Beiträge von mukti im Thema „Pamphlet gegen die Krone der Erleuchtung“

    Erleuchtung mag für manche das Ende allen Leidens bedeuten, aber für mich ist es eher ein neuer Anfang. Das Leiden, das aus Anhaftung und Identifikation entsteht, habe ich hinter mir gelassen. Doch mein Mitgefühl ist gewachsen, und dadurch spüre ich das Leid in der Welt und bei anderen manchmal sogar noch stärker. Aber ich verliere mich nicht mehr darin, sondern kann damit offen und gelassen umgehen. So bleibt das Leben lebendig – und das Leid wird zu einer Erfahrung, die mich berührt, aber nicht mehr überwältigt.

    Das erinnert mich an die 4 Brahmavihara Wohlwollen, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut. Gleichmut bedeutet wohl soviel wie Losgelöstheit, Mitgefühl ist also nicht mit Anhaftung an die Person (oder das Lebewesen) verbunden, mit der man Mitgefühl hat. Das bedeutet nicht, dass es deshalb schwächer ist und es ist auf alle Wesen gerichtet, nicht nur auf diejenigen, die einem nahestehen.

    Über die Vergänglichkeit vollkommen bewusst zu sein, ist Erleuchtung.

    Ist es so? Erleuchtung wäre dann Nirvana – also das, was nicht mehr vergänglich ist, oder?


    Anders ausgedrückt: Nur bewusst zu sein ist nicht ausreichend.

    Meines Erachtens ist Erleuchtung Nirvana - Verlöschen von Verblendung, der Bedingung von Gier und Hass. Wo anders sollte das stattfinden, als im Bewusstsein.


    Dieses Pamphlet richtet sich gegen die Vorstellung, dass Spiritualität oder Erleuchtung ein absolutes, endgültiges Ziel darstellen – eine „Krone“, die man sich aufsetzen kann.


    "Ein Pamphlet ist eine bildungssprachliche, abwertende Bezeichnung für eine Streit- oder Schmähschrift", sagt der Duden.


    Da werden also zwei Dinge bestritten und herabgesetzt: 1.Erleuchtung ist ein endgültiges Ziel. 2.Erleuchtung ist eine Krone, die man sich aufsetzt.

    Meine Ansicht zu Punkt 1 ist, dass Erleuchtung ein endgültiges Ziel ist und zu Punkt 2, dass Erleuchtung keine Krone ist, die man sich aufsetzt.


    1. Erleuchtung ist ein endgültiges Ziel in dem Sinn, dass sie kein Ziel mehr ist, wenn sie erreicht ist. Alle anderen Ziele sind nicht endgültig. Etwa wenn man den körperlichen Hunger gestillt hat, wird er wieder neu entstehen, die Kleidung die man sich beschafft hat, wird einmal schadhaft und unbrauchbar; welches Bedürfnis auch immer befriedigt ist, es taucht immer wieder ein Ziel auf das man anstrebt, weil alles vergänglich ist.

    Über die Vergänglichkeit vollkommen bewusst zu sein, ist Erleuchtung. Das ist die Befreiung von der unrealistischen Vorstellung, es gäbe irgendeine Möglichkeit, durch das Erreichen vergänglicher Ziele dem Leid zu entkommen, Leid im weitesten Sinn, von leichter Unzufriedenheit bis zu schwerster Qual. Leid ist die Ursache allen Strebens, jeder Zielsetzung, für die es andernfalls keinen Grund gäbe.

    Buddhistisch formuliert: Begehren ist die Ursache von Leid. Begehren des Vergänglichen kann keine dauerhafte Erfüllung finden, mit dem Versiegen des Begehrens ist endgültig Ruhe und Frieden.


    2. Erleuchtung ist keine Krone, die man sich aufsetzt. Klar, das wäre ja wieder ein Begehren und Anhaften an Vergänglichem, auch mit einer Krone am Kopf unterzugehen, ist nicht wirklich erfreulich.


    Das soll nur eine kurze Stellungnahme zum Pamphlet sein, kein Beginn einer polemischen Debatte zwischen "gekrönten Häuptern" ;)