Beiträge von Helmut im Thema „Was versteht man im Buddhismus unter Unwissenheit“

    Da ich Wikipedia bezüglich der Lehre des Buddhas nicht für eine autoritative Quelle halte, schreibe ich jetzt hier einmal was zur Bedeutung der Begriffe moha und avijja wie sie in Nyanatilokas Buddhistischem Wörterbuch zu finden ist:


    "Moha, Verblendung, ist eine der drei unheilsamen Wurzeln. Das gebräuchlichste Synonym ist avijja." (S.129)


    Die drei unheilsamen Wurzeln sind die drei Geistesgifte Unwissenheit, Gier und Hass.


    "Avijja, Nichtwissen, Unwissenheit, Verblendung, ist ein Synonym von moha und gilt als die Grundwurzel alles Übels in der Welt, da sie eben den Erkenntnisblick der Wesen verschleiert und sie die wahre Natur der Dinge nicht erkennen lässt." (S.40)


    Das Geistesgift Unwissenheit ist also die Wurzel von Gier und Hass.


    Wenn wir hier also von Unkenntnis bezüglich der vier edlen Wahrheiten sprechen, dann bedeutet dies also, dass diese Unwissenheit uns nicht erkennen lässt, was die wahren Leiden, die wahren Ursprünge, die wahren Beendigungen und die wahren Pfade sind.


    Wenn wir diese Unkenntnis bezüglich der vier edlen Wahrheiten überwinden wollen, müssen wir also erkennen: was sind die wahren Leiden, was sind die wahren Ursprünge, was sind die wahren Beendigungen, was sind die wahren Pfade.


    Das Zitat, das Noreply in Beitrag #35 aus SN 56.11 gegeben hat, hilft dabei schon einmal weiter.

    Vielleicht kann Kaiman , der Themenstarter, ja mal zurück melden, ob seine Fragen inzwischen beantwortet sind.

    Wenn es in SN 12.2.15 heißt:


    "Was aber ihr Bhikkhus, ist Nichtwissen?

    Die Unkenntnis, ihr Bhikkhus, vom Leiden,

    die Unkenntnis von der Entstehung des Leidens,

    die Unkenntnis von der Aufhebung des Leidens,

    die Unkenntnis von dem Weg, der zur Aufhebung des Leidens führt:

    das, ihr Bhikkhus, heißt Nichtwissen.",


    dann hat Buddha Sakyamuni hier ja keine inhaltlichen Aussagen über das Nichtwissen getan, sondern nur gesagt, dass es in Bezug auf die vier edlen Wahrheiten bei den Menschen Nichtwissen gibt.


    Zum Beispiel: Die Unkenntnis vom Leiden kann ja wohl nicht bedeuten, dass wir nicht wissen, dass wir Leiden erfahren, dass wir keine Kenntnis vom Leiden haben.

    Die Unwissenheit, die das erste Glied des zwölfgliedrigen Gesetzes von der ursprünglichen Entstehung bildet, ist fundamentaler, grundlegender als die Unwissenheit über die vier edlen Wahrheiten.


    Sie bildet die Grundlage für die Unwissenheit über die vier edlen Wahrheiten und wird zum Beispiel in MN 2 mit den Trieben in Verbindung gesetzt. Diese Unwissenheit ist als Geistesfaktor selbst ein Trieb und fesselt uns deshalb an Samsara., so lange wir sie nicht überwunden haben.


    Erst wenn wir diese grundlegende Unwissenheit, die uns an Samsara fesselt, überwinden, werden wir auch die Unwissenheit bezüglich der vier edlen Wahrheiten vollständig aufgeben können.

    Ob man es versteht ist eine andere Frage mMn. Ich würde es nicht allein aus den paar Zeilen heraus verstehen. Dann wäre ich ja befreit. Andere Sutten erklären einiges detaillierter. Sind auf jedenfall richtige Wegweiser :)

    Der nächste Schritt wäre ja zu klären was diese vier Aussagen inhaltlich bedeuten.


    Wodurch ist


    die Unkenntnis vom Leiden,

    die Unkenntnis von der Entstehung des Leidens,

    die Unwissenheit von der Aufhebung des Leidens

    die Unkenntnis vom Wege, der zur Aufhebung des Leidens führt


    konkret bestimmt?


    Weiterhin ist ja diese Unwissenheit über die vier edlen Wahrheiten nicht die Unwissenheit, die das erste Glied des Gesetzes von der ursprünglichen Entstehung bildet (SN12.1).

    Vereinfacht ausgedrückt bedeutet Unwissenheit, dass man eine falsche Vorstellung von der Bestehensweise der Person und der Phänomene hat. Einem selbst erscheint es so, dass man als Person nur aufgrund eines Eigenwesens, eines uns innewohnenden "ICH" existiert. An diese Sicht hat man sich gewöhnt und deshalb glaubt man, dass man auch auf diese Weise als Person existiert. Aber dies entspricht nicht der Realität.


    Und diese Unwissenheit, die nicht mit der Realität übereinstimmt, fesselt uns an Samsara. Deshalb ist sie auch das erste Glied der zwölfgliedrigen Kette des abhängigen Entstehens, das uns immer wieder in samsarische Existenzen wirft.