Beiträge von Hajobo im Thema „Tenzin Palmo über Fleisch-essende (Laien), was haltet ihr davon?“

    Würden wir dieses Gedanken machen über das, was zu sehen ist, erkennen würden wir sehen, was zu sehen ist, ganz ohne Filter.

    Genau das meinte ich ja, Gedankenmachen ist das Hindernis. Tiere haben angeblich keine Gedanken (was meines Wissens keineswegs bewiesen ist) und also sehen sie was zu sehen ist. Ein Mensch im gleichen (gedankenlosen) Zustand sieht es ebenso und zwar alles um sich herum und sich selbst, nur diesmal ohne Trennung.

    Mir scheint, in wie weit man zum absichtlichen Töten bereit-, bzw. „geeignet“ ist, hängt sowohl vom Umfeld, als auch jenen Eigenschaften ab, die man bei der Geburt schon mitbringt.

    Mein Vater war leidenschaftlicher Angler und als kleiner Junge hatte ich kein Problem Würmer auf Haken zu spießen und die geangelten Fisch zu töten und aufzuessen. Warum auch, die Erwachsenen taten es also war es in Ordnung. Mit zunehmendem Alter fiel es mir immer schwerer und irgendwann ging es gar nicht mehr. Diese Abneigung war jedoch nicht die Folge entsprechender Lektüre, auch kannte ich damals niemanden, der entsprechend auf mich eingewirkt hätte. Sie entstand im Laufe der Zeit von selbst.


    Wir hatten auch Kaninchen und ich mußte immer beim Schlachten helfen. Einem Tier, welches ich selbst mit Hingabe versorgt hatte, eins hinter die Ohren zu geben, habe ich niemals geschafft und mich stets geweigert, wenn ich es tun sollte. Es später aufzuessen war dann komischerweise kein Problem, im Gegenteil. Die grundlegende Einsicht, daß der Fleischgenuß immer mit Tiermord verbunden ist, sowie die entsprechenden persönlichen Konsequenzen, entwickelten sich erst viel später und waren das Ergebnis umfangreicher Lektüre.

    Auch ein ungünstiges Umfeld kann also offenbar die angeborenen Neigungen nicht auslöschen, höchstens etwas verändern und umgekehrt schützen einen dieselben nicht vor falschen Handlungen, wenn das Umfeld ihnen nicht entspricht.

    Erst durch die Lehre war es mir später möglich zu verstehen, wie diese Dinge zusammenhängen und sich bedingen. Und – viel wichtiger – wie man vorgehen muß, damit sich das unheilsame Denken und Tun mindert und das heilsame mehrt. Mitgefühl und absichtliches Töten ist für mich jedenfalls vollkommen unvereinbar, auch ohne Buddhismus.

    Darum ist es auch absurd, zum einen globales Mitgefühl mit allen Wesen in der Metta-Meditation zu üben, zum anderen aber als Konsequenz aus dieser Form der Meditation den Fleischkonsum nicht radikal und zeitnah zu reduzieren oder sogar einzustellen. Das betrifft aber genau so jede andere Handlung, die uns, unsere Nachfahren, die Mitlebewesen auf diesem Planeten bewusst schädigt... Da kann man sich Metta sparen... Wenn Metta-Meditation nicht mittelfristig zu ökologisch bewussterem Verhalten und nachhaltigerem Konsum führt, ist sie sinnlos.

    Der erste dieser fünf Übungswege findet im ersten Gelübde seinen Ausdruck: "Ich nehme den Übungsweg auf mich, vom Zerstören von Lebewesen Abstand zu nehmen."

    Natürlich kann man das nun intellektuell zerpflücken und relativieren, mit allen möglichen schlauen Argumenten - vom simplen "Pflanzen sind auch Lebewesen" bis hin zu philosophischen Śunyatā-Spitzfindigkeiten. Wer Gründe braucht, findet immer welche.

    Besser kann man es kaum ausdrücken. Ich bin solcher Diskussionen überdrüssig, sie führen zu nichts - habe, wie schon erwähnt, unzählige miterlebt und bin es einfach leid. Wer in Mitgefühl und dem Töten von Tieren keinen Widerspruch sieht, den werden keine Argumente überzeugen, seien sie auch noch so eindrücklich. Und wozu auch, jeder muß seine Erfahrungen selber machen.

    Aber das hatte ich doch schon anfangs gesagt: Ich habe den fleischlosen Weg selbst praktiziert und verworfen.

    OK und wo ist dann das Problem? Wen Du diesen Weg gewählt hast, dann ist es eben so.

    Um es noch anders zu formulieren: Es gibt keine Möglichkeit für mich, mich nicht "schuldig" zu machen, wenn ich überleben will. Lediglich ein eigens dafür geschaffenes Gedankenkonstrukt, das z.B. eine Wertung einschließt, Tiere mit Augen hätten einen höheren individuellen Lebenswert und ihr Schutz sei damit ethisch wertvoller, macht es möglich, dass ich wie Palmo oder TNH gewisse Schlüsse ziehe. Dabei wird übersehen, dass es in der buddhistischen Praxis ganz wesentlich darum geht - jedenfalls im Zen und in anderen Mahayana-Richtungen - diese wertenden Gedankengebäude zu durchschauen und aufzulösen.

