Beiträge von Leonie im Thema „Die Irrlehre vom lieben was gerade ist“

    Ich will in dem Zusammenhang auch auf #65 hinweisen, in dem ich Thanissaro Bhikkhu, Abt des Klosters Metta Forest Monastery im San Diego County im US-Bundesstaat Kalifornien, zitiert habe. In dieser Schrift von ihm ist auch ein Kapitel über die vier brahmaviharas, S.55-65 in der er auf eine Fehlinterpretation hinweist, die vor allem durch westlich-orientierte Lehrer aufgekommen sei.

    Zitat

    Doch gegenwärtig hat eine Reihe von westlichen Gelehrten und Meditationslehrern die Behauptung vorgebracht, daß die Tradition die Wichtigkeit der Brahmavihāras unterschätzt hat, und das die Brahmavihāras nicht nur Teil des Pfades zu Nibbāna sind. Sie können als der ganze Pfad wirken. Alles was Sie zu machen benötigen ist, die Brahmavihāras zu entwickeln, und diese werden Sie den ganzen Weg weiter bis zum Erwachen führen.

    Über alle Richtungen hinaus.


    Genau diese Ansicht kritisiert Thanissaro -

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    So ist es augenscheinlich, daß die uneingeschränkten Haltungen der Brahmavihāras, deren Einschränkungen haben. Für sich alleine können sie nicht zum Erwachen führen. Als eine Ausübung können sie, allein für sich, kein Nichtbegehren gegenüber Identifikation mit sich bringen, und so nur zu minderwertigeren Zielen, in denen Identifikation ebenfalls anwesend ist, führen.


    Ich will das hier nicht im einzelnen rein-kopieren, aber es lohnt sich diesen Abschnitt zu lesen, zumal er da auch einige Lehrreden heranzieht.

    Upekkhá, wieder zuerst die wörtliche Übersetzung – Gleichmut. Ich ziehe „Gelassenheit“ vor; es geht darum, dass wir unsere Grenzen annehmen und uns darüber erheben. Der Ausdruck „sei gelassen in der Einheit aller Dinge“ hat mein Herz stets als wunderschöner Rat angerührt, wann immer Frustration über den Gang des Lebens vorherrschte, oder über die Grenzen, die das Universum setzt, oder über meine eigenen Grenzen und die Grenzen anderer. Man muss die Dinge bewusst annehmen, so wie sie sind, in ihrer Begrenztheit, um das Herz darin zu üben, jene Begrenztheit zu transzendieren.

    Ich ziehe Gleichmut vor - aber das ist bei mir nicht der Rede wert.

    Wie dem auch sei, der letzte Satz greift ja wieder dieses Thema des thread auf - die Dinge (bewusst) annehmen, so wie sie sind - und dann wird das "wie sie sind" mit dem Merkmal Begrenztheit versehen, damit man dann die Herzensübung Begrenztheit transzendieren da dran hängen kann.


    Die Dinge annehmen wie sie sind: die Daseinsmerkmale sind dukkha, anatta, anicca - ich wüsste nicht was da zu transzendieren wäre. Wie können da Grenzen überschritten werden? Und was sind denn die Bedingungen für Grenzen?

    Nun heißt es dann aber noch "bewusst annehmen" - das bedeutet für mich, dass ich dieses Annehmen der Dinge erfahren sollte.

    Da weiss ich nun leider nicht, was der Autor damit weiter meinte. Ich denke aber, dass ein bewusstes Annehmen der Dinge wie sie sind, bedeutet, das Leiden anzunehmen, die Vergänglichkeit und die Unpersönlichkeit der Dinge zu erfahren.

    Über alle Richtungen hinaus: Aufsätze über den buddhistischen Pfad


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    Mettā bedeutet Wohlwollen

    Ajaan Fuang – mein Lehrer, entdeckte einst, das eine Schlange in sein Zimmer gekrochen war. Jedes Mal, wenn er den Raum betrat, sah er wie sie sich an einen versteckten Platz, hinter einen Kasten, schlängelte. Selbst die Türe tagsüber offen zu lassen, brachte die Schlange nicht dazu, das Zimmer zu verlassen. So lebten sie für drei Tage miteinander. Er war sehr vorsichtig, durch seine Anwesenheit, die Schlange nicht zu erschrecken, oder ihr das Gefühl der Bedrohung zu vermitteln. Doch letztlich, am Abend des dritten Tages, als er in Meditation saß, wandte er sich still in seinem Geist an die Schlange. Er sagte: "Sieh, es ist nicht, daß ich dich nicht mag. Ich habe keinerlei schlechten Gefühle dir gegenüber. Aber unser Geist ist verschieden und dadurch könne schnell ein Missverständnis zwischen uns beiden entstehen. Nun, da ist genügend Platz in den Wäldern, wo du ohne dem Unbehagen, wie du es mit mir gerade hast, leben kannst." Und als er dort sitzend, Gedanken von Mettā gegenüber der Schlange ausströmte, verschwand die Schlange.

