"Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Hund, von Hunger und Schwäche gepeinigt, sich vor der Bank eines Rindschlächters aufstellte, und es würfe ihm ein geschickter Schlächter oder Schlächtergeselle ein Knochenstück zu, kahl, abgeschabt, ohne Fleisch, blutbefleckt; was meinst du wohl, Hausvater: könnte da dieser Hund, indem er das Knochenstück, das kahle, abgeschabte, fleischlose, blutbefleckte, rings herum benagt, Hunger und Schwäche vertreiben?"
"Gewiß nicht, o Herr!"
"Und warum nicht?"
"Das Knochenstück, o Herr, ist ja kahl, abgeschabt, ohne Fleisch, blutbefleckt, so viel Mühe und plage auch immer der Hund sich geben mag."
"Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: 'Kahlen Knochen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt': und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.
"Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Geier oder ein Reiher oder ein Rabe einen Fleischfetzen packte und fortrisse, und es stürzten auf ihn andere Geier oder Reiher oder Raben in Scharen hernieder und rauften darum; was meinst du wohl, Hausvater: wenn dieser Geier oder Reiher oder Rabe den Fleischfetzen nicht alsbald fahren ließe, wär' ihm da Tod gewiß oder tödlicher Schmerz?"
"Freilich, o Herr!"
"Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: 'Fleischfetzen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt'; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.
"Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann mit einer flammenden Strohfackel gegen den Wind ginge; was meinst du wohl, Hausvater: wenn dieser Mann die flammende Strohfackel nicht gar eilig von sich fortwürfe, würde sie da seine Hand versengen, seinen Arm versengen oder andere Glieder des Leibes, und er also Tod erleiden oder tödlichen Schmerz?"
"Freilich, o Herr!"
"Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: 'Flammendem Stroh gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt': und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.
"Gleichwie etwa, Hausvater, wenn da eine Grube wäre, tiefer als Manneshöhe, voll glühender Kohlen, ohne Flammen, ohne Rauch; und es käme ein Mann herbei, der leben, nicht sterben will, der Wohlsein wünscht und Wehe verabscheut, und zwei kräftige Männer ergriffen ihn unter den Armen und schleppten ihn zu der glühenden Kohlengrube hin; was meinst du wohl' Hausvater: würde da nun dieser Mann auf jede nur mögliche Weise den Leib zurückziehn?"
"Gewiß, o Herr!"
"Und warum das?"
"Gar wohl, o Herr, wüßte der Mann: 'Fall' ich in diese glühenden Kohlen hinein, so muß ich sterben oder tödlichen Schmerz erleiden!"
"Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: 'Glühenden Kohlen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt'; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.
"Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann ein Traumbild sähe, einen schönen Garten, einen freundlichen Hain, eine heitere Landschaft, einen lichten See, und, wieder erwacht, nichts mehr erblickte: ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: 'Traumbilden gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt'; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.
"Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann dargeliehenes Gut entliehe und einen Wagen mit kostbarem Schmuck und Edelgestein belüde, und er führe, mit diesem geborgten Schatze versehn und versorgt, über den Marktplatz hin; und die Leute sähen ihn und sprächen: 'Reich, wahrlich, ist der Mann, so können Reiche den Reichtum genießen!' Und wo ihn eben etwa die Eigner träfen, da zögen sie eben etwa das Eigen zurück. Was meinst du wohl, Hausvater: genügte das, um diesen Mann zu verstören?"
"Allerdings, o Herr!"
"Und warum das?"
"Die Eigner, o Herr, ziehen ja das Eigen zurück."
"Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: 'Darlehen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt'; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.
"Gleichwie etwa, Hausvater, wenn sich unfern eines Dorfes oder einer Stadt ein dichter Forst befände, und ein Baum stände darin, der reifende Früchte trägt, und keine der Früchte wäre herabgefallen. Und es käme ein Mann herbei, der Früchte begehrt, Früchte sucht, nach Früchten ausspäht; und er gelangte ins Innere des Forstes und gewahrte den Baum, der reifende Früchte trägt; da gedächte er: 'Dieser Baum ist mit reifenden Früchten behangen, und keine der Früchte zu Boden gefallen: aber ich kann ja Bäume erklettern! Wie, wenn ich nun da hinaufkletterte und mich daran satt äße und den Rockschurz voll davon pflückte?' Und er kletterte hinauf und äße sich satt und pflückte den Rockschurz voll. Aber ein zweiter Mann käme herbei, der Früchte begehrt, Früchte sucht, nach Früchten ausspäht, mit einem scharfen Beile versehn; und er gelangte ins Innere des Forstes und gewahrte den Baum mit den reifenden Früchten; da gedächte er: 'Dieser Baum trägt reifende Früchte, und keine der Früchte liegt auf der Erde, und Bäume erklettern, das kann ich nicht: wie, wenn ich nun diesen Baum an der Wurzel fällte und mich dann satt äße und den Rockschurz vollpflückte?' Und er fällte den Baum an der Wurzel. Was meinst du wohl, Hausvater: wenn da jener Mann, der zuerst hinaufgestiegen, nicht gar eilig herabkletterte, möchte ihm da durch den Sturz des Baumes die Hand zerschmettert oder der Fuß zerschmettert oder andere Glieder des Leibes zerschmettert werden, so daß er Tod oder tödlichen Schmerz erlitte?"
"Freilich, o Herr!"
"Ebenso nun auch, Hausvater, überlegt der heilige Jünger bei sich: 'Baumfrüchten gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt'; und er sieht es also, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit an: und den Anblick, der vielfältig Vielheit sucht, diesen verleugnet er, und den Anblick, der einfältig Einheit sucht, wo jedes Hangen an weltlichem Köder gänzlich vereitelt wird, ja diesen Anblick verwirklicht er.
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