Beiträge von Mahasi im Thema „Wie zuverlässig ist die sogenannte „Drei-Leben-Theorie“ im Theravāda-Buddhismus?“

    Eine andere, abweichende Meinung einfach zu respektieren, ist für mich die Grundlage jeder menschlichen Kommunikation – sei es im wirklichen Leben oder im Netz.


    Es ist schon frech, so über sich selbst zu schreiben, wenn man sich vorher im Theravada-Forum so über diese Tradition äußert:


    das ist nicht nur verwirrend, sondern eher irreführend ... Das passt zwar zu allgemeinen religiösen Vorstellungen, beruht jedoch auf blindem Glauben. Anders ausgedrückt: Das wäre kein wirkliches Leben, sondern eher wie eine Plastiktüte mit Etikett – nichts Echtes.


    Das kann die gesamte Lehre von der sogenannten Wiedergeburt massiv untergraben. Genau deshalb habe ich es hier gepostet... So wie ich es verstehe, ist sie eher ein Schlupfloch für ein Atman – und weiter nichts.

    um auf diese Weise den Atman einzuschleusen. Der ursprüngliche Buddhismus wurde – so führt der Autor weiter aus –sozusagen- "gekapert." Ihm ist klar, dass er mit seinen Ansichten gläubigen Buddhisten vor den Kopf stößt, aber für ihn ist die Wahrheit wichtiger als jede tote Scholastik.

    Denn der Visuddhimagga ist später als der Pali-Kanon entstanden – ebenso wie der gesamte Abhidhamma. Dadurch ging der ursprüngliche Sinn verloren.

    Wie Buddhadasa argumentiert, wurde der Visuddhimagga erst viel später geschrieben. Der Autor war selbst ein Brahmane – das steht sogar in Wikipedia. Der Grundpfeiler, oder der Kern des Buddhismus, den Edward Conze als „Urbuddhismus“ bezeichnet, wurde dadurch verfälscht und regelgerecht verunstaltet.

    Wenigstens Buddhadasa Bhikkhu verspottet das Ganze sogar.

    Das ist die rein traditionelle Sichtweise, die er geradezu regelrecht verspottet.

    Dasselbe wäre mit der Wiedergeburt: Das ist eher eine ethische Lehre aus den Upanishaden oder dem Yoga, hat aber mit dem Kern bzw. der Essenz des Buddhismus nichts zu tun.


    Was für ein Respekt! Also Theravada als Verfälscher und Verunstalter der wahren Lehre, der zu recht verspottet gehört.


    Du kannst sogar den ganzen Pali-Kanon zitieren.


    ... und die Kommentarliteratur. Die ganze Grundlage ... ist das Theravada oder kann das weg?

    Ausserdem waren Channa und die anderen dem Theravada nach noch keine Erwachten.

    Warum sonst verkündet der Buddha, dass Channa "nicht zu tadeln sei"??

    Das wird von Bhikkhu Bodhi in den Fußnoten seiner Übersetzung erklärt:



    MA ist Majjhimanikaya-atthakatha, auch Papañcasūdani genannt. Dem Theravada nach entfiel der Entschluss zum Selbstmord also noch als Nicht-Erwachter und erst während des Halsdurchschneidens wurde er erleuchtet. Daher keine Wiedergeburt mehr.

    Warum sollte es dies nicht bedeuten?

    Z.B., weil Erwachte(!), wie der ehrwürdige Channa (MN 144), Suizid begingen, als sie starke körperliche Schmerzen (die sowieso zum Tod geführt hätten) zu ertragen hatten...?

    Da ist kein Widerspruch. In diesem Leben wird durch die Erleuchtung dem einen Pfeil das Ziel genommen und dem anderen durch das ausbleiben des nächsten Lebens als weitere Frucht der Erleuchtung.


    Ausserdem waren Channa und die anderen dem Theravada nach noch keine Erwachten.

    Khun Reinhard missversteht schon das Grundproblem: dukkha. Auf S. 14 schreibt er, dass es um spirituelles oder geistiges Leiden geht und nicht um körperliches Leiden oder seelische Erkrankungen. Dies widerspricht direkt Sariputtas Darlegung in der Lehrrede von der rechten Ansicht (MN9)

    Auch, wenn "Schmerz" ("dukkha-dukkha") Teil der Leidensdefinition
    ist, heißt das ja noch nicht, dass der Buddha meinte, rein körperliche Schmerzen durch die Praxis und nachfolgende Erleuchtung, für immer beseitigt zu haben.


    Warum sollte es dies nicht bedeuten?

