahrheit (Skt. samvriti-satya) und die endgültige Wahrheit (Skt. paramartha-satya).

    Genau so sehe ich es auch, konventionelle, bzw. endgültige-, oder wie es Igor nennt: relative- und absolute Wirklichkeit. Die Strophe von Nagarjuna ist vermutlich in eben diesem Sinne zu verstehen, zumindest habe ich sie so verstanden.

    Auf der Ebene der konventionellen Wahrheit gibt es Materie, denn Hans Peter Dürr negiert ja nicht die Newtonsche Physik. Aber auf dieser Ebene befasst man sich nicht damit wie die Materie tatsächlich existiert. Man bezieht sich darauf wie sie uns erscheint in unserer Wahrnehmung; mehr aber auch nicht.

    So ist es

    Deshalb sagt Hans Peter Dürr ja auch, dass er sich damit beschäftigt hat, was eigentlich hinter der Materie steckt. Er hat eben erkannt, dass die Materie nicht so existiert wie sie uns auf der Ebene der konventionellen Wahrheit erscheint, dass aber auch das Sprechen über die Materie auf dieser Ebene nicht falsch ist.

    Natürlich nicht aber die relative Wahrheit bezüglich der Materie ist ja bekannt und anerkannt, wir gehen täglich damit um und man kann sich ohne Schwierigkeit darüber verständigen. Auf der Ebene der absoluten Wahrheit ist es dagegen sehr schwierig bis unmöglich. HPD führt das an anderer Stelle auch aus.

    Mit einem Menschen ich hatte deswegen absolut zerstritten, denn er behauptete, wenn ich nichts das "Überweltliche " akzeptiere( anerkenne), das es wäre aus mir keinen Buddhist, also ich würde weiter leiden..

    Aber was bestimmt in meiner Kraft steht, das Gute , das Positive in mir zu kultivieren, und die destruktive Emotionen frühzeitig zu unterbinden. Denn ich übe im allem die Durchdringende Interdependenz zu sehen. In den Terminis--- das bedingte Entstehen.

    Vielleicht war dieser gute Mensch im früheren Leben Großinquisitor :)

    Und was können wir besseres tun, lieber Igor, als uns im Guten zu üben und zu hoffen, daß uns beim Praktizieren der Lehre die höchste Wahrheit eines Tages aufgeht?

    Ich will das mit den 'zwei Wahrheiten' mal aufgreifen

    Danke dafür - wie auch immer es richtig zu verstehen ist.

    Mir war vor längerer Zeit Nagarjunas Strophe in die Hände gefallen und obwohl ich dem Theravada zuneige, fiel sie mir beim Lesen von M117 sofort wieder ein, denn sie ergab in diesem Zusammenhang mit dem Gelesenen einen Sinn.

    Könnt ihr sagen, WAS Quantenphysik denn in mit der Frage nach WIedergeburt zu tun hat?

    Vermutlich nichts, wir sind zugegebenermaßen etwas vom Thema abgekommen. :)

    Hajobo, es gibt auch so keinen Geist, der unabhängig von der Materie existiert ( oder zusatnde kommt). Und umgekehrt.

    Ich habe einige Passagen von P.Dürr aufgeschnappt, es was für mich sehr aufffallend, wie verdammt er die Ansichtwesie von der Leerheit fast eins zu eins schildert...

    Lieber Igor

    Ich bin kein Quantenphysiker aber was ich von HPD bisher verstanden habe ist, daß es außer Geist nichts gibt. Interessant ist auch, daß er im Ergebnis seiner quantenphysikalischen Erkenntnisse nicht nur zu diesem Ergebnis-, sondern auch zum Buddhismus gekommen ist aber das nur nebenbei.

    Soweit ich es verstanden habe, ist Materie sozusagen geronnener Geist. Die Leerheit gehört nach meinem Verständnis zu dem, was Nagarjuna oben mit der höchsten Wahrheit gemeint hat, jedenfalls verstehe ich es so. Der Buddha äußert sich in M 117 ausführlich dazu:

    "Rechte Erkenntnis, sag' ich da, Mönche, ist doppelter Art.

    • Es gibt, ihr Mönche, eine rechte Erkenntnis, die wahnhaft, hilfreich, zuträglich ist;
    • es gibt, ihr Mönche, eine rechte Erkenntnis, die heilig, wahnlos, überweltlich, auf dem Wege zu finden ist."

    u.s.w.


    Die Wahrheit der Erscheinung betrifft unsere (eingebildete) Existenz, die Aktivitäten des Geistes, der uns zu immer neuen Illusionen verleitet.

    Die höchste Wahrheit können wir auf geistigem Wege, mit Hilfe des Denkens, nicht erreichen, dazu muß der Geist vollständig zur Ruhe kommen, z.B. innerhalb einer Entrückung und die dort erfahrene Wahrheit ist verbal nicht vermittelbar, das ist das paradoxe daran.

    lG

    Der Frage würde ich mich gerne anschließen und eine Bemerkung von Hans Peter Dürr anfügen:

    "Es gibt keine Materie - Ich habe als Physiker... fünfzig Jahre damit verbracht zu fragen, was eigentlich hinter der Materie steckt. Das Ergebnis ist ganz einfach: Es gibt keine Materie."

