Ich habe zu diesem Thema bisher nichts gesagt, weil die Frage mir schon komisch war. Von den vier Genannten, Ayya Khema, Thich Nhat Hanh, Dalai Lama, Kenneth S. Leong ist der Dalai Lama der einzige, der als Buddhist zu bezeichnen wäre. Alle anderen haben durch ihre persönlichen oder sozialen Ursprünge engen Kontakt zu irgendwelchen "Christentümern" gehabt. Und sie haben dann entsprechend dieser Erfahrungen ihre Bezüge zum Buddhismus eingefärbt. Und alle, bis auf den Dalai Lama, haben sie ihre Lehren im christlichen Kontext kultiviert. Das bedingt dann auch ein entsprechendes Anhaften an Religion. Der Dalai Lama ist da weit aus säkularer und ich denke mal, dass er nicht an seinen tibetischen Ritualen haftet.
Das gilt im übrigen auch - aber in negativer Weise - für die Vielzahl von kirchlichen Vertretern. Die Kleriker haben da einen sehr pragmatischen Bezug zum Glauben und Ritus und halten das natürlich vor der Schar der Gläubigen verborgen. Viele sind sogar vom Glauben abgefallen - zu mindest gilt das für die römischen Katholiken und die Anglikaner. Hier scheint mir jedoch der Grund für diese Entwicklung darin zu liegen, dass die Quelle vergiftet ist, d.h. die Lehre Jesus dargestellt in den Evangelien und der Theologie des Paulus hat sich durch die römische Machtstellung seit Konstantin so eingetrübt, dass das Christentum zwar groß geworden ist und sich über alle Welt verbreitet hat, aber die Botschaft nicht mehr bei den Adressaten ankommen soll.
Daher haben die Versuche von Christen andere spirituelle Traditionen anzuzapfen, also eine kulturelle Aneignung vorzunehmen, auch den Grund, die eingetrübte Quelle mit frischem esprit zum Sprudeln zu bringen. Und der Versuch des Anglikaners Leong, Christus als Zen-Meister zu präsentieren ist da einer von derartigen lächerlichen Bemühungen.
Der Jesuit Ama Samy sieht in der Weise, wie z.B. Christen Zen praktizieren eine Kolonialisierung und die zeigt sich eben besonders deutlich bei Leong, aber auch bei anderen.
https://www.geist-und-leben.de…s-kopp-64%E2%88%9270/file
Religionen und spirituelle Wege, obwohl meist aus einer bestimmten Kultur und einem bestimmten Land stammend, sind doch das Erbe der ganzen Menschheit. Einige darunter sind zumindest in Teilen so tief in die ursprüngliche Kultur eingebet-
tet, dass Außenstehende sie sich nicht leicht aneignen können. Dazu gehören die so genannten Übergangs-Rituale (rites de passage), beispielsweise die Rituale für Geburt, Ehe und Tod. Aber Yoga und Zen, können die nicht von jedem, der will und
bereit ist, geübt werden? Wenn sie nur Methoden und Techniken sind wie der Rosenkranz, das Üben von Achtsamkeit, Haltungen und das Atmen, sind sie neutral und können in andere Glaubensformen übernommen werden. Genauso verstehen
die meisten christlichen Zen-Lehrer Zen, nämlich als »Methode«, die in den christlichen Glauben und seine Praxis übernommen werden kann. Doch Weltanschauungen und Symbole können nicht einfach entwurzelt und in andere integriert werden.Sie sind unvereinbar, man kann sie nicht harmonisieren.
Wie bereits erwähnt, gibt es Übergangs-Rituale, die nicht ohne weiteres übernommen werden können. Diese Übergangs-Rituale sind sozial und politisch verankerte Gemeinschaftsriten. Um Zen zu üben, muss man nicht die kulturellen und sozialen Normen des Buddhismus übernehmen oder einer buddhistischen Gemeinschaft beitreten; es ist auch nicht notwendig, die für Japan typischen kulturellen und sozialen Rituale und Verhaltensnormen zu adaptieren. Man muss jedoch den Mindestbestand buddhistischer Vorstellungen übernehmen wie auch die vielfältige Praxis buddhistischer Sutras, Rituale und Symbole des Zen. Unabhängig davon, ob
man zum Erwachen
gelangen will oder nicht, muss man sich, um Zen zu üben, zen-buddhistische
Überlieferung, Rituale, Sutras und Symbole aneignen. Auf diese Weise schafft man
Bedingungen, die das Erwachen und die Realisierung des Zen fördern. Das ist
sowohl für den interreligiösen Dialog wichtig als auch für die
Tiefe und Weite des
eigenen Herzens und Verstandes. So kann man lernen, sich zwischen verschiedenen Welten
und Denkweisen zu bewegen und erreicht geistige Freiheit.
Es ist geht vor allem darum, das Anderssein des anderen zu respektieren, den anderen anders sein zu lassen. Wenn man Zen wirklich üben will, muss man das Anderssein des Zen respektieren. Zen im Christentum aufgehen zu lassen (oder umgekehrt)
bedeutet, das Anderssein zu zerstören. Damit wird das Andere »kolonisiert« (colonize).