    Apropos: Im neuen Buch von Analayo über Satipaṭṭhāna – der praktische Ratgeber, der gerade auf Deutsch erschienen ist – gibt es kein einziges Wort über ein Leben nach dem Tod. Dafür behandelt es ausführlich die Visualisierung der eigenen Leiche in verschiedenen Stadien der Verwesung. Kann ich jedem empfehlen.


    Warum auch sollte in einem Buch über praktische Meditation darüber gesprochen werden? Und dann stimmt es nicht einmal. Zumindest in der englischen Ausgabe heißt es auf S. 158: "According to a discourse in the Saṃyutta-nikāya, penetrative understanding of food can lead to going beyond sensual desire and thereby beyond further rebirth in the sensual realm". Und dann muss Analayo im Kontext seiner anderen Schriften, u.a. Rebirth in Early Buddhism and Current Research, gelesen werden.

    Buddhadasa Verständnis ist höchst problematisch. Nicht nur für den Theravada, sondern auch für die Buddhologie. Buddhadasa muss erst einmal die Idee von drei Sprachen konstruieren, die der Buddha höchst esoterisch verwendet hat, um seine Erklärung zu rechtfertigen. Und selbst dann erklärt er nur einen Teilaspekt von dukkha

    Aber bei der Theorie von drei Leben kann ich nur davon träumen; dann erscheine ich mir selbst als das Opfer des Karma-s aus dem vorigen Leben.

    Du scheinst wahrlich einem fundamentalen Missverständnis der 3LT zu unterliegen. Auch hier wieder schaust du weg, was dein Analayo eben dort sagt, wo du ihn doch schon zitiert hast. Dein Umgang mit Texten scheint höchst problematisch.

    Das ist die rein traditionelle Sichtweise, die er geradezu regelrecht verspottet. Du kannst sogar den ganzen Pali-Kanon zitieren.


    Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Pure Ideologie. Da kann man den ganzen Palikanon zitieren und Buddhadasa denkt nur: alles Geistesfahrer-Sutten!


    Steven Collins schreibt in Selfless persons: Imagery and thought in Theravāda Buddhism über die Bedeutung von Buddhaghosa für den Theravada:


    Zitat

    „To this day Buddhaghosa’s Buddhism is in effect the unitary standard of doctrinal orthodoxy for all Theravada Buddhists” (S. 22).


    Buddhaghosa setzt also den Standard für den Theravada. Wer dies verspottet ist eben heterodox. Buddhadasa ist in diesem Punkt eben kein Nachfolger in der Interpretationstradition des Theravada, sondern einer der sich wie ein Marktschreier aufm Fischmarkt von der Tradition abgrenzt. Manfred Seeger in How Long is a Lifetime?: Buddhadasa's and Phra Payutto's Interpretations of Paticcasamuppada in Comparison bestätigt dies so auch, wenn er schreibt: „when viewed from the outcomes of Western historical-philological research in Buddhology which tries to identify the ‘original intention’ on the basis of ‘relevant primary sources’ dealing with paticcasamuppada, Buddhadasa’s reading seems to be highly problematic ” (S. 123).


    Buddhadasa Verständnis ist höchst problematisch. Nicht nur für den Theravada, sondern auch für die Buddhologie. Buddhadasa muss erst einmal die Idee von drei Sprachen konstruieren, die der Buddha höchst esoterisch verwendet hat, um seine Erklärung zu rechtfertigen. Und selbst dann erklärt er nur einen Teilaspekt von dukkha.

    Wer darüber diskutieren oder das Problem besser verstehen möchte

    Khun Reinhard missversteht schon das Grundproblem: dukkha. Auf S. 14 schreibt er, dass es um spirituelles oder geistiges Leiden geht und nicht um körperliches Leiden oder seelische Erkrankungen. Dies widerspricht direkt Sariputtas Darlegung in der Lehrrede von der rechten Ansicht (MN9). Mettiko übersetzt:


    Zitat

    Und was ist Dukkha, was ist der Ursprung von Dukkha, was ist das Aufhören von Dukkha, was ist der Weg, der zum Aufhören von Dukkha führt? Geburt ist Dukkha ... Krankheit ist Dukkha ... Schmerz, Trauer und Verzweiflung sind Dukkha... Dies nennt man Dukkha.“


    Schmerz, im Pali dukkha, ist Teil der Leidensdefinition. Wenn man natürlich nur Teile von dukkha beenden möchte, dann mag man hier richtig sein.


    Ab S. 31 spricht er über Geburt und gibt keinen Suttennachweis für seine metaphorische Übersetzung: "steht für die mentale Geburt der voll entwickelten Ego-Vorstellung im Geist".


