Beiträge von Railex im Thema „Leerheit - wie ist das zu verstehen?“

    Zitat

    Manche Dinge sind gleich tot, wenn man von ihnen redet.


    Marlen Haushofer, Himmel, der nirgendwo endet, S. 19

    Gehört das Thema "Leerheit" auch dazu ?

    Ich erlebe die Beschäftigung damit, das entwickelte Verstehen und die praktischen Konsequenzen als sehr lebendig.

    Es lässt sich auch lebhaft mit anderen besprechen und diskutieren.


    Wenn darüber gesprochen, lässt sich aber nur schwer der befreiende Effekt vermitteln, der durch ein tieferes Verständnis erfahren werden kann.


    Leerheit existiert dennoch in Abhängigkeit, auch wenn wir von ihr sprechen.

    Ich möchte noch 2 Aspekte von Leerheit erwähnen, wie ich sie bei Gonsar Rinpoche gelesen und verstanden habe.


    "Die Leerheit vom unabhängigen Entstehen der Objekte."

    Das bedeutet, dass alle Phänomene,ob innere oder äußere Objekte, in Verbindung mit oder in Abhängigkeit vom Geist, der diese Objekte erkennt, entstehen oder existieren.


    und letztlich das "Leersein der Objekte von dieser gewöhnlichen Art und Weise, in der jedes Objekt in unserem Bewusstsein erscheint. "

    "im Zusammenhang mit der eigenen Person bedeutet das, dass Leerheit nicht eine Leerheit von einer besonderen Existenzweise der eigenen Person ist, sondern eine Leerheit einfach von dieser gewöhnlichen Art und Weise , wie uns die Person immer erscheint."

    Leerheit, als ein Leersein von einer solchen Erscheinung der Existenzweise.


    Zusammenfassend:

    1: leer von unabhängiger Existenz

    2: leer von substanzieller Identität

    3: leer vom unabhängigen Entstehen der Objekte

    4: leer von falscher Erscheinung


    Das waren von meiner Seite Dharma-News noch ein paar Anregungen, die mir bei diesem Thema bisher begegnet sind.

    Ich meinte mit singulär -selbstständig und unabhängig, so hatte ich es verstanden.

    Also leer von selbstständiger und unabhängiger Existenz.



    Eine weitere subtilere Form der Leerheit beschreibt das Fehlen einer substanziellen Identität.

    Leer von substanzieller Identität, bedeutet das Ich nicht mehr als getrennt,voranstehend oder dominanter, sondern als Ergebnis der Aggregate zu betrachten.


    So gelesen und verstanden im Buch "Erscheinung und Leerheit" von Gonsar Rinpoche.

    Dharma-News, aufbauend auf diesem Verständnis, dass sämtliche geistige und materiellen Phänomene nur vorübergehend und in Abhängigkeit existieren und damit leer von singulärer Existenz sind, ist es vielleicht noch interessant zu bedenken, dass auch das abhängige Enstehen die Leerheit bedingt und umgekehrt.

    Die Leerheit von singulärer Existenz, ergibt sich aus dem abhängigen Entstehen und weil es keine singulären Existenzen gibt, kann alles nur in Abhängigkeit und vorübergehend existieren.


    Abhängiges Entstehen und Leerheit sind nach diesem Verständnis miteinander verbunden, wie zwei Seiten eines Blattes.


    Durch die Befreiung von der Beschränkung des singulären Egowahns, offenbart sich in und durch Shunyata das grenzenlose Potenzial des menschlichen Geistes.


    :zen:

    Danke Bosluk ,dass du im Zusammenhang des "Loslassens", nochmal auf die Rechte Anstrengung verweist, die nicht vernachlässigt werden sollte.

    Da lässt man vielleicht manch heilsames Potenzial liegen.

    Ich meinte z.b. mit "Loslassen", ein geistiges "Fallenlassen und Nicht mehr verfolgen" des Gedanken, bzw.der Emotion.


    Zum Aspekt Depression:

    Als ich damals von unkontrollierten psychischen Sensationen geplagt wurde, die depressive Gefühle auslösten, deren Zusammenhang mir nicht klar war, habe ich einen Psychologen bemüht, um mir diese Prozesse aufzuzeigen zu lassen, was sich als heilsam erwiesen hat, weil die teils zwangsläufigen psychologischen Prozesse (z.b. Familiendynamiken) deutlich zu Tage traten und somit wieder recht unpersönlich wurden, was das egozentrierte Erleben minderte.


    Somit konnte das Geschehen eingeordnet werden, der negative Emotionsdruck ließ nach und in Folge gelang die Distanznahme und Betrachtung wieder besser.

    Die Betrachtung des abhängigen Entstehens sämtlicher Phänomene, inkl. aller Depressionen und sonstiger Wahninhalte in der konventionellen Wahrheit, ohne singuläre Existenz, als absolute Wahrheit.

    So habe ich es erlebt und verstehe diesen Aspekt des Dharma.

    Hallo Thorsten Hallscheidt und joju91,


    sehr interessant eure Ausführungen und ich werde mir das Buch mal zulegen.