    Gewiß leiden Pflanzen ebenso, wenn wir sie als Nahrung benutzen, das ist gar keine Frage. Ich vermute allerdings, daß der Anteil von Fleischverzichtern erheblich größer wäre, wenn jeder gezwungen wäre, den Spender selber um die Ecke zu bringen. Jedes Tier wehrt sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, wenn es merkt, daß es getötet werden soll. Ich habe noch nie erlebt, daß mich der Salat im Garten gebissen hätte, wenn ich mir ein paar Blätter nahm oder die Gurkenpflanzen schreiend davon gelaufen wären, wenn es darum ging, eine Gurke zu ernten.

    Was ich sagen will: Die Frage läßt sich auch ohne Budhismus ganz einfach und praktisch zu betrachten.

    Hallo Bebop

    In diesem Faden geht es um die Frage des Fleischverzichts, bzw. ob ein Fleischesser gleichzeitig ein guter Buddhist sein kann.

    Fleischverzicht zu praktizieren ist wohl eher kein dehnbarer-, sondern ein relativ konkreter Begriff. Entweder esse ich Fleisch oder eben nicht.

    Die Praxis, um dahin zu kommen, kann zweierlei Ausgang haben, entweder schaffe ich es zu verzichten oder nicht. Weniger davon zu verzehren und/oder bewußter auszuwählen ist sicher gut und begrüßenswert aber es ist kein Verzicht. Insofern kann ich im Praktizieren keinen dehnbaren Begriff erkennen, entweder ich praktiziere oder ich theoretisiere. Daß auf Grund seiner Praxis jeder zu anderen Schlüssen kommen kann, ist ganz klar, jeder macht andere Erfahrungen. Um aber die eigene Erfahrung einer fleischlosen Lebensweise zu machen gibt es nur eine Möglichkeit, ich muß (wenigstens versuchsweise) Fleischverzicht praktizieren - oder gibt es noch eine andere?


    Natürlich ist das Praktizieren nicht dazu da, genau das zu bestätigen, was man ursprünglich erwartete und soweit ich sehen kann, hat das auch niemand behauptet? Ich meine auch nicht, daß Theorie nutzlos ist, denn um z.B. den Weg des Buddha zu gehen, muß ich zunächst Informationen darüber besitzen, daß dieser Weg überhaupt existiert und all das Drum und Dran der Lehre. Aber selbst wenn ich den ganzen Palikanon auswendig wüßte und alle Kommentare dazu, sowie die Meinungen und Erfahrungen anderer Buddhisten, was würde es nützen? Um zu wissen, wie es mir auf dem Weg ergeht und ob all die Dinge, über die der Buddha lehrt, wirklich und wahr sind, muß ich den Weg gehen, ich muß praktizieren und eigene Erfahrungen machen - oder nicht?


    Über die Frage, ob ein fleischessender Buddhist ein guter Buddhist sein kann oder nicht, will ich mir kein Urteil erlauben. Außerdem ist es in meinen Augen eine unwichtige Frage, denn in dem Maße, wie man auf dem Weg voran kommt, beantwortet sich die Frage ganz von selbst und führt zu entsprechenden Konsequenzen. Daß der Buddha dieses Thema nicht explizit erläutert hat, war sicher kein Versehen, sondern hat vermutlich mit eben diesem Umstand zu tun._()_

    Wo genau hast du denn das gelesen. Du hast doch bestimmt eine Quelle

    Nein void, weiß nicht mehr wo ich das gelesen habe, ist schon Jahrzehnte her. Ganz am Anfang meiner eigenen Suche habe ich ein Menge Bücher verschlungen und die Sache ist mir wegen ihrer Eindrücklichkeit in Erinnerung geblieben.

    Diskussionen wie diese kenne ich unzählige und sie verlaufen alle ähnlich - fast gleich.

    Die Lehre des Buddha und die Frage der Ernährung - speziell der Fleischverzicht - scheinen mir eine Gemeinsamkeit aufzuweisen:

    Um herauszufinden, ob etwas dran ist, gibt es nur einen Weg, man muß es praktizieren. Wer das nicht kann oder will, wird nie zu eigenen Erfahrungen kommen und ewig anderer Meinungen, Ansichten und Vorurteile bedürfen. Und das gilt ebenso für viele der sogenannten Ernährungsberater, von denen jeder eine andere Weisheit vertritt.

    Diskussion wie diese sind uralt und ewig gleich und sie enden in der Regel auch immer gleich.

    Um die Sache vielleicht von einer anderen Seite her zu erheitern, könnte man z.B. die Frage stellen:

    Was passiert, wenn man aus der Nahrung alle pflanzlichen Bestandteile eliminiert und sich nur von tierischen ernährt,

    und was passiert, macht man es umgekehrt?