    Hier zeigt sich wie fehl man laufen kann, wenn man nicht am Ausgangspunkt losläuft, sondern vom Ziel rückwärts. Avijja ist die Antwort und dukkha die Frage. Entsprechend muss ich das Bedingte Entstehen von dukkha ausgehend interpretieren. Wenn Buddha hier startet ist er bei Geburt eigentlich schon am Ziel, weil dies wie oben schon ein recht umfassendes Avijja-Verständnis ist. Dagegen ist Geburt tatsächlich die erste grundlegende Antwort warum wir Leiden: weil wir leben und geboren worden sind.


    Jetzt fragt der Buddha weiter warum wir geboren wurden. Wieder aus MN9 von Mettiko:


    Zitat

    „Und was ist der Ursprung von Dukkha? Es ist das Begehren, das erneutes Dasein bringt, das von Ergötzen und Begierde begleitet ist und das sich an diesem und jenem ergötzt; nämlich Begehren nach Sinnesintensität, Begehren nach Dasein und Begehren nach Daseinsmöglichkeit. Dies nennt man den Ursprung von Dukkha.“


    Und so weiter und so fort bis avijja.


    Auf S. 10 schreibt Reinhard davon, dass "Der Buddha niemals den Ausdruck 'Wiedergeburt' in Zusammenhang mit dem Abhängigen Entstehen gebraucht hat.Er benutze immer das Wort 'Geburt' (jati)." Nach ihm ist punabbhavābhinibbatti Pali für Wiedergeburt.


    Im Nidānasaṁyutta, dem Kapitel über die Ursachen und welches mit dem Bedingten Entstehen beginnt und diese dann weitererklärt, findet sich genau dieser Begriff in SN12.38:


    Zitat

    „Mönche und Nonnen, was ihr beabsichtigt und plant und wofür ihr zugrunde liegende Neigungen habt, das wird zu einer Grundlage für das Fortbestehen des Bewusstseins. Wenn diese Grundlage da ist, wird das Bewusstsein verankert. Wenn das Bewusstsein verankert ist und wächst, kommt es in der Zukunft zu Wiedergeburt in einen neuen Daseinszustand [punabbhavābhinibbatti]. Wenn es in der Zukunft Wiedergeburt in einen neuen Daseinszustand gibt, kommen künftig Wiedergeburt, Alter und Tod, Kummer, Klage, Schmerz, Traurigkeit und Bedrängnis zustande. So kommt diese ganze Masse des Leidens zustande...


    Wenn ihr nichts beabsichtigt oder plant und keine zugrunde liegenden Neigungen habt, wird das nicht zu einer Grundlage für das Fortbestehen des Bewusstseins. Wenn keine Grundlage da ist, wird das Bewusstsein nicht verankert. Wenn das Bewusstsein nicht verankert ist und wächst, kommt es in der Zukunft nicht zu Wiedergeburt in einen neuen Daseinszustand. Wenn es in der Zukunft keine Wiedergeburt in einen neuen Daseinszustand gibt, kommen künftig Wiedergeburt, Alter und Tod, Kummer, Klage, Schmerz, Traurigkeit und Bedrängnis nicht zustande. So hört diese ganze Masse des Leidens auf.“


    Das ist vereinfacht eine Mehrleben-Theorie.


    In diesem Leben wird beabsichtigt und geplant - anderer Ausdruck für sankhara - mit entsprechenden Neigungen - anderer Ausdruck für avijja - dies verankert das Bewusstsein und führt zukünftig - also gerade nicht im Hier-und-Jetzt - zur Wiedergeburt in einen neuen Daseinszustand. Reinhards Begriff für Wiedergeburt. Im neuen Leben kommt dann diese ganze Masse des Leidens zustande.


    Inwieweit unterscheidet sich diese Interpretation jetzt genau von der im Abhidhamma?


    Genau dort bindet Analayo das Verständnis von Buddhadasa zurück an den Vibhanga: "kommt auch im Vibhanga vor, wo das Entstehen in Abhängigkeit auf einzelne Bewusstseinsmomente bezogen wird." (S. 126-127). Dort und im Sammohavinodanī von Buddhaghosa wird diese Erklärung explizit der Abhidhamma-Erklärung zugeschrieben und nicht der Sutta-Erklärung.

    Für mich persönlich ist sie falsch und irreführend, denn ich kann sie nicht überprüfen, und dieser Ansatz hat für mich keinen praktischen Nutzen.

    Um auf deine Eingangsfrage zurückzukommen:


    I. Wie zuverlässig ist die sogenannte „Drei-Leben-Theorie“ im Theravāda-Buddhismus?

    Antwort: Für den Theravada sehr zuverlässig.


    II. Wie zuverlässig ist die sogenannte „Drei-Leben-Theorie“ für Igor?

    Antwort: Nicht zuverlässig.


    Können wir dies so auseinander halten?

