Beiträge von pano im Thema „Was ist säkularer Buddhismus?“

    Angst

    Vielleicht noch als persönliche Note, ich bin beim Lesen in Internetforen/Blogs regelmäßig erschreckt wenn im Bereich des traditionellen Buddhismus ich Beiträge von regelrecht verängstigten Leuten lese, die um die 'karmische Zukunft' von sich und Angehörigen fürchten. die Diskussionsfäden (Beispiele hier alle nicht aus diesem Forum) sind dann teilweise wirklich schrecklich. Z.b. fragte da ein User in einem englischen Forum, wie es um den drogenabhängigen Onkel stehe. Und dann kommt die Antwort 'Wird vielleicht als Preta wiedergeboren, man sollte halt echt nicht gierig sein'. Anderer Beitrag ist mehr ein Bericht eines (nach dem was ich lese wirklich versierten Kenners des Pali Kanons), der sich um einen Angehörigen sorgt, weil die südostasiatische Dorfgemeinschaft ihre Dorftraditionen in den letzten Tagen durchgeführt hat, statt orthodox-Theravāda.


    Da empfinde ich den säkularen Buddhismus als ziemlich befreiend auf das Wesentliche fokussiert: weniger Dukkha, mehr mettā, uppekkhā, muditā, karuṇā. Und, wenn es doch überraschenderweise für den sekularen Buddhisten zyklische Wiedergeburten geben sollte, dann sollte auch der praktizierende säkulare Buddhist wenn er nicht nur Stubenphilosoph ist eigentlich ganz gut 'karmisch' vorgesorgt haben.

    Weiterführende Fragen zum säkularen Buddhimus hätte ich da noch

    • Versteht sich der säkulare Buddhismus als genuin atheistisch, oder als agnostisch (was z.B. für Anhänger anderer Religionen den Zugang erleichtern würde)
    • MBSR ist derzeit ziemlich erfolgreich und sekularer Buddhismus wird eine für einige MBSR Kursteilnehmer akzeptable Option sein die nicht eine religiöse Heimat suchen. Aber ist das ausreichend als Pool von Neugierigen um dauerhaft eine Bewegung zu sein? Die römischen Stoiker waren so erfolglos ihre Lebensphilosophie der Gelassenheit an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben, dass wir so gut wie keine ihrer Werke mehr haben. Nicht archivwürdig könnte man sagen.
    • Mönchswesen / Nonnenwesen: Braucht es sekulare Klöster ('Akademien'). Mir scheint säklarer Buddhismus ist das, was man in religiösen Kreisen eine Laienbewegung nennen würde. Nun strukturieren sich Religionen aber mit einem Klerus. Will man Vereinsstrukturen? Pädagogik?

    Der Teil an der gängigen Definition von Nirvana der ja für den Sekularen Buddhisten Schwierig ist ist die Wiedergeburt, bzw. der Ausbruch aus einem Kreislauf von Wiedergeburten zu dem der Glaube fehlt.


    Ich denke für die meisten sekularen Buddhisten wird - wenn man den Kreislauf der Wiedergeburten außen vor lässt - Nirvana so ziemlich mit Bodhi (erwachen) zusammenfallen. Und dann wird es verschiedene Sichten geben bzgl. Bodhi. Mir scheint dass samatha + vipassanā und die satta bojjhaṅgā die zu samatha + vipassanā führen mit einem sekulären Weltbild durchaus kompatibel sind.


    Einen gewissen Freiheitsgrad an Meinungen wird es noch geben, ob man die Einsicht als meditative Einsicht sieht, es also eine Art erlösenden Moment des Geisteszustands gibt, oder ob man sich auf einen genuin-philosophische Sichtweise zurückzieht, sozusagen "Sekularer Buddhismus ohne Meditation".


    Kurz gefasst kann man sicher mal sagen dass für den sekularen Buddhismus Nirvana irgendwo oder hinter dem Ende des edlen Achtfachen Pfades liegt, ggf. mit samatha + vipassanā (Einsicht, etwa in Vergänglichkeit, Nicht-Selbst, Leere/Śūnyatā, bedingtes entstehe ), und meditativen Vertiefungen. Ein Zustand in dem viel Leid erloschen ist, voller mettā (Liebende Güte), karuṇā (Mitgefühl), upekkhā (Gleichmut), muditā (Mitfreude).


    Es sollte nicht überraschen dass auch im sekularen Buddhismus ziemlich viel Freiraum ist für verschiedene Ansichten, im traditionellen Buddhismus gibt es diese ja auch.