    Die 4 jhanas sind mir noch weit entfernt, aber der Dharma hat den Geschmack der Befreiung nicht erst am Ende, sondern schon zu Beginn der Praxis.

    Ich übe ganz einfach betrachten, nicht ergreifen und loslassen, das trainiert die rechte Achtsamkeit und versuche, sobald ein Durst aufsteigt, mir das bedingte Entstehen z.b. eine Phantasie, des Durstes klar zu machen und schon verliert der Durst an Macht und tritt in Folge praktisch weniger auf.

    Nach meinem Verständnis ist dies ein Hauch der Befreiung durch Shunyata und damit arbeite ich ganz praktisch und besuche demnächst noch ein Retreat dazu, wo sich dem Thema systematisch angenähert wird


    Ich sehe das für mich alles noch als Vorbereitung für weitere Stufen, falls ich sie je erreiche.

    Momentan schaffe ich gerade ca. 20-30 Atemzüge in klarer Konzentration, aber es stärkt schon sehr gut die Achtsamkeit für den Alltag und ich hab unterm Strich weniger intensives dukkha, jeder muss mit seinen Möglichkeiten arbeiten, ohne das Ziel, den Frieden des Geistes , zu verlieren.

    Wenn du mit Lehrrede den Dharma meinst, würde ich schon sagen, dass er für alle Situationen und besonders für Extremsituationen geeignet ist und zwar auch akut, indem ich mir in solchen Situationen die Ursache der Wut, z.b. der Patient, bewusst mache und schon hat die Wut an Kraft verloren und man gibt sich ihr nicht mehr hin.


    Regelmäßiges Training von Vipassana/Lhakton und den jhanas, sollten dann auch Wirkung zeigen und in allen Situationen, wo Gier und Hass aufsteigt, diese entkräften.

    Ich glaube dies meinte nuk mit dem Beispiel, woran dann jeder selber erkennen kann, inwieweit die Bemühungen praktisch Früchte tragen.


    Der Dharma kann sicher vorbeugend wirken, um psychische Störungen zu vermeiden und Gesundheit zu erhalten, da hast du ja schon gute Erfahrungen auf deiner Arbeit gemacht.

    Damit mir jemand ins Gesicht spuckt vor Abscheu, muss ich ihn vorher zutiefst beleidigt haben, sonst kommt es dazu nicht. Genau diese Meditationsübungen verhindern das.

    Angespuckt zu werden ist meist unangenehm und kann als ehrverletzend empfunden werden.

    In der Psychiatrie wurden wir als Personal oft angespuckt; wir haben unsere Arbeit gemacht, niemanden persönlich beleidigt.


    Hier im Kiez wurde mir neulich geschildert, dass jemand am Späti nach einer Zigarette gefragt wurde, als er ihm die Zigarette gab, spuckte der Beschenkte dem Gönner ins Gesicht und ging. Völligst paradoxe Reaktion.

    Der Gönner blieb wohl geschockt zurück und reagierte nicht.

    Ich hätte sehr wahrscheinlich spontan in der Situation anders reagiert.....

    Sei froh, wenn dir solche Situationen nicht begegnen, aber nuk und ich kennen sie z.b.,deshalb kannst du aber trotzdem eine gute Menschenkenntnis (was ist das überhaupt?) haben.

    Meditationen verhindern solche Ereignisse nicht, aber wie Monika schon sagte, wir können Gelassenheit üben, um nicht selbst der Wut auf den Leim zu gehen.


    Ich persönlich hab immer versucht in mir dieses Ideal zu stärken, wie ich es mal in einer Lehrrede gelesen hatte, sinngemäß:

    Beschwert sich die Erde, wenn sie mit Kot beworfen wird?

    Da der Körper gleich dem Element Erde ist, ist dieselbe Gelassenheit geboten.


    Edith: damit meine ich den geistigen Umgang mit einer solchen Situation, ansonsten muss man sich nicht anspucken lassen, aber das ist wohl klar

    Guten Morgen :sunny:


    Dharma-News, nach meiner Einschätzung, hast du es ziemlich gut zusammengefasst, weil du den Schwerpunkt zum Verständnis von Shunyata auf das abhängige Entstehen und Vergänglichkeit legst, was auch ich nach meinem Verständnis für unabdingbar halte.


    Dein Beispiel mit dem Arbeitskollegen ist interessant und passend.


    Allerdings hast du nebenbei eine Schlussfolgerung eingebaut, die in diesem Zusammenhang mMn. nicht stringent ist:

    "Denn wenn er nämlich aus sich heraus ein Idiot wäre, könnte der andere Kollege ihn nicht Super nett finden".


    Selbst wenn der Kollege einen IQ von unter 50 hat, ich glaub das war in der icd10 "Idiotie", und nachweislich ein Idiot ist, kann dein Kollege ihn nett finden.

    Aber selbst diese Idiotie ist genetisch bedingt , durch einen Geburtsfehler verursacht o.ä.

    Kurzum, man kann gar nicht aus sich selbst heraus ein Idiot sein,egal ob krankhaft oder durch Einschätzung anderer Menschen, es entsteht immer aus Abhängigkeit heraus.