Beiträge von Bosluk im Thema „Psychotherapie & Buddhismus“

    Ich sehe auch einige Schnittpunkte zwischen der Psychotherapie insb. in der kognitiven Verhaltenstherapie und dem Buddhismus. Die Punkte, die mir einfallen, hebe ich mal hervor.


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.


    Besonders die Punkte in der Schnittmenge C lassen sich daher auch mit der Psychologischen, als auch mit der Buddhistischen Terminologie beschreiben.


    In der Verhaltentherapie wird zunächst geübt, sich die eigenen Gedankenmuster zur jeweilgen Situation zu vergegenwärtigen (1). Durch die Beobachtung wird dem Klienten der Zusammenhang zwischen seiner Gedankenwelt und dem Erleben (=Wahrnehmung und Gefühle) bewusst (2) Weiterhin wird durch die Beobachtung die eigene Gedankenwelt zum Beobachtungsobjekt, bei dem "Ich" der "Gedankenwelt" gegenüberstehe und mich dadurch von ihr distanzieren kann (3). Das ist die Grundlage mit der dann die Gedankenwelt durch den Beobachter/Klienten beeinflusst werden kann (4). Im nächsten Schritt wird die Konsequenz durch diese Übung klarer: Die Wahrnehmung und Gefühle verändern sich durch die eigene Beeinflussung der Gedankenwelt. Oder anders: Es ist die Gesetzmäßigkeit, dass die Beeinflussung der Gedankenwelt die Erlebensstruktur verändert (5).


    Das ganze nochmal aus buddh. Sicht:

    Durch Übung der Tugenden (Sila oder kammapatha) wird indirekt Achtsamkeit (Sati) eingeübt (1), womit auch hier die eigene Gedankenwelt in den Situationen bewusst gemacht wird (2). Hinzu kommen Meditationsübungen mit Meditationsobjekt (Samadhi), bei dem ebenfalls eine Distanzierung mit den eigenen Gedanken stattfindet (3), jedoch zusätzlich die Erkenntnis, dass es keinen Reaktionszwang auf Gedanken gibt. D.h. dass Gedanken gar nicht verfolgt werden müssen.

    Jetzt kommt auch die Umstrukturierung der Gedankenwelt ins Spiel (4) bei der altes Karma (vipaka) abgetragen wird und neues, heilsames Karma geschaffen wird, in dem der Buddhist sich in heilsamen Verhaltensweisen, wie z.B. den vier Unermesslichen übt (die ACT macht sich diesen Umstand nochmal direkter zunutze). Durch eine längere Praxis, bei der sich das eigene Leben qualitativ verbessert kommt es auch hier zur Erkenntnis (Paññā) in die Gesetzmäßigkeit zwischen Gedankenwelt und Erlebnisstruktur (5).


    Ich habe das jetzt nur sehr grob aufgegliedert. Mit den einzelnen (auch recht umfangreichen Schritten könnte man einen ganzen Essay schreiben).


    Bei Schritt 4 und 5 bleibt die Verhaltenstherapie allerdings stehen und wird zu einer "nie enden wollenden Aufgabe", die das ganze Leben lang aufrecht erhalten werden kann, um es sich damit in einer Welt mit unangenehmen Dingen angenehmer zu machen. Im Buddhismus ist hier aber noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht (in meinem Bild oben geht es an dieser Stelle aus der Schnittmenge C hinaus in blauer Pfeilrichtung). Das wäre in etwa der Bereich, über den Igor07 die letzten Beiträge geschrieben hat.


    Die Paññā über die Gesetzmäßigkeit, wie sich mein Dasein fortsetzt kann genutzt werden, um eben jenes Dasein zu beenden (Ich rede hier bitte natürlich nicht von Selbstmord, sondern dem Ende von dukkha - die im Palikanon häufig zu findene Textstelle: "Geburt ist zu Ende gebracht, das heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden mußte, darüber hinaus gibt es nichts mehr."


    Aus therapeutischer Sicht lässt sich das allerdings nicht mehr konkret in Worte fassen, da hier die eigenen Vorstellungen nicht einfach durch andere Vorstellungen ersetzt werden (um die Erlebnisstruktur zu verändern). Es wäre falsch von neuen "Vorstellungen" zu sprechen. Bestenfalls könnte man sagen, dass man mit den eigenen Vorstellungen aufhört und durch Nicht-Vorstellungen ersetzt (das wäre aber streng genommen auch nicht ganz richtig) und sich dadurch eine Nicht-Erlebnisstruktur einstellt, die man als Ruhepol nicht-Erlebt.


    Schade eigentlich, denn die modernen Therapien könnten genau dort weiter ansetzen (und den Bereich C der Schnittmenge weiter in die buddh. Praxis vergrößern). Aber dafür müssten die Forscher erstmal selbst davon nicht-Erfahren.