    Als Ajaan Fuang mir die Geschichte zum ersten Mal erzählte, hielt ich inne und überdachte mein Verständnis von Mettā. Mettā ist ein Wunsch für Glück, wahres Glück, und Buddha hielt an, diesen Wunsch für sich selbst und für alle anderen zu entwickeln: "Mit Mettā für das gesamte Universum, kultiviere ein grenzenloses Herz" (Sn 1:8) Was ist jedoch die emotionale Qualität, die mit dem Wunsch einhergeht? Viele Leute definieren Mettā als "liebevolle Freundlichkeit", und fügen dem ein Verlangen hinzu, für andere da zu sein: sie in Ehren zu halten, sie mit Innigkeit zu versorgen, zu verpflegen und beschützen. Die Idee, Liebe für alle zu empfinden, klingt sehr nobel und emotional zufriedenstellend. Aber wenn Sie anhalten, und über alle Lebewesen in diesem Universum zu denken beginnen, sind da viele von ihnen, wie die Schlange, die mit Argwohn und Angst auf Ihre liebevolle Freundlichkeit reagieren würden. Anstelle sich nach Ihrer Liebe zu sehnen, würden sie lieber alleine gelassen werden. Andere mögen versuchen einen unfairen Vorteil aus Ihrer liebevollen Freundlichkeit zu ziehen, weil sie es vielleicht als ein Zeichen von Schwäche, oder als Einverständnis, für das was sie tun wollen, sehen. In keinem dieser Fälle würde Ihre liebevolle Freundlichkeit irgend jemanden zu wahrem Glück führen. Wenn dieses der Fall ist, sind Sie mit dem Zweifel, ob Buddhas Lehren über allumfassendes Mettā wirklich realistisch oder weise sind, zurückgelassen.

    Aber wie ich von Ajaan Fuangs Begegnung mit der Schlange lernte, ist Mettā nicht notwendigerweise eine Haltung von liebevoller Freundlichkeit. Es ist mehr eine Haltung von Wohlwollen anderen Personen zu wünschen, daß es ihnen gut geht, und zugleich ein Einsehen, daß wahres Glück etwas ist, daß jeder von uns stets für sich selbst herausfinden muß, und es manchmal viel leichter ist, wenn man getrennte Wege geht.

    Dieses Verständnis von Mettā ist aus dem Pali-Kanon geboren, vorrangig allem, durch das Wort selbst. Pali selbst hat ein anderes Wort für Liebe, Pema, wohingegen Mettā mit dem Wort Mitta, oder Freund, verwandt ist. Der Buddha empfahl niemals die Entwicklung von allumfassendem Pema, denn, so wie er bemerkte, kann Liebe leicht zu Haß führen, wenn die Leute die Sie lieben, schlecht von anderen behandelt werden. Er empfahl jedoch die Entwicklung von allumfassendem Mettā: Freundlichkeit gegenüber allen. Die Tatsache, daß diese Güte mit Wohlwollen gleichgestellt ist, zeigt sich in den vier Passagen im Kanon, wo Buddha Redewendungen empfiehlt, die man im Geist aufrecht erhalten sollte, um Gedanken von Mettā zu entwickeln. Diese Redewendungen beinhalten eine klare Anleitungen, nicht nur die emotionale Qualität, die Mettā zugrunde liegt. Sie tragen auch zum Verständnis des Glücks bei, daß erklären warum es weise und realistisch ist, Mettā für alle zu entwickeln.

    Aber was ist denn gerade jetzt oder hier? Leiden. Und zwar wirklich nur Leiden.

    Nur, wenn Deine Gegenwart durch Gier, Hass und Unwissenheit geprägt ist, die die Ursache von Leiden sind.

    Wenn die frei von Gier, Hass und Verblendung bist, bist du auch frei von Gegenwart. Ist aber noch ein Körnchen von Gegenwart da, ist auch Leiden und seine Ursachen vorhanden. Daraus kann dann sehr viel Unglück entstehen. Pass also auf, wohin du in deiner Gegenwart trittst.

    Es geht doch nicht darum, das Leiden zu lieben.

    Doch, darum geht es in dem Satz von Doris Zölls. Das fällt sogar auf:

    Zitat

    Nur die Zen-Meisterin Doris Zölls passt zunächst nicht ganz ins Bild, wenn sie über den Sinn des Lebens spricht, der darin bestehe, „das, was gerade ist, lieben zu können“.


    Wo ist Gott? filmkritik


    Aber was ist denn gerade jetzt oder hier? Leiden. Und zwar wirklich nur Leiden. Auch darin zeigt sie sich als evangelisch-lutherische Theologin, doch eine Buddhistin ist sie wirklich nicht.


    Das Nicht-Bedingte hat keine Existenz. Im Verlöschen verlischt auch alles, was ist.