ZitatManche Dinge sind gleich tot, wenn man von ihnen redet.
Marlen Haushofer, Himmel, der nirgendwo endet, S. 19
Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Leerheit - wie ist das zu verstehen?“
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Der Dharma kann insofern bei Depressionen helfen, indem er Erwartungshaltungen und Selbstbilder hinterfragen hilft. Er ermöglicht einen realistischen Blick auf die eigene Existenz und die eigene Person. Er hilft, Gefühle zu erkennen, sie weniger oder nicht zu bewerten, und sie schließlich zu akzeptieren. Allerdings glaube ich, dass bei mittleren und schweren Depressionen eine therapeutische Unterstützung unerlässlich ist. Meditation und Beschäftigung mit buddhistischer Erkenntnislehre kann hier hilfreich ergänzen, sollte aber in jedem Fall mit Arzt oder Therapeut besprochen werden. Wichtig ist für Menschen, die an Depressionen oder aber auch an anderen psychischen Erkrankungen leiden, Ängste, Wahrnehmungsstörungen oder -verschiebungen und Unsicherheiten, die während der Meditation auftreten können, nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern im Zweifelsfalle mit einem Therapeuten zu besprechen. Buddhistische Meister:innen oder sonstige buddhistische Lehrende sind dazu oft bei weitem nicht ausreichend ausgebildet. Darum sind im Falle von mittleren und schwerwiegenden psychischen Erkrankungen die Aussagen und Empfehlungen dieser Personen mit großer Vorsicht zu genießen.
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Das ist selbstverständlich, die intensive Beschäftigung über viele Stunden am Tag und viele Monate. Aber das tun wir ja ohnehin, daran wird es nicht scheitern.
Ich kann natürlich nur von mir reden, aber das mit exponentiell schwieriger kann ich nicht bestätigen. Am schwierigsten ist der Anfang, die "Wallace-Stufen" eins bis vier.Hier hören wohl 95% aller Anfänger auf, sind die Abbruch-Quoten höher als im Informatik- oder Mathe-Studium. Ausser die Menschen mit sehr viel dukkha wie ich damals, die machen trotzdem weiter, weil es ihre letzte Chance ist.
Das klingt schon eher nach einer realistischen Perspektive. Ich würde sagen, dass nach den Stufen Wallace Stufen I - IV Jhana anfängt. Mehrere Stunden intensive Praxis jeden Tag über viele Wochen oder Monate ist eine Bedingung dafür. Dann aber öffnet sich das Tor irgendwann und der achtfache Pfad kann beginnen.
Aber das ist schon eine wirklich radikale Lebensentscheidung.
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Das Wallace-Buch habe ich auf Deine Anregung hin schon gelesen.
Eine entscheidende Passage habe ich vor einigen Tagen schon zitiert.
Wahrscheinlich bist Du schon viel weiter, als Du denkst.Im Buch von Alan Wallace wird klar, dass die höchsten Stufen der Meditation eine sehr intensive Beschäftigung über viele Stunden am Tag und über viele Monate voraussetzen. Zudem wird auch klar, dass die Stufen (Jhanas und auch die folgenden) je Stufe exponentiell mehr an Übung und Praxis benötigen. Das kannst Du von allen Menschen hören und lesen, die diesen Weg schon ein Stück weit gegangen sind. Davon ausgehend sehe ich ziemlich klar, wie weit ich bin.
Aber es ist müßig, darüber zu diskutieren. Mag jede/r glauben, was er/sie will. Eine Sache möchte ich in diesem Bezug aber anmerken: Indem man für sich und andere Weg und Ziel der buddhistischen Lehre auf das beschneidet, was einem persönlich als Horizont erscheint, nimmt man sich und anderen möglicherweise die Perspektive auf das, was dahinter liegt – und das ist nach meinem Verständnis weit mehr, als hier diskutiert wird. Das ist wahrscheinlich gemeint mit der Aussage, dass die Lehre des Buddha in ein dunkles Zeitalter eintritt und in der Folge in Vergessenheit gerät.
Bei uns heute ist die Situation absurd, weil noch nie so viele Quellen der Lehre so leicht für so viele Menschen verfügbar war. Wenn aber die wesentlichen Erfahrungen der Lehre (der achtfache Pfad, der nach dem Stromeintritt beginnt) auf ein leicht verständliches und für alle leicht erreichbares Maß beschnitten werden, gehen die wirklich transformierenden Elemente nach und nach verloren und werden vergessen.
Wenn kaum noch jemand die Mühe aufbringen kann oder will, den achtfachen Pfad wirklich zu gehen, wird das Ziel fragwürdig, abstrakt und unverständlich und die Menschen, die den Weg gegangen sind, immer weniger glaubhaft. Die Lehre wird profanisiert, banalisiert (eine Facette der Wellness), das Erwachen ist vom Alltag nicht mehr zu unterscheiden (sind wir nicht alle schon ein bisschen erleuchtet?), und das Leid des Wandels wird zum Höchstmaß des Glücks.