    Zitat aus: H.P.Dürr 'Geist, Kosmos und Physik' Verlag Crotana 9. Auflage 2016 S. 44

    Man sollte es alles selsbt überprüfen und streng logisch anlysieren.

    Ja lieber Igor, das schrieb ich ja, daß man selber prüfen sollte und mir beim Praktizieren noch nie eine Diskrepanz zwischen der Lehre und der eigenen Erfahrung untergekommen ist. Wobei - auch mit Logik kann man irre gehen.

    Danke für den Link

    Es ist nicht "alles" aus und vorbei, sondern lediglich die Existenz dessen, was sich irrtümlich für ein unabhängig existierendes Selbst, ein 'Ich' gehalten hat.....

    Wunderbare Zusammenfassung - Danke


    Das Phänomen Weiterexistenz läßt sich auch mit etwas profaneren Mitteln beleuchten. Ian Stevenson hat über 1500 Fälle von Rückerinnerungen von Kindern zusammengetragen, die sich an eine Vorexistenz erinnern und hat das Phänomen mit wissenschaftlicher Akribie untersucht. Die Berichte vieler dieser Kinder lassen klar erkennen, daß die neue Existenz eine gänzlich andere Persönlichkeit ist als die vorherige, obwohl sie sehr eindeutige Erinnerungen an das jeweilige Vorleben hat. z.B.


    "Zweifache Wahrheit gibt es nach des Buddhas Meinung:

    Die höchste Wahrheit und die Wahrheit der Erscheinung.

    Die diesen Unterschied zutiefst heraus nicht fanden,

    die haben auch den Sinn der Lehre nicht verstanden." (Nagarjuna)


    Daß es bei diesem Thema nicht um die höchste Wahrheit-, sondern um die der Erscheinung geht, ist uns doch allen klar, denke ich. :)

    Hallo Zusammen


    Bin erstaunt, daß dieses Thema solch ein Interesse auslöst, hätte ich nicht erwartet. Jede Menge interessante Denkanstöße über die es sicher lohnt weiter nachzudenken und das braucht Zeit.


    Igor

    Ich hoffe, Du nimmst es mir nicht übel, daß ich diesen Faden mit einem Zitat von Dir begonnen habe, wollte Dir damit nicht zu nahe treten.

    Das Thema schien mir nur in Monikas Tagebuch etwas OT zu sein.

    Es gibt nichts zu beweisen, lieber Igor, jeder hat seine Sicht auf die Dinge und man kann unendlich darüber streiten und kommt doch nicht auf einen Nenner. Wie könnte man auch, denn mit endlichen Mitteln kann man über die jenseitigen Dinge höchstens spekulieren. Es ging mir eigentlich nur um die Feststellung, daß Wiedergeburt nicht auf den Hinduismus beschränkt ist, sondern sich auch der Buddha recht deutlich dazu geäußert hat.


    Der Wahrheit über jenes Etwas, welches das Wesen eines Wesens über den körperlichen Tod hinaus weiterträgt, kommt man durch wissenschaftliches Denken vermutlich nicht wirklich näher. „Die Wissenschaft“ - hat mal ein Physiker (weiß nicht mehr wer es war) geschrieben - „ist immer der letzte Stand des Irrtums.“ Damit soll nichts gegen die Wissenschaft gesagt sein aber bezüglich der metaphysischen Aspekte der Existenz hat sie ihre Grenzen.

    Vielleicht ist die Bezeichnung Wiedergeburt wirklich nicht gut geeignet, denn sie suggeriert das Weiterwandern eines Ich, einer Person. Wiederwerden oder Weiterwerden gefällt mir deutlich besser. Um sich dem Phänomen zu nähern und ihm etwas von seinem hypothetischen Charakter zu nehmen, könnte man sich vielleicht einer kriminalistischen Methode bedienen, in dem man die Indizien betrachtet, die die Hypothese stützen bzw. widerlegen. Dazu sind ja oben schon einige gute Beispiele genannt worden.

    Um ganz ehrlich zu sein, für mich ist die Autorität des Buddha Anlaß genug, ein Weiterwerden als gegebene Tatsache zu akzeptieren. Wer selber prüft: Die Lehre ist wohltuend am Beginn, in der Mitte und am Ende – das sehe ich auch so, obwohl ich selber nur über die Wohltaten am Anfang urteilen kann.

    Beim Praktizieren ist mir jedenfalls noch nie eine Diskrepanz zwischen der Lehre und der eigenen Erfahrung untergekommen. In Folge dessen betrachte ich mich in punkto Weiterexistenz als einen vertrauend Nachfolgenden, auch wenn die direkte Erfahrung dessen noch aussteht. ;)

    Igor

    > Wer sollte doch wiedergeboren werden? Das ist doch kein Hinduismus...

    > Z.B, es gibt sehr böse, echt blutrünstige Kinder, fast von der Geburt an...

    > Ich denke, das war in ihnen etwas von den anderen "Inkarnierungen"...


    Lieber Igor

    Vielleicht so: Nicht wer wird wiedergeboren, sondern was, nämlich das Wesen-tliche eines vorherigen Wesens - siehe M38.26 und M93.18

    Zum Thema Wiedergeburt äußert sich der Buddha z.B. in M120, M135, und M136.