    Im alten China, so habe ich gelesen, gab es eine besonders grausame Hinrichtungsmethode: Die Verurteilten bekamen satt zu essen, jedoch nur gekochtes Fleisch. Das darauf folgende Siechtum soll von sehr langer Dauer gewesen sein und der Tod ein schrecklicher. Umgekehrt funktioniert so etwas nicht nur nicht, sondern es stellt sich im Gegenteil eine verbesserte Vitalität ein, wie jeder bestätigen wird, der es selbst an sich ausprobiert hat, jedenfalls über längere Zeit.


    Unser Geist ist eine raffinierte Einrichtung, er ist sehr kreativ, wenn es um die Verteidigung der alten Gewohnheiten und Laster geht und von nichts und niemandem läßt er sich dabei beirren und schon gar nicht von "Gras- und Körner..essern" :grinsen:_()_

    Er wusste ja auch noch nichts von Fleischproduktionsstätten und Klimawandel.

    Gewiß und ich denke, in erster Linie war er ein Praktiker, der seine Schäfchen gründlich durchschaute. Und die Leute, die den Mönchen spendeten, gaben das Fleisch sicher in der Meinung ab, ihnen damit etwas Gutes zu tun. Ablehnung oder gar Tadel hätten sie vermutlich falsch verstanden. Das Nichtverweigern der Fleischspenden sehe ich aus diesem Grund nicht im Widerspruch zu den Silas.

    ich hab mal ... als Experiment kein Fleisch gegegessen und mir ging's nicht gut damit.

    Das kann ich gut nachfühlen, ging mir auch so. Wichtig ist, daß man es wirklich will, denn was man nur eigentlich will, schafft man meistens nicht.

    Das Zweitwichtigste ist die Motivation: Damals war ich fast 40 und es stellten sich die ersten Zipperlein ein, die nach den ersten Wochen des Verzichts nach und nach verschwanden und bei jedem Rückfall regelmäßig wiederkehrten. Das war ein sehr wichtiges Motiv, denn von der Lehre hatte ich seinerzeit noch kaum eine Ahnung. Die ursprüngliche Intention war die Gesundheit und reine Neugier. :)

    Übrigens ist Fleischlos deutlich kostengünstiger, man darf nur nicht auf die vielen vegetarischen Fertigprodukte hereinfallen. Die sind nach meiner Erfahrung genauso überteuert und überflüssig, wie die konventionellen. Viel Obst und Gemüse und viel Selbermachen spart jede Menge Geld.

    "Iß kalt und roh, so bleibst du froh" lautet ein alter Spruch aber das muß man ja nicht gleich am Anfang wörtlich nehmen. Man beginnt die Schule ja auch nicht mit der 10. Klasse. ;)

    Also da muss sich was ändern, aber ich hab noch keine Idee, wie.

    Hallo sitaara


    Nicht selbst unter Druck setzen, das ist kontraproduktiv. Einfach anfangen, kleine Schritte ergeben auch einen Weg.

    Fleisch zu reduzieren ist doch schon ein Schritt und wenn Du die Herkunft künftig kritischer auswählst, sind es schon zwei.

    Auch ist es nicht egal, welches Tier man verspeist. Herr Dr. Reckeweg war ein Arzt der alten Schule, der viele seiner Erkenntnisse im Selbstversuch überprüft hat. Vielleicht hilft Dir die Lektüre dieser Abhandlung, die Motivation zu steigern. Mir hat es seinerzeit jedenfalls geholfen.

    Über's Knie brechen schaffen nur die aller Härtesten, ich brauchte mehr als zwei Jahre - das nur als Trost für Dich ;):)_()_

    Der Buddha hat sich meines Wissens dazu nicht explizit geäußert. Bekanntlich hat er Fleisch, welches auf dem Almosengang gespendet wurde, nicht abgelehnt. Für mich ergibt sich der Fleischverzicht aus der Nachfolge ganz eindeutig aber dazu gibt es sicher verschiedene Ansichten.

    Ich bin Thüringer und hier wird deftig gegessen - Fleisch und Wurst bis zum Abwinken. Auf fast jedem Markt stehen hierzulande Bratwurstbuden und als ich vor rund 30 Jahren mit dem Verzicht begann, mußte ich um jede dieser Buden einen großen Bogen machen, um nicht in Versuchung zu kommen. Heute ist mein Bogen noch genau so groß aber nicht wegen der Versuchung, sondern weil die Nase nur noch das verbrannte Fleisch riecht.

    Was ich sagen will: Meiner Erfahrung nach ist der Fleischgenuß einfach eine Angewohnheit und zwar eine schlechte. Daß Vegetarier im Durchschnitt körperlich gesünder sind, ist ja schon lange kein Geheimnis mehr. Dem entgegen steht einzig und alleine der eigene Schweinehund, jedenfalls ist das meine Erfahrung und den zu besiegen lohnt sich, ich kann es nur empfehlen. _()_