    „Spinner“, nur weil sie es anders sehen?


    Wie kommst du nun wieder zu diesem Begriff? Es ist doch so, das nicht alles, was im Theravada ordinierte sagen, auch Theravada ist. Kannst du das anerkennen? Manche haben ihr "eigenes "Verständnis - was mich manchmal amüsiert, wenn Zugehörige einer Nichtselbst-Lehre ständig ihre "eigene" Meinung überhöhen - und dies kundtun. Eine Aussage wird aber nicht theravadisch durch den Sprecher, sondern durch den Inhalt.


    Dieser Diskussion "Was Theravada ist" scheinst du dich jedoch grundsätzlich zu entziehen, wenn du schreibst "wie man das Ganze definiert, ist mir egal" oder "Weil es alles Theravāda ist". Wenn alles Theravada ist und dir sowieso egal ist, wie man das Ganze definiert, wie willst du dann überhaupt an deine Frage ob der "Zuverlässigkeit" im Theravada herangehen - durch eigene Erfahrung?


    Basierend auf deinen Zitaten von Ñāṇananda und Payutto erweckst du bei mir auch den Eindruck, dass du die Drei-Leben-Theorie nicht wirklich studiert/verstanden hast:


    Der Ehrwürdige Kaṭukurunde Ñāṇananda schließt sich dieser Auffassung nicht an. Er belegt stattdessen anhand sehr vieler Textstellen aus den Lehrreden, dass der Buddha Nibbāna als ein in diesem Leben verwirklichbares Ziel ansah.

    Der gesamte Zyklus der Bedingten Entstehung mit dem Entstehen von Leid und dessen Ende betrifft dieses gegenwärtige Leben. Wenn klar verstanden wird, wie der Zyklus in der Gegenwart funktioniert, so folgt daraus, dass auch die Vergangenheit und die Zukunft klar verstanden werden, weil sie alle Teil des einen Zyklus sind.


    Nichts davon widerspricht dem Erklärungsansatz.


    Und dass sich Santikaro nicht mehr als Theravada-Anhänger betrachtet sagt mir eine ganze Menge und sollte dir vielleicht zu denken geben.

    Kurz zum Thema zurück:


    Wie Buddhadasa argumentiert, wurde der Visuddhimagga erst viel später geschrieben. Der Autor war selbst ein Brahmane – das steht sogar in Wikipedia. Der Grundpfeiler, oder der Kern des Buddhismus, den Edward Conze als „Urbuddhismus“ bezeichnet, wurde dadurch verfälscht und regelgerecht verunstaltet.

    Da der Theravada den Visuddhimagga in höchsten Ehren hält, hält er den Inhalt für korrekt. Ganz vereinfacht gesagt: Visuddhimagga <=> Theravada. Du behauptest jetzt im Theravada-Forum, dass der Theravada verfälscht und verunstaltet ist. Das findest du hier angemessen?

    Das ist auch gut! Aber die Interpretation der eigenen Erfahrung als sinnvoll macht sie nicht zur Doktrin der Ordensälteren (Theravada). Darauf können wir uns doch einigen, oder?

    Nein, ich würde mich nicht einigen. Denn ich praktiziere nur das, was ich rein logisch und ohne jede Mystik nachvollziehen kann. Die Wiedergeburt ebenso wie das Leben nach dem Tod sind für mich fehl am Platz. Es kann sein, dass es stimmt, aber es schert mich nicht.

    Ist doch gut, wenn du für dich etwas Gutes hast!


    Aber warum daraus Theravada machen wollen? Du schreibst im Theravada-Forum und dein Threadtitel ist eine Frage dazu: "Wie zuverlässig ist die sogenannte „Drei-Leben-Theorie“ im Theravāda-Buddhismus?"


    Du und deine Erfahrungen sind für das, was Theravada ist, genau so irrelevant wie ich und meine Erfahrungen. Darauf sollten wir bei der Beantwortung dieser Frage also nicht abstellen.

    Ich habe das, was ich selbst überprüfen kann, im Hier und Jetzt, als sehr sinnvoll empfunden.

    Das ist auch gut! Aber die Interpretation der eigenen Erfahrung als sinnvoll macht sie nicht zur Doktrin der Ordensälteren (Theravada). Darauf können wir uns doch einigen, oder?


    Ich bin damit nicht einverstanden. Denn der Visuddhimagga ist später als der Pali-Kanon entstanden – ebenso wie der gesamte Abhidhamma. Dadurch ging der ursprüngliche Sinn verloren.

    Gerade dort - im Visuddhimagga und Abhidhamma - findet sich besonders viel Theravada. Darüber hinaus ist der Abhidhamma Teil des Palikanons.