Ich will Deine Erfahrung nicht infrage stellen. Ich möchte nur nicht, dass sie sich hier im Forum als Ziel und Horizont der Lehre etablieren. Beides liegt meinem Verständnis nach weit, weit dahinter, und ich habe auch nur eine Ahnung davon erhaschen können.
Diese Ahnung hat aber ein Gefühl hinterlassen: Oh, krass... DAS haben die gemeint... mein vorheriger Horizont (maximal denkbare Erfahrung) wurde sofort zum Tellerrand, jenseits dessen die Wirklichkeit liegt. Ich bin froh über diese Perspektive, auch wenn ich da, an dieses Ziel, in diese Wirklichkeit in den Jahren, die mir bleiben, nicht mehr hinkommen werde. Aber es ist da! Es ist wirklich! Das ist für mich die Hauptsache.
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Was sich unerreichbar und kompliziert anhört, ist im Zustand der Unbedarftheit einfach:
Stufe eins, in den "Katzenmodus" gehen, bequeme Sitzposition auf der Bank, aufhören zu denken, den Blick in die Landschaft schweifen lassen.
Stufe zwei: Die Gedanken beobachten wie die Wolken am Himmel, wie sie (woher ?) kommen und gehen.
Stufe drei: Die Lücke zwischen den Gedanken betrachten, die subtilen Bewegungen des Geistes in dieser Lücke, die Bewegungen des Bewusstseins im Reich der Jhanas, um es technisch auszudrücken.
Was Du mit Stufe 1 - 3 beschreibst, hat nichts mit Jhanas zu tun oder mit Mahamudra. Das hörst und machst Du bei jedem Meditations-Einführungskurs.
Stufe vier: Klares, waches Bewusstsein ohne Inhalt und Form ("Leere"), die Meditation geschieht absolut mühelos, die unendliche Leichtigkeit des Seins, die Welt ist perfekt ohne das es einen Jemand gibt, der das erlebt.
Die Stufen eins bis drei lassen sich mit einiger Übung und in "idealer Umgebung" auch schnell überspringen.
Für wen ist die Welt denn "perfekt"? Wessen Bewusstsein ist klar und wach? Wessen Meditation ist mühelos und wessen Sein ist unendlich leicht? Was Du beschreibst, ist weder ohne Inhalt noch ohne Form – vor allem ist es nicht ohne Wertung.
Was Du beschreibst, ist schlicht "die Gedanken in Selbstvergessenheit baumeln lassen". Dagegen ist nichts einzuwenden, es ist herrlich! Aber von dem, was in der Meditation möglich ist, sind das nur wenig mehr als die ersten Schritte. Wie gesagt: Lies mal das Buch "Die befreiende Kraft der Aufmerksamkeit" von Alan Wallace.
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ich moechte noch sagen, dass - ueblicherweise - ein Geldschein sehr wohl einen innewohnenden Wert hat. Und zwar inform von hinterlegten Sachwerten oder inform von zukuenftigen - nicht unbedingt - Sachwerten.
Du sagst es selbst: Und zwar in form von hinterlegten Sachwerten. Diese Sachwerte stecken nicht in dem Geldschein, aber wir haben uns darauf geeinigt, dass ein Geldschein, einen Wert repräsentieren kann.
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Leerheit ist Leerheit von etwas. Alle Phänomene sind leer von inhärenter Eigenexistenz.
Alle Phänomene: Alles, was wahrnehmbar ist (Die fünf Skandha).
Inhärent: einer Sache innewohnend.
Eigenexistenz: Etwas existiert von sich aus, unabhängig von anderen Phänomenen.
Beispiel: Geld
Geld hat keinen Wert an sich, der Wert wird diesen Papierfetzen als kollektive Vereinbarung zugewiesen. Endet die Vereinbarung, wird das Geld wertlos, und es sind wieder Papierfetzen.
Beispiel: gut und böse
Es sind relative Begriffe. Ohne den Begriff "gut" kann es keinen Begriff "böse" geben. Das Gleiche gilt für hell und dunkel, hier und dort, Subjekt und Objekt, etc...
Beispiel: Das Ich
Es gibt kein unwandelbares, ewiges Ich unabhängig von Körper, Wahrnehmung, Gefühl, Bewusstsein, Willen (Die fünf Skandha).
Hier ein schönes Sutra dazu:
https://www.palikanon.com/diverses/milinda/milinda01.htmlWenn man diese Dinge in ihrer völligen Tiefe begreift (nicht nun intellektuell versteht), löst das allmählich die Bindung von Ich zu all den Abhängigkeiten und Ängsten. Anhaftung, Ablehnung und Verblendung nehmen ab. Das dauert allerdings einige Zeit. Und selbst dann geht es immer noch tiefer und tiefer und tiefer in die Substanz der Welt.
Hier ein Buch dazu:
Weisheit der Leere. Wichtige Sutra-Texte des Mahayana-Buddhismus von Brück, Michael von | medimopsWeisheit der Leere. Wichtige Sutra-Texte des Mahayana-Buddhismus von Brück, Michael von Gebundene Ausgabe bei medimops.de bestellen. Gebraucht & günstig kaufen…www